Der blinde Fleck der Lehnwortgegner

Von Anatol Stefanowitsch

Der Kon­feren­zstress ver­hin­dert es derzeit, dass ich regelmäßiger blogge, aber ich ver­spreche, dass sich das bald wieder ändert. Zum Glück brauchen die Sprachblogleser/innen mich nicht, um laut über Sprache nachzu­denken: die Diskus­sion zu meinem let­zten Ein­trag hat ger­ade die in diesem beschei­de­nen Blog eher sel­tene Gren­ze von 40 Kom­mentaren erre­icht. Die Diskus­sion hat sich vom ursprünglichen The­ma wegen­twick­elt (der Frage nach dem Ver­fas­sungsrang des Deutschen) und dreht sich nun um die Vor- und Nachteile von Lehn­wörtern (ich werde darauf ver­weisen, wenn ich das näch­ste Mal dafür kri­tisiert werde, dass ich zu viel über Anglizis­men schreibe).

Ein Argu­ment, das die Lehn­wort­geg­n­er in dieser Diskus­sion bre­it­treten ist das der Ver­ständlichkeit: Anglizis­men (und andere Lehn­wörter) seien deshalb schlecht, weil diejeni­gen, die deren Ursprungssprache nicht beherrschen, sie nicht ver­ste­hen kön­nten. Wir haben dieses Argu­ment hier im Sprach­blog schon mehrfach entkräftet (zulet­zt hier). Aber Leserin Kristin hat in ihrem Kom­metar ein tiefer­liegen­des Missver­ständ­nis hin­ter diesem Argu­ment aufgedeckt. Hier aus ihrem Kom­men­tar:

Warum wird in solchen Diskus­sio­nen eigentlich fast nur der Sender kritisiert?

Soll heißen: Wenn mich eine Botschaft erre­icht, die ich nicht ver­ste­he, dann frage ich nach. Erstens gibt man mit diesem Feed­back dem Sender die Möglichkeit, sich (aktuell) zu erk­lären und (zukün­ftig, wenn nötig) seine Wort­wahl zu ändern. Zweit­ens ist das eine pri­ma Gele­gen­heit, neue Wörter zu ler­nen. Und das gilt nicht nur für Anglizis­men, nicht nur für Fremd­wörter, son­dern für alle mir frem­den Aus­drücke (Dialekt, Jar­gon, Handw­erk­er­fach­sprech …). So lernt man eine Sprache. Ich bin mit der Sesam­straße aufgewach­sen: Wer nicht fragt, bleibt dumm.

Die Idee, man müsse die Empfänger dort abholen, wo sie ste­hen, führt lei­der häu­fig dazu, dass man sie eben nicht abholt, son­dern ste­hen lässt

Dem kann ich mich nur anschließen.

Mir ist durch diesen Kom­men­tar der blinde Fleck der Lehn­wort­geg­n­er deut­lich gewor­den: Sie sehen bei sich selb­st keine Mitver­ant­wor­tung für den Erfolg eines kom­mu­nika­tiv­en Ereigniss­es. Sie wollen sich nicht an der gemein­samen Kon­struk­tion von Bedeu­tung beteili­gen, son­dern sie wollen, dass man ihnen alles in ein­er Sprache serviert, die genau ihrem Geschmack und, schlim­mer noch, ihrem aktuellen sprach­lichen Erfahrung­shor­i­zont entspricht. Vielle­icht hat diese fehlende sprach­liche Flex­i­bil­ität auch etwas damit zu tun, dass sie sich auch mit neuen Ideen schwertun.

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

95 Gedanken zu „Der blinde Fleck der Lehnwortgegner

  1. Wolfgang Bergfeld

    Da stellen sich ein paar Fra­gen: Woher kommt der erzieherische Anspruch, die »Empfänger« irgend­wohin mitzunehmen, und was recht­fer­tigt ihn? Darf nicht jed­er selb­st entschei­den, ob und wann er dazuler­nen will? Hat jed­er noch so aufgeschlossene und lern­willige Men­sch immer Zeit und Lust, seinen Hor­i­zont zu erweit­ern? Was ist mit Gebrauch­s­tex­ten, von der Antwort auf ein Beschw­erde­schreiben über die Gebrauch­san­leitung bis zum Wer­be­text — kann ich mir da ern­sthaft erlauben, den »Empfänger« zum Ler­nen verpflicht­en zu wollen? Etc.

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  2. AndreasK

    Aus Sicht eines Wer­bers ist das “Abholen” ja kein allzu welt­fremdes Anliegen. Ich kann natür­lich einen TV-Spot für Gebis­s­reiniger mit Anglizis­men zustopfen und argu­men­tieren, dadurch lerne die Ziel­gruppe noch was. Spätestens, wenn die ersten Absatz­zahlen kom­men, wird sich mein Kunde dann allerd­ings sehr wahrschein­lich einen neuen Geschäftspart­ner suchen wollen.

    Das Argu­ment, derdie Ange­sproch­ene kön­nte sich ja mal erkundi­gen und etwas lern­freudi­ger sein, will ich damit nicht entkräfti­gen, weil es den neu­ral­gis­chen Punkt trifft: Wer Anglizis­men doof find­et und Tra­di­tio­nen vorschiebt, ist ten­den­ziell zu faul seine Gewohn­heit­en zu verändern.

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  3. @dibbedabb

    Ein Argu­ment, dass die Lehn­wort­geg­n­er in dieser Diskus­sion bre­it­treten ist das der Ver­ständlichkeit: Anglizis­men (und andere Lehn­wörter) seien deshalb schlecht, weil diejeni­gen, die deren Ursprungssprache nicht beherrschen, sie nicht ver­ste­hen kön­nten. Wir haben dieses Argu­ment hier im Sprach­blog schon mehrfach entkräftet 

    Klasse, Ana­tol, mit welch­er Sou­veränität Sie hier zeigen, wer Recht und wer Unrecht hat! Danke. Ich werde zur Buße ein paar Ave Maria sagen. Wir bösen Geg­n­er treten bre­it, Sie, die Licht­gestalt der Aufk­lärung, entkräften.

    Aber mal im Ernst: Sie haben das Argu­ment genau­sowenig entkräftet, wie ich Sie wider­legt habe. Sie sind doch Wis­senschaftler. Sie soll­ten doch wis­sen, dass es Mei­n­ungsver­schieden­heit­en geben kann, die, wenn man ver­sucht, sie neu­tral zu betra­cht­en, nicht mit einem sim­plen richtig — falsch aufzulösen sind.

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  4. Debe

    Sich­er gibt es da Unter­schiede zwis­chen Kom­mu­nika­tion­ssi­t­u­a­tio­nen. Ich habe häu­figer die Auf­gabe, tech­nis­chen Laien ein Com­put­er­prob­lem zu erk­lären: “Mas­chine ist kaputt” befriedigt die wenig­sten. Im Dia­log merke ich oft meinem Gegenüber an, auf welch­er Seite seines Ver­ständ­nishor­i­zonts das Gespräch sich ger­ade bewegt. Non­ver­bale Rück­mel­dung kann zusät­zlich zur aus­drück­lichen Nach­frage anzeigen, dass eine genauere Erk­lärung oder schlicht ein anderes Wort nötig ist. Ich scheue mich nicht davor, Fach­be­griffe — auch Anglizis­men, wenn das mir ange­bracht erscheint — zu ver­wen­den, solange ich als “Sender” sie nöti­gen­falls erk­lären kann.

