Merkels versaute Raute

Von Anatol Stefanowitsch

Diese Woche twit­terte Julia Prob­st – bekan­nt durch ihren Twit­ter- Lip­pen­lese­di­enst bei Sportereignis­sen und ihren Aktivis­mus für Unter­ti­tel und gegen Cochlea-Implan­tate – fol­gen­den lin­guis­tisch faszinieren­den „Fun­fact“:

Fun­fact: Die #Merkel-#Raute bedeutet in #Gebär­den­sprache “Vagi­na”.

— Julia Prob­st (@EinAugenschmaus) 1. Okto­ber 2014

Merkels Raute

Merkels Raute

Nun ist Humor bekan­ntlich sehr indi­vidu­ell, und so lässt sich natür­lich nicht objek­tiv fest­stellen, ob dieser Fact tat­säch­lich „Fun“ ist. Es gibt ja Men­schen, die zum Beispiel Mario Barth lustig find­en, und die wären ver­mut­lich ganz aus dem Häuschen, wenn sich her­ausstellte, dass Merkel mit der für sie typ­is­chen Geste (siehe Abbil­dung links) seit Jahren unab­sichtlich bei jedem ihrer Auftritte das Wort „Vagi­na“ gebärdet. Wenn sie es in sub­ver­siv­er Absicht ganz bewusst täte, kön­nte vielle­icht sog­ar ich Humor darin erkennen.

Aber wir sind ja das Sprachlog, nicht das Lachlog, deshalb konzen­tri­eren wir uns auf die Frage, ob dieser (poten­zielle) Fun über­haupt „Fact“ ist.

Für die Deutsche Gebär­den­sprache lässt sich das recht unspek­takulär verneinen. Die Gebärde für „Vagi­na“ erin­nert hier nicht ein­mal ent­fer­nt an Merkels Raute – sie beste­ht darin, die Hand von der im linken Bild gezeigten Hand­stel­lung zu der im recht­en Bild gezeigten zu bewe­gen (siehe auch hier):

„Vagina“ in der Deutschen Gebärdensprache

Vagi­na“ in der Deutschen Gebärdensprache

Machen wir uns also auf die Suche nach dem Ursprung von Prob­sts Behaup­tung, indem wir etwas wie [Merkel Raute Vagi­na] googeln (und damit ver­mut­lich sowohl die NSA auf ungute Weise auf uns aufmerk­sam machen als uns auch die Ergeb­nis-Rank­ings zukün­ftiger Google-Suchen für immer verder­ben). Es stellt sich schnell her­aus, dass die Assozi­a­tion zwis­chen Merkels gestis­chem Erken­nungs– und einem primären weib­lichen Geschlechtsmerk­mal eine lange Tra­di­tion hat.

Schon 2009 ver­suchte das Ham­burg­er Abend­blatt, der Bedeu­tung der Geste auf den Grund zu gehen und zitiert dabei einen „Inter­net­nutzer“ namens „Cel­liz­zo“, der glaubt, „die Bun­deskan­z­lerin möchte sig­nal­isieren, dass sie tat­säch­lich eine Frau ist und die Gebärde heißt: ‚Ich habe eine Vagi­na.‘“ Ein Zusam­men­hang zur Gebär­den­sprache stellt Inter­net­nutzer Cel­liz­zo allerd­ings nicht her, eben­so wenig wie die pubertieren­den Jungs, die bei Spiegel Online für das zuständig sind, was man dort für „Satire“ hält.

Suchen wir weit­er, find­en wir Men­schen, die ihre ero­tisierte Wahrnehmung von Merkels Raute mit der Freud­schen Psy­cho­analyse oder der Philoso­phie des Yoga begründen.

Ob diese Deu­tun­gen tat­säch­lich existieren, wollen wir hier nicht weit­er ver­fol­gen, suchen wir lieber weit­er nach Hin­weisen auf einen Zusam­men­hang zur Gebär­den­sprache. Es find­en sich mit etwas Geduld ein paar ver­streute Hin­weise, dass es sich bei Merkels Raute eventuell um eine Gebärde aus der Amer­i­can Sign Lan­guage han­deln kön­nte – ein Blog­beitrag spricht in diesem Zusam­men­hang von der „englis­chen Zeichen­sprache“, ein Face­book-Kom­men­tar von der „amerikanis­chen Gebärdensprache“.

„Vagina“ in der American Sign Language

Vagi­na“ in der Amer­i­can Sign Language

Und tat­säch­lich mag sich dem Laien eine gewisse Ähn­lichkeit zwis­chen der Merkel-Raute und der Gebärde für „Vagi­na“ in der Amer­i­can Sign Lan­guage (siehe Abbil­dung rechts, oder, mit der dazuge­höri­gen Bewe­gung, hier) auf­drän­gen.

Für Sprecher/innen der ASL dürfte die Ähn­lichkeit allerd­ings nur eine sehr ent­fer­nte sein, etwa so, wie für Sprecher/innen des Deutschen die laut­liche Ähn­lichkeit zwis­chen Merkels Lieblingsad­jek­tiv alter­na­tiv­los und der Unsinnsphrase altes Nativ-Moos. Denn ent­ge­gen einem weit ver­bre­it­eten Missver­ständ­nis sind Gebär­den­sprachen keine Pan­tomime, bei der unge­fähre Ähn­lichkeit­en zwis­chen Gebärde und Beze­ich­netem oder zwis­chen unter­schiedlichen Gebär­den eine zen­trale Rolle spie­len. Gebär­den sind kom­plexe sprach­liche Zeichen, deren Form sich aus präzise definierten Kom­bi­na­tio­nen der genauen Kon­fig­u­ra­tion und Ori­en­tierung der Hand (oder der Hände) sowie der Art und Ort bzw. Pfad der aus­ge­führten Bewe­gung zusammensetzt.

Wer über Merkel lachen will, muss also weit­er suchen – ihre Raute birgt kein ver­steck­tes humoris­tis­ches Poten­zial. Aber vielle­icht tut sie uns ja den Gefall­en, bei Gele­gen­heit wieder ein­mal ihre Deutsch­land­kette zu tragen.

[Nach­trag: Wie auch in meinem Kom­men­tar unten angedeutet gibt es natür­lich auch in der DGS, wie in anderen Sprachen, Dialek­te, Sozi­olek­te, Slang, Sprach­spiele, etc. So gibt neben dem oben gezeigten auch andere Wörter oder Vari­anten d für Vagi­na z.B. eine Vari­a­tion der von mir genan­nten Gebärde auch andere, z.B diese hier. In der Deutschschweiz­er Gebär­den­sprache gibt es eine Vari­ante der von mir oben gezeigten Gebärde siehe hier.

