World of Voynich

Von Anatol Stefanowitsch

Das Voyn­ich-Manuskript ist ein geheimnisvolles Schrift­stück, das möglicher­weise aus dem 15. oder 16. Jahrhun­dert stammt. Es zeigt nicht-iden­ti­fizier­bare Pflanzen, Men­schen, Orte und möglicher­weise astrol­o­gis­che Dia­gramme und es ist in einem unbekan­nten Alpha­bet ver­fasst. Ob sich hin­ter diesem Alpha­bet eine unbekan­nte Sprache, ver­schlüs­sel­ter Text ein­er bekan­nten Sprache oder eine bedeu­tungslose Aneinan­der­rei­hung von Zeichen ver­birgt, darüber stre­it­et sich eine kleine Gruppe von Philolo­gen, Kryp­tolo­gen, Math­e­matik­ern, Infor­matik­ern und Lin­guis­ten seit fast hun­dert Jahren. Die Wikipedia hat einen schö­nen Überblick über die wichtig­sten Forsch­er und ihre The­o­rien, und wer ein biss­chen googelt, find­et noch viele mehr oder weniger vielver­sprechende Ansätze (z.B. Edith Sher­woods The­o­rie, dass der Text aus ital­ienis­chen Ana­gram­men besteht).

Meine per­sön­liche Mei­n­ung ist, dass es sich bei der „Sprache“ des Manuskripts entwed­er um bedeu­tungslose Zeichense­quen­zen han­delt und das ganze Manuskript eine Fälschung ist, oder, dass es eine ganz ein­fache Lösung gibt, die so offen­sichtlich ist, dass man sie als Experte über­sieht (Sher­woods Ansatz wäre ein Beispiel dafür). Aber auf die Lösung, die der unver­gle­ich­liche Ran­dall Munroe, a.k.a. xkcd, vorschlägt, wäre ich nicht gekommen:

XKCD über das Voynich-Manuskript

[© by xkcd (Bear­beitung © by Ana­tol Ste­fanow­itsch). Sowohl das Orig­i­nal als auch die deutsche Bear­beitung ste­hen unter der Creative-Commons-BY-NC‑2.5‑Lizenz.]

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

19 Gedanken zu „World of Voynich

  1. Muriel

    Ja, da ist was dran. Umgekehrt kann man einen ganz net­ten Zeitvertreib daraus machen, sich vorzustellen, was Archäolo­gen in 2000 Jahren wohl denken wer­den, wenn sie Relik­te aus unser­er Zeit find­en. (PC-Mäuse, Fernse­her, Staub­sauger, Garten­zw­erge, Gui­tar-Hero-Gitar­ren, Fliesen­tis­che, um nur ein paar Beispiele zu nen­nen) Zur men­schlichen Natur gehört näm­lich wohl auch, per­ma­nent zu überse­hen, dass die men­schliche Natur sich nicht verändert.

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  2. Christoph Pohanka

    @ Muriel :

    All diese Beispiele sind harm­los — Im Ver­gle­ich mit Dis­ney Land. Eine klas­sis­che Kult­stätte zur Anbe­tung der Maus, inkl Darstel­lung der Helden­tat­en der Maus.

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  3. David Marjanović

    Nicht “Dikolyten”, for cry­ing out loud! Dikotyle­do­nen! Zweike­im­blät­trige Pflanzen!

    (…Und dann kommt Wikipedia und behauptet, es gebe die Verkürzung “Dikotylen”. Ist mir noch nie untergekom­men, auch im Biolo­gi­es­tudi­um nicht. Wenn schon verkürzen, dann gle­ich ordentlich, so wie englisch dicots.)

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  4. Frank Rawel

    Kleine abseit­ige Nach­frage: ist es eigentlich logisch, zu sagen, dass man der “per­sön­lichen Mei­n­ung” sei, es wäre “entwed­er so ODER so”? Worin beste­ht dann die Mei­n­ung? Voyn­ich ist überall!

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  5. Wolfgang Hömig-Groß

    In WoW sind die Sprache und die Zeichen aber nicht ganz so kryp­tisch wie in diesem Manuskript. Mich erin­nert das vom Grad der Ver­ständlichkeit eher an ein Hand­buch, etwa für einen chi­ne­sis­chen Staub­sauger oder Soft­ware von Microsoft. Obwohl: MS benutzt ja eher gewöhn­liche Wörter und Zeichen um daraus sehr ungewöhn­liche Beschrei­bun­gen für gewöhn­liche Vorgänge zu gener­ieren. Bleibt also der Staubsauger.

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  6. finzent

    @6:

    Äh…darin dass man meint dass es sich entwed­er so oder so verhält?

    Kann man nicht der Mei­n­ung sein, dass Butzi entwed­er im Schwaben­trog Skat oder im Hah­nenkamm Pok­er spielt?

    Wo soll denn da ein Prob­lem sein?

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  7. Thomas Müller

    @#7

    Im xkdc-Com­ic geht es auch nicht wirk­lich um PC-Spiele wie WoW, son­dern um Pen&Paper-Rollenspiele a la DSA oder AD&D. Da passt das schon hin, das Manuskript gäbe einen ganz klas­sis­chen Aus­gangspunkt für ein Aben­teuer ab.