    Als großes Prob­lem der Anglizis­men sehe ich an, dass oft der Sender nicht ein­mal genau weiß, was er aus­drück­en möchte. “Come in and find out” — was werde ich denn her­aus­find­en? Dass weni­gen Wer­bern die Bedeu­tung der Begriffe “hip”, “trendy”, “lifestyle”, “expe­ri­ence”, “adven­ture”, “event”, “high­light”, “busi­ness” und viel­er ander­er klar ist und sich aus der Ver­wen­dung gegenüber einem deutschen Wort nur ein Vorteil ergibt? Wider­spruch durch den “Empfänger” scheit­ert näm­lich schon daran, dass der sich der genauen Bedeu­tung der Botschaft genau­so wenig sich­er ist wie der Absender.

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  5. Dierk

    Wie Debe richtig bemerkt, kommt es auf den Kon­text an — ‘tschuldigung: den Zusam­men­hang, das Umfeld. Als Wer­be­tex­ter kommt es darauf an, den Ange­sproch­enen schnell und nach­haltig zum Kauf eines Produktes/Services zu überre­den. Daher ist es hier ange­bracht, die Ziel­gruppe im Auge zu behal­ten. Aus mein­er Erfahrung han­delt es sich meist um eine nicht-qual­i­fizierte Ziel­gruppe, heißt, es soll jed­er ange­sprochen wer­den ganz unab­hängig von ener vorhan­de­nen Affinität zum Produkt.*

    Um also jeden zu erre­ichen, muss ich es allen ein­fach machen [nein, nicht recht], also möglichst weichge­wasch­ene Sprache ver­wen­den. Lehn- und Fremd­wörter nur, wenn sie fach­liche Kom­pe­tenz aus­drück­en sollen; ein Kfz-Betrieb, der das Wort Auto[mobil] nicht benutzt, kommt komisch rüber. Übri­gens fol­gt aus der oben beschriebe­nen Notwendigkeit, dass Wer­bung gar nicht orig­inell sein darf, und kreativ nur in soweit als Klis­chees auf Bewor­benes über­tra­gen werden.

    Soll­ten Jour­nal­is­ten und Poli­tik­er eben­so auf den kle­in­sten gemein­samen Nen­ner der Sprache kom­men? Möglicher­weise ist es sin­nvoll, in ein­er Bierzel­trede die große Macht der Flex­i­bil­ität, die Sprache eben auch durch Fremd­wörter, Entlehntes oder Neol­o­gis­men schafft, aufzugeben. Möglicher­weise will der bierselige poten­zielle Wäh­ler seine eige­nen Nichtgedanken auch nur in plat­testen Sätzen von anderen, näm­lich ‘den klu­gen Köpfen da oben’ hören. Richtig ist das damit noch lange nicht.

    Kom­mu­nika­tion ist, anders als wir es uns im Laufe des ver­gan­genen Viertel­jahrhun­derts ein­gere­det haben, keine [reine] Dien­stleis­tun­gen, Kom­mu­nika­tion dient dem Aus­tausch. Selb­stver­ständlich sollte ich ver­suchen, die Sprache angemessen zu vere­in­fachen je kom­plex­er oder abstrak­ter das The­ma ist — aber eben auch nicht weiter.

    Tat­säch­lich helfen aus­gerech­net die ach so schw­er ver­ständlichen Anglizis­men, Amerikanis­men, Latin­is­men, Franzi-ismen etc. sprach­liche Kon­struk­te schnelle begreif­bar und damit ein­fach zu hal­ten. Jed­er weiß, was ein Com­put­er ist, also kann ich diese Chiffre ein­set­zen egal aus welch­er Sprache das Wort stammt. Sage ich hinge­gen Rech­n­er, muss ich spez­i­fizieren, was genau dieser ‘Rech­n­er’ denn kann. Anders als selb­st ernan­nte Sprach­puris­ten behaupten, sind die bei­den Begriffe näm­lich nicht synonym.

    Ohne­hin ist es inter­es­sant, wie häu­fig die Argu­men­ta­tion der Lehn­wort-Geg­n­er Strohmän­ner auf­baut [ohne Lehn­wort einen Anglizis­mus ein­bauen, abge­hakt]. So wird zum Beispiel nie­man­dem vorgeschrieben, er müsse die bösen, bösen For­mulierun­gen benutzen. Er oder sie muss sie auch nicht ver­ste­hen, dafür gibt es ja das Nach­fra­gen. Es ist auch nicht so, dass es um Sprache gin­ge, also jenes akustis­che Sig­nal­sys­tem, dass wir im All­ge­meinen sehr schlampig ver­wen­den, um kurzfristig ziel­gerichtet zu interagieren.

    Möchte mir wirk­lich jemand per Gesetz vorschreiben, wie ich spreche? Mich juris­tisch haft­bar machen, weil ich Rap oder Scat sage statt Sprechge­sang [übri­gens auch hier, die drei Begriffe sind nicht syn­onym]? Weil ich von Soft­ware spreche, Hard­ware, Main­board, TV, Tuner, CD-Play­er …? Wohl kaum.

    Im besten Fall geht es also nicht um Sprache, son­dern Schrift [der wir selb­stver­ständlich auch Radio-Fea­tures oder TV-Mod­er­a­tio­nen zurech­nen kön­nen, da diese meist vorgeschrieben sind]. Wieder greift das Kon­text-Argu­ment: Bedi­enungsan­leitun­gen müssen jedem Nor­mal­be­gabten ver­ständlich sein. Bei jour­nal­is­tis­chen Tex­ten sieht dies schon anders aus, ein gewiss­es Vor­wis­sen und weit­er­führe­des Inter­esse darf hier gerne voraus­ge­set­zt werden.

    Ver­ste­hen alle Men­schen immer alles, was geschrieben ste­ht? Nein. Müssen sie das? Nein. Soll sich der Adres­sant immer auf das niedrig­ste ver­ständliche Niveau begeben?

    *Wer­be­texte sind übri­gens dur­chaus nicht in erster Lin­ie Überträger direk­ter Bedeu­tung, es geht nicht darum, dass der Adres­sat den lexikalis­chen Inhalt voll ver­ste­ht. Der Tex­ter kom­mu­niziert unter­schwellig, ver­sucht den Text so zu gestal­ten, dass er ganz bes­timmte Gefüh­le beim Rezip­i­en­ten aus­löst. Daher wer­den viele [Pseudo-]Fachbegriffe benutzt, z.B. ‘busi­ness’, die Inter­na­tion­al­ität, Kom­pe­tenz und Ser­iösität implizieren oder es wird auf ange­bliche Sozi­olek­te zurück­ge­grif­f­en um Jugendlichkeit auszudrücken.