„Vagina“ in der Schweizer Gebärdensprache

Vagi­na“ in der Schweiz­er Gebärdensprache

Außer­dem gibt es in der Schweiz­er Gebär­den­sprache eine Gebärde, die eine offen­sichtliche Vari­ante der ASL-Gebärde ist, sie unter­schei­det sich nur in der Posi­tion der Hände (siehe Abbil­dung links, die Bewe­gung ist dieselbe wie in der ASL; zu sehen ist sie in diesem schö­nen Wörter­buch der Schweiz­er Gebär­den­sprache, das auch dialek­tale Vari­anten enthält). Diese Gebärde ist iden­tisch mit der aus der franzö­sis­chen Gebär­den­sprache Langue des signes française (LSF), ich nehme an, sie wird in der franzö­sis­chsprachi­gen Schweiz ver­wen­det. Amer­i­can Sign Lan­guage stammt direkt von der LSF ab, sodass diese Ähn­lichkeit auch zu erwarten ist.

Ich halte es nicht für aus­geschlossen, dass diese Gebärde über die Deutschschweiz auch in deutschen Gehör­losen­com­mu­ni­ties bekan­nt ist, aber sie sieht eben auch nicht aus, wie die Merkel-Raute. Wenn mir jemand eine Quelle nen­nen kann, die die Merkel-Raute in der DGS oder irgen­dein­er anderen Gebär­den­sprache als Gebärde für „Vagi­na“ doku­men­tiert, ver­linke ich die hier natür­lich. Die Hand­form von Merkels Geste ist allerd­ings nicht ger­ade typ­isch für die DGS, deshalb würde es mich aufrichtig wun­dern (aber keine Sorge: ich wun­dere mich gerne).]

Michelle Obama mit Rautengeste

Die Oba­ma-Raute (Reader’s Digest 2011)

[Nach­trag 2: Übri­gens ist Angela Merkel nicht die einzige mächtige Frau, deren Gesten Assozi­a­tio­nen mit der Vagi­na aus­lösen: Michelle Oba­ma musste sich als Reak­tion auf ihre Hand­stel­lung auf einem Titelfo­to der Zeitschrift Reader’s Digest (siehe Auss­chnitt rechts) auch Unwissenheit/versteckte Absicht­en unter­stellen lassen (z.B. hier). Ich sehe zwar die Ähn­lichkeit, aber ich sag’s mal so: Mächtige Frauen und einge­bildete Vagi­nen? Freud hätte seine Freude.]

[Nach­trag 3: Julia Prob­st hat hier und im Face­book-Thread des Beitrags mehrfach kom­men­tiert. Ich möchte auf diese Kom­mentare nur insoweit einge­hen, wie sie sich auf ihre ursprüngliche Behaup­tung und auf das The­ma meines Blog­posts beziehen. Zunächst behauptet sie, dass es keine Wörter­büch­er für Gebär­den­sprachen gebe, son­dern nur „einige Seit­en, wo man einiges nach­schla­gen kann“. Das ist schlicht falsch, es gibt eine Rei­he von Wörter­büch­ern (einige davon ste­hen in meinem Bücher­re­gal oder befind­en sich als App auf meinem Rech­n­er) und die „eini­gen Seit­en“ (auf die ich mich teil­weise beziehe) sind umfassende Video­daten­banken nach wis­senschaftlichen Standards.

Sie greift dann die Behaup­tung ein­er anderen Kom­men­ta­torin auf, es han­dle sich bei der Merkel-Raute um die Gebärde für „Vagi­na“ in der Inter­na­tion­al Sign Lan­guage (also nicht, wie sie in ihrem ersten Kom­men­tar unten so aus­drück­lich betont, der Deutschen Gebär­den­sprache). Das ist schw­er zu über­prüfen, denn die Inter­na­tion­al Sign Lan­guage ist keine sys­tem­a­tis­che, aus­ge­baute Sprache, son­dern ein Pid­gin, das Gehör­lose aus ver­schiede­nen Sprachge­mein­schaften ver­wen­den, wenn sie miteinan­der kom­mu­nizieren (auf Reisen oder inter­na­tionalen Tre­f­fen), und das Gebär­den aus ver­schiede­nen existieren­den Gebär­den­sprachen kom­biniert. Dabei wer­den allerd­ings typ­is­cher­weise Gebär­den genom­men, die in ein­er Rei­he von Sprachen gle­ich oder ähn­lich sind, was dafür sprechen würde, dass die Gebärde für „Vagi­na“ der in der Amerikanis­chen oder Franzö­sis­chen Gebär­den­sprache ähnelt – wenn die Inter­na­tion­al Sign Lan­guage über­haupt eine Gebärde für „Vagi­na“ hat (hier ein Blog­beitrag, in dem auf der Grund­lage von Hören­sagen behauptet wird, es sei eine dem ASL ähn­liche Gebärde, die aber unter­halb des Bauch­es gebärdet wird und bei der die Fin­ger aus­gestreckt geschlossen aneinan­der liegen. Wer hier mehr weiß, möge sich melden.

Geste/Gebärde aus den Vagina Monologues in ASL

Geste/Gebärde aus den Vagi­na Mono­logues in ASL

Außer­dem liefert sie einen „Beleg“ in Form eines Youtube-Videos ein­er Auf­führung der „Vagi­na Mono­logues“ in der Amer­i­can Sign Lan­guage, in der sich mehrfach eine Vari­ante der von mir oben für ASL beschriebe­nen Gebärde find­et, bei der die Fin­ger aber aus­gestreckt aneinan­der liegen (z.B. bei 0:28). Außer­dem, und das soll wohl der Beleg sein, macht die Schaus­pielerin die Gebärde teil­weise auch direkt über ihrer Vul­va (z.B. bei 0:41, siehe Screen­shot links) – das ist die Art von kün­st­lerisch­er Frei­heit, die sich im The­ater (auch im Gebär­den­sprachthe­ater) find­et. Diese Gebärde (oder Mis­chung aus Gebärde und Geste) ist aber eben­falls nicht die Merkel-Raute, da die Fin­ger aus­gestreckt aneinan­der liegen und nicht, wie bei der Merkel-Raute, gespreizt sind. Um genau diese Details in der Hand­form und ‑posi­tion geht es ja in meinem Beitrag, denn diese Details sind in Gebär­den­sprachen genau­so entschei­dend, wie die exak­ten Laute eines Wortes in gesproch­enen Sprachen.]

