Der wundersame und geheimnisvolle Fall des Sprachpanschers Nikolaus S.

Von Anatol Stefanowitsch

Vor ein paar Tagen habe ich über die Nominierun­gen für den „Sprach­pan­sch­er des Jahres“ gesprochen, einen Neg­a­tivpreis mit dem der Vere­in der Drö­gen Sprach­mythen (VDS) alljährlich Promi­nente ausze­ich­net, um so auch mal wieder ins Gespräch zu kommen.

Bericht­enswert war dabei nicht die Nominierung selb­st (die angesichts der son­st meis­tens gut funk­tion­ieren­den Pressear­beit des VDS in den Medi­en erstaunlich dürftig aufgenom­men wurde, aber dazu später mehr), son­dern die Tat­sache, dass eine der Nominierten, die Bun­de­sagen­tur für Arbeit, den Vere­in wegen sein­er schlampi­gen und fak­tisch falschen Nominierungs­be­grün­dun­gen öffentlich vorführte.

Ein weit­er­er Nominiert­er schweigt dage­gen behar­rlich, obwohl er noch deut­lich­er wider­sprechen kön­nte: Niko­laus Schnei­der, Vor­sitzen­der des Rates der evan­ge­lis­chen Kirche Deutsch­lands, der laut Pressemel­dung des VDS

… seine Gläu­bi­gen mit „Luther­Ac­tiv­i­ties“ wie „Well­ness für die Män­nerseele“, „mar­riage weeks“ oder „wor­ship sum­mer­par­tys“ bei der Stange hal­ten will. [Pressemel­dung des VDS]

Will er das wirk­lich? Nun traue ich dem Rat der EKD jede Nar­retei und jedes Fehlver­hal­ten der Welt zu (und man gibt sich ja auch immer wieder kräftig Mühe, mein Ver­trauen nicht zu ent­täuschen), aber trotz­dem hat­te ich beim Lesen der Pressemel­dung das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt.

Wenn die EKD diese Wörter tat­säch­lich auf bre­it­er Ebene ver­wen­den würde, müssten sie mir bei mein­er aus­giebi­gen Nachricht­en­lek­türe doch schon ein­mal begeg­net sein. Da das nicht der Fall war, habe ich umge­hend eine Anfrage an die Press­es­telle der EKD geschickt. Par­al­lel dazu habe ich mich an eine Net­zrecherche geset­zt um selb­st her­auszufind­en, wann und wo Niko­laus Schnei­der diese Wörter geprägt und benutzt haben könnte.

Auf meine E‑Mail habe ich trotz zweima­li­gen Nach­hak­ens keine Antwort bekom­men (darauf komme ich noch zurück), aber meine eigene Recherche hat mein anfänglich­es Gefühl bestätigt: Was auch immer man Schnei­der vor­w­er­fen kann, Sprach­pan­scherei gehört nicht dazu.

EKD als Sprachpanscher 2011, Beispiele

EKD als Sprach­pan­sch­er 2011, Beispiele

Für Luther­Ac­tiv­i­ties gibt es im Netz keinen einzi­gen Tre­f­fer, der sich nicht auf die Pressemel­dung des VDS bezieht. Ich habe zur Sicher­heit auch noch die Sin­gu­lar-Form Luther­Ac­tiv­i­ty aus­pro­biert, und siehe da, diese Form find­et sich tat­säch­lich. Und zwar genau ein einziges Mal, in den Fürther Stadt­nachricht­en vom 27. Okto­ber 2010, in denen auf eine Ver­anstal­tung der Kirche St. Michael in Fürth hingewiesen wird:

Anschließend gibt es ver­schiedene Aktio­nen, wie sich vom Kirch­turm abseilen, zur Musik von New­com­er­bands tanzen und sin­gen oder gemein­sam „Luther­ac­tiv­i­ty“ spie­len. [Link (PDF)]

Man mag sich gar nicht vorstellen, wie man wohl „Luther­ac­tiv­i­ty“ spielt, aber man kann kaum den Ratsvor­sitzen­den der EKD für den Namen eines Spiels ver­ant­wortlich machen, das eine einzelne Kirchenge­meinde auf einem Kirchen­fest verantstaltet.