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  6. Achim

    An dieser Debat­te wun­dert mich immer die Gut-Böse-Men­tal­ität auf bei­den Seit­en. Fremd­wörter, Lehn­wörter, Anglizis­men, Fachaus­drücke und was es son­st so an Phänome­nen gibt (es sind ja dur­chaus unter­schiedliche Kat­e­gorien) kön­nen je nach Ver­wen­dungszusam­men­hang gute Dien­ste leis­ten oder eher nicht. Das ist oben­drein noch eine Frage, die ver­schiedene Kom­mu­nika­tion­steil­nehmer in der gle­ichen Sit­u­a­tion unter­schiedlich beant­worten dürften.

    Wer­bung: Wenn in der Wer­bung englis­che Wörter, Satzteile, Sätze ver­wen­det wer­den, kann das ver­schiedene Absicht­en haben. In der Regel dürfte der Wun­sch dahin­ter ste­hen, dem bewor­be­nen Pro­dukt ein inter­na­tionales Flair zu ver­passen. Mein­er beschei­de­nen Mei­n­ung nach ist das zB bei Marl­boro gelun­gen (“come to where the fla­vor is”), bei Dou­glas in die Hose gegan­gen (“come in and find out”). Das hat auch damit zu tun, dass im Fall Dou­glas der Ver­such, idioma­tisch ein­wand­freies Englisch zu pro­duzieren, entwed­er nicht unter­nom­men wurde oder halt nicht gelun­gen ist. Hin­tergdanke war wohl in jedem Fall, dass die Ziel­gruppe dieses inter­na­tionale Flair gut find­et und als Käufer hon­ori­ert. Da ist ander­er­seits Ver­ständlichkeit nicht in jedem Fall nötig, es muss nur toll klingen…

    BWL-Sprech: Da ich einige Jahre als Berater (“Con­sul­tant”) in einem inter­na­tionalen Unternehmen gear­beit­et habe, kenne ich den Jar­gon aus eigen­er Anschau­ung und ‑hörung. Da machen sich halt Meet­ings, Com­mit­ments, Loss­es und Wins (im Sales, äh, Ver­trieb) und andere Phänomene bre­it, und viele merken’s gar nicht mehr. Was auch damit zu tun hat, dass manch­mal die englis­chen Begriffe präg­nant und kurz sind, während es keinen einge­führten deutschen Begriff gibt — zB der “Roll­out” ein­er Soft­ware. Mich per­sön­lich hat das immer gen­ervt, ich habe dann ver­sucht, von Besprechun­gen, Zusagen etc. zu sprechen. Schlichte Unken­nt­nis der Fremd- wie der Mut­ter­sprache führt darüber hin­aus zu Über­set­zungs­fehlern (false friends? Anglizis­men?) wie “Indus­trie” statt “Branche” für indus­try oder “Rate” statt “Preis” für rate. Abzuwarten ist, ob solche Über­set­zungs­fehler sich der­art durch­set­zen, dass es zu einem Sprach­wan­del führt, die deutschen Wörter Indus­trie und Rate also auch außer­halb dieser Indu- äh Branche eine Bedeu­tungser­weiterung erfahren.

    Ver­ständlichkeit: Ob ich mich als Sender um Ver­ständlichkeit in allen Fällen bemühe, kommt auf meine Inter­essen und die Inter­essen der Empänger sowie um die Ein­flussmöglichkeit­en an. Solange nur wenige Kun­den zB ein tech­nis­ches Gerät zurück­brin­gen, weil keine deutsche Anleitung dabeiliegt, kann man sich die Mühe sparen. (Ana­log für die Anleitun­gen, die in so etwas ähn­lichem wie Deutsch abge­fasst sind.) Wenn über dem guten alten Auskun­f­ss­chal­ter jet­zt “Ser­vice Point” ste­ht, kom­men die Bahnkun­den trotz­dem hin und wer­den geholfen (oder auch nicht, das hängt aber nicht von dem Schild über dem Schal­ter ab). Wenn ich als Sales Rep­re­sen­ta­tive eines Ser­vice Providers zum Kun­den gehe und meine neuesten Ser­vice Offer­ings damit anpreise, dass hier ein Weg ist, die Total Cost of Own­er­ship zu senken und schnell einen hohen Return on Invest­ment zu erzie­len, und dann nur in fra­gende Gesichter schaue, hab ich wohl die Ziel­gruppe falsch eingeschätzt. Aber Ver­ständlichkeit muss ich gar nicht mit Anglizis­men und Lehn­wörtern unter­graben. Ich behaupte zB nicht, ver­standen zu haben, was ich da unter­schrieben habe, als ich eine Grund­schuld bestellt habe, um das Dar­lehen für die Eigen­tumswoh­nung abzu­sich­ern. Anson­sten: xkcd zu “Sim­ple English”

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  7. janwo

    > Vielle­icht hat diese fehlende sprach­liche Flex­i­bil­ität auch etwas damit zu tun, dass sie sich auch mit neuen Ideen schwertun. 

    Das wäre ja auch nicht weit­er schlimm, wenn dieses Schw­er­tun nicht in mis­sion­ar­ischem Sendungs­be­wusst­sein resul­tierte. Wer Anglizis­men etc. nicht mag, soll sie meinetwe­gen weglassen oder sich jedes mal die Ohren waschen, wenn er ein Fremd­wort hört. Aber deswe­gen anderen vorschreiben zu wollen, was sie zu ver­wen­den haben und was nicht, was “guter” und was “bös­er” Sprachge­brauch sei, das ist unverschämt. 

    Es gibt Leute, die find­en fremdes Wortgut unschön. Es gibt Leute, die teilen diese Sicht nicht. Das dürfte schlichtweg unvere­in­bar sein, muss auch nicht vere­in­bart wer­den. Wer keine Angst vor Vielfalt hat, muss da auch nie­man­den “bekehren”.

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  8. Wolfgang Hömig-Groß

    Meines Eracht­ens äußerst sich in diesen englis­chen Werbe­sprüchen (Slo­gans?) eine Denk­faul­heit, die ganz prachtvoll auch auf Deutsch funk­tion­iert. So wie die Frage berechtigt ist, was man bei Dou­glas her­aus­find­en soll (wenn man das mal richtig dekodiert hat), so stellt sich auch bei deutschen Slo­gans (Werbe­sprüchen?) oft die Frage, was sie eigentlich bedeuten sollen. Typ­is­ches Beispiel, immer noch oft zu sehen, an Geschäften aller Art: “XXX und mehr”. Welch­es mehr gibt es aber bei ein­er, sagen­wirmal, Bäck­erei, über der ste­ht: “Brot, Kuchen und mehr”? Welch­es Mehr kön­nte es dort geben? Ich habe mehr als ein­mal in so einem Laden neben­bei gefragt, was es denn noch “mehr” gibt. Die Reak­tion war im Regelfall Unver­ständ­nis, häu­fig aber auch der Hin­weis “das ist ja nur Wer­bung”. Dort wird, dem gesun­den Men­schen­ver­stand fol­gend, angenom­men, Wer­bung habe mit Real­ität nichts zu tun — muss halt nur irgend­wie gut ausse­hen oder klin­gen. Nicht dumm, wenn ich sehe, dass manche Fir­men sog­ar Pro­duk­te bewer­ben, die sie gar nicht liefern kön­nen (dochdoch, mehr als ein­mal bei Asus oder Dell erlebt). Dazu passen Slo­gans, die kein­er ver­ste­hen kann.