41 Gedanken zu „Merkels versaute Raute

  1. peter brunner

    Georg Büchner:Danton. Sieh die hüb­sche Dame, wie artig sie die Karten dreht! Ja wahrhaftig, sie versteht’s; man sagt, sie halte ihrem Manne immer das coeur und anderen Leuten das car­reau hin. – Ihr kön­ntet einen noch in die Lüge ver­liebt machen.

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  2. Julia Probst

    Der Autor Ana­tol Ste­fanow­itsch weist erschreck­ende Bil­dungslück­en über Sprachen im all­ge­meinen vor, obwohl das hier ein Blog von Lin­guistin­nen und Lin­guis­ten über Sprachen sein soll. 

    Die Infor­ma­tio­nen im Artikel kann man als Desin­for­ma­tio­nen beze­ich­nen, wenn der Autor der Mei­n­ung ist, dass für ein Wort nur eine einzige Vok­a­bel gibt.

    Es ist jedoch all­ge­mein bekan­nt, dass es in jed­er Sprache viele ver­schiedene Wörter für einen Begriff gibt. Und genau das gle­iche gilt auch für die Gebär­den­sprache. Gebär­den­sprachen sind voll­w­er­tige Sprachen und besitzen auch regionale Dialek­te ganz wie die Lautsprachen. 

    Außer­dem funk­tion­iert die Argu­men­ta­tion des Autors nicht, wenn man sich dann der amerikanis­chen Gebär­den­sprache bedi­ent auf­grund der Tat­sache, dass ich mich ganz klar auf die deutsche Gebär­den­sprache beziehe.

    Und der deutschen Gebär­den­sprache gibt es 3 ver­schiedene Gebär­den für Vagi­na, welche mir bekan­nt sind. 

    Und die Merkel-Raute gehört dazu und ist somit keine von mir aufgestellte “Behaup­tung”, son­dern ein Fakt in der Gehörlosenwelt. 

    Fre­undliche Grüße Julia Prob­st aka @EinAugenschmaus

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  3. Privatsprache

    Span­nend ist, wie Julia Prob­st zu ihrem Urteil kam. Gebär­den­sprache ist doch ihre Mut­ter­sprache, oder? Vielle­icht wird die Merkel-Raute in ihrem Umfeld tat­säch­lich für “Vagi­na” benutzt, qua­si als Sozi­olekt. Mich würde ein State­ment von ihr sehr interessieren.

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    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      Meines Wis­sens ist DGS nicht ihre Mut­ter­sprache, aber sie spricht es wohl fließend. Mich würde deshalb auch inter­essieren, wo/wann/von wem die Merkel-Raute mit dieser Bedeu­tung ver­wen­det wird, denn natür­lich gibt es in der DGS auch Dialekte/Soziolekte und Slang. In den bekan­nten Wörter­büch­ern find­en sich ver­schiedene Zeichen (z.B. eine Vari­a­tion der von mir genan­nten Gebärde hier und — für die Deutschschweiz­er Gebär­den­sprache – hier und eine ganz andere Gebärde hier), aber eben nicht die Merkel-Raute. Wenn ich eine Quelle benan­nt bekomme, ver­linke ich sie natürlich.

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  4. Vilinthril

    Der Kri­tik von @Augenschmaus, dass die ver­schiede­nen par­al­lel existieren­den (und halt teil­weise Non­stan­dard-) Gebär­den nicht berück­sichtigt wur­den, kann ich zus­tim­men, aber die Gen­er­al­bre­it­seite bzgl. Ana­tols lin­guis­tis­ch­er Kom­pe­tenz ver­ste­he ich nicht – er schreibt ja im Text expliz­it, dass Gebär­den­sprachen (gegen­läu­fig zur lei­der immer noch weit ver­bre­it­eten Mei­n­ung) voll­w­er­tige, hochkom­plexe Sprachen sind …? Wozu die ad-hominem-Attacke zur Einleitung?

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  5. geldkobra

    Merkels Schwest­er Irene ist Ergother­a­peutin und gab ihr den Tipp, eine Raute mit den Hän­den zu for­men, wenn sie mal nicht wisse, wohin damit.

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  6. Andreas

    Frau Prob­st scheint sich ja gewaltig auf den Schlips getreten zu fühlen, wenn man ihren unfre­undlichen Kom­men­tar hier und das geheule auf Twit­ter liest, dass ihr Kom­men­tar nicht schnell genug freigeschal­tet wird.

    Sehe ich das richtig, dass ein konkreter Nach­weis ihrer Behaup­tung nach wie vor aussteht?

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  7. Manfred

    Sicher­lich kann man jed­er zufäl­li­gen Geste in irgen­dein­er Gebär­den­sprache irgen­deine Bedeu­tung zuordnen.

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  8. Vilinthril

    @Andreas: Ja, aber es ist damit halt ähn­lich schwierig, wie wenn ich jet­zt hier bele­gen sollte, was „Earchtling“ im Pon­gauis­chen Dialekt heißt. (Nein, noch schwieriger, weil danach kann ich wenig­stens googlen (und find da sog­ar was, auch wenn das schwache Belege sind), aber mach das mal mit ein­er dialek­tal­en Gebärde.)

    @Manfred: Erstens „Gebärde“, nicht „Geste“ (das wird von sehr vie­len Gebär­den­den als abw­er­tend emp­fun­den), und zweit­ens: Nein, das ist falsch. Gebär­den, auch Neu­bil­dun­gen von Gebär­den (also Neol­o­gis­men), fol­gen rel­a­tiv stren­gen Regeln; gewisse Ele­mente (Hand­hal­tun­gen, Rich­tun­gen, Para­me­ter) kom­men sehr häu­fig in Gebär­den vor, einige manch­mal bis sel­ten, und sehr sehr sehr viele kom­men gar nie vor. Alleine der Raum, in dem eine Gebärde aus­ge­führt wer­den kann, ist schon ein­mal sehr eingeschränkt (IIRC gibt es z. B. keine Gebärde, die unter Hüfthöhe aus­ge­führt wird).

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    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @Vilinthril: Die For­men Ächtling, Ea[r]chtling, Eschdleng, Ächtleng u.ä. sind für Lun­gau, Pon­gau und Teile von Kärn­ten in der Forschungslit­er­atur eigentlich belast­bar dokumentiert.

