Sprachbrocken 29–30/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Dass die Jugend von Heute nicht viel im Kopf hat, wis­sen wir ja alle, und so kann uns auch eine neue Studie nicht schock­ieren, die zeigt, dass deutsche Studierende „Schwierigkeit­en bei der Rechtschrei­bung, der Orthogra­phie, der Beherrschung von Gram­matik und Syn­tax“ haben, dass sie nicht in der Lage sind, „selb­st­ständig zu for­mulieren, zusam­men­hän­gende Texte zu schreiben“, „bei Vorträ­gen mitzuschreiben“ oder über­haupt „den roten Faden eines Textes zu begreifen“. Das berichtet zumin­d­est der Vor­sitzende des Philosophis­chen Fakultä­tent­ages, Ger­hard Wolf, im Deutsch­landra­dio Kul­tur. Natür­lich habe ich mir die Studie gle­ich besorgt, um mehr über diese katas­trophalen Wis­senslück­en der jun­gen Men­schen zu erfahren, mit denen ich jeden Tag zu tun habe — ach nein, das stimmt ja gar nicht, denn die Studie ist unveröf­fentlicht und deshalb nicht ein­se­hbar. Eine genauere Lek­türe des Inter­views gab mir dann aber den inter­es­san­ten Hin­weis, dass es sich bei dieser „Studie“ um eine Umfrage unter Professor/innen philosophis­ch­er Fakultäten han­delt. Mit anderen Worten: Sie sagt uns nichts über die Fähigkeit­en deutsch­er Studieren­der, aber sehr viel über das Studieren­den­bild deutsch­er Professor/innen.

Schade eigentlich, denn die WAZ hätte eine gute Erk­lärung für die sprach­lichen Schwächen der Studieren­den­schaft anzu­bi­eten: Schon als Schüler beschäftigten sie sich näm­lich zuviel mit SMS, Twit­ter und Face­book, was umge­hend zu einem Nach­lassen ihrer Deutschken­nt­nisse führe. Demon­stri­ert wird das mit fol­gen­dem „SMS-Dia­log“:

Geht was am WE?“ – „K.A. bin noch in HH und navi sagt, erst spät da. sa. bei meinen ellies. totärg­er. grum­mel. lg“

Dieses Gespräch sei zwar „reine Fik­tion“, so der WAZ-Autor, aber es entspräche der „zeit­gemäßen Art nicht nur junger Men­schen, über das Handy miteinan­der zu kom­mu­nizieren.“ Rechtschrei­bung und Gram­matik seien dafür nicht notwendig. Komisch eigentlich, denn der Dia­log enthält außer der exzes­siv­en Klein­schrei­bung keinen einzi­gen Rechtschreib- oder Gram­matik­fehler. Es kön­nte sich im Prinzip um ein Telegramm von Goethe an Schiller hal­ten, so sklavisch fol­gt es den Regeln der deutschen Sprache.

Aber wenn die neuen Medi­en schon nicht als Erk­lärung für möglicher­weise nur in der Wahrnehmung von Professor/innen existierende Män­gel in der Sprachkom­pe­tenz von Studieren­den tau­gen, sind sie vielle­icht zu etwas anderem gut? Ja, haben Forsch­er der Flori­da Atlantic Uni­ver­si­ty her­aus­ge­fun­den: Sie kön­nen helfen, „Men­schen mit ein­er anti­sozialen oder dis­sozialen, ein­er narzis­tis­chen Per­sön­lichkeitsstörung“ zu iden­ti­fizieren. Denn die ver­wen­den auf Twit­ter Wörter wie Hass, Essen, und Sex häu­figer als andere Nutzer/innen, und ihre Tweets enthiel­ten auch öfter Füll­wörter wie „um“, „uh“ und „blah“. Ich war zunächst sehr dankbar für diese Studie, macht sie mich doch bei Durch­sicht mein­er eige­nen Tweets darauf aufmerk­sam, dass ich drin­gend psy­chol­o­gis­che Hil­fe brauche. Dann las ich weit­er und erfuhr, dass die Forsch­er die Tweets von 3000 Twit­ter-Nutzer/in­nen unter­sucht haben, von denen 41 nach­weis­lich unter ein­er Per­sön­lichkeitsstörung lit­ten. An der Stelle war mir klar, dass an der Sache etwas faul ist: Es würde ja bedeuten, dass die Forsch­er auf Twit­ter 2959* Nutzer/innen ohne Per­sön­lichkeitsstörung gefun­den hätten.

Bei allem Respekt, das halte ich für ausgeschlossen.

 

* Hier stand ursprünglich „2986“, weil ich im Kopf aus der 41 eine 14 gemacht habe. Deshalb: Niemals im Kopf rech­nen! Nie!

[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Ver­sion enthält möglicher­weise Kor­rek­turen und Aktu­al­isierun­gen. Auch die Kom­mentare wur­den möglicher­weise nicht voll­ständig übernommen.]

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

31 Gedanken zu „Sprachbrocken 29–30/2012

  1. Dierk

    Kon­rad Duden
    Goethe und Schiller fol­gten normierten Sprachregeln des Deutschen sklavisch? Denen von Onkel Konrad?