EKD als Sprachpanscher 2011, Beispiele

EKD als Sprach­pan­sch­er 2011, Beispiele

Bei der Suche nach der Well­ness für die Män­nerseele stößt man außerd­halb der VDS-Pressemel­dung eben­falls auf ein einziges Beispiel, näm­lich einen Prospekt (PDF) des „Quo Vadis Selb­sthil­fe e.V.“ (allen Ken­nern edler Typografie und Set­zkun­st sei übri­gens aus­drück­lich emp­fohlen, sich dieses Meis­ter­w­erk herun­terzu­laden und in voller Pracht zu genießen — Ihre Seele wird sich hin­ter­her garantiert nach Well­ness sehnen). Ob dieser Vere­in irgen­det­was mit der evan­ge­lis­chen Kirche zu tun hat, kon­nte ich nicht her­aus­find­en, eine offen­sichtliche Verbindung beste­ht nicht. Man würde aber auch hier selb­st dann nicht den Ratsvor­sitzen­den ver­ant­wortlich machen kön­nen, wenn eine Verbindung bestünde.

EKD als Sprachpanscher 2011, Beispiele

EKD als Sprach­pan­sch­er 2011, Beispiele

Die wor­ship sum­mer­par­ty kann man wenig­stens wieder klar ein­er kirch­lichen Ein­rich­tung zuschreiben: Das Wort find­et sich eben­falls genau ein­mal im Netz, und zwar im Gemein­de­brief der evan­ge­lis­chen Kirchenge­meinde Bad Mein­berg vom Juli/August 2010 (PDF), in dem die Band „Home­s­ta­tion“ zu ein­er School’s out wor­ship sum­mer­par­ty ein­lädt. Die Macht des Ratsvor­sitzen­den dürfte auch in diesem Fall nicht so weit reichen, dass er kirch­lichen Jugend­bands ihren Sprachge­brauch vorschreiben kann.

EKD als Sprachpanscher 2011, Beispiele

EKD als Sprach­pan­sch­er 2011, Beispiele

Mar­riage Week, zu guter Let­zt, ist ein einge­tra­genes Marken­ze­ichen ein­er „ Ini­tia­tive von Per­so­n­en und Insti­tu­tio­nen aus den Bere­ichen Kul­tur, Kirche, Poli­tik und Wirtschaft mit dem Ziel, den Wert der Ehe in der Gesellschaft zu stärken.“ Es sind Mit­glieder und Gemein­den der evan­ge­lis­chen Kirche beteiligt, aber auch hier ist nicht ersichtlich, dass Niko­laus Schnei­der selb­st den Begriff ver­wen­det oder gutheißt, geschweige denn, dass er ihn geprägt haben könnte.

Mit anderen Worten, der VDS hat sich hier auf schlampige oder sog­ar bewusst fahrläs­sige Weise eine Nominierung zusam­mengestop­pelt, die wed­er Hand noch Fuß hat: Wed­er trifft sie den richti­gen, denn Niko­laus Schnei­der hat mit diesen Wörtern nicht das ger­ing­ste zu tun, noch han­delt es sich um Sprach­pan­scherei, denn Wörter mit ein­er Häu­figkeit von 1 (in Worten: eins) haben wenig Aus­sicht, Bestandteil der deutschen Sprache zu werden.

Dass die EKD sich dazu selb­st auf Nach­frage nicht äußert, ist ein wenig ver­wun­der­lich, wäre es doch eine gute Gele­gen­heit zu zeigen, dass die schlechte Presse, die die Kirchen seit Jahren haben, wenig­stens in diesem Fall unver­di­ent ist.

