Weihnachtsschlagzeile 2013

Von Anatol Stefanowitsch

Während man in Nor­dameri­ka ver­sucht, Wei­h­nacht­en abzuschaf­fen – wir berichteten – tut die deutsche Presse ihr bestes, aus diesem ja alle Jahre wiederkehren­den und deshalb nicht sehr nachrich­t­en­trächti­gen Fest eine Ereig­nis zu machen. Diese Ver­suche möcht­en wir im Sprachlog spon­tan ehren, indem wir eine „Wei­h­nachtss­chlagzeile des Jahres“ küren. Der Span­nung hal­ber präsen­tieren wir sie in auf­steigen­der Rei­hen­folge, begin­nend mit Platz 3.

Platz 3: Wei­h­nacht­en in der JVA: O du trau­rige (Nas­sauis­che Neue Presse)

Überzeugt hat uns nicht nur die cle­vere Verkehrung eines bekan­nten Wei­h­natch­sliedes, son­dern auch die Bebilderung mit zwei angemessen trau­rig drein­blick­enden Insassen der JVA Lim­burg, die sich, so erfahren wir im dazuge­höri­gen Artikel, zu Wei­h­nacht­en am lieb­sten Frei­heit wün­schen. Die wer­den sie, so merkt der Beitrag etwas pas­siv-aggres­siv an, aber nicht bekommen.

Platz 2: Föhne Wei­h­nacht­en! Heute ist es wärmer als an Ostern (Blick.ch)

Die ungewöhn­lich milden Tem­per­a­turen haben viele Zeitun­gen als Aufhänger genom­men, um über das Wei­h­nachts­fest zu bericht­en. Überzeugt hat uns an der Schlagzeile des Schweiz­er „Blick“ das Wort­spiel föhne/schöne, das nicht nur die Wet­terbe­din­gun­gen the­ma­tisiert, son­dern assozia­tiv an eine Aussprache erin­nert, die sich durch einen Mund voller Kekse ergibt.

Berliner Kurier – Rohe iNachtPlatz 1: Rohe iNacht (Berlin­er Kurier)

Unange­focht­en und mit großem Abstand auf Platz 1 lan­det diese Schlagzeile, mit der der Berlin­er Kuri­er eine Mel­dung über einen Ein­bruch im Berlin­er Apple-Store betitelte. Grafisch unter­stützt durch ein apple­för­mig ger­ahmtes Foto vom Ein­bruch­swerkzeug – einem gestohle­nen Opel – überzeugt uns der Auf­mach­er als mod­ernes, und gle­ichzeit­ig berlin­isch-lakonis­ches Gesamtkunst­werk von beina­he twit­teresker Qual­ität. Wür­den andere Zeitun­gen sich an dieser sprach­lichen Kreativ­ität ein Beispiel nehmen, bräuchte es kaum noch Nachricht­en, um die Zeitungslek­türe zu einem Vergnü­gen zu machen.

Und damit wün­schen wir ihnen einen schö­nen ersten Wei­h­nacht­stag, oder einen ganz nor­malen Mittwoch – je nach­dem, was Ihnen bess­er passt.

2 Gedanken zu „Weihnachtsschlagzeile 2013

  1. Ferrer

    Zur brachialen Ein­bruchsmeth­ode: Im spanis­chen heisst eine Schaufen­ster­scheibe ¨luna¨, was gle­ichzeit­ig auch Mond bedeutet. Daher wird das Ein­schla­gen von Schaufen­stern mit gestohle­nen Autos neuerd­ings oft als ¨alu­niza­je¨ beze­ich­net, was gle­ichzeit­ig auch Mond­lan­dung bedeutet. Da zu erwarten ist, dass diese Ein­bruch­meth­ode auch in Deutsch­land immer öfter gebraucht wird, wäre es vielle­icht nicht schlecht, wenn sich die Jour­nal­is­ten über­legen wür­den, wie man diese Art der Mond­lan­dung auf Deutsch aus­drück­en kann.
    War­nung: Sobald es das Wort gibt, wird es sofort von Poli­tik­ern miss­braucht, um auf die Gefahren von Ban­denkrim­i­nal­ität hinzuweisen, meis­tens im Zusam­men­hang mit Osteu­ropa und eth­nis­chen Min­der­heit­en. Das Wort sollte also gut gewählt wer­den, um es den Poli­tik­ern nicht zu leicht zu machen, Ras­sis­mus und Het­ze als gesun­den Men­schen­ver­stand zu präsentieren.

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