  2. Burnus

    klein­er Rechenfehler
    Im let­zten Satz hat sich ein winziger Fehler eingeschlichen: Die Forsch­er mussten lediglich (3000–41=)2959 Twit­ter Nutzende ohne Per­sön­lichkeitsstörung finden. 😉

  3. MCBuhl

    Schiller und Goethe Texte
    lassen an mehreren Stellen durch blick­en, dass die Her­ren süd­deutsch waren. Nicht nur im Vokabular 😉
    Ich mag diese Vielfalt im Deutschen und doch kann ich mich mit Men­schen aus “Nord­deutsch­land” fast prob­lem­los verständigen…

  4. Nick der Bösewicht

    Fuck
    Ich habe das auch gemerkt, das es hätte 2959 heißen müssen, aber ich dache, es wäre klein­lich darauf hinzuweisen. Aber, haha: diese Zahl bedeutet, dass 98,63% der Twit­ter­er keine Per­sön­lichkeitsstörung haben. Ich habe übri­gens den Twit­ter-Account von Josip Broz Tito. Hat aber nichts zu sagen.

  5. Alexander Trust

    Ich kann die Ironie ver­ste­hen. Mir fehlt aber der schlagkräftige Beweis für das Gegen­teil. Ich arbeite seit rund 10 Jahren im Bere­ich Online-Medi­en und ich habe studiert und ich habe auch jet­zt mit Stu­den­ten zu tun, habe mich aber während meines Studi­ums bspw. auch mit den The­men Bil­dung, soziale Ungle­ich­heit aber auch Sprache in (Neuen) Medi­en auseinan­derge­set­zt. Ich kann also das Beispiel mit Twit­ter und der Sprache, bzw. den Kurz- und Kunst­wörtern nachvol­lziehen, es entkräftet aber mein­er Mei­n­ung nach lei­der über­haupt nichts.
    Es wäre toll, wenn man eine Aus­sage darüber tre­f­fen kön­nte, wie es denn tat­säch­lich um die Sprach­fähigkeit bestellt ist. Das Argu­ment dieses Radio-Inter­viewten Akademik­ers ist schwach, in der Tat. Meine eigene Prax­is, auch im Umgang mit jun­gen Men­schen (ich bin 31, manche Autoren, deren Texte ich redigiere sind 16 bis 21) , zeigt mir aber, dass es sub­jek­tiv viele Leute gibt, die das Pro­fil erfüllen, welch­es in dem Radio-Inter­view vor­ge­tra­gen wurde. Nun weiß ich, dass ich mit den mehreren Dutzend “jun­gen” Leuten, die ich als “alter” #hust Hase über die Jahre ken­nen gel­ernt habe, tat­säch­lich höch­stens eine qual­i­ta­tive Studie hätte durch­führen können.
    Nur wenn ich mein the­o­retis­ches Wis­sen aus dem Studi­um dazu nehme, die Beobach­tun­gen, wie das Bil­dungssys­tem sich qua­si geöffnet hat und gesellschaftlichen Zwän­gen angepasst wurde, aber seine Qual­ität nicht unbe­d­ingt verbessert, und auch dafür Indizien in meinem eige­nen Umfeld find­en kann, fällt es am Ende des Tags schw­er, dann den zwei an dieser Stelle vom Autor präsen­tierten Beispie­len dann zu ver­trauen, um direkt die Gegen­these zu unterstützen.

  6. Phaeake

    Wirk­lich kein einziger Grammatikfehler?
    “bin noch in HH und navi sagt, erst spät da.”
    Ich würde ja schon meinen, dass diese Form der Neben­satzverkürzung NICHT den stan­dard­sprach­lichen Regeln genügt.

  7. chris

    ver­hal­tens­gestört…
    …soll sein — so las ich neulich in den Medi­en, … wer sich kein Account auf Face­book ein­richtet, dort nicht frei und offen kom­mu­niziert und auch son­st keine Bilder von sich hochlädt.
    Da tut sich aber eine Diskrepanz auf … andere böse Zun­gen sagen näm­lich, dass es eigendlich keine Kom­mu­nika­tion sei, was man da auf solchen Seit­en tätigt. Es sei eigendlich nur eine Art der Selb­stent­blößung und der Anbiederung an eine sich einge­bildete Gemein­schaft ausser­halb der eige­nen (Um-)Welt/Umfeld.
    Manch­mal ist es nicht ein­fach zu ergrün­den, was die Welt nun für nor­mal hält oder als pathol­o­gisch einstuft.

  8. impala

    wie das Bil­dungssys­tem sich qua­si geöffnet hat und gesellschaftlichen Zwän­gen angepasst wurde

    Ja, schon etwas störend, dass die Unter­schicht und die Migranten jet­zt auch studieren dür­fen. Wenn sie nicht vorher aus dem Sys­tem gesiebt wurden.

