Wissenschaftsblogs

Von Anatol Stefanowitsch

Im englis­chsprachi­gen Teil der Blo­gosphäre sind Wis­senschafts­blogs inzwis­chen eine Selb­stver­ständlichkeit. Blogs wie Real­Cli­mate, Lan­guage Log oder The Panda’s Thumb erre­ichen regelmäßig tausende von Lesern und bieten fachkundi­ge Infor­ma­tio­nen eben­so wie Raum für kon­tro­verse Diskus­sio­nen. Im Rah­men der jährlich stat­tfind­en­den Weblo­gawards gibt es sog­ar eine eigene Kat­e­gorie für Wis­senschafts­blogs, in der sich dieses Jahr die Anhänger von Phil Plaits klugem und sach­lichem Bad Astron­o­my eine Stim­men­schlacht mit den Anhängern des weniger klu­gen und sach­lichen Kli­maschwindelschwindel­blog Cli­mate Audit liefer­ten. Wer sich einen Überblick über die weit verzweigte Gemein­schaft der englis­chsprachi­gen Wis­senschafts­blog­ger ver­schaf­fen will, kann das auf dem Aca­d­e­m­ic Blog Por­tal tun, das hun­derte von Blogs nach Diszi­plinen kat­e­gorisiert auflis­tet (wobei allerd­ings keine Unter­schei­dung getrof­fen wird zwis­chen Blogs, in denen es um Wis­senschaft geht und pri­van­ten Blogs, deren Betreiber zufäl­lig Wis­senschaftler sind).

In Deutsch­land fris­ten Wis­senschafts­blogs bis­lang eher ein Schat­ten­da­sein. Unter den Top 50 der deutschsprachi­gen Blogs, beispiel­sweise, find­et sich kein einziges. Sie sind auch schw­er zu find­en, da ein zen­trales Verze­ich­nis wie das Aca­d­e­m­ic Blog Por­tal bis­lang fehlte. Das hat Marc Sch­e­loske, der mit der Wis­senswerk­statt selb­st ein (sozi­ol­o­gis­ches) Wis­senschafts­blog betreibt, jet­zt geän­dert: vor ein­er Woche eröffnete er das Wis­senschafts-Café, das als Ein­stiegspunkt in die kleine, aber hof­fentlich wach­sende, Gemein­schaft bloggen­der Wis­senschaftler dienen soll. Das Bre­mer Sprach­blog ist dort natür­lich vertreten, und wer Lust hat, kann es dort kom­men­tieren und sog­ar bew­erten oder the­men­ver­wandte Blogs entdecken.

Marc Schloeskes Ini­tia­tive ist vor allem deshalb zu begrüßen, weil einige große deutsche Ver­lage das Poten­zial von Wis­senschafts­blogs ent­deckt haben und wir in den näch­sten Jahren deshalb einen inter­es­san­ten Kampf um Mark­tan­teile erwarten kön­nen. Wis­senschaft kann es nie genug geben und deshalb freue ich mich auf und über die Blogs, die dort vielle­icht entste­hen wer­den, aber die unab­hängi­gen Wis­senschafts­blogs kön­nten da schnell unterge­hen. Das Wis­senschafts-Café wird hof­fentlich dazu beitra­gen, dass das nicht geschieht.

Dieser Beitrag wurde unter Bremer Sprachblog abgelegt am von .

Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

Ein Gedanke zu „Wissenschaftsblogs

  1. ramses101

    Da kann man der Blo­gosphäre nur wün­schen, dass sich hier so eine Art Qual­ität­sof­fen­sive entwick­elt. Irgend­wie hat­te ich die let­zten Monate den Ein­druck, es würde ver­mehrt in Rich­tung Link-Deal­er und Such­maschi­nen-Schme­ich­ler gehen.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar zu ramses101 Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.