Nun kön­nte man annehmen, dass man mich bei der EKD schlicht als nicht wichtig genug ein­stuft, um mir zu antworten. Ich habe aber zumin­d­est einen ent­fer­n­ten Ver­dacht, dass man auch pres­setech­nisch wichtigeren Men­schen nicht geant­wortet hat. Um das zu bele­gen, muss ich etwas ausholen.

Die Nominierun­gen zum Sprach­pan­sch­er des Jahres sind ins­ge­samt auf wenig Inter­esse in den Medi­en gestoßen: Nur vier Zeitun­gen haben online darüber berichtet. Dabei bezieht sich aber keine der Zeitun­gen direkt auf die Pressemel­dung des VDS. Die Märkische Oderzeitung schreibt die Mel­dung dem Deutschen Depeschen­di­enst (DDP) zu, der meines Wis­sens nicht mehr existiert son­dern in der dapd-Nachricht­e­na­gen­tur aufge­gan­gen ist. Die Nord­west­zeitung nen­nt als Quelle die DPA, im Wort­laut deckt sich die Mel­dung aber Wort für Wort mit der in der Märkischen Oderzeitung veröf­fentlicht­en Fas­sung und enthält lediglich einen zusät­zlichen Absatz am Ende. Eben­falls deck­ungs­gle­ich ist die Mel­dung der Volksstimme, die aber die dapd-Nachricht­e­na­gen­tur als Quelle nen­nt. Die Rheinis­che Post schließlich bringt eine in der Struk­tur iden­tis­che aber im Wort­laut deut­lich­er verän­derte Ver­sion der Mel­dung und gibt eben­falls an, diese von der dapd zu haben.

Sehen wir von dieser Ver­wirrung bezüglich der Herkun­ft der Mel­dung ab, so bleibt eine inter­es­sante Tat­sache. Wer auch immer die Pressemel­dung ver­fasst hat, muss etwas Hin­ter­grun­drecherche betrieben haben, denn während die ange­blichen sprach­lichen Sün­den der übri­gen vier Nominierten als Tat­sache berichtet wer­den, schränkt die Mel­dung den Wahrheits­ge­halt der Vor­würfe gegen Schnei­der expliz­it ein. In allen vier Zeitun­gen heißt es übereinstimmend:

Er hat­te seinen Gläu­bi­gen nach Angaben des Sprachvere­ins „Luther­Actvi­ties“ wie „Well­ness für die Män­nerseele“, „mar­riage weeks“ oder „wor­ship sum­mer­par­tys“ versprochen.

Man kann sich das nur so erk­lären, dass auch der/die Verfasser/in der Pressemel­dung zweifel an diesen Begrif­f­en hat­te und beim schnellen Googeln keine Belege gefun­den hat. Und vielle­icht hat auch er/sie bei der EKD nachge­fragt und hat keine Antwort erhal­ten. Das würde näm­lich in ein gewiss­es Muster passen, das mir schon länger auf­fält: Press­es­tellen von Vere­inen und Organ­i­sa­tio­nen sind häu­fig abso­lut nut­z­los. Man erre­icht sie oft wed­er tele­fonisch noch per E‑Mail, und wenn man sie erre­icht, erhält man keine Auskun­ft, die in irgen­dein­er Weise zitier­fähig ist.

Da ich ja öfter Jour­nal­is­ten für schlampige Recherche schelte, möchte ich sie also heute Mal in Schutz nehmen: Sie kön­nen nicht zaubern. Wenn keine schnelle Auskun­ft zu haben ist, bleibt bei neben­säch­lichen Geschicht­en wie der Wahl zum Sprach­pan­sch­er nicht viel übrig, als Pressemel­dun­gen ungeprüft zu übernehmen und ein paar dis­tanzierende For­mulierun­gen einzufü­gen. Wenn die EKD sich nicht selb­st vertei­di­gen will, warum sollte es dann die Presse tun.