  9. Alexander Trust

    @impala
    Wenn man nur den leisen Zweifel hat, dass man nicht ganz ver­standen hat, wovon geschrieben wird, sollte man am besten nicht blind drauf los antworten.
    Die Öff­nung des “Bil­dungssys­tems”, von dem ich schrieb, ist auf Druck des Arbeits­mark­tes und ander­er Zwänge geschehen. Mit Bil­dungssys­tem sind auch die Schulen und ist die Berufs­bil­dung gemeint. Die Hochschul­bil­dung ist nur ein Teil des Bil­dungssys­tems. Sta­tis­tiken aus den 1960er Jahren und von heute sind so unter­schiedlich nicht. D. h. der “Fahrstuhl”, von dem manche in den 70er und 80er Jahren schrieben, ist nur eine Momen­tauf­nahme gewesen.
    Aber wenn man mal naiver­weise deine Per­spek­tive unter­stellt: Warum soll­ten Migranten und Arbeit­erkinder das Niveau an den Hochschulen run­terziehen? Wenn jemand eine Qual­i­fika­tion für die Hochschule hat, dann hat er ein gewiss­es Lev­el an Bil­dung genossen, egal woher er kommt. Das Eine hat also mit dem Anderen nichts zu tun. Trau­rig aber, wie manche Leute (wie Du) solche komis­chen Vorurteile perpetuieren.

  10. Dierk

    Wenn man nur den leisen Zweifel hat, dass man nicht ganz ver­standen hat, wovon geschrieben wird, sollte man am besten nicht blind drauf los antworten.

    Ler­nen Sie doch ein­fach zu schreiben. Dann ver­ste­hen auch wir Dum­men Sie.

  11. Alexander Trust

    @dierk
    Außer Ihnen selb­st hat das nie­mand behauptet. Ich muss nur fest­stellen, dass Sie destruk­tiv sind.
    Dies ist ein wis­senschaftlich­er Blog. Dass darin Leute kom­men­tieren, die studiert haben, und dass im akademis­chen Feld in der Regel für die Kom­mu­nika­tion Begrif­flichkeit­en ver­wen­det wer­den, von denen man sich über die Bedeu­tung ver­ständigt hat, ist halt gängige Prax­is. Ich habe an der Hochschule Arbeit­en über Bil­dung und soziale Ungle­ich­heit geschrieben, und die Öff­nung des Bil­dungssys­tems ist ein Mythos, weil sta­tis­tisch heute nicht viel mehr Migranten oder Arbeit­erkinder den Weg an die Hochschulen find­en, jeden­falls nicht sig­nifikant. Der soziale Auf­stieg über Bil­dung ist sehr schw­er, nach wie vor.
    Ich hätte gehofft, dass Diskurs stat­tfind­en kann, und nicht Leute ihre Stammtisch-Parolen wiederkäuen und andere anfein­den, weil sie vorschnell irgendwelche Urteile fällen.
    Die Beispiele von Her­rn Ste­fanow­itsch sind plau­si­bel, aber Beispiele reichen nur aus, um The­sen anzuzweifeln, nicht um das Gegen­teil zu beweisen. Vor einem Jury-Gericht wäre das ein Argu­ment. Ich bin grund­sät­zlich auf der Seite des Autors, was Sie und Impala schein­bar nicht gemerkt zu haben scheinen. Mir geht es aber darum, ob man nicht auch stärkere Argu­mente dafür find­en kann, dass Jugend­sprache in den 80ern und Geek-Slang heute keinen Sprachver­fall nach sich ziehen. Denn wer das behauptet, der ist höch­stens Sprach­schützer. Und die Urteile der­sel­ben sind meis­tens nur auf­grund von Geschmack­surteilen gefällt, aber sel­ten über­prüf­bar. Dass so etwas, wie in diesem Fall, von einem Akademik­er in einem Radio-Inter­view so offen zur Schau gestellt wird, ist sehr sehr schade. Denn ger­ade die Akademik­er geben ja immer vor, etwas Besseres zu sein, und mit ihren Meth­o­d­en und ihrer Art, die Welt zu betra­cht­en, tat­säch­lich näher dran zu sein an der Wahrheit. Wer aber ein­mal studiert hat, der weiß, dass Akademik­er let­ztlich nur genau­so mit Wass­er kochen.

  12. Joachim

    @Alexander Trust
    “Ich bin grund­sät­zlich auf der Seite des Autors, was Sie und Impala schein­bar nicht gemerkt zu haben scheinen.”
    Das wäre halt leichter zu erken­nen, wenn Sie klar­er for­mulieren kön­nten. Das Prob­lem sind nicht die Begrifflichkeiten.

  13. Alexander Trust

    @JD
    Sind es nicht? Ich schrieb vom Bil­dungssys­tem. Das umfasst in Deutsch­land nicht nur Universitäten.
    An welch­er Stelle soll denn das Argu­ment gefall­en sein, dass Migranten oder Arbeit­erkinder — ich bin selb­st eines — Schuld am Ver­fall seien? Dass Trolle online Diskus­sio­nen ein­fach ad absur­dum führen wollen, gehört zur Online-Land­schaft dazu, nur davon lasse ich mich nicht beein­druck­en, weil das The­ma selb­st wichtiger ist.
    Ich fände es übri­gens sin­nvoller, wenn Sie den Namen nicht immer wech­sel­ten, um Ihre Mei­n­ung zu artikulieren.