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  9. Gareth

    Debe, ich wage zu bezweifeln, dass sich die Wer­ber in Deutsch­land der Bedeu­tung der Wörter “hip”, “trendy”, “Event” oder “High­light” nicht bewusst sind. Diese Wörter sind doch nun schon so lange im reg­ulären deutschen Sprachge­brauch, dass man sich daran wirk­lich nicht mehr aufhän­gen sollte.

    AndreasK, ich ver­ste­he über­haupt nicht, was deine Anmerkung mit der Diskus­sion zu tun hat. Offen­sichtlich hat ein Radiosender einen salop­pen Aus­druck benutzt, der im Kon­text unange­bracht war. Ein Faux­pas wie dieser passiert sich­er ab und an mal. Hier liegt es aber sich­er nicht an einem missver­stande­nen Lehnwort.

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  10. Patrick Schulz

    Hm, ist das nicht genau ein wichtiger Aspekt, der das Ster­ben (im weitesten Sinne) ein­er Sprache begün­stigt? Also wenn die Sprech­er das Inter­esse ver­lieren, ihre und damit die Sprache weit­erzuen­twick­eln? Sind es also let­ztlich die Anglizis­mengeg­n­er selb­st, die einen großen Teil dazu beitra­gen, dass ihre eigene schlimm­ste Befürch­tung wahr wird und das Deutsche “auszuster­ben” droht?

    Nur, dass wir uns nicht falsch ver­ste­hen, das Deutsche wird es höchst­wahrschein­lich auch in 200 Jahren noch geben, mein Gedanke richtet sich an die Anglizis­menkri­tik­er, die den schle­ichen­den Tod des Deutschen fürcht­en aber anscheinend alles dafür machen, dass er tat­säch­lich eintritt.

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  11. Thomas

    Wieso glaube eigentlich alle, dass man die Sprache aus dem ein Lehn­wort kommt ken­nen muss, um das Lehn­wort zu ver­ste­hen? Dies ergibt für mich keinen Sinn. Näm­lich muss das Lehn­wort doch gar nicht die selbe Bedeu­tung haben wie in der Ursprungssprache. Zum Beispiel beze­ich­net der “kinder­garten” in den USA etwas anderes als der “Kinder­garten” in Deutschland.

    Dies wäre heute m.E. eher ein Beispiel für einen “falschen Freund”.

    Und BTW wer nicht wis­sen will, was ein bes­timmtes Wort bedeutet, fragt ein­fach nicht nach.

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  12. @dibbedabb

    Aber deswe­gen anderen vorschreiben zu wollen, was sie zu ver­wen­den haben und was nicht, was “guter” und was “bös­er” Sprachge­brauch sei, das ist unverschämt.

    Es gibt Leute, die find­en fremdes Wortgut unschön. Es gibt Leute, die teilen diese Sicht nicht. Das dürfte schlichtweg unvere­in­bar sein, muss auch nicht vere­in­bart wer­den. Wer keine Angst vor Vielfalt hat, muss da auch nie­man­den “bekehren”. schrieb janwo

    Aber es fragt sich natür­lich, wer hier auf dieser Seite ver­sucht, andere zu bekehren.

    Und wer sich offen­sichtlich so furcht­bar an ein­er abwe­ichen­den Mei­n­ung stört, dass er sich verzweifelt bemüht, sie als wis­senschaftlich falsch hinzustellen, ihren Anhängern zu unter­stellen, sie seien geistig unbe­weglich und hät­ten Angst vor Vielfalt.

    Fehlt noch der Vor­wurf der Fremdenfeindlichkeit.

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  13. Dierk

    Herr oder Frau Dibbedabb,

    wollen Sie insinuieren, es seien nicht die Fremd­wort­feindlichen, die mis­sion­ierend ver­suchen anderen [mir zum Beispiel] auch per Gesetz vorSCHREIBEN zu wollen wie wir zu SPRECHEN haben? Wollen Sie tat­säch­lich behaupten, es wäre [moralisch] falsch, den pseu­do-wis­senschaftlichen Vor­wür­fen der Fremd­wort­feinde Empirie und The­o­rie entgegenzuhalten?

    Wenn Sie oder W. Krämer und andere ein­fach sagten, ‘Na ja, Wörter die nicht der deutschen Sprache autochthon sind, gefall­en mir halt nicht — so wie anderen vielle­icht Schwein­shaxe nicht gefällt’, gäbe es gar keine Diskussion.

    Dou­glas unseliger Claim [sic!] läuft und läuft und läuft, obwohl in Ver­ste­hende und Nichtver­ste­hende als blöd, falsch, unver­ständlich, däm­lich ablehnen. Also richtet er entwed­er keinen Schaden an — die Men­schen kaufen immer noch von Hei­di Klum — oder er hil­ft sog­ar — mehr Men­schen kaufen bei der urdeutschen Fir­ma. Let­zteres kön­nte evtl. daran liegen, dass jed­er zweitk­las­sige Lehn­wort-Geg­n­er über Dou­glas spricht oder schreibt.

    PS: Ich kann diese alberne ‘agree to disagree’-Haltung unser­er Wohlfühlge­sellschaft auch nicht mehr ertra­gen. Ja, wer sich öffentlich äußert, muss mit Wider­spruch rech­nen. Und ja, dieser darf auch auf den wis­senschaftlichen Grund­la­gen eines ratio­nalen Diskurs­es erfol­gen. Nur wer die Debat­te zu ver­lieren scheint, pflegt darauf hinzuweisen, dass die ganze Diskus­sion ohne­hin blöd sei,die Anderen sich ja nur an abwe­ichen­den Mei­n­un­gen stören … Blahblahblah.

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  14. Kristin

    Ups, erst jet­zt sehe ich, dass mein Kom­men­tar Ihnen was verdeut­lichen kon­nte, Herr Ste­fanow­itsch? Na dann — bitte schön, gern geschehen 🙂

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  15. Nörgler

    @janwo, @Dierk

    Sie hal­ten sich für zu wichtig, wenn Sie meinen, irgend jemand wolle Ihnen vorschreiben, wie Sie sich per­sön­lich auszu­drück­en haben. Wem Ihre Auszu­druck­sweise nicht gefällt, der hört Ihnen nicht zu. So ein­fach ist das.

    Als Steuerpflichtiger und als zahlen­der Kunde ver­bitte ich mir aber volk­späd­a­gogis­che Bemühun­gen um Erweiterung meines Wortschatzes von amtlichen Stellen oder von staatlichen Monopolunternehmen.

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  16. Nörgler

    @Dierk (#6)

    Das englis­che Verb to com­pute bedeutet rech­nen, auch be‑, aus­rech­nen usw.

    Also ist Rech­n­er die wörtliche Über­set­zung von com­put­er. Von der Grundbe­deu­tung her sind bei­de Wörter also so syn­onym, wie es Wörter nur sein können.