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  8. kreetrapper

    Gibt es eigentlich lin­guis­tis­che Unter­suchun­gen zur (Pen&Paper-)Rollenspiel/Tabletop-Szene?

    Gute Frage. Vielle­icht tut sich da endlich mein langge­sucht­es Pro­mo­tion­s­the­ma auf. Für irgend­was müssen die ganzen Dun­geon-Crawls ja gut gewe­sen sein.

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  9. Thomas Müller

    Der Wikipedia-Artikel zum The­ma erwäh­nt, dass es Arbeit­en dazu gäbe, aber fast nur in Form von stu­den­tis­chen Arbeiten.

    Aus lin­guis­tis­ch­er Sicht dürfte es da aber wenig zu geben, eher aus dem sozial- und kul­tur­wis­senschaftlichen Bereich.

    Inter­es­sante sprach­be­zo­gene The­men wären vielle­icht das Pseu­do-Mit­te­lal­ter-Deutsch, das in manchen Run­den ver­wen­det wird. Zumin­d­est die Anrede mit Plu­ralis Majes­ta­tis euer/eure ver­wen­det wohl jed­er Rol­len­spiel­er, manche trauen sich noch weit­er (eben wie im let­zten Pan­el des obi­gen Com­ic Strips). Oder Impro­vi­sa­tion­sstrate­gien der Spiel­er und vor allem des Spielleit­ers. Oder natür­lich RPG-Jargon.

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  10. Anatol Stefanowitsch

    David Mar­janović (#6), nor­maler­weise traue ich Ihrem biol­o­gis­chen Sachver­stand natür­lich unbe­se­hen, aber das Wort Dikotylen scheint mir nicht so unge­bräuch­lich zu sein. Google Schol­ar find­et auf die schnelle z.B. fol­gende Verwendungsbeispiele:

    HANSTEIN, J. (1870). Die Entwick­elung des Keimes der Monokotylen 

    und Dikotylen. Bot. Abh. 1, 1–112

    KAPLAN, R. (1936): Die Dif­feren­zierung des Sproszscheit­elmeris­tems bei eini­gen Piper­aceen, klein­blät­tri­gen Dikotylen, Monokotylen und Gym­nosper­men. Plan­ta 25.2, 302–306.

    OVERTON, J. B. (1905): Ueber Reduk­tion­steilung in den Pollen-mut­terzellen einiger Dikotylen. Jahrb. Wiss. Bot. 42: 121–153.

    TROLL W., W. RAUH (1950): Das Erstarkungswach­s­tum krautiger Dikotylen, mit beson­der­er Berück­sich­ti­gung der primären Verdick­ungsvorgänge. Sitzungs­berichte der Hei­del­berg­er Akademie der Wis­senschaften. Math­e­ma­tisch- natur­wis­sentschaftliche Klasse. Jahrgang 1950. 1 Abh. 1–86

    WEBERLING F. (1970): Weit­ere Unter­suchun­gen zur Mor­pholo­gie des Unterblattes bei den Dikotylen. VI. Polyg­o­naceae. Beitr. Biol. Pfl. 47. 127–140.

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  11. Achim

    @ finzent:

    Kann man nicht der Mei­n­ung sein, dass Butzi entwed­er im Schwaben­trog Skat oder im Hah­nenkamm Pok­er spielt?

    Wo soll denn da ein Prob­lem sein? 

    Dass es sich dabei nicht um eine Mei­n­ung, son­dern um eine Ver­mu­tung han­delt. Mei­n­un­gen sind sub­jek­tive Bew­er­tun­gen oder Stand­punk­te. Um eine Mei­n­ung zu haben, sollte ich die Fak­ten kennen.

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  12. corax

    Die Unter­schei­dung zwis­chen Dikotylen und Monokotylen ist im Garten­bau gang und gäbe, haupt­säch­lich was die Unter­schei­dung bei der Wahl der (geeigneten) Spritzmit­tel angeht.

    MfG

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  13. Simon

    Frank (#7) — die Mei­n­ungsäußerung beste­ht darin, dass A.S. alle nicht expliz­it genan­nten Erk­lärungsmuster für sehr unwahrschein­lich hält.

    Entwed­er — oder” besagt halt, dass — sein­er Mei­n­ung nach — eine dieser zwei Möglichkeit­en zutrifft. Es gibt aber noch 100 andere Erklärungsmodelle…

    Grüße,

    Simon

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  14. David Marjanović

    Kleine abseit­ige Nach­frage: ist es eigentlich logisch, zu sagen, dass man der “per­sön­lichen Mei­n­ung” sei, es wäre “entwed­er so ODER so”? Worin beste­ht dann die Meinung?

    Dass es A oder B, aber eben nicht C bis Z sei.

    Es gibt fast nie nur zwei Möglichkeiten.

    Die Unter­schei­dung zwis­chen Dikotylen und Monokotylen

    Ja, jet­zt fällt es mir wieder ein. <head­desk> Aber der Tippfehler “Dikolyten” ist immer noch falsch. 🙂

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