  14. Joachim

    @Alexander Trust
    Woraus ent­nehmen Sie denn, dass der user Impala den Begriff “Bil­dungssys­tem” als “Uni­ver­sitäten” ver­ste­ht? Aus seinem Beitrag ist das jeden­falls nicht ersichtlich. Lei­der funk­tion­iert im Moment die Ver­linkung der Nutzer­na­men nicht, son­st wüssten Sie, dass ich der Autor vom Nach­bar­blog “Quan­ten­welt” und nicht iden­tisch mit Dierk oder impala bin. (Wer Dierk ist, weiß ist, impala ist mir nur vom Nick bekannt.)
    Was das Trollen bet­rifft, so sind Sie zuerst belei­di­gend gewor­den mit:
    “Wenn man nur den leisen Zweifel hat, dass man nicht ganz ver­standen hat, wovon geschrieben wird, sollte man am besten nicht blind drauf los antworten.”
    Kön­nte es nicht sein, dass Sie den Impala missver­standen haben? Ich weiß jeden­falls immer noch nicht, worauf Sie hin­aus wollen, weil Ihre Sätze ein­fach sehr schw­er ver­ständlich sind. Nicht wegen der Fach­wörter, son­dern wegen der unnöti­gen Verschachtelungen.

  15. Dierk

    Herr Trust, auch wenn Ihnen diverse Sub­til­itäten meines kurzen Kom­men­tars ent­gan­gen sind, gehe ich davon aus, dass sie Abitur haben und ver­mut­lich einen Hochschu­la­b­schluss. So ziem­lich das einzige, was in Ihren diversen Wort­fällen deut­lich wird.
    Anson­sten fällt vor allem auf, dass Sie unheim­lich viele Wörter benöti­gen, um zu ver­schleiern, was Sie eigentlich über die Sprach­fähigkeit junger Men­schen sagen wollen. Ich, der ich zum einen etwas älter als Sie bin — Ich war bere­its an der Uni­ver­sität, als Sie eingeschult wur­den -, zum anderen des Lesens auch kom­plex­er­er Texte mächtig*, habe Schwierigkeit­en, Sie zu verstehen.
    Bish­er habe ich den Ein­druck, Sie meinen, die Schüler und Stu­den­ten von heute kön­nen nicht mehr so richtig nach Norm schreiben, wie z.B. Sie. Dafür berufen Sie sich anscheinend auf ihr Bauchge­fühl. Nun, das täuscht. Nicht erst Sie, das täuschte bere­its Sokrates und nahezu jeden Schrift­gelehrten aller fol­gen­den Gen­er­a­tio­nen bis heute. Obwohl … unser Alt­griechisch ist ver­glichen mit dem Platos tat­säch­lich miserabelst.
    Stu­di­enkol­le­gen von mir — es geht hier vor­wiegend ums Alter, also die Gen­er­a­tio­nenant­wort ‘Alles fiel schlächter als führer’ — und ich selb­st haben aus dem Bauch her­aus genau dieselbe Fest­stel­lung über Ihre Gen­er­a­tion getrof­fen: Man hat den Ein­druck, nach uns hat kein­er mehr vernün­ftig Deutsch/Mathe/Geschichte/Fremdsprache gelernt.
    Anson­sten bin ich nicht nur der Mei­n­ung, Kartha­go müsse zer­stört wer­den, son­dern auch, dass den fest­gelegten Rechtschreib- und Gram­mati­knor­men fol­gend zu schreiben, zu lang­weili­gen Tex­ten führt. Übri­gens ein­er der Punk­te, den ich mit dem allerersten Kom­men­tar zu Ana­tols Beitrag andeutete.
    *Zer­ti­fiziert!

  16. Dierk

    Iden­titäts­fest­stel­lung
    Herr Trust, ich bin wed­er eine Gazelle noch Joachim, ich bin u.a. der Autor des Scilogs-Blogs ‘Con Text’. Anson­sten tre­f­fen Sie mich hin und wieder, z.B. bei Twit­ter, unter meinem jahrzehn­teal­ten Pseu­do­nym Evo2Me, dass ich hier nicht nutze.