Aus mein­er Sicht kann die evan­ge­lis­che Kirche ihren Ruf ohne­hin nicht mehr stärk­er beschädi­gen, als 500 Jahre kirch­lich­es Tages­geschäft das getan haben. Der Vere­in Deutsche Sprache allerd­ings zeigt mit dieser auf frei erfun­de­nen Behaup­tun­gen begrün­de­ten Nominierung, dass bei den Sprach­nör­glern nach unten immer noch Luft ist.

 

[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Ver­sion enthält möglicher­weise Kor­rek­turen und Aktu­al­isierun­gen. Auch die Kom­mentare wur­den möglicher­weise nicht voll­ständig übernommen.]

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

18 Gedanken zu „Der wundersame und geheimnisvolle Fall des Sprachpanschers Nikolaus S.

  1. Katja

    Luther­ac­tiv­i­ty”
    Eine Ver­mu­tung, um “Luther­ac­tiv­i­ty” vielle­icht zu erklären:
    Es gibt das Spiel “Activ­i­ty” (Wer es nicht ken­nt, find­et z.B. hier eine Beschrei­bung: http://de.wikipedia.org/wiki/Activity). Auf­grund der in dem Artikel ver­wen­de­ten For­mulierung kön­nte ich mir vorstellen, dass bei der vorgestell­ten Ver­anstal­tung “Activ­i­ty” mit Luther-The­men gespielt wer­den sollte.
    Für die Ver­wen­dung des Wortes “Activ­i­ty” wäre dann der Spiele-Ver­lag ver­ant­wortlich. Dass eine Schreib­weise mit Binde­strich bess­er gewe­sen wäre, ste­ht dann auf einem anderen Blatt.
    (Wer Sprach­pan­scher­tum anprangern möchte, hätte übri­gens mehr Grund gehabt, sich an dem Aus­druck “New­com­er­bands” in diesem Artikel zu stoßen.)

  2. Michael Allers

    Vere­in der Drö­gen Sprach­mythen (VDS)

    Danke für den Lach­er! War ich doch bish­er dem Irrtum ver­fall­en, VDS heiße ‘Ver­schwörungs­the­o­rie Denglis­che Sprachverdrängung’.
    Jeden­falls ist ‘an den Haaren her­beige­zo­gen’ gegenüber den Ver­laut­barun­gen des Vere­ins ver­gle­ich­sweise seriös.
    Weit­eres Beispiel aus der Pressemel­dung des VDS:

    … der Vor­sitzende der Deutschen Shell Hold­ing GmbH Peter Blauwhoff für „Shell Fuel SaveSu­per“ und anderes Angeberenglisch …

    Erstens gibt es die Schreib­weise “SaveSu­per” außer­halb des Vere­ins Orthographis­che Schlampigkeit und kri­tik­los­er Kopi­er-Medi­en nicht.
    Zweit­ens: Wie soll man den Sprit denn son­st nen­nen? ‘Muschel Treib­stoff-Spar …’? Wie prickelnd!
    Und wie heißt eigentlich ‘Super’ auf ‘Deutsch’? Es ist immer wieder blöd, dass fast jedes Wort mit lateinis­chem Migra­tionsh­in­ter­grund ein ver­dammungswürdi­ger Anglizis­mus ist, weil es im Englis­chen halt auch vorkommt.
    Eine nen­nenswerte Spriteinsparung erscheint mir übri­gens unwahrschein­lich. Aber deshalb muss man doch nicht die naturgemäß ange­berische Wer­bung mit Sprache verwechseln!
    P.S.: Tuppfwh­ler: “außerd­halb”.

  3. Ihr Name

    Die Erk­lärung ist einfach
    Streisand-Effekt. Wenn man auf jede neg­a­tive Mel­dung antwortet, gehen die Leser davon aus, dass an der Mel­dung was dran ist. Man greift sich Promi­nente her­aus, weil man sozusagen von deren Ruhm schmarotzen möchte. Wenn man irgen­deine Kirchenge­meinde in Hin­ter­tupfin­gen nominiert hätte, hätte das nicht mal die Lokalzeitung interessiert.
    Ich ver­mute mal, die Kirche hat eine rel­a­tiv pro­fes­sionelle Pressear­beit und hof­fen ein­fach darauf, das The­ma durch Ignori­eren zu unterdrücken.

