Ich hab nichts gemacht, Alter

Von Anatol Stefanowitsch

Baden Online berichtete am Mon­tag über einen jun­gen Mann, der wegen ein­er Prügelei, Trunk­en­heit und der Angabe falsch­er Per­son­alien vor Gericht ste­ht. Außer­dem muss er eventuell noch mit ein­er Verurteilung wegen Beamten­belei­di­gung rechnen:

In Stadel­hofen grölte er nachts um vier Uhr herum und wollte trotz Fes­tende nicht weichen, sodass die Ver­anstal­ter die Polizei als Schützen­hil­fe riefen. Doch der Gröler gab keine Ruhe und redete einen Polizis­ten per­ma­nent mit „Alter“ an, was dieser als Belei­di­gung emp­fand, zumal noch ein Aus­druck unter­halb der Gürtellinie hinzukam. „‚Alter‘ ist bei mir Umgangssprache. Das sage ich zwanzig­tausend­mal am Tag“, gab er Ein­blick in seinen Wortschatz.

Auf Prügeleien und öffentliche Trunk­en­heit habe ich mich schon seit fün­fzehn oder zwanzig Jahren nicht mehr ein­ge­lassen, aber der Fehlgriff bei der Anrede ist mir nicht ganz fremd. Alter ist für mich zwar keine angemessene Anre­de­form für einen Polizeibeamten, aber ich ver­wende es häu­fig, um ein­er Aus­sage mehr Aus­druck zu ver­lei­hen. Das kön­nte mir auch im Zuge ein­er nächtlichen und nicht ganz nüchter­nen Unschulds­be­teuerung gegenüber einem Vertreter des Geset­zes passieren.

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

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