  17. Alexander Trust

    @Joachim
    Impala hat mich mit dem Wort Bil­dungssys­tem zitiert und daraufhin die Behaup­tung ange­führt, dass es ja schlecht sei, dass Arbeit­erkinder und Migranten studieren wür­den, er tat dies iro­nisch. Aber ich habe die Aus­sage nicht so inter­pretiert als würde er gegen das Sys­tem schreiben, son­dern sich vor allem an mein­er Aus­sage über den Qual­itätsver­lust stören. Impala ist nicht dieser Mei­n­ung, ich aber eben­so wenig, deshalb ver­ste­he ich nicht ganz, warum er mich in die Nähe dieser Behaup­tung rückt.
    Wenn ich davon schreibe, dass das Bil­dungssys­tem sich “qua­si” geöffnet hat und zudem ein Qual­itätsver­lust festzustellen ist, dann ist das nicht dasselbe.
    Qua­si deshalb, weil ich dies ein­schränke. Denn mein­er Mei­n­ung nach hat es sich nicht geöffnet. Immer wiederkehrende Sta­tis­tiken von nationalen aber auch inter­na­tionalen Insti­tu­tio­nen, z. B. der OECD zeich­nen ein anderes Bild. Tat­säch­lich aber ist ein Qual­itätsver­lust auszu­machen, wegen viel­er­lei Dinge. Qual­itätsver­lust nur deshalb, weil man gewisse Maßstäbe anset­zt und diese über­prüft. Und die OECD ist es auch, die fest­stellt, dass schon in den Schule das Phänomen beobacht­bar ist, dass Schüler den Sinnzusam­men­hang von Tex­ten nicht mehr voll­ständig aufnehmen.
    Es gibt einen Unter­schied zwis­chen Leuten auf Twit­ter, die Sätze, wie den von Her­rn Ste­fanow­itsch zitierten schreiben, und Leuten auf Twit­ter, die diesen und ähn­liche Sätze schreiben und “trotz” Abitur oder Studi­um manche Dinge nicht mehr nachvol­lziehen können.
    Ich finde es “cool”, wenn wir Sprache möglichst vielfältig ver­wen­den, und ich bin mit Com­put­ern und Tech­nik aufgewach­sen, entsprechend habe ich abso­lut keine Abnei­gung gegen Anglizis­men und Chat-Sprache. Ich habe so viel Fernse­hen kon­sum­iert und so viele Videospiele kon­sum­iert, dass ich eigentlich total verblödet sein müsste und eigentlich schon längst Amok gelaufen. Jeden­falls wenn es nach diesen Vorurteilen geht.
    Ich bin nun also auf ihrer Seite, habe aber trotz­dem Bauch­weh, mit der Argu­men­ta­tion in dem Blogbeitrag.
    @Dierk und Joachim:
    Was ich erlebe und worum es mir geht, ist nicht die falsche Schrei­bung. Der Duden ist ja nur eine Anleitung, die immer nur nachträglich die Sprache abbildet, kein Gesetz. Man kann für etwas keine dauer­haften Regeln auf­stellen, das sich ständig verändert.
    Ich habe immer wieder mit Autoren zu tun, darunter auch Stu­den­ten, die aus Tex­ten Inhalte extrahieren, die dort nicht drin­ste­hen. Wir reden dabei nicht von verk­lausulierten Tex­ten, oder hoch anspruchsvollen. Son­dern ich meine sim­ple Nachricht­en­mel­dun­gen oder Pressemit­teilun­gen. Das ist mein täglich Brot, und ich erlebe junge Leute, die in manchen Sit­u­a­tio­nen Behaup­tung auf­stellen, für die ich sie regelmäßig zurückpfeifen muss. Ich redigiere die Texte von manchen jugendlichen Autoren, und stelle darin fest, dass — von den Fehlern abge­se­hen, die mich am ger­ing­sten stören — Inhalte missver­standen wer­den, weil das Sprachver­ständ­nis nicht so aus­geprägt ist.
    Und weil ich darin einen Wider­spruch sehe, habe ich mich ursprünglich in diese Diskus­sion ein­klinken wollen. Denn die Mei­n­ung der Pro­fes­soren ist eben nur deren Mei­n­ung. Ich kann aber diese Mei­n­ung eben in meinem All­t­ag wiederfind­en, entsprechend suche ich nach Grün­den, von denen ich gehofft habe, dass sich auch welche in dieser Diskus­sion ergeben.

  18. impala

    Alexan­der Trust,
    wenn wir schon am Wortk­laubern sind: qua­si bedeutet so viel wie “an und für sich”, “eigentlich” oder “gewis­ser­maßen”. Nicht aber “vorge­blich” oder “schein­bar”, wie Sie es jet­zt in Ihrer Erk­lärung ausle­gen. Sie schrieben wortwörtlich, dass sich das Bil­dungssys­tem “qua­si” geöffnet habe und gesellschaftlichen Zwän­gen angepasst wor­den sei, aber seine Qual­ität nicht unbe­d­ingt verbessert habe.
    Sie stellen durch Ihre Wort­wahl also einen Zusam­men­hang her, den ich aufge­grif­f­en habe. Das haben Sie vielle­icht gar nicht gemeint, aber so steht’s dort. Mir machen Sie dann daraus einen Vor­wurf und beze­ich­nen mich als Troll. Kri­tik­er in Diskred­it brin­gen ist ja eine ganz alte Num­mer. Ich kom­men­tiere hier jeden­falls schon was länger… Es ist übri­gens auch nicht sauber argu­men­tiert, wenn man den Spieß ein­fach umdreht und mir vor­wirft, ich wäre eigentlich der­jenige mit den Vorurteilen.
    Ich weiß immer noch nicht so recht, was Sie uns sagen wollen. Und da bin ich schein­bar nicht alleine. Es erscheint mir jeden­falls hanebüchen, uns weis­machen zu wollen, dass Sie mit Ihrem ursprünglichen Beitrag eigentlich ein paar OECD-Sta­tis­tiken zur Diskus­sion stellen woll­ten. Vielle­icht liegt das ja aber an mein­er Lese­fähigkeit? Dabei bin ich sog­ar in drei OECD-Län­dern zur Uni gegan­gen, immer auf der Flucht vor der näch­sten Statistik…

  19. Alexander Trust

    @Impala
    Ja oder vielle­icht an mein­er Schreibfähigkeit. Wenn dem so ist, dann entschuldige ich mich bei Ihnen, dass meine Aus­sagen unein­deutig sind, Sie zu Ihrer Reak­tion geführt haben, und mein erwor­benes Wis­sen schein­bar nicht für diese Plat­tform aus­re­icht. Ich werde mich in jedem Fall von diesem akademis­chem Zirkel ver­ab­schieden, da es für mein Wirken uner­he­blich ist, auf wie viele Hochschulen unbekan­nte, anonym wirk­ende Per­so­n­en in wie vie­len Län­dern auch immer gegan­gen sind. Wenn Riv­va in Zukun­ft dieses Blog mit einem The­ma vorschlägt, weiß ich ja jet­zt, dass es auf eine geschlossene Gesellschaft von Alteinge­sesse­nen hin­aus­läuft, die Neuankömm­linge her­zlich zu begrüßen wis­sen. Dieser Erken­nt­nis­gewinn reicht ja dann.

