Schlagwort-Archive: Lexikon

Kulturelle Schlüsselwörter

Von Susanne Flach

Ich biete seit eini­gen Semes­tern eine wöchentliche Sprech­stunde an, in der sich Studierende und Mitarbeiter/innen zu ihren Kor­pus­pro­jek­ten berat­en lassen kön­nen. Das ist primär als tech­nis­che Beratung gedacht – aber es ist meist schw­er, diese Beratung von inhaltlichen Fra­gen zu tren­nen. Damit die Inspi­ra­tion nicht unge­hört im Büro ver­hallt, will ich das bei öffentlichem Inter­esse immer mal wieder auf­greifen. Mark Liber­man hat drüben im Lan­guageL­og ja auch sein Break­fast Exper­i­mentTM.
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Hen, wirf Hirn vom Himmel

Von Susanne Flach

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG berichtete vorgestern davon, dass die Sven­s­ka Akademien in der neuen Auflage des von ihr her­aus­gegebe­nen Wörter­buchs der schwedis­chen Sprache das geschlecht­sneu­trale Pronomen hen aufnehmen wird, das das Pronom­i­nal­sys­tem in der drit­ten Per­son Sin­gu­lar neben hon ‚sie‘ und han ‚er‘ ergänzen soll–, nein, ergänzen wird–, hm, ergänzen muss–, ja, was denn nun?

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Anleitung zum Glücklichsein

Von Susanne Flach

Wir woll­ten mal wieder pos­i­tiv­er bloggen. Wir woll­ten mal wieder pos­i­tiv­er bloggen. Wir woll­ten mal wieder pos­i­tiv­er bloggen. Wir woll­ten mal wieder pos­i­tiv­er bloggen. Wir woll­ten mal wieder pos­i­tiv­er bloggen. Wir woll­ten mal wieder pos­i­tiv­er bloggen. Wir woll­ten mal wieder pos­i­tiv­er bloggen.

Also gut, bloggen wir heute über Pos­i­tiv­ität in der Sprache. Und damit Sie sich nicht zu sehr erschreck­en oder umgewöh­nen müssen: das Nölen bleibt. Flat­tr drauf!

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Sprache und Denken — Nachlese [Lange Nacht der Wissenschaften]

Von Susanne Flach

Am Sam­stag haben Ana­tol und ich uns an der „Lan­gen Nacht der Wis­senschaften“ in Berlin beteiligt. Wer nicht dabei sein kon­nte — zeitlich (Gesangswettstre­it!), räum­lich (Dahlem!) oder finanziell (Ein­tritt zur LNDW!) ((Wom­it in unter­schiedlich­er Gewich­tun­gen und Kom­bi­na­tion möglich­er Abwe­sen­heit­sur­sachen unsere Kri­tik an der LNDW abgedeckt wäre.)) — dem bieten wir hier einen nar­ra­tiv­en Rück­blick mit Lit­er­aturhin­weisen, natür­lich auch für unser großar­tiges Pub­likum vom Sam­stag — von dem wir natür­lich hof­fen, dass einige den Weg zum Sprachlog gefun­den haben.

In unserem Vor­trag woll­ten wir eini­gen Leit­fra­gen zu „Sprache und Denken“ aus lin­guis­tis­ch­er Per­spek­tive auf den Grund gehen. Wie Ana­tol hier schrieb: Weit­er­lesen

No word for Labersack

Von Susanne Flach

Sprachlogleser Kai hat uns drüben auf Face­book einen Link zuge­spielt, weil ein paar Künstler/innen sich ange­blich ein­er lin­guis­tis­chen Muse bedi­ent und elf „unüber­set­zbare“ Begriffe illus­tri­ert haben. Da ste­hen jet­zt so Dinge drin wie dépayse­ment, franzö­sisch für ‚das Gefühl, nicht im eige­nen Land zu sein‘ (wörtlich: ‚Fremd­heit‘) oder pochemuch­ka, ange­blich rus­sisch für ‚eine Per­son, die viele Fra­gen stellt‘. Immer­hin hat das Beispiel für Deutsch, Waldein­samkeit, einen Wikipedia-Ein­trag und wir wis­sen jet­zt glück­licher­weise um seine gewisse kul­turhis­torische und diachrone Rel­e­vanz.