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  9. Vilinthril

    (Ah, sor­ry – da passt „Geste“ ja eigentlich, weil du dich tat­säch­lich auf Gesten bezo­gen hast. Sor­ry fürs Über­reagieren, da bin ich mit­tler­weile in dem Kon­text nur schon etwas überempfindlich. ^^;)

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  10. Vilinthril

    @Anatol: Ja, war jet­zt nur das erst­beste Beispiel, das mir ein­fiel, ich kenn ja als Stadtkind lei­der keine wirk­lich obskuren Dialektausdrücke. 😉

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  11. Julia Probst

    Ich möchte zuerst auf das Foto mit Michelle Oba­ma einge­hen: Barack und Michelle Oba­ma kön­nen bei­de ASL und sie sind gar nicht mal so schlecht darin, hat mir eine Quelle aus dem Arbeit­sum­feld des weißen Haus erzählt. Auch gibt es Videos der bei­den, wo man sie ganz kurz in ASL sprechen sieht. 

    Deswe­gen ist es völ­lig klar, dass Michelle Oba­ma genau weiß, was sie da macht und deren Hand­hal­tung entspricht außer der der Hal­tung der Vorderfin­ger eben nicht der ASL-Form für Vagina. 

    Und jet­zt zum Gebär­den­raum für Gebär­den: Es gibt sehr wohl Gebär­den, die sich unter der Hüfte abspie­len, wenn auch in geringer Anzahl. Da wäre zum Beispiel die Gebärde für “Hund”, bei der man sich auf die seitliche Hüfte schlägt. 

    Und Merkel platziert ihre “Raute der Macht” vor dem Bauch, also knapp über der Hüfte: http://p5.focus.de/img/fotos/origs2575463/8879517297-w630-h407-o-q75-p5/Die.jpg

    Man kann nicht sagen, dass es die Gebärde für ein bes­timmtes Wort nicht gibt, weil man keine Quellen dazu im Inter­net find­et. Die Merkel-Raute bedeutet unter anderem in der Inter­na­tion­al Sign Language/International Sign eben “Vagi­na.”

    Bish­er gibt es eben kein Wörter­buch, wo man eben mal schnell alle Gebär­den der Welt nach­schla­gen kann, son­dern nur einige Seit­en, wo man einiges nach­schla­gen kann. 

    Gebär­den­sprach­ler ste­hen in ständi­gem Aus­tausch miteinan­der und das weltweit, weswe­gen auch Gebär­den­sprach­ler selb­st die besten Quellen sind für die Herkun­ft der Gebär­den und deren Bedeu­tung. Auch hat man durch die Gebär­den­sprache eine starke Bindung zueinan­der, weil man sich über die Gehör­losigkeit und die Gebär­den­sprache identifiziert.

    Und die Gebär­den­sprache ist nicht meine Mut­ter­sprache, da ich sie erst mit 17 Jahren gel­ernt habe, aber: Die Gehör­losenkul­tur bzw. Gemein­schaft ist ein wichtiger Teil mein­er Iden­tität und gehört zu mir. Und ich spreche die Gebär­den­sprache ganz gut, ja. 

    Der Unter­schied beim Erler­nen ein­er Laut­sprache ist: Erlernt man z.b. Englisch, so erlernt man ein­fach nur eine Sprache, aber nicht automa­tisch die englis­che Kul­tur mit, aber erlernt man die Gebär­den­sprache, so kommt man zwangsläu­fig mit der Gehör­losenkul­tur in Kon­takt, was für sich eine ganz ander­er Welt ist als die Welt der Nichtbehinderten.

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    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      Nur, damit ich es richtig ver­ste­he: Wenn ich in meinem Beitrag die ASL her­anziehe, um über­haupt eine Gebärde zu find­en, die der Merkel-Raute ähn­lich sieht, dann „funk­tion­iert die Argu­men­ta­tion nicht“, weil Sie sich „ganz klar auf die deutsche Gebär­den­sprache“ beziehen (so Ihr erster Kom­men­tar). Wenn eine Face­book-Kom­men­ta­torin ohne Belege behauptet, die Merkel-Raute sei die Gebärde für „Vagi­na“ in der „Inter­na­tion­al Sign Lan­guage“, dann ist das plöt­zlich rel­e­vant? Ich habe die Argu­mente aus der Face­book-Diskus­sion in Nach­trag 3 ein­mal zusam­menge­fasst und bewertet.

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  12. Vilinthril

    @Julia: Danke für den Hin­weis bzgl. Gebär­den­raum, dann hat­te ich die ein­schränk­ende Gren­ze schlicht falsch in Erin­nerung (hab erst ein Sem­i­nar dazu gemacht). (War aber gar nicht auf die Merkel­raute bezo­gen, son­dern nur eine all­ge­meine Fest­stel­lung zur Erläuterung, warum „zu jed­er Geste wird’s in irgen­dein­er GS schon eine passende Gebärde geben“ nicht stimmt.)

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  13. Philipp

    Eine Rhetorik Trainer­in erzählte mir let­ztes Jahr mal, dass diese Geste inter­na­tion­al als unauf­fäl­lig­ste Möglichkeit zur Hand­hal­tung gilt. Nur gibt es eben auch dabei regionale und kul­turelle Kon­junk­tio­nen und dies in Deutsch­land nun eben nicht mehr funk­tion­iert. Das erk­lärt das Oba­ma Bild und passt zum Kom­men­tar von geld­ko­bra. Mit unter­schwelli­gen sex­uellen Botschaften hat das aber nichts zu tun.

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  14. Debora Weber-Wulff

    Ich kann bestäti­gen, was Luise Pusch oben geschrieben hat: in den 70er Jahren wurde die nach oben, ober­halb des Kopfes, gehal­tene Raute als Frauen­sym­bol (und nicht nur als Les­ben­sym­bol) auf so gut wie jed­er Frauen­de­mo ver­wen­det. Eine Zeich­nung von eine Frau, die dieses Zeichen mit ihren Hän­den formt befind­et sich auf S. 23 von “Hex­enge­flüster 2 — frauen greifen zur selb­sthil­fe”, erscheinen im Frauenselb­stver­lag, Berlin, 1977.

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  15. Julia Probst

    Sie wollen auch alles missver­ste­hen. Auf Twit­ter habe ich übri­gens von mehreren Per­so­n­en erfahren, dass Sie gerne die Belege von Mut­ter­sprach­lern nicht als belege zulassen, weil Sie Ihnen das nicht in den Kram passt. Es ist ist schon inter­es­sant, wie sie sich an mein­er Per­son abar­beit­en wollen. 