  20. impala

    What­evs, Herr Trust. Es ist aber übri­gens völ­lig uner­he­blich für die Gültigkeit mein­er Beiträge, ob ich als Gazel­lenart poste oder hier irgen­dein “echter” Name ste­ht. Ich habe sowieso keinen Blog o.Ä., wom­it Sie meine Iden­tität ver­i­fizieren kön­nten, bin also zwangsläu­fig “anonym”.

  21. David

    Ich weiß zwar auch nicht, welche Öff­nung des Bil­dungssys­tems Herr Trust genau meint, hätte aber angenom­men, daß es ihm um eine tat­säch­liche oder ver­meintliche Erhöhung der Anzahl von Hochschul­reifen durch die Absenkung der Abitur­stan­dards geht. Die Öff­nung für Migranten und Unter­schicht wäre mir nicht in den Sinn gekom­men, schon gar nicht in dieser merk­würdi­gen For­mulierung; Migranten, die es sich leis­ten kon­nten, war der Zugang zu Schulen und Hochschulen m.W. seit dem Beginn der Repub­lik nie grund­sät­zlich ver­wehrt, eine Öff­nung war also nicht nötig. Das BAFöG stellt hinge­gen in der Tat eine Art Öff­nung für Unter­schicht­en dar, bet­rifft Migranten aber nur, wenn sie zur Unter­schicht gehören. (Das bezieht sich soweit nur auf den insti­tu­tionellen Rah­men. Wie die gesellschaftliche Real­ität aussieht, ste­ht auf einem anderen Blatt, aber ich weiß nicht, inwiefern sie zum Bil­dungssys­tem zu rech­nen ist.)
    Her­rn Trusts sub­jek­tive Ein­schätzung des Lesev­er­ständ­niss­es und der Schreibfer­tigkeit­en eines vielle­icht nicht ganz unbe­deu­ten­den Teils heutiger Studieren­der kann ich nachvol­lziehen. Ob früher alles bess­er war, weiß ich hinge­gen nicht. Es wäre inter­es­sant, zu erfahren, seit wann es aus­sagekräftige Stu­di­en dazu über­haupt gibt. Damit, daß die Argu­mente im Aus­gangspost nicht geeignet sind, die Ein­drücke zu entkräften, hat Herr Trust aber selb­stver­ständlich Recht. Auch ist der Umstand, daß der Topos ein­er Klage seit Jahrtausenden bekan­nt ist, alleine noch kein Garant für ihre Unbegründetheit.

  22. Frank Schilden

    Das alte Lied …
    …Sie zeigen uns hier ein­drucksvoll auf, was das Prob­lem bei vie­len laien­lin­guis­tis­chen Unter­suchun­gen ist: Die Methodik hält kein­er Über­prü­fung stand. Vielmehr wird gehofft, dass in die ewige Nörgelei einges­timmt und mit dem Kopf geschüt­telt wird. Bei uns endet ger­ade heute die Abgabefrist für Hausar­beit­en und ich habe schon einige davon kor­rigiert, oh Wun­der: Die Sätze sind stim­mig, rote Faden sind vorhan­den und syn­tak­tis­che Regeln existieren in der Sprachkom­pe­tenz — zumin­d­est der Studieren­den in meinen Sem­i­naren — wohl auch. Die einen sind darin bess­er als die anderen, aber die Sprachkul­tur ver­fällt — mal wieder — eben nicht.
    Der Klas­sik­er scheint mir auch hier die Ignorierung der nöti­gen Textsor­ten­dif­feren­zierung zu sein …

  23. David

    @Frank Schilden
    Eine schöne Ein­las­sung, nur ist mir völ­lig unklar, an wen sie sich richtet. Aber gut, daß Sie’s gesagt haben!

  24. klappnase

    @David
    “Eine schöne Ein­las­sung, nur ist mir völ­lig unklar, an wen sie sich richtet. Aber gut, daß Sie’s gesagt haben!”
    Na vielle­icht an den Autor des Artikels?
    Dass es hier eigentlich um einen Artikel von Her­rn Ste­fanow­itsch geht, ist bei dem Dauerge­fecht “Alexan­der Trust vs. Rest der Welt” wohl etwas in den Hin­ter­grund geraten.

  25. David

    @klappnase
    Ja, ver­mut­lich haben Sie Recht. Ich hat­te zunächst befürchtet, daß es als Antwort auf meinen Kom­men­tar gemeint gewe­sen sein kön­nte, aber irgend­wie ergab es als solche keinen richti­gen Sinn.