  4. pseudonym

    Wie soll man den Sprit denn son­st nennen
    Schwieriges Prob­lem. Echt jetzt.
    Wie wär’s mit: Shell Super? Um nichts anderes han­delt es sich doch. Ich erin­nere mich noch an die Ver­wirrung eines Briten, der ein­fach nur Super tanken wollte und bei Shell fast gescheit­ert wäre. Und an mein eigenes Staunen ob der plöt­zlchen Vielfalt an deutschen Tankstellen.

  5. Michael Allers

    @pseudonym

    Ich erin­nere mich noch an die Ver­wirrung eines Briten, der ein­fach nur Super tanken wollte und bei Shell fast gescheit­ert wäre.

    Ja klar, ein Brite ver­ste­ht Fuel­Save schon mal gar nicht, siehe hier.
    Senior­in­nen scheit­ern beim Einkauf, weil sie denken, Sale sein ein Fluss.
    Und manche scheit­ern eben beim Erfind­en glaub­hafter Behauptungen.
    Ob dem bish­eri­gen Shell Super ein weit­eres Addi­tiv hinzuge­fügt wurde, das den neuen Namen recht­fer­tigt, ste­ht auf einem anderen Blatt. Schaden kann Fuel­Save jeden­falls nicht, auch keinem Briten.

  6. Ludwig Trepl

    Danke für die Ret­tung der Ehre des Her­rn Schnei­der. Ich hab’ da nicht so viel Aufwand betreiben müssen: Man sieht ihm doch an, daß er zu solchen Greueltat­en gar nicht in der Lage ist. Was an der von diesem Vere­in ver­fol­gten Art von “Sprach­pan­scherei” — dieses Unwort darf man nur in Anführungsze­ichen benutzen — in der evan­ge­lis­chen Kirche vorkommt, und das ist, anders als Sie meinen, eine gewaltige Menge, es schre­it und stinkt zum Him­mel und der wird es sich nicht mehr lange gefall­en lassen, kann man nicht Her­rn Schnei­der anlas­ten. Seinem Vorgänger schon eher.
    Ins gute Lutherdeutsch eingerührt wer­den aber haupt­säch­lich gar nicht Anglizis­men, son­dern vor allem Wörter, die irgendwelchen abar­ti­gen Jar­gons entstam­men, von dem alt­bekan­nten der Eigentlichkeit über den der Hob­bypsy­cholo­gen bis zu dem der Man­ag­er; im let­zt­ge­nan­nten Fall sind sie dann natür­lich oft amerikanis­ch­er Herkun­ft, aber das ist eher sekundär.

  7. pseudonym

    ach Herr Allers,
    der Mann war sich ein­fach nicht sich­er, welchen Sprit sein Auto brauchte bzw. ver­tra­gen würde. Som­mer 2010 in einem Auto­hof an der A3 zwis­chen Pas­sau und Regens­burg. Dem Akzent nach ein Südenglän­der. Und er frug mich, was denn nun der Unter­schied sei zwis­chen dem ganzen Fuel­Save und VPow­er-Kram. Der auch, fra­gen Sie mal Werk­stat­tbe­sitzer, immer wieder dafür sorgt, dass Leute den falschen FuelPow­erVSaveSprit in den Tank füllen. Sind halt nicht alle so genial wie Sie.

  8. Michael Allers

    Ach pseu­do­nym,
    Es geht hier aber um ‘Sprach­pan­scherei’, nicht um ‘Sprit­pan­scherei’. In Eng­land hätte der Mann doch genau das­selbe Prob­lem gehabt!
    Wenn ein Brite mit fuel save nichts anfan­gen kann, kann ein Deutsch­er mit ‘Treib­stoff-Spar’ genau­sowenig anfangen.
    Faz­it: Ein­deutschung nut­z­los, viel Lärm um wenig Denglisch.