    Zitat: “Zunächst behauptet sie, dass es keine Wörter­büch­er für Gebär­den­sprachen gebe, son­dern nur „einige Seit­en, wo man einiges nach­schla­gen kann“. Das ist schlicht falsch, es gibt eine Rei­he von Wörter­büch­ern (einige davon ste­hen in meinem Bücher­re­gal oder befind­en sich als App auf meinem Rech­n­er) und die „eini­gen Seit­en“ (auf die ich mich teil­weise beziehe) sind umfassende Video­daten­banken nach wis­senschaftlichen Standards.”

    Das ist falsch. Ich sagte, es gibt keine Wörter­büch­er, wo ALLE Gebär­den der Deutschen Gebär­den­sprache oder der weltweit­en Gebär­den­sprachen drin­ste­hen, weil eben bish­er noch nicht alle Begriffe doku­men­tiert wurden. 

    Das, was bish­er existiert, kann man als Vok­a­bel­liste beze­ich­nen, aber ganz sich­er nicht als 100% vorhan­denes Lexikon der gesamten Gebär­den­be­griffe in Deutsch­land. Es gibt derzeit das DGS-Kor­pus, wo man ver­sucht alle Gebär­den zu erfassen, aber das Pro­jekt ist selb­st noch nicht ganz abgeschlossen.

    Desweit­eren habe ich in meinen Blog­beiträ­gen in meinem Blog mehrfach z.b. auf Kest­ner ver­wiesen. Der Kest­ner gilt zwar ein großes Lexikon bzw. Duden der Gebär­den­sprache, hat aber den “Makel”, dass er nur den hes­sis­chen Dialekt bzw. die Gebär­den­sprach­be­griffe, die in Hes­sen und im Umland drumherum gesprochen wer­den. Das ist unge­fähr so, als würde man ein Wörter­buch her­aus­geben, wo man nur die bay­erischen Begriffe sam­melt und es dann als “Deutsch” her­aus­gibt und dadurch alle anderen nicht­bay­erische Begriffe als nicht-exis­tent wer­den, weil es dafür keine “Belege” gibt, da in diesem Wörter­buch nicht “erfasst.”

    Das ist ja auch der Grund, weshalb des das Pro­jekt “DGS-Kor­pus” gibt. 

    Weit­er­hin habe ich meine amerikanis­chen Fre­unde gefragt, ob die Merkel-Raute in ASL auch für Vagi­na ste­ht. Und es würde bestätigt. Aber das wird ja nicht als Beleg zuge­lassen, weil nicht wis­senschaftlich erfasst in ihren Augen.

    Die besten Experten für Gebär­den­sprachen sind Gehör­lose selb­st, die sich in dieser Sprache ausken­nen. Wenn man dieses Wis­sen aus allen Diskus­sio­nen auss­chließt, dann diskri­m­iniert man dieses Expertenwissen.

    Weit­er­hin: Die Vor­tra­gende ver­wen­det ganz klar die Merkel-Raute für Vagina. 

    Die angsproch­ene Hand­form der Merkel-Raute set­zt die Kan­z­lerin auch immer wieder ganz klar erkennbar ein.http://www.abendblatt.de/img/vermischtes/crop105503482/5918726852-ci3x2l-w620/Merkel-HA-Sport-TEGUCIGALPA.jpg

    Mit ihnen über Gebär­den­sprachen zu disku­tieren bringt über­haupt nichts, da sie Ihr Wis­sen über Gebär­den­sprachen ganz offen­sichtlich irgend­wo aus Wikipedia zusam­men­klauben und dann ver­suchen als gebär­den­sprachkundig rüberzukommen.

    Übri­gens: Die Fre­undin von mir, die da bei Face­book kom­men­tiert hat, hat das alles studiert und ist eine der besten Ken­ner­in­nen der Gebärdensprachen. 

    In dem ange­sproch­enen The­ater­stück “Die Vagi­na-Monologe” mit Emanuelle Labror­it ste­ht die Merkel-Raute tat­säch­lich für Vagi­na. Und genau diesen Beweis wie alle anderen Beweise lassen Sie nicht zu, weil sie dafür keine Quellen finden. 

    Das muss man sich mal vorstellen: Ein Lin­guist, der die Exis­tenz der ver­schiede­nen Begriffe ein­er Sprache anzweifelt, weil er nur erfassten Bele­gen traut, aber nicht den Leuten, die die Sprache sprechen. Das hat schon eine gewisse Arro­ganz an sich, wenn man dann sich auch noch zutraut qual­i­ta­tiv adäquat über Gebär­den­sprache zu sprechen, dann aber dieser Auf­gabe nicht gerecht wird, weil man nur ein sehr dürftiges Wis­sen hat über die Gebär­den­sprachen weltweit. 

    Über­lassen Sie doch die Analy­sen über Gebär­den­sprache und welche Begriffe kor­rekt sind oder nicht, Gebärdensprachlern.

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    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      Frau Prob­st, ich habe Sie hier sehr aus­führlich kom­men­tieren lassen, obwohl Ihre Kom­mentare von Anfang an haupt­säch­lich aus unqual­i­fizierten Angrif­f­en auf meine Per­son und meine Fachken­nt­nisse bestanden und wenig Inhaltlich­es zum The­ma beige­tra­gen haben. Ich habe das getan, weil Ihr Tweet der Aufhänger für den Blog­beitrag war, aber ich bitte Sie, ab jet­zt sach­lich zum The­ma zu kom­men­tieren und Ihre Behaup­tun­gen zu bele­gen; anson­sten werde ich Ihre Kom­mentare hier nicht mehr freis­chal­ten (sie kön­nen Sie ja in Ihrem eige­nen Blog veröf­fentlichen, Track­backs lasse ich zu, und natür­lich kön­nen Sie auf Face­book weit­er kom­men­tieren).

      Die inhaltlichen Fra­gen sind die Folgenden:

      1. Bedeutet die Merkel-Raute in der deutschen Gebär­den­sprache „Vagi­na“?

      Auch, wenn Sie jet­zt ständig von ASL reden, war das, laut Ihrer eige­nen Aus­sage, ihr ursprüngliche Behaup­tung. Einen Beleg haben Sie bis jet­zt nicht gebracht, während ich min­destens vier ver­schiedene Quellen genan­nt habe, die mehrere andere Gebär­den enthal­ten, aber eben nichts rautenförmiges.