  26. Frank Schilden

    @david, @klappnase
    Klapp­nase, bess­er hätte ich nicht antworten kön­nen 😉 Ich dachte, dass zu dieser Kri­tik von Her­rn Ste­fanow­itsch auch noch etwas lin­guis­tisch Rel­e­vantes gesagt wer­den müsste …

  27. David

    @Frank Schilden
    Gut, ich bin beruhigt.
    Allerd­ings würde ich den schwarzen Peter nicht direkt der Studie zuschieben. Ich sehe nicht, was falsch daran ist, die Ein­schätzun­gen von Pro­fes­soren in dieser Sache zu ermit­teln. Übel wird es erst, wenn die Sache verz­er­rt wird, indem so getan wird, als sei der Gegen­stand direkt betra­chtet wor­den, nicht durch die Brille der Pro­fes­soren. Und let­ztlich ist das, was Sie und A.S. dem ent­ge­genset­zen kön­nen, auch nur ihre eigene Erfahrung, also ja nicht grund­sät­zlich von dem ver­schieden, was die Studie abge­fragt hat.
    Inter­es­sant scheint mir eigentlich die Frage, wie man sich dem Gegen­stand selb­st am sin­nvoll­sten näh­ern kann. Wie bes­timmt man über­haupt, welche Fer­tigkeit­en in welchem Maße vor­liegen soll­ten? Einen objek­tiv begründ­baren Maßstab wird man schw­er find­en, also scheint mir das einzig Erfol­gver­sprechende zu sein, entsprechende Unter­suchun­gen sehr regelmäßig durchzuführen, um eventuelle Ten­den­zen erken­nen zu können.

  28. Frank Schilden

    @David
    Den schwarzen Peter schiebe ich keineswegs der Studie selb­st zu, obwohl ich die Studie für total unin­ter­es­sant finde, son­dern eben den verz­er­rten Schlüssen aus dieser — genau dies ist der Vor­wurf der Lin­guis­tik an diese Art “Erken­nt­nisse”. Die Schlüsse haben nichts mit der Gruppe zu tun, für die die Aus­sagen prinzip­iell repräsen­ta­tiv sein könnten.
    Natür­lich ist meine Ent­ge­ge­nung sub­jek­tiv, aber mit dem bedeu­ten­den Unter­schied, dass ich — und auch Herr Ste­fanow­itsch — dies völ­lig klarstelle und nie­man­den darüber im Dunkeln lasse. Aber natür­lich lässt sich dem Ganzen etwas anderes Großes ent­ge­genset­zen: Nichts weniger als die Entwick­lung der deutschen Sprache von ihren Ursprün­gen bis heute … Herr von Polenz würde von Entwick­lung­s­ten­den­zen sprechen.
    Außer­dem: Wenn die Her­ren (und Damen, aber inter­es­san­ter­weise sind es fast auss­chließlich immer Her­ren) ihre sub­jek­tiv­en Erken­nt­nisse als all­ge­me­ingültige The­o­rien anführen, dann reichen prinzip­iell einzelne Gegen­beispiele, um die The­o­rien zu fal­si­fizieren — dies aber nur am Rande
    Näh­ern kann man sich dem Gegen­stand aus lin­guis­tis­ch­er Per­spek­tive bspw. mit Hil­fe eines Textsortengedankens: Eine SMS in dem obi­gen Stil macht in dem konkreten Kon­textvöl­lig Sinn und entspricht der Funk­tion der und den Anforderun­gen an die Textsorte. Das heißt nicht, dass man so in ein­er Abschlus­sar­beit schreiben sollte — und noch weniger, dass ein Jugendlich­er so dort auch schreiben würde. Im Übri­gen: Diese plaka­tiv­en Beispiele sind IMMER nicht-authen­tisch. Die Belegschuld bleibt grund­sät­zlich offen und dies ist sich­er kein Zufall.
    Sie sehen: Aus­sagen dieser Art entsprechen in keinem Punkt method­is­chen oder the­o­retis­chen Grund­la­gen ein­er wis­senschaftlichen Arbeitsweise, sind aber trotz­dem immer wieder sehr pop­ulär, weil sie ein­fach zu behaupten sind und man stumm in den Kul­turpes­simis­mus mite­in­stim­men kann. Dass die Lin­guis­tik trotz besseren Wis­sens das nicht länger zulassen möchte, sei uns gestattet.

  29. David

    @Frank Schilden
    Zunächst, da ich den Ein­druck habe, daß wir etwas aneinan­der vor­bei reden: Mir geht es hier auss­chließlich um die Umfrage, die im Deutsch­landra­dio besprochen wurde. Der Dummfug, den die WAZ daran anknüpft, inter­essiert mich nicht im Geringsten.

    Natür­lich ist meine Ent­ge­ge­nung sub­jek­tiv, aber mit dem bedeu­ten­den Unter­schied, dass ich — und auch Herr Ste­fanow­itsch — dies völ­lig klarstelle und nie­man­den darüber im Dunkeln lasse.

    Daß es sich bei der Studie um eine Umfrage unter Lehren­den han­delt, geht aus dem Inter­view mit Her­rn Wolf allerd­ings auch her­vor. Irreführend ist dann ein­er­seits der Lede und ander­er­seits der Umstand, daß Wolf sich die Ergeb­nisse stark zu eigen macht. Es ist aber nicht so, daß die Karten nicht grund­sät­zlich auf dem Tisch lägen.