Diese Art von Lexikon- und Kul­turver­ständ­nis ist natür­lich nicht neu, sprach­lich inter­es­san­ter macht es solche Ein­würfe aber nicht. Lis­ten „unüber­set­zbar­er Wörter aus anderen Kul­turen“ und ver­gle­ich­bare Meme enthal­ten auf­fäl­lig häu­fig quel­len­lose Beispiele aus exo­tis­chen Sprachen, die nie­mand ver­i­fizieren kann. Wahlweise sind die Begriffe so sel­ten, dass sie den Sprecher/innen über­haupt nicht bekan­nt sind. Mir ist das für einen ern­sthaften lin­guis­tis­chen Kom­men­tar mit­tler­weile eher zu lahm. ((Zur Ein­führung: ich hat­te mal was zum alban­is­chen Bartwuchs geschrieben, Ana­tol zu Wortschatzer­weiterun­gen und Katas­tro­phen im Japanis­chen. Ben Zim­mer bietet im Lan­guageL­og eine all­ge­meine Über­sicht  zu dieser Art der Kultur„forschung“.)) Deshalb warte ich bis auf weit­eres erst­mal geduldig auf eine Illus­tra­tion zu Laber­sack, ‚Ger­man for a per­son who labers too much‘.

Etwas neuer — aber irgend­wie beson­ders skur­ril — in diesem Fall ist: die Macher/innen berufen sich auf Through the Lan­guage Glass (dt. Im Spiegel der Sprache), ein exzel­lentes pop­ulär­wis­senschaftlich­es Buch des Lin­guis­ten Guy Deutsch­er. Zwar trägt dieses den Unter­ti­tel „Why the World Looks Dif­fer­ent in Oth­er Lan­guages“, aber wer auch immer den dig­i­tal­en Grif­fel geschwun­gen hat, kann das Buch nicht gele­sen haben. Nicht nur, dass keines der Wörter von Deutsch­er auch nur erwäh­nt wird. ((Zur Über­prü­fung reicht bere­its die Such­funk­tion der Textvorschau bei Ama­zon.)) Es geht bei Im Spiegel der Sprache über­haupt nicht um löchrige Lexiko­nun­ter­schiede, son­dern um völ­lig andere, lin­guis­tisch wirk­lich rel­e­vante Fra­gen.

Nun kön­nte man sagen, dass man sowas nicht ernst nehmen darf (lieber solle man Kun­st dahin­ter ver­muten). Kann man echt nich ernst nehmen, tun wir auch nicht. Aber der antizip­ierte Schmun­zel­ef­fekt ist im Vorurteil­skaraoke auf ein­er nicht-triv­ialen Ebene Aus­druck unser­er Welt­sicht: die Eski­mo hock­en den ganzen Tag mit Robbe am Stiel vor der Eishütte und warten in ihrem ein­töni­gen Leben sehn­süchtig auf Besuch, weil ihnen für die vie­len Wörter langsam die Aggre­gatzustände für gefrorenes Wass­er ausgehen.

Glauben Sie nicht? Dann lesen Sie diese Umset­zung.

Niveaulimbo bei Spiegel Online

Von Susanne Flach

Niveaulim­bo ist “Jugend­wort des Jahres 2010”. Spiegel Online schreibt dazu:

Laut Jury­be­grün­dung ste­ht es für ein “ständi­ges Absinken des Niveaus, aus dem Rud­er laufende Par­tys und sinnlose Gespräche” unter Jugendlichen. Zudem werde damit auch die “gegen­wär­tige Entwick­lung der TV-Land­schaft” von Jugendlichen kri­tisch beäugt und kom­men­tiert. Das find­et jeden­falls die Jury.

Soso.

Im Ren­nen waren noch arg gepresst wirk­ende Kreatio­nen wie Arschfax ‘Tex­tilpflege­hin­weis’, Speck­bar­bie ‘dick­es Mäd­chen in engen Klam­ot­ten’ (welch­es von den Jugendlichen in der Jury übri­gens als zu abw­er­tend abgelehnt wurde), und Klapp­karibik ‘Münz­mal­lor­ca’.

Aber mir gefällt das. Also Niveaulim­bo. Sehr tre­f­fend, fast schon unfrei­willig komisch. Und weil ich mir jet­zt nicht die Mühe machen will, alle Google­tr­e­f­fer für Niveaulim­bo von vor dem let­zten Woch­enende zu analysieren (nur so viel: ein Jugend­wort iss­es nicht), hier ein Hin­weis an SPON: Ein­fach mal im eige­nen Archiv nachguck­en, not­falls 2005, da wird die Bedeu­tung anhand ein­er sehr anschaulichen Metaver­wen­dung auch gle­ich mitgeliefert.