      2. Bedeutet die Merkel-Raute in der ASL „Vagi­na“?

      Das haben Sie inzwis­chen mehrfach behauptet, obwohl Sie mich am Anfang dafür kri­tisiert haben, dass ich ASL ins Spiel gebracht habe. Einen Beleg haben Sie hier eben­falls nicht, nur eine „amerikanis­che Fre­undin“, die ASL spricht. So eine habe ich auch, und sie ken­nt die Merkel-Raute nicht, son­dern nur die Gebärde, die ich im Blog­beitrag und im drit­ten Nach­trag disku­tiert habe. Sie behaupten mehrfach, der von Ihnen ver­link­te Film zeige die Merkel-Raute, obwohl sich ja jed­er vom Gegen­teil überzeu­gen kann. Sagen Sie uns ein­fach, an welch­er Stelle das sein soll – ich habe meine Aus­sagen zum Video mit genauen Zei­tangaben und Screen­shot belegt.

      3. Bedeutet die Merkel-Raute in irgen­dein­er anderen Gebär­den­sprache „Vagi­na“?

      Schließlich haben Sie noch behauptet, die Gebärde komme in der Inter­na­tion­al Sign Lan­guage und in ein­er Insze­nierung der Vagi­na-Monologe von/mit Emanuelle Labror­it vor (die ja dann ver­mut­lich die LSF oder die ASL verwendete).

      Ich habe mir die Quellen sehr aus­führlich ange­se­hen und denke, die Antwort auf alle drei Fra­gen ist ein klares „Nein“, aber ich lasse mich gerne kor­rigieren und werde alle Belege ver­linken und in den Beitrag ein­bauen. Wenn Ihre Fre­undin eine der besten Ken­ner­innnen der Gebär­den­sprache ist, wird sie ja entsprechende Belege nen­nen können.

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  16. Hewritesilent

    Sor­ry Ana­tol, ihre ange­bliche Wis­sen bzw. Behaup­tung sei, ob Julia fließend DGS beherrsche.

    Ich sehe das anders und kon­nte sie bis heute immer noch beobacht­en, fakt ist sie beherrscht die Gebär­den­sprache nur fortschrit­tlich, nicht fließend. 

    Macht nichts, immer­hin hast du sehr inter­es­sante The­ma verfasst.(likeitalafacebook)

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  17. Andreas H.

    Wenn man mal von den unter­schiedlichen Gebär­den­sprachen (GS) und ‑dialek­ten absieht: Gibt es denn in den GS sowas wie indi­vidu­elle “Hand­schriften”? Meine handgeschriebe­nen Texte sehen auch anders aus als andere und den­noch ist (fast) jed­er in der Lage, den Text zu lesen und zu ver­ste­hen. Gibt es etwas Ver­gle­ich­bares in der GS, oder müssen sich die Fin­ger und Hände immer exakt an ein­er bes­timmten Stelle befind­en, um ver­standen zu wer­den? Wenn die Hand etwas schräger gehal­ten wird, die Fin­ger etwas weit­er gespreizt sind, kann man die Gebärde dann nicht ver­ste­hen? Vielle­icht liegt hier der Schlüs­sel, dass es ein­fach eine indi­vidu­elle ‘Hand­schrift’ ist.

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    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @Andreas H: Gebär­den sind in Struk­tur und Funk­tion­sweise nicht mit Schrift ver­gle­ich­bar, son­dern eher mit Laut­sprache (nur halt in einem anderen Kanal). Insofern kann es keine Vari­a­tion in der Größenord­nung von Hand­schriften geben, son­dern nur in der Größenord­nung von Aussprache­un­ter­schieden. Solche Aussprache­un­ter­schiede gibt es ein­er­seits auf der Ebene von Grup­pen (z.B. bei regionalen Dialek­ten); hier kön­nen sie beträchtlich sein (denken Sie an den Unter­schied zwis­chen Plattdeutsch und Bairisch). Zum anderen unter­schei­det sich unsere Aussprache natür­lich auch indi­vidu­ell und sit­u­a­tiv – wir sprechen höher oder tiefer, schneller oder langsamer, wir nuscheln oder sprechen mit vollem Mund. Das gibt es bei Gebär­den­sprachen auch, wenn Sprecherin­nen in ein­er Hand etwas hal­ten, machen sie viele Gebär­den z.B. ein­fach ein­händig. Da ist es natür­lich the­o­retisch möglich, dass bei der Vari­ante der ASL-Gebärde mit den aus­gestreck­ten Fin­gern ein­mal nicht alle Fin­ger geschlossen sind – aber ein Beleg dafür fehlt bis­lang, und es wäre sowieso etwas ziem­lich anderes als die Behaup­tung, dass die Merkel-Raute „in der Gebär­den­sprache ‚Vagi­na‘ bedeutet“. Manch­mal gibt es auch regel­hafte Aussprachevari­anten, z.B. das deutsche Wort Vagi­na, das entwed­er auf der zweit­en oder auf der ersten Silbe betont wer­den kann. Für eine regel­hafte Vari­ante der ASL-Gebärde, bei der die Fin­ger gespreizt wären, fehlt auch jeglich­er Beleg. Und außer­dem ging es ja am Anfang ange­blich um eine DGS-Gebärde. Wir kön­nen hier viel spekulieren und hin und her über­legen, solange Frau Prob­st, wenn sie schon keine Belege liefert, nicht wenig­stens etwas genauer und weniger wech­sel­haft beschreibt, wer die Merkel-Raute wo und wann mit der Bedeu­tung „Vagi­na“ ver­wen­det oder ver­wen­det hat, wird das zu nichts führen.

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  18. Dierk

    Ich mag mich irren, aber ich sehe nicht, dass Angela Merkel irgen­dein Gebär­den­spracheze­ichen nutzt. Wie bere­its andere kom­men­tiert haben, dürfte der Hin­ter­grund eher in Ideen aus der ange­wandten Rhetorik liegen. Eine sichere Antwort darauf kann uns selb­stver­ständlich nur Frau Merkel selb­st geben.

    Bleibt also nur die Frage, ob sie mit ihren Hän­den zufäl­lig in die Gebär­den­sprache eindringt.

    Ana­tols Ver­suche, genau dies zu bele­gen — und damit meine Inter­pre­ta­tion, unsere Bun­deskan­z­lerin würde bei jed­er ihrer Reden gebärdig aus­drück­en ‘Fickt euch, Bürg­er’ -, gin­gen bish­er ins Leere. Alle gefun­de­nen offiziellen, stan­dar­d­isierten Zeichen sehen anders aus. So, wie das auf dem Kopf ste­hende A oder das nach hin­ten weisende E aus eini­gen logis­chen Nota­tio­nen eben keine A und E sind.

