In der Kategorie „Richtet euch nach meinen Worten, nicht nach meinen Taten“ regt sich dieser Tage wieder einmal jemand über Angliszismen auf, der seine Ratschläge eigentlich lieber selbst in die Tat umsetzen sollte. Der „Klein Report“ (das Deppenleerzeichen übersehen wir geflissentlich), ein Schweizer Mediendienst, verwendet im Menü seiner Webseite folgende Lehnwörter: Home, News, Links, Newsletter (2 Mal) und Handy-Flash. Alles gebräuchliche Begriffe, aber für alle gäbe es deutsche Entsprechungen. Aber nur, weil man sich selber mit vollen Händen beim englischen Wortschatz bedient, möchte man das anderen nicht zugestehen:
Der lieb- und sorglose Umgang mit englischen Sprachbrocken in der deutschen Sprache führt mitunter zu seltsamen, um nicht zu sagen grotesken Konstruktionen. An englische Lehnwörter, auf Deutsch dekliniert und konjugiert, haben wir uns ja mittlerweile gewöhnen müssen.
(Wäre es besser, wenn diese Wörter nicht nach deutschem Muster dekliniert würden?)
Oder wer ärgert sich noch über „stylische“ Kleider, „upgegradete“ Flugpassagiere (oder darfs auch geupgradet sein?) oder „gelayoutete“ Texte?
(Ich nicht. Aber an den nicht-deklinierte Varianten stylish Kleider, upgraded Flugpassagiere und layouted Texte würde ich vermutlich hängenbleiben.)
So weit, so hässlich.
(Ja, nun. Auch nicht hässlicher als Handy-Flash oder sämtliche News…)
Neueste Errungenschaft, die am Montag den Klein Report zu überraschen (wenn auch nicht zu erfreuen) vermochte, war das E‑Mail mit einer „attachmentierten“ Information.
Dass es sich dabei nicht um einen Tippfehler handelt, wird einige Zeilen weiter unten eindeutig, wo von einem „ebenfalls attachmentierten Anzeigentarif“ die Rede war.
Also, mir gefällt das Wort eigentlich ganz gut. Etwas zu lang und umständlich, vielleicht, aber auf jeden Fall nicht schlechter als die deutschen Alternativen angehängt, angefügt oder beigefügt. Ich formuliere selbst Sätze häufig um, um stattdessen das Substantiv Anhang zu verwenden. Ich bezweifle, dass ich demnächst auch vom Attachmentieren reden werde, aber ich verstehe, was den angeblichen Autor der angeblichen Email zu dieser Wortschöpfung bewogen hat. Nicht so die Damen und Herren vom „Klein Report“:
Bei allem Respekt vor solch kreativem Umgang mit der Sprache: Vor so viel Sprachfolter wenden wir uns fassungslos ab und wünschen dem Verfasser einen nächtelangen Alptraum mit tobenden Duden-Bänden mit „attachmentierten“ Peitschen.
(Woher kommen eigentlich immer diese Gewaltphantasien der Sprachnörgler?)
Der Duden kennt das Wort attachmentieren übrigens nicht, aber er kennt ein ähnliches Wort:
at|ta|chie|ren <aus fr. attacher „festmachen, anschließen, zuordnen“>: 1. (veraltet) zuteilen (Heerw.). 2. sich -: (veraltet) sich anschließen.
Da dieses Wort „veraltet“ ist, könnten wir es nicht mit der Bedeutung „an eine Email anhängen“ wiederbeleben? Es ist kürzer als attachmentieren und es hat einen einwandfrei französischen Stammbaum, dürfte also die Anglizismenjäger nicht weiter stören.
28 Gedanken zu „Attachmentieren“