  9. pseudonym

    Ach Herr Allers,
    ich hab ja nicht behauptet, dass Ein­deutschung etwas brin­gen würde. Sie haben gefragt, wie man den Sprit nen­nen solle und ich habe eine Antwort gegeben. Und dabei auch anhand eines Beispiels erläutert, warum m.E. Namen wie die von Shell gewählten Unfug sind.

  10. Ludwig Trepl

    @Katja “Luther­ac­tiv­i­ty”
    “Eine Ver­mu­tung, um “Luther­ac­tiv­i­ty” vielle­icht zu erklären .…”
    hab ich auch. Es ist Jugend­funk­tionärs­deutsch. Ein Jugend­funk­tionär war z. B. Egon Krenz. Der war über 40, als er FDJ-Vor­sitzen­der war. (Für die Jün­geren unter Ihnen: Die FDJ war die Jugen­dor­gan­i­sa­tion der SED.) In der Kirche wird das Alter der Jugend­funk­tionäre ähn­lich sein. Sie glauben, daß die Jugend, wie es auf Dep­pen­deutsch heißt, denglisch spricht, weil die anderen Jugend­funk­tionäre denglisch sprechen, die es wiederum deshalb tun, weil die anderen Jugend­funk­tionäre usw. usf. Wie die Jugend wirk­lich spricht, weiß ich nicht, ist aber egal. Jeden­falls kommt es auf diesem selt­samen, kre­is­för­mi­gen Weg dazu, daß so eige­nar­tige Gebilde wie “evan­ge­lis­ches Jugend­por­tal youngspir­iX” und “Jugendtr­e­ff Check it out” entstehen.

  11. Dierk

    @Ludwig Tre­pl
    Ich halte Kat­jas Ver­mu­tung für bess­er. Ja, bess­er. Nicht nur, weil ich densel­ben Gedanke hat­te, als ich Her­rn Ste­fanow­itschs Beitrag las, son­dern weil er viel dichter an der Sache [dem Aktion­stag der Gemeinde] dran ist. Den alten Egon da rein zu brin­gen, mit wilden Ver­mu­tun­gen und selt­samen Gle­ich­set­zun­gen … [stellen Sie sich hier ein Kopf­schüt­teln vor]

  12. Ludwig Trepl

    Dierk @Ludwig Trepl
    Klar, hin­sichtlich der “Luther­ak­tiv­i­ty” wird Kat­jas Ver­mu­tung bess­er sein, aber ich spreche ja von ein­er Ursache des “Denglis­chen” in der evan­ge­lis­chen Kirche über­haupt. Und da sind die ewig jun­gen Altju­gend­funk­tionäre mit Sicher­heit sehr wirk­sam. Krenz scheint mir für diese Art von Leuten par­a­dig­ma­tisch, auch wenn er sich­er nicht die Angli­fizierung vor­ange­bracht hat. Das Wort “Kids” habe ich zum ersten mal aus so einem Mund gehört, nicht von Jugendlichen, mit denen ich damals noch so viel Kon­takt hat­te, daß ich es gemerkt hätte, wenn sie es benutzten.

  13. FrauMau

    @Dierk, Lud­wig Trepl
    Die evan­ge­lis­che Kirche hat ja über­haupt schon länger das Prob­lem, dass sie sich Jugendlichen mit dem Gebrauch ange­blich­er Jugend­sprache anbiedern möchte. Mit der aktuellen Jugend­sprache kenne ich mich nicht so aus, aber vor 10–15 Jahren ver­wen­de­ten Pfar­rer und Kon­sorten immer Begriffe, die entwed­er nie tat­säch­liche Jugend­sprache waren oder schon seit Jahren etwas ganz anderes bedeuteten (sie dacht­en zB, dass “Gruftie” einen älteren Men­schen beze­ich­net, aber soweit ich weiß waren immer nur Goth­ic-Leute damit gemeint). Ran­schmeißerisches Mar­ket­ing-Englisch erfreute sich auch damals bere­its einiger Beliebtheit, was ich als Jugendliche ver­mut­lich als “end­pein­lich” oder “hän­genge­blieben” beze­ich­net hätte.