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  17. Nörgler

    Beim Lesen des Aus­gangs­beitrags fällt mir wieder auf, daß hier, wie in zahlre­ichen Beiträ­gen der aufrecht­en Anti­nör­gler, durchge­hend der Begriff Lehn­wort ver­wandt wird. Die berüchtigten Nör­gler wer­den als Lehn­wort­geg­n­er hingestellt.

    Dies entspricht nicht der üblichen Ver­wen­dung des Begriffs. Herkömm­licher­weise unter­schei­det man doch zwis­chen Lehn­wörtern und Fremd­wörtern. Lehn­wörter sind so weit assim­i­liert, daß sie nicht mehr als “fremd” erkan­nt wer­den, so etwa Kloster und Fen­ster aus dem Lateinis­chen oder Streik und Keks aus dem Englis­chen. Fremd­wörter sind solche, die noch als mehr oder weniger “fremd” bzw. nicht den Regeln der deutschen Wort­bil­dung entsprechend erkan­nt wer­den. Dazu gehören selb­st so all­ge­mein ver­bre­it­ete und jed­er­mann ver­ständliche Wörter wie Inter­esse oder Com­put­er.

    Diese Wort­wahl wirkt auf mich als Ver­such, ter­mi­nol­o­gisch den “high ground” zu beset­zen. Wer kann denn gegen Lehn­wörter etwas einzuwen­den haben, wenn er nicht wirk­lich ein ver­stock­ter Sprach­purist oder unverbesser­lich­er Deutschtüm­ler ist? Zugle­ich soll das Wort Fremd­wort durch bewußte Ver­mei­dung tabuisiert wer­den. Wer es ver­wen­det, ent­larvt sich als Chau­vin­ist, ja als fremdenfeindlich.

    Machen wir es doch so wie das Goethe­in­sti­tut und sprechen wir nur noch von “Wörtern mit Migrationshintergrund”.

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  18. Tim

    @ Debe

    Als großes Prob­lem der Anglizis­men sehe ich an, dass oft der Sender nicht ein­mal genau weiß, was er aus­drück­en möchte.

    Das ist doch über­haupt ein Grund, warum ger­ade in der Wer­bung gern Anglizis­men ver­wen­det wer­den: Man kann etwas aus­drück­en, was einem auf Deutsch vielle­icht ein wenig pein­lich wäre. Auf Englisch wird die manch­mal sehr dünne oder triv­iale Bedeu­tung eines Slo­gans abgemildert.

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  19. dibbedabb

    @ Herr oder Frau Dierk

    zum einen ist es mir völ­lig wurscht, ob der VdS irgend­je­man­dem irgen­det­was vorschreiben will. Wenn er dies will (was mir nicht bekan­nt ist), dann muss er eben schauen, dass sich seine Forderung im Rah­men des Grundge­set­zes bewegt und dass er eine Mehrheit im Bun­destag dafür bekommt. So weit, so nor­mal. Wenn Sie sich darüber aufre­gen wollen, tun Sie’s halt.

    Zum anderen geht es hier nicht um einen wis­senschaftlichen Diskurs und er wird auch von kein­er Seite, auch nicht von Her­rn Ste­fanow­itsch, auf wis­senschafltiche Weise geführt. Es geht um Mei­n­ungsaus­tausch. Und da ver­suchen Sie, Herr Ste­fanow­itsch und die meis­ten anderen, die sich in diesem Biotop hier zusam­men­find­en, um sich gegen­seit­ig zu bestäti­gen, wie dumm, hin­ter­wäld­lerisch, ver­bohrt und evtl. auch faschis­tisch alle sind, die eine andere Mei­n­ung haben, da ver­suchen Sie mit reich­lich unfairen Mit­teln und mit abwegi­gen Argu­menten vorzutäuschen, Sie seien im Besitz der Wahrheit.

    Diese Besser­wis­serei, dieses Auftrumpfen und dieses Sich-Berufen auf ver­meintliche wis­senschaftliche Wahrheit­en, ist zutief­st intol­er­ant und eher noch schlim­mer als das, was einige Dumpf­back­en in der VdS-Ecke in schwachen Momenten verbreiten.

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  20. Achim

    @ Nör­gler (#18)

    Wenn Rech­n­er und Com­put­er tat­säch­lich echte Syn­onyme sein soll­ten, wäre eines der bei­den Wörter tat­säch­lich über­flüs­sig. Allerd­ings ist ger­ade Com­put­er ein Beispiel für ein Lehn- oder Fremd­wort, dass nie­man­dem richtige Prob­leme in der Prax­is macht. Auch Men­schen, die kein Englisch ver­ste­hen, wis­sen, was ein Com­put­er ist. Und wenn sie es nicht wis­sen, hil­ft das Wort Rech­n­er auch nicht weit­er. Com­put­er lässt sich auch ganz gut in die Syn­tax und Mor­pholo­gie des Deutschen inte­gri­eren, macht also auch hier keine Prob­leme (Nom. Pl. mit Null-Ableitung, Gen. Sg. mit -s, Dat. / Akk. Sg. wiederum mit Nul­lableitung etc.).

    Zur Frage der Syn­onymie: Neben to com­pute gibt es ja auch noch to cal­cu­late, und daraus ist der pock­et cal­cu­la­tor abgeleit­et, aus dem wiederum vor vie­len Jahren auf dem Wege der Lehnüber­set­zung der Taschen­rech­n­er wurde. Hier ist — wie so oft — keine Eins-zu-eins-Zuord­nung englis­ch­er und deutsch­er Lex­eme möglich. Außer dem Taschen­rech­n­er gibt es auf Deutsch ja noch die Rechen­mas­chine (diese großen Geräte mit Ein­stell­he­beln und Kurbeln) und den Tis­chrech­n­er (im Grunde ein Taschen­rech­n­er mit größeren Tas­ten, größerem Dis­play und Streifendruck­er). Diese Geräte rech­nen tat­säch­lich im engeren Sinne des Wortes, dh sie führen math­e­ma­tis­che Oper­a­tio­nen aus. Man kann zum Com­put­er “Rech­n­er” sagen, aber zum Tisch- oder Taschen­rech­n­er niemals “Com­put­er”. So richtig syn­onym sind die Begriffe wohl doch nicht.

    Es gibt also ein Wort mit einem bre­it­eren Bedeu­tungsspek­trum und eines mit einem engeren. Offen­sichtlich hat die Sprachge­mein­schaft das Bedürf­nis, bei­de zu benutzen. Son­st wäre Com­put­er ja wieder verschwunden. 

    Fremd­wörter durch deutsche Wörter zu erset­zen, wurde ja schon oft ver­sucht, es hat aber nicht immer geklappt. Geklappt hat es bei der Eisen­bahn: In Deutsch­land (im Gegen­satz zur Schweiz) kaufen wir keine Bil­lette, son­dern Fahrkarten, gehen dann auf den Bahn­steig und nicht auf den Per­ron, nach dem Ein­steigen suchen wir uns ein schönes Abteil und kein Coupé, und die Fahrkarte (amts­deutsch: Fahrausweise) zeigen wir dem Schaffn­er und nicht dem Kon­duk­teur. Vom Fern­sprech­er statt vom Tele­fon redet aber nur der Amtsschimmel.