    Nun sind wir alle rel­a­tiv tol­er­ant, wenn es darum geht, Laut­fehler, lexikalis­che oder gram­ma­tis­che Fehler zu über­hören, solange die Kom­mu­nika­tion nicht wesentlich gestört wird*. Ich ver­mute, Gehör­lose überse­hen entsprechende Fehler bei ungeübten Gebärdern. So wie in Four Wed­dings and a Funer­al. In ein­er intendierten, voll­ständi­gen Kom­mu­nika­tion in Gebär­den­sprache macht es natür­lich Sinn, Flüchtigkeits­fehler zu überse­hen und kor­rigierend zu interpretieren.

    Nur, Frau Merkel befind­et sich beim For­men ihrer Raute nicht in einem solchen Gespräch. Ihre Raute soll gar nichts heis­sen**, die ist ein­fach so da. Und sieht eben nur ein wenig so aus wie das eine oder andere Zeichen, das Frau Prob­st ver­wen­det, wenn Sie über weib­liche Geschlecht­sor­gane spricht.

    Kann passieren. Ich ver­höre ich auch manch­mal [absichtlich wie unab­sichtlich] oder spreche undeut­lich [absichtlich oder unab­sichtlich]; geht es um ganze Sätze, mag ich Ambi­gu­i­tät, weil ich auch ein Scherzkeks bin. Aber ich ver­suche nicht krampfhaft darauf zu beste­hen, dass jede Äusserung ander­er zwei­deutig gemeint wäre!

    *Doch doch, acht­en Sie mal drauf, wenn Sie sich das näch­ste Mal mit dem türkischstäm­mi­gen Chef des Gemüse­han­dels gegenüber unterhalten.
    **Bis Dr. Merkel etwas Anderes sagt, beste­he ich darauf.

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  19. birgit

    aber frau prob­st — die vorstel­lung eines wörter­buchs (egal welch­er laut- oder gebär­den­sprache), das ALLE wörter bzw. gebär­den dieser sprache verze­ich­net ist schlicht absurd.

    so etwas gibt es nicht und kann es nie geben.

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  21. Constanze

    Ich sehe die “Raute” von Merkel ist eher ähn­lich wie der Anfang von der Gebärde für “Lösung” zum Beispiel bei Schu­lauf­gaben. Eine Bedeu­tung von “Vagi­na” kenne ich für sie nicht, son­dern, nur so ähn­lich wie auf den Bilder aber die Bewe­gung auch etwas kleiner.

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  22. MM

    Ins­ge­samt mal wieder ein “typ­is­ch­er Julia Prob­st”: Behaup­tun­gen in die Welt set­zen und bei Kri­tik oder Nach­weis, dass da was nicht stimmt, sich entwed­er ver­suchen her­auszure­den oder den anderen angreifen. Hat sie schon gesagt, dass der Autor aud­is­tisch ist?

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  23. Trippmadam

    Wieso erin­nert mich diese Diskus­sion an die Kon­tro­verse um die Ver­wen­dung von ser und estar (vor einiger Zeit eben­falls in diesem The­ater)? Oder an die Kon­flik­te zwis­chen Sprach­wis­senschaftlern, die sich mit der Erforschung des Sintetikes/Sintitikes befass(t)en und den Sin­ti selbst?

    Julia Prob­sts Argu­men­ta­tion und “Belege” mögen wis­senschaftlichen Stan­dards nicht genü­gen. Aber, wie wir Grob­schlosserin­nen der Sprach­wis­senschaft (vul­go: Über­set­zerin­nen) in der Prax­is nahezu täglich erfahren müssen, sind Wörter­büch­er häu­fig nicht mehr als ein Anhalt­spunkt und ihr Inhalt nicht immer der Weisheit let­zter Schluss. Ich bin also geneigt, ein­er Prak­tik­erin wie Julia Prob­st zu glauben, dass sie die “Raute” in der Bedeu­tung “Vagi­na” ken­nt und vielle­icht sog­ar ver­wen­det. Mich würde inter­essieren, ob Sie, Herr Ste­fanow­itsch, eine Gebär­den­sprache beherrschen oder ob Sie sich auf die Kon­sul­ta­tion von Wörter­büch­ern und Inter­netquellen beschränkt haben. 

    Ich stimme Ihnen zu, dass der einzelne Mut­ter­sprach­ler oder Sprech­er mit nahezu mut­ter­sprach­lich­er Kom­pe­tenz eventuell nicht imm­mer in der Lage ist, sprach­liche Muster zu erken­nen, zweifels­frei zu bele­gen oder gar zu erläutern. Den­noch erscheint es mir zweifel­halft, die Kom­pe­tenz dieser Per­so­n­en der­art zu mis­sacht­en, wie dies in der Sprach­wis­senschaft häu­fig geschieht.

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    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      Auf welche Kon­flik­te Sie sich bei ihrer Erwäh­nung des Sin­tikes beziehen, weiß ich nicht genau. Möglicher­weise spie­len Sie auf die Frage der Ver­wandtschaft zum Romani an, aber ich will hier nicht unnötig spekulieren. Wenn Sie mir sagen, was Sie meinen, nehme ich gerne Stel­lung dazu.

      An die „Kon­tro­verse“ um die Ver­wen­dung von ser/estar erin­nert diese Diskus­sion hier nur insofern, dass ich etwas geschrieben habe und jemand anders wider­sprochen hat. Bei ser/estar ging es darum, dass ein spanis­ch­er Mut­ter­sprach­ler wed­er die von mir durch eine Rei­he authen­tis­ch­er (von spanis­chen Muttersprachler/innen pro­duziert­er) Belege aus großen spanis­chsprachi­gen Zeitun­gen noch die explizite Beschrei­bung des Phänomens durch eine mut­ter­sprach­liche Schrift­stel­lerin akzep­tieren wollte. Warum die Sprach­wis­senschaft die „Kom­pe­tenz“ solch­er unbeir­rbar­er Muttersprachler/innen „mis­sachtet“, dürfte eigentlich klar sein: Wenn wir belegte und über­prüf­bare Fak­ten zugun­sten offen­sichtlich mit der sprach­lichen Real­ität nicht übere­in­stim­mender Behaup­tun­gen ein­er einzel­nen Per­son ignori­eren wür­den, wäre die Lin­guis­tik als Wis­senschaft nicht sehr weit gekommen.