    Wenn die Her­ren (und Damen, aber inter­es­san­ter­weise sind es fast auss­chließlich immer Her­ren) ihre sub­jek­tiv­en Erken­nt­nisse als all­ge­me­ingültige The­o­rien anführen, dann reichen prinzip­iell einzelne Gegen­beispiele, um die The­o­rien zu fal­si­fizieren — dies aber nur am Rande

    Wenn die ‘The­o­rie’ besagte, alle Studieren­den, über­all, hät­ten die entsprechen­den Defizite, dann ja. Der­art kat­e­gorisch habe ich Wolfs Aus­führun­gen aber nicht ver­standen. Es ist zwar natür­lich nicht unmit­tel­bar plau­si­bel, daß ger­ade die RWTH und die Uni­ver­sität Ham­burg von einem Prob­lem ver­schont bleiben soll­ten, unter dem alle anderen ächzen. Aber die Annahme, die Teil­nehmer der Umfrage müßten alle Unrecht haben, weil Sie und A.S. Recht haben, ist auch nicht befriedigender.
    An diesem Punkt ließen sich dann die Fra­gen for­mulieren, die ich eigentlich inter­es­sant fände: Was bedeutet in diesem Zusam­men­hang eigentlich “Recht haben”? Was wird genau beklagt? Kom­men die Unter­schiede in der Bew­er­tung durch unter­schiedliche Ansprüche oder doch durch große Unter­schiede in den Stich­proben zus­tande? Wur­den vielle­icht die neg­a­tiv­en Beispiele unangemessen stark gen­er­al­isiert? Gibt es eigentlich Ansprüche, auf die sich mehr oder weniger alle halb­wegs ver­ständi­gen kön­nen, und wie sehen diese aus, falls es sie gibt? Für die Beant­wor­tung solch­er Fra­gen wäre es natür­lich emi­nent hil­fre­ich, wenn die Studie öffentlich wäre…

    Näh­ern kann man sich dem Gegen­stand aus lin­guis­tis­ch­er Per­spek­tive bspw. mit Hil­fe eines Textsortengedankens: Eine SMS in dem obi­gen Stil macht in dem konkreten Kon­textvöl­lig Sinn und entspricht der Funk­tion der und den Anforderun­gen an die Textsorte. Das heißt nicht, dass man so in ein­er Abschlus­sar­beit schreiben sollte — und noch weniger, dass ein Jugendlich­er so dort auch schreiben würde.

    Wie gesagt geht es mir nicht um die Mätzchen der WAZ; in dieser Hin­sicht hät­ten Sie völ­lig Recht. Ich ver­mute aber, daß die Lamen­ti in der Umfrage sich nicht auf SMS-Kri­tik beschränken. Die Frage, die sich mir stellt, ist also — wie oben schon ange­sprochen — auf welche Weise man über­haupt die Fähigkeit von Stu­den­ten, etwa einen wis­senschaftlichen Text zu lesen oder zu ver­fassen, messen kön­nte, und wom­it solche Meßw­erte vernün­ftig ver­glichen wer­den kön­nten. Diese Frage zu beant­worten wäre nötig, um den sub­jek­tiv­en Ein­schätzun­gen aus der Umfrage ein­er­seits und von Ihnen und A.S. ander­er­seits etwas halb­wegs hand­festes ent­ge­genset­zen zu kön­nen, das sich tat­säch­lich mit dem Gegen­stand selb­st, näm­lich den Fähigkeit­en der Studieren­den, befaßt.

  30. phaeake

    Prak­tis­ch­er Vorschlag für David
    “Die Frage, die sich mir stellt, ist also — wie oben schon ange­sprochen — auf welche Weise man über­haupt die Fähigkeit von Stu­den­ten, etwa einen wis­senschaftlichen Text zu lesen oder zu ver­fassen, messen kön­nte, und wom­it solche Meßw­erte vernün­ftig ver­glichen wer­den könnten.”
    Das scheint mir als lin­guis­tis­chem Laien nicht so schreck­lich schwierig: Um die Fähigkeit abzuprüfen, wis­senschaftliche Texte zu ver­ste­hen, lässt man die Proban­den einen wis­senschaftlichen Text lesen und stellt danach Ver­ständ­nis­fra­gen. So ähn­lich waren doch auch die Pisa-Tests für Lese­fähigkeit aufgebaut.
    Möglich wäre auch, die Stu­den­ten eine Vor­lesung anhören und mitschreben zu lassen und eine Woche später bekom­men sie ihre eige­nen Exz­erpte wieder und sollen den Stoff in wis­senschaftlich­er Sprache wiedergeben. Die Kerngedanken, die richtig wiedergegeben sind, kann man noch rel­a­tiv objek­tiv zählen, die Präg­nanz des Aus­drucks ist dann natür­lich zu einem gewis­sen Grad Wertungsfrage.
    Den Test wieder­holt man jedes Jahr. Ist natür­lich ein biss­chen teur­er, als Frage­bö­gen an Pro­fes­soren zu verschicken.
    Mit ist bei Lek­türe des Deutsch­landra­dio-Inter­views übri­gens aufge­fall­en, dass der Vor­wurf, die beschriebe­nen Fähigkeit­en seien heute in gerin­gerem Maße vorhan­den als früher, nur ein­mal referiert wird und schon da muss er dem Inter­viewten mehr oder weniger aus der Nase gezo­gen wer­den. Anson­sten heißt es nur, dass die Fähigkeit­en zu ger­ing sind — ohne eine Aus­sage über die zeitliche Entwicklung.
    Herr Ste­fanow­itsch stellt dage­gen das Lamen­to gegen die “Jugend von Heute” in den Vordergrund.

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