    Englis­che Fach­be­griffe, die (weit­ge­hend) unverän­dert ins Deutsche über­nom­men wer­den und manch­mal neben einem deutschen Äquiv­a­lent ste­hen, sind eine völ­lig andere Sache als die gele­gentlich sehr pein­liche Ver­wen­dung englis­ch­er Begriffe oder Phrasen in der Wer­bung. In bei­den Fällen kann man sich manch­mal fra­gen, wie es denn mit der Ver­ständlichkeit aussieht. In der Wer­bung wird der Wer­bende bald merken, ob er ver­standen wor­den ist oder nicht. Anson­sten ste­hen viele englis­che Begriffe für Dinge oder Sachver­halte, die dem Laien auch auf Deutsch nicht klar sind. Wenn ich nicht erk­lärt bekomme, was eine bad bank sein soll, nützt mir auch die Über­set­zung nichts.

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  21. Dierk

    Wenn er dies will (was mir nicht bekan­nt ist)

    Sie lesen also die Beiträge in diesem Blog gar nicht? Oder die Schlagzeilen in Presseorganen?

    Zum anderen geht es hier nicht um einen wis­senschaftlichen Diskurs und er wird auch von kein­er Seite, auch nicht von Her­rn Ste­fanow­itsch, auf wis­senschafltiche Weise geführt. Es geht um Meinungsaustausch.

    Stimmt, Sie lesen die Beiträge nicht.

    Ihnen sollte klar sein, dass die Mei­n­ungs­frei­heit für informierte Mei­n­ung gilt, eben darauf wies ich bere­its hin, indem ich jedem seinen Geschmack zubil­lige, aber diesen nicht auf mich über­tra­gen sehen möchte. Sie [und andere] dür­fen gerne maulig in der Ecke sitzen, den teils sehr detail­lierten Aus­führun­gen z.B. des Hernn Stafanow­itsch die Wis­senschaftlichkeit absprechen, selb­st kein­er­lei kon­struk­tive oder wis­senschaftlich halt­bare Bahe­up­tung auf­stellen. Wun­dern Sie sich dann aber nicht, wenn informierte Men­schen wirsch, ja harsch reagieren.

    Eigentlich soll­ten die Fremd-/lehn­wort-/An­glizis­mus-Ablehn­er froh sein, dass sie auch von Lin­guis­ten ern­stgenom­men werden.

    Diese Besser­wis­serei, dieses Auftrumpfen und dieses Sich-Berufen auf ver­meintliche wis­senschaftliche Wahrheit­en, ist zutief­st intol­er­ant und eher noch schlim­mer als das, was einige Dumpf­back­en in der VdS-Ecke in schwachen Momenten verbreiten.

    Ah, ratio­nale Debat­ten, Empirie, Suchen und Find­en von Evi­den­zen ist Besser­wis­serei. Gle­ichzeit­ig bauen Sie einen neuen Strohmann auf, einen, den ein echter Wis­senschaftler sofort durch­schaut: Wis­senschaft basiert auf Fra­gen und Skep­sis, nicht auf Antworten und Wahrheit. Genau das macht es so schwierig, Anti-Intellek­tuellen und Anti-Ratio­nal­is­ten wirkungsvoll ent­ge­gen zu treten — wir behaupten eben nicht, endgültige Wahrheit­en zu verbreiten.

    Wenn Sie die Ver­bre­itung der Ergeb­nisse wis­senschaftlich­er Methodik für ‘zutief­st intol­er­ant’ hal­ten, frage ich mich, was die Alter­na­tive ist, Anbeten der Welt­mut­ter Gaia? Sie kön­nten natür­lich auch ver­suchen die zur Debat­te ste­hen­den ‘wis­senschaftlichen Wahrheit­en’ logisch oder empirisch zu wider­legen. Zuge­s­tanden, es ist ein­fach­er andere als intol­er­ante Besser­wiss­er zu verunglimpfen.

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  22. Dierk

    Lei­der gin­gen im let­zten Beitrag einige QUOTE-Tags ver­loren. Ich hoffe , es ist trotz­dem klar, wo zitiert wurde und wo meine Antworten ste­hen. Der Zzi­tierte Beitrag ist Nr. 21.

    Antworten
  23. Dierk

    To com­pute heißt also rech­nen, Zahlen zusam­men­zählen. Wie ich von Math­e­matik­ern und Infor­matik­ern immer wieder höre, ist es aus­gerech­net dieses, was ein Com­put­er mehr schlecht als recht kann. Wenn es um dieses Rech­nen geht wird eher to cal­cu­late benutzt, während to com­pute all­ge­mein bess­er mit ‘ver­ar­beit­en’ über­set­zt wäre, somit eher als Syn­onym für to process gese­hen wer­den kann.

    Aber selb­st wenn ich mich darauf ein­lasse, dass ‘rech­nen’ hier die einzige Bedeu­tung wäre, schließt das nicht aus, dass ‘Rech­n­er’ und ‘Com­put­er’ nicht syn­onym sind. Wie Achim in Beitrag 22 illus­tri­ert, ist ‘Rech­n­er’ ein Ober­be­griff, der jede Art mech­a­nis­ch­er und — so sehe ich das — zumin­d­est einige Arten biol­o­gis­ch­er Ver­ar­beit­er von Zahlen durch die Verknüp­fung mit logis­chen Sym­bol­en ist. Der Abakus ist ein Rech­n­er aber kein Com­put­er, der Mann, der in einem Büro sitzt und dessen Auf­gabe das Berech­nen von Zahlen ist mag ein Rech­n­er sein, doch ein Com­put­er ist er nicht.

    In einem bino­mi­alen Sys­tem wäre Rech­n­er das Genus und Com­put­er die Art [in Lin­naeis­ch­er Schrei­bung: Rech­n­er computensis].

    Antworten
  24. dibbedabb

    Herr oder Frau Dierk,

    es geht nicht um Wis­senschaft. Die Art und Weise, wie hier gegen das Offen­sichtliche, näm­lich dass viele Anglizis­men unver­standen bleiben, ange­gan­gen wird, hat schon etwas verzweifeltes. Da liest man

    a) Selb­st schuld, frag halt nach (eine ger­adezu dum­m­dreiste Antwort)

    b) Stimmt gar net, jed­er versteht’s

    c) Klar wer­den sie nicht ver­standen, aber doch nicht weil’s englis­che Wörter sind.

    Und das nur, weil einem die Öffentlichkeit ein­er kleinen Gruppe (mit der ich übri­gens gar nicht sym­pa­tisiere) nicht gefällt und man ihnen gerne ex cathe­dra verkün­den würde, dass sie unrecht haben.

