Die Shortlist zum Anglizismus des Jahres 2013

Von Anatol Stefanowitsch

Fast hun­dert Wörter haben Pub­likum und Jury in diesem Jahr für den Anglizis­mus des Jahres nominiert – mehr als je zuvor. In den let­zten Tagen hat die Jury diese Nominierun­gen auf ihre Tauglichkeit für den Wet­tbe­werb abgek­lopft und eine Short­list von 16 Wortkan­di­dat­en erstellt. Dabei wur­den zwölf Wörter streng nach unseren Kri­te­rien aus­gewählt; zusät­zlich durfte jedes Jurymit­glied ein Herzenswort nach Belieben auf die Short­list set­zen, um auch Außern­seit­er­wörtern eine Chance zu geben, sich zu beweisen.

Die sechzehn Wörter wer­den in den näch­sten Wochen hier und in den Blogs der Jurymit­glieder aus­führlich­er besprochen wer­den, bevor es dann Mitte Jan­u­ar an die Abstim­mung geht. Das Siegerwort wird am 28. Jan­u­ar 2014 offiziell bekan­nt­gegeben (wir hät­ten es früher gemacht, aber wir woll­ten den Kolleg/innen vom „Unwort des Jahres“ nicht dazwischenfunken).

Nun zu den Wörtern.

Beson­ders inter­es­sant: In diesem Jahr haben es gle­ich drei Affixe auf die Liste geschafft – sprach­liche Ele­mente, die an einen Wort­stamm ange­hängt wer­den kön­nen, um ein neues Wort zu bilden. Ein Wiedergänger ist dabei das Suf­fix –gate (das 2013 z.B. in Wörtern wie Eier­likör­gate, Nip­ple­gate, Dirndl-Gate, Krümel­gate, Fäh­nchen-Gate und Stadtwerke-Gate vorkam. Erst­mals nominiert sind die Prä­fixe Fake– (z.B. in Wörtern wie Fakeschreiber, Fake-Seite, Fake-Account, Fake-Pro­fil, Fake-Foto, Fake-Shop, Fake-Anruf und Fake-Medi­zin) und Cyber– (z.B. in Cyber-Sicher­heit, Cyber­at­tacke, Cyberan­griff, Cyber­mob­bing, Cyber­crime, Cyberkrim­i­nal­ität, Cybers­pi­onage, Cyber-Experten, Cybert­er­ror­is­mus, Cyber-Raum, Cyber-Vor­fall und Cyber-Betrüger). Inter­es­sant an allen drei Affix­en ist, dass sie nicht nur mit englis­chen, son­dern auch mit gen­uin deutschen Wort­stäm­men kom­biniert wer­den, also im Deutschen pro­duk­tiv und kreativ einge­set­zt wer­den, um den Wortschatz zu erweitern.

Daneben dominieren wieder Wörter aus dem Bere­ich Tech­nolo­gie und Net­zkul­tur. In die erste Kat­e­gorie fall­en Big Data, Gam­i­fi­ca­tion, Pay­wall und (als einziger Hard­ware-bezo­gen­er Wortkan­di­dat) Smart­watch. Die zweite Kat­e­gorie ist durch die Sub­stan­tive Hash­tag und Self­ie (das Oxford Dic­tio­nar­ies Word of the Year) und die Ver­ben ranten und insta­gram­men vertreten. Auch der Whistle­blow­er, der schon 2010 unter den Top 3 war und 2013 durch Edward Snow­dens Enthül­lun­gen wieder aktuell wurde, gehört in gewiss­er Weise in diese Kategorie.

Schließlich gibt es noch ver­schiedene Wortkan­di­dat­en aus anderen Bere­ichen – die Sub­stan­tive Land­grab­bing, Veg­gie Day und Thigh Gap und das Verb per­for­men, das zwar bere­its im Duden ste­ht, aber trotz­dem einen Häu­figkeit­szuwachs verze­ich­nen kon­nte, der vielle­icht für die Endrunde reicht.

Hier noch ein­mal die gesamte Liste der Wörter in der Endrunde mit Links zu den Diskus­sio­nen im Sprachlog und Lexikografieblog:

(Dieser Text ist ein Cross­post von anglizismusdesjahres.de).

10 Gedanken zu „Die Shortlist zum Anglizismus des Jahres 2013

  1. ramses101

    Hash­tag hätte es mal ver­di­ent. Aber erlebt das Anhängsel “Cyber-” nicht schon fast wieder eine Renais­sance? Mitte der 90er war doch auch alles cyber, was irgend­wie dig­i­tal war.

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  2. peer

    Also mein Favorit ist Fake- … Das hat sich gefühlt tat­säch­lich durchge­set­zt (zumin­d­est tem­porär). Immer­hin sind es deut­lich weniger Begriffe, die ein­fach neue Dinge beschreiben (wie Smart Watch), was ich als Titel­tr­räger immer ungün­stig finde. Für Self­ie ist es wohl noch zu früh, das dürfte sich in Deutsch­land (wenn über­haupt) wohl erst in den näch­sten Jahren durch­set­zen. Ich habs jeden­falls nur im Zusam­men­hang mit dem Wort des Jahres — Titel gehört.

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  3. Susanne

    Ich bin etwas schock­iert, dass ich nicht mal alle Wörter auf der Liste kenne, obwohl ich erst mit­tleren Alters und eifrige Medi­en­nutzerin bin. Was den eige­nen Gebrauch ange­ht, ver­wende ich selb­st nur “Fake” oder noch lieber das schöne Par­tizip “gefaket”(schreibt man das so?). Das dafür ziem­lich häu­fig. Passt ein­fach oft so gut;-)

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  4. Jess

    Viele inter­es­sante Kan­di­dat­en! Ich hoffe nur, es wird nicht Thigh Gap. Das erfüllt zwar die Kri­te­rien in Sachen Neu­ver­bre­itung sich­er über­durch­schnit­tlich gut, aber unsere Kul­tur bere­ichert hat es beim besten Willen nicht.

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  5. Dem-Vater-sein-Sohn

    Von diesen Wörtern sind nach mein­er Auf­fas­sung genau 2 im all­ge­meinen Sprachge­brauch: Fake und performen.

    Wobei let­zteres außer­halb von Musk­ishows Sel­tenheitswert hat.

    Ich kann es nur nochmals beto­nen, der englis­che Sprachge­brauch wird in der Umgangssprache, außer­halb von Medi­en­welt und hip­per Jugend­sprache maß­los überschätzt.

    Denn tat­säch­lich stelle ich immer wieder verblüfft fest, dass die Men­schen ja gar nicht so viele englis­che Begriffe ver­wen­den, wie uns durch die Wer­bung etc. sug­geriert wird.

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    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      Ich sehe, wir hät­ten das Wort Fil­ter­bub­ble vielle­icht doch in die Endrunde mit­nehmen sollen, denn man muss sich in ein­er ziem­lichen Fil­terblase befind­en, um Wörter wie Big Data, Cyber–, –gate, Hash­tag, Pay­wall, Self­ie, Smart­watch und Whistle­blow­er nicht mitzubekommen.

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  6. Gerald Fix

    Nun ja, WMS.Nemo, Öster­re­ich hat ja immer­hin einen Hal­ban­glizis­mus zum Wort des Jahres gewählt: frankschä­men (gesprochen fränkschä­men) — dem Parteigrün­der und Indus­triellen Frank Stronach gewidmet.

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  7. Pingback: Umleitung: heute ist von Zynismus über Ironie bis zum bitteren Ernst alles dabei. Selber gucken und klicken! | zoom

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