      Im vor­liegen­den Fall liegt die Sache etwas anders. Frau Prob­st hat zunächst behauptet, die Merkel-Raute habe „in der Gebär­den­sprache“ die Bedeu­tung „Vagi­na“, in ihrem ersten Kom­men­tar hier stellt sie klar, dass sie damit die Deutsche Gebär­den­sprache meint. Diese Behaup­tung ließ sich bis­lang aus kein­er Quelle bele­gen und genauere Infor­ma­tio­nen dazu, wo und von wem die Merkel-Raute in der DGS so ver­wen­det wird, hat Frau Prob­st nicht geliefert. Stattdessen ist sie umgeschwenkt und behauptet nun, es han­dle sich um eine Gebärde der Amer­i­can Sign Lan­guage und/oder Inter­na­tion­al Sign Lan­guage. Auch dafür fehlen Belege, obwohl das ASL sehr aus­führlich erforscht und doku­men­tiert ist. Der einzige „Beleg“ ist ein Video ein­er The­ater­per­for­mance, in der die Merkel-Raute aber nicht vorkommt.

      Sollte „die Sprach­wis­senschaft“ Frau Prob­sts Behaup­tung also ein­fach als Tat­sache akzep­tieren? Da sie keine Mut­ter­sprach­lerin ist und auch keine „nahezu mut­ter­sprach­liche Kom­pe­tenz“ hat (wed­er der DGS noch gar der ASL), wäre das eine noch schlechtere Idee als im Fall des spanis­chen Mut­ter­sprach­lers oben. Bedeutet das, dass sie Unrecht hat? Natür­lich nicht, möglich ist alles. Es ist nur erstaunlich, dass es außer ihrer Aus­sage keinen einzi­gen Hin­weis auf diese Ver­wen­dung gibt – bei geschätzt zwis­chen 50 000 und 80 000 Muttersprachler/innen der DGS müsste das ja irgend­wann ein­mal jeman­dem aufge­fall­en sein, der/die das schon ein­mal irgend­wo doku­men­tiert hätte oder wenig­stens jet­zt bestäti­gen könnte.

      Ihr Grund­prob­lem (und das viel­er Laien und Lai­in­nen) scheint mir zu sein, dass Sie glauben, eine Sprache zu sprechen oder irgend­wie mit Sprache zu tun zu haben, mache eine/n automa­tisch zur Autorität auf diesem Gebi­et. Dieser Glaube sei Ihnen auch unbenom­men, sie kön­nen „als Prak­tik­erin“ ja glauben, was und wem Sie wollen. Als Wis­senschaftler glaube ich gar nichts, und ich führe auch diese gesamte Schein­de­bat­te erst weit­er, wenn irgend­je­mand irgen­deinen Beleg für die Behaup­tung liefert. Warum ich das Gefühl habe, dass ein solch­er Beleg nicht kom­men wird, habe ich in meinem Beitrag, den Nachträ­gen und ein­er Rei­he von Kom­mentaren ja nun wirk­lich aus­führlich dargelegt.

      Antworten
  24. Trippmadam

    Nein, Herr Ste­fanow­itsch, ich fürchte, Sie haben mich teil­weise falsch ver­standen. Aber das macht nichts. Im Übri­gen habe ich ein Studi­um der Sprach­wis­senschaft absolviert, dann aber mein Auskom­men außer­halb der Uni­ver­sität gesucht. Ich zweifele Ihre fach­liche Autorität auf Ihrem eige­nen Gebi­et nicht an, nur auf dem frem­den. Aber auch ich kann auf dem frem­den Gebi­et nur mut­maßen (allerd­ings ist Spanisch mein eigenes Gebi­et), und wollte Ihnen nicht zu nahe treten.

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    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @Trippmadam Es geht mir wed­er darum, meine Autorität zu bekräfti­gen, noch, Ihnen Ihre abzus­prechen. Ganz im Gegen­teil: Es geht mir darum, dass eine wis­senschaftliche Betra­ch­tung von Sprache auf Tat­sachen beruhen muss, und nicht auf Behaup­tun­gen (ein sprach­wis­senschaftlich­es Studi­um ist da hil­fre­ich, aber wed­er notwendig, noch hin­re­ichend). Die einzige, die immer wieder ihre Autorität abge­führt hat, ist Frau Prob­st. Sie haben sich dem angeschlossen und das habe ich Ihnen nicht abge­sprochen. Es bringt nur lei­der die Diskus­sion nicht voran.

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  25. Kalef

    Da Ihr Euch ja gegen­seit­ig Eure amerikanis­chen Freudin­nen um die Ohren zu hauen scheint, kommt hier als kleine Anre­gung in bei­de Rich­tun­gen eine Anek­dote dazu:

    Ein Osnabrück­er, ein Bop­parder und eine New York­er Lin­guistin sitzen beim Bier zusam­men. Irgen­wann dreht sich das Gespräch umd dig­i­tale Kom­mu­nika­tion und alle drei benutzen das Wort “Mail”. Das wird der Amerikaner­in aber erst nach kurz­er Sprachver­wirrung klar (Osnabrück­er: “Mehl”, Bop­parder: “Meyl”), worauf die Lin­guistin ziem­lich lange darauf behar­rt, dass die bei­den Deutschen nicht das gle­iche Wort gemeint haben und das für Stan­dard­sprache gehal­ten haben kön­nen. Sie erk­lärt den bei­den sehr aus­führlich, die bei­den Aussprachen wiesen nur unge­fähre Ähn­lichkeit­en auf. Auch den Hin­weis auf nieder- bzw. hochdeutschen Sprachraum lässt sie lange nicht gel­ten und ver­langt Belege für die Möglichkeit bei­der Aussprachen.

    Moral: Die Möglichkeit des eige­nen Irrtums in Erwä­gung zu ziehen hat schon so manche Auseinan­der­set­zung entschärft…

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  26. David

    Sie haben die Anek­dote doch ganz falsch erzählt. In Wahrheit sagte doch der Bop­parder: “In Laut­sprache sagt man dazu ‘Möhl’ ” und die Lin­guistin meinte “Davon hab ich ja noch nie gehört, in welch­er denn?” Worauf der Bop­parder ent­geg­nete: “Sie wis­sen ja gar nix, so bei Obern­dorf am Neckar halt”, und der Osnabrück­er und die Lin­guistin so: “what” und der Bop­parder wiederum “gut, dann bei Erfurt. Ich hab da eine Fre­undin” und die Lin­guistin so: “ich auch”.

    Davon abge­se­hen sehr instruktiv.

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  27. Kalef

    David, ich bitte um Entschuldigung und werde die Geschichte in Zukun­ft kor­rekt erzählen…

    Nur so neben­bei, die Schreib­weise “Mehl” hab ich übri­gens aus einem Artikel, der im Bre­mer Sprach­blog zu lesen war.

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