  14. Logiker

    Hmmm…
    uns ich dachte immer, VDS ste­ht für “Ver­dammt dumm­bräsige Steinzeitmenschen”.…
    Hab mich getäuscht.….
    PS: Wer sich an der Zapf­säule ver­tut, muss VDS-Mit­glied sein.…. so doof kön­nen denk­ende Men­schen nicht sein.…

  15. Daniel

    Also speziell das Shell Fuel­Save finde ich per­sön­lich in der tat auch ver­wirrend, zumin­d­est für den unbe­darften Sel­ten-bei-Shell-Tanker. Die Bze­ich­nung Fuel­Save lässt mich näm­lich sofort annhemne, es han­dle sich dabei um ein teures “Premium”-Produkt.
    Bei Aral (und diversen anderen Ket­ten) gibt es näm­lich neben dem “nor­malen” Diesel (der dann nur Diesel heisst) auch irgen­deinen wucher­teuren Pre­mi­um Diesel, der heisst dann ultimate/superbooost/high power/ super performance/ecosaver…

  16. amfenster

    @Logiker
    Also ich hat­te bei Shell auch schon so meine Probleme.
    Was nicht an “Fuel­Save” speziell lag, son­dern generell an der idiosynkratis­chen Namensge­bung für die Shell-Kraft­stoffe. Wenn ich als (tech­nisch vol­lkom­men desin­ter­essiert­er) Auto­ge­brauch­er ger­ade mal den Unter­schied zwis­chen Super und E10 auf dem Schirm habe und dann mit irgen­deinem “V‑Power”-Gedöns kon­fron­tiert werde, neige ich auch zum Über­fordert­sein. (Und ja, was “pow­er” bedeutet ist mir klar, und nein, ich störe mich nicht am Anglizis­mus, son­dern an der unnöti­gen Ver­wirrung durch unübliche Benen­nung des Kraftstoffs.)

  17. Michael Allers

    Tank-Tipp
    Sor­ry, wenn es jet­zt total off top­ic wird. Aber da ich die Shell-Diskus­sion angestoßen habe — eigentlich wg. der ange­bl. “Sprach­pan­scherei” — möchte ich sie mit ein biss­chen Leben­shil­fe (hof­fentlich) beenden.
    (Bitte nicht mit E10-Prob­lematik verwechseln!)
    1. Auf m.W. jed­er Ben­zin-Zapf­pis­tole ste­ht eine Zahl: 95, 98 oder 100 (Oktan bzw. ROZ).
    Wenn keine Zahl vorhan­den ist, ist bei Super blablabla von 95 Oktan auszugehen.
    2. In jed­er Betrieban­leitung, meis­tens auch auf der Innen­seite der Tankklappe, ste­ht die Min­d­est-Oktan­zahl, die Ihr Motor benötigt.
    3. Anstatt auf die nichtssagend­ste Infor­ma­tion, das Wii-Pow­er Inti­mate Fuel­Waste Eco­Rac­ing-Gedöns zu schauen, soll­ten Sie ein­fach diese bei­den Zahlen ver­gle­ichen. Das kann doch nicht so schw­er sein!
    Wer Reklame-Mumpitz — und dazu zählen auch Phan­tasie-Pro­duk­t­na­men — ernst nimmt, ist IMHO sel­ber schuld. Dann gilt der Satz: Das Brim­bo­ri­um schlägt zurück.
    Zurück zum The­ma: Sprache i.e.S. ist so etwas übri­gens auch nicht. Eben deshalb ist das VDS-Genörgel über Werbe-Denglisch hochgr­a­dig gegen­stand­s­los, s. hier, 3. Denglisch in der Wer­bung.

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