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  25. Patrick Schulz

    Hal­lo dibbedabb,

    ich glaube, Ihr Denk­fehler (und ein­er der meis­ten, die Anglizis­men ablehnen) liegt in der Annahme, dass die Sprech­er des Deutschen eine homo­gene Masse sind (Verbessern Sie mich bitte, wenn ich mich darin irre). Also der Glaube, dass alle, die “Deutsch” sprechen, also dieselbe Sprache mit densel­ben gram­ma­tis­chen Regeln (im deskriptiven/strukturalistischen Sinne), densel­ben prag­ma­tis­chen Eigen­schaften (also in welch­er Sit­u­a­tion ver­wende ich welche Wörter) und dem­sel­ben Wortschatz. Dem ist aber nicht so, das “Deutsche” ist ein arbi­träres (also willkührlich gewähltes) Gebilde, ein fes­tl­gelegtes Etwas. Die Leute, die “Deutsch” sprechen, lassen sich jedoch in viele weit­ere Grup­pen unterteilen, z.B. nach Alter (z.B. Jugend­sprache), nach Herkun­ft (Dialekt, Regi­olekt), nach Aus­bil­dung (im weitesten Sinne, Fach­sprachen), nach sozialem Milieu (Rotwelsch, “voll krass, alder”) usw. Jede dieser Grup­pen ver­fügt über Aspek­te von Sprache, die in ein­er gewis­sen Weise von “der Norm” abwe­ichen. Ich würde sog­ar behaupten, dass viele Sprech­er des “Deutschen” zu ver­schiede­nen Grup­pen gehören und dass keine zwei Sprech­er das exakt selbe “Grup­pen­pro­fil” haben. 

    Und das muss sich nicht mal auf Lexik/Wortschatz beschränken: Man kön­nte Grup­pen bilden wie: “Diese Sprech­er empfind­en eine Kon­struk­tion wie Was glaub­st du, dass sie gele­sen hat? als gram­ma­tisch” und “diese Sprech­er empfind­een dieselbe Kon­struk­tion als ungrammatisch”. 

    Insofern gebe ich ihnen Recht, wenn Sie behaupten, dass ein Anglizis­mus nicht von Allen ver­standen wird. Das soll er aber auch nicht, so lange es eine rel­e­vante (Ziel-)Gruppe gibt, die ihn den­noch — in der intendierten Bedeu­tung — ver­ste­ht, erfüllt der Anglizis­mus seinen Zweck: Er trägt eine Infor­ma­tion. Ob nun alle Sprech­er des “Deutschen” zu dieser rel­e­van­ten Gruppe gehören, ist eine ganz andere Frage. Will man diese bei der Frage nach Anglizis­men unbe­d­ingt bejaen, sollte man sich der Kon­se­quen­zen bewusst sein. Z.B. dass einige Sprech­er “wegen + Genitiv”-Konstruktionen als ungram­ma­tisch empfind­en kön­nten und damit unklar ist, ob diese Kon­struk­tion als zur “deutschen Sprache” zuge­hörig beze­ich­net wer­den kön­nte oder nicht…

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  26. amfenster

    @dibbedabb

    Zum einen: in einem sprach­wis­senschaftlichen Blog geht es dur­chaus um Wis­senschaft. Aber das nur am Rande.

    Der eigentliche Punkt ist, dass Sie und alle, die in Ihrer Rich­tung argu­men­tieren (“Die armen Leut’ ver­ste­hen halt keine Anglizis­men”) sich einiger wesentlich­er Prinzip­i­en nicht bewusst zu sein scheinen, nach denen Kom­mu­nika­tion funktioniert.

    Da ist zum einen das Grice’sche Koop­er­a­tionsprinzip: “Sprech­er will sich dem Hör­er ver­ständlich machen” + “Hör­er geht davon aus, dass ihm der Sprech­er etwas Sin­nvolles mit­teilen möchte”. Dem­nach ist der Hör­er nicht das arme Opfer, das mit Textmüll zugeschüt­tet wird und oben­drein selb­st schuld ist, wenn es nicht ver­ste­ht, son­dern ein Kom­mu­nika­tionspart­ner, der — auf der “emp­fan­gen­den” Seite — aktiv am kom­mu­nika­tiv­en Geschehen beteiligt ist.

    Also: im Nor­mal­fall hat der Sprech­er das Ziel, sich dem Hör­er ver­ständlich zu machen. Was der Hör­er ver­ste­ht und wie er es ver­ste­ht, entzieht sich aber let­ztlich seinem Einfluss.

    Nun ist aber nicht immer Nor­mal­fall — und da liegt Ihr näch­ster Denk­fehler. Sie gehen von der irri­gen Vorstel­lung aus, dass Sprache immer ein­deutig zu sein und nichts als Inhalte zu trans­portieren habe. Dabei berück­sichti­gen Sie nicht, dass auch Vagheit ein kom­mu­nika­tives Ziel sein kann — sei es, weil Emo­tio­nen ange­sprochen und Assozi­a­tio­nen her­vorgerufen wer­den wollen (Stich­wort Wer­bung) oder dass bewusst Dinge im Unklaren gehal­ten oder regel­recht ver­schleiert wer­den sollen. Weit­ers kann sprach­lich­es Ver­hal­ten auch ein­fach Imponierge­habe sein. Bei­des kann man zurecht kri­tisieren, aber in bei­den Fällen hängt das Prob­lem nicht an Anglizis­men — imponieren lässt sich z.B. auch mit Fachter­mi­nolo­gie, ver­schleiern auch mit urdeutsch kom­ponierten Euphemis­men -, son­dern an den Absicht­en des Sprech­ers. Die kann man sehr wohl kri­tisieren. Das wäre dann in der Tat eine “aufgek­lärte” Sprachkri­tik, für die ich auch plädiere. Da wer­den wir aber nicht hinkom­men, solange wir uns an Ser­vice Points abar­beit­en und abgeschmack­te Scherzchen über afrikanis­chen Papp­bech­er-Kaf­fee machen.

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  27. Kristin

    amfen­ster schrieb:

    Dem­nach ist der Hör­er … ein Kom­mu­nika­tionspart­ner, der — auf der “emp­fan­gen­den” Seite — aktiv am kom­mu­nika­tiv­en Geschehen beteiligt ist.

    Richtig. Und diese aktive Beteili­gung sieht nicht so aus, dass der Hör­er in einem Kokon eingeschlossen und auf sich allein gestellt ver­sucht, die einge­hen­den Sig­nale zu dechiffrieren. Solche Kom­mu­nika­tion­sein­bahn­straßen und ‑sack­gassen gibts doch da draußen gar nicht — oder zumin­d­est nur tem­porär. Im Nor­mal­fall ist doch Hil­fe in der Nähe (Fre­unde, Pas­san­ten, Google, non­ver­bale Hin­weise usw.), oft genug eben auch der Sprech­er. Und in diesem Sinne beste­ht die Mitver­ant­wor­tung des Hör­ers darin, sich zu informieren, zu erkundi­gen, nachzufra­gen (sprich: die Welt zu entdecken).

    Um nicht missver­standen zu werden:

    Der Stand­punkt ein­er Sprecherin: “Soll er sich halt informieren, der Dumm­batz, mir ist doch wurscht, ob er meine Wörter ver­ste­ht!”, ist arro­gant, keine Frage. Aber der Stand­punkt eines Hör­ers: “Soll sie halt nur Wörter ver­wen­den, die ich kenne, die aufge­blasene Pute, anson­sten kann sie mich mal!”, ist eben­so arrogant.

    Für bei­de Stand­punk­te gilt: Wer zum “Erfolg eines kom­mu­nika­tiv­en Ereigniss­es” (Ste­fanow­itsch) nichts beiträgt und auch gar nichts beitra­gen will, der sollte sich nicht wun­dern, wenn die Kom­mu­nika­tion nicht gelingt.

    Gründe für ein (anfänglich) misslin­gen­des Gespräch gibt es zuhauf. Ein­er der möglichen Gründe ist ein fremdes Wort. In manchen Fällen ist das fremde Wort ein fremd­sprach­lich­es. Ein grund­sät­zlich­es Prob­lem sind fremd­sprach­liche Wörter deswe­gen aber noch lange nicht, so wenig wie alle anderen Wörter.

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  28. janwo

    (Zitat) Nör­gler hat geschrieben:

    @janwo, @Dierk

    Sie hal­ten sich für zu wichtig, wenn Sie meinen, irgend jemand wolle Ihnen vorschreiben, wie Sie sich per­sön­lich auszu­drück­en haben. 

    Ich bin von einem beken­nen­den VdS-Mit­glied per E‑Mail aufge­fordert wor­den, ich solle meine dien­stliche Home­page (sein­erzeit Uni Mün­ster) doch gefäl­ligst auf die alte Rechtschrei­bung (zurück) umzustellen. So viel dazu.

    Antworten
  29. Daniel

    »Vielle­icht hat diese fehlende sprach­liche Flex­i­bil­ität auch etwas damit zu tun, dass sie sich auch mit neuen Ideen schwertun.

    Wenn, dann ist es doch wohl eher ander­srum. Anglizis­men wer­den abgelehnt und/oder absichtlich falsch ver­standen, weil man diesen ganzen neu­modis­chen Kram doof findet. 

    An den end­los zirkulieren­den Beispie­len von Mar­ket­ing­fuzzies die aufge­blasen daher­fab­u­lieren ohne sel­ber zu wis­sen wovon sie da reden sieht man ja dass diese Ein­stel­lung stel­len­weise ja sog­ar mehrheits­fähig ist. Und diese Ablehnung muss ja nicht­mal zwangsweise irgend­wie “falsch” sein. Sie hat nur nichts mit der Sprache per se zu tun.

    Antworten
  30. Matthias W.

    Sprachkri­tik ist legit­im, egal wie sach­lich oder unsach­lich sie daherkommt – speziell wenn sie, wie fast immer, eigentlich Sprecherkri­tik (Schreiberkri­tik) ist. Unan­genehm wird’s dann, wenn die Kri­tik­er einen auf wis­senschaftlich machen und selb­st keine Wis­senschaft betreiben. Umgekehrt laufen aber auch Wis­senschaftler ins Leere, wenn sie sich über die mok­ieren, die aus der Prax­is bericht­en und mit unter­schiedlich guten Begrün­dun­gen das propagieren, was sie zum Zweck erfol­gre­ich­er Kom­mu­nika­tion aus Erfahrung für geeignet hal­ten (oder das bekla­gen und abzuwen­den ver­suchen, was nach ihrer Erfahrung erfol­gre­iche Kom­mu­nika­tion ver­hin­dert). Es ist mir ein Rät­sel, warum die „sci­en­tif­ic com­mu­ni­ty“ (der kleine Auss­chnitt daraus, den das Bre­mer Sprach­blog abbildet) gegenüber Bericht­en aus der „real world“ wie dem von „dibbe­d­abb“ der­art ver­schlossen ist.

    Antworten
  31. amfenster

    Kristin schrieb:

    Solche Kom­mu­nika­tion­sein­bahn­straßen und ‑sack­gassen gibts doch da draußen gar nicht — oder zumin­d­est nur tem­porär. Im Nor­mal­fall ist doch Hil­fe in der Nähe (Fre­unde, Pas­san­ten, Google, non­ver­bale Hin­weise usw.), oft genug eben auch der Sprecher.

    Ich werfe ergänzend noch den Kon­text in die Runde.

    Antworten
  32. janwo

    > Sprachkri­tik ist legit­im, egal wie sach­lich oder unsach­lich sie daherkommt – speziell wenn sie, wie fast immer, eigentlich Sprecherkri­tik (Schreiberkri­tik) ist.

    Au Backe, was für ein Quark. Es lebe das Dog­ma, denn das erspart das Denken. 

    Welche objek­tive Legit­i­ma­tion (außer: “das ist so!”) gibt es denn bitte­sehr, den Sprachge­brauch Ander­er zu kri­tisieren? So wie es da ste­ht, halte ich es für den faden­scheini­gen Recht­fer­ti­gungsver­such verkappter Möchte­gern-Ober­lehrer oder Kon­troll­f­reaks. Was für eine Über­he­blichkeit spricht denn aus diesem Anspruch, dass “Sprachkri­tik” legit­im oder gar notwendig sei? Ist denn die restliche Sprecherge­mein­schaft der­maßen inkom­pe­tent und unmündig dass sie dieser Kri­tik bedürfte? 

    Welchen Nutzen sollte diese Kri­tik dem Kri­tisierten brin­gen und welchen Zweck erfüllt sie, außer der Befriedi­gung ein­er Neu­rose auf seit­en des Kri­tikasters? Seit Jahrhun­dert­tausenden funk­tion­iert men­schliche Kom­mu­nika­tion. Ich unter­stelle bis zum Beweis des Gegen­teils, dass sie das die meiste Zeit auch her­vor­ra­gend ohne “Sprachkritik(er)” kon­nte und dass dies auch weit­er­hin der Fall ist. 

    Richtig per­vers wird es allerd­ings erst, wenn die Kri­tik­er sich dann auch noch selb­st als außeror­dentlich infor­ma­tion­sre­sistent und kri­tikim­mun her­ausstellen. Aber so ist das nun mal: Austeilen ist leichter als einstecken.

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  33. Daniel

    @janwo: Ich glaube bei Ihnen trift Matthias zu 100% ins Schwarze.

    Sprachkri­tik” im all­ge­meinen Sinne ist nichts weit­er als eine per­sön­liche Mei­n­ungsäusserung. Als solche hat sie natür­lich auch erst­mal nichts mit Sprach­wis­senschaft zu tun und muss wed­er “Nutzen” noch “Legit­i­ma­tion” vorweisen.

    Antworten
  34. janwo

    Wenn aber behauptet wird, sie sei legit­im, dann wäre eine Begrün­dung dafür schon nett. Ich habe nicht davon ange­fan­gen, “Legit­im­ität” als Argu­ment zu verwenden.

    Und diese “Sprachkri­tik” ist eben ger­ade nicht bloße Mei­n­ungsäußerung, son­dern ist mit Belehrung, Appell usw. verquickt. Und das kri­tisiere ich.

    Antworten
  35. Andreas H.

    Nanu, wo bleibt denn Herr Oswalt? Oder nen­nt er sich jet­zt janwo?

    Welchen Nutzen sollte diese Kri­tik dem Kri­tisierten bringen …”

    Der Nutzen liegt zum Beispiel darin, dass der Kri­tisