X‑Mas (Nachtrag)

Von Anatol Stefanowitsch

Die über­flüs­sig­ste und nervig­ste Wahl des Jahres 2008 war sich­er die des Wortes X‑Mas zum „über­flüs­sig­sten und nervig­sten Wort des Jahres 2008“ durch den Vere­in Deutsche Sprache (der übri­gens vom Kabaret­tis­ten Georg Rings­g­wan­dl hier gewaltig was auf die Nar­ren­mütze bekommt). Bei zwei Glos­sis­ten hat die Wahl auf jeden Fall für Ver­wirrung gesorgt.

Her­mann Schreiber, der beim Ham­burg­er Abend­blatt eine regelmäßige Sprach­glosse schreibt, tritt zur Ehren­ret­tung dieses Wortes an:

Wäre man angesichts der vie­len Wei­h­nacht­skarten, in die man immer wieder annäh­ernd das­selbe schreibt, nicht dankbar für so eine knappe, per­sön­liche, all­ge­mein geschätzte Gruß­formel wie dieses friesis­che „Moin“? Ich finde, die Amerikan­er haben es da bess­er, mit ihren sach­lichen „Season’s Greet­ings“, mit ihrem all­ge­gen­wär­ti­gen „Mer­ry Xmas“, dem hierzu­lande allen­falls „Fro­hes Fest!“ entspricht […] Ich ver­suche hier nicht, unter dem Vor­wand von Wei­h­nacht­en Anglizis­men einzuschmuggeln. Ich habe über­haupt nichts gegen die „deutsche Wei­h­nacht“, nichts gegen „O Tan­nen­baum“ und „O du fröh­liche“ und den ersten Vers von „Stille Nacht“. Aber manch­mal benei­de ich die Amis schon um ihr Xmas und die Friesen um ihr Moin!

Schreibers Wun­sch nach einem neu­tralen Win­ter­gruß kann ich nachvol­lziehen, aber Mer­ry X‑Mas ist natür­lich kein solch­er Gruß. Schreiber glaubt hier wohl der Ein­schätzung des Bel­gi­er Ger­man­is­ten Duhamel, der das X für einen „schnö­den Ersatz“ des Wortes Christ hält.

Hen­drik Wern­er weiß es in der Welt Online etwas bess­er (eine verkürzte Ver­sion sein­er Glosse find­et sich auch in der Berlin­er Mor­gen­post, der Schwest­erzeitung des Ham­burg­er Abendblattes):

Ein­spruch, Euer Ehren: X ist nicht schnöde, X ist eine raf­finierte Vor­weg­nahme des Todes Jesu am Kreuz (X), eine heils­geschichtliche Ver­schränkung von Alpha und Omega, lies: A und O. Zudem ist das ver­pönte X nicht nur das Zeichen, unter dem das Chris­ten­tum gedieh. Schon beim vorchristlichen Pla­ton galt das Chi alias X als Inbe­griff eines Ganzen, das die Welt zusammenhält.

Das mit dem Kreuz ist zwar plau­si­bel, aber es stimmt nicht. Noch bess­er weiß es die Neue Hei­d­heimer Presse:

Xmas“, wie die Amerikan­er Wei­h­nacht­en abkürzen, hat seinen Ursprung im Griechis­chen X als Anfangs­buch­stabe des Namens Christus.

Allerd­ings ver­wen­den nicht nur die Amerikan­er diese Abkürzung, son­dern die gesamte englis­chsprachige Welt.

2 Gedanken zu „X‑Mas (Nachtrag)

  1. Hedemann

    Oje, erst das “X” falsch ver­wen­den und dann auch noch “Moin” als friesis­ches Wort beze­ich­nen (wobei ich mir nicht mal sich­er bin, dass er wirk­lich Friesisch als Sprache meint). Dass es sich dabei um eine im gesamten niederdeutschen Sprachraum gängige und auch heute noch flächen­deck­end ver­wen­dete Gruß­formel han­delt, sollte man doch bei einem Sprachkolum­nis­ten ein­er Ham­burg­er Tageszeitung als bekan­nt voraus­set­zen kön­nen, oder? Herr Schreiber, bitte üben!

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  2. Achim

    Hede­mann (#1): Tja, man müsste halt Herkun­ft und Ver­bre­itung eines Wortes auseinan­der­hal­ten kön­nen. Die friesis­che Herkun­ft dieser Gruß­formel ist zwar nicht die einzige The­o­rie, aber doch eine, für die gute Argu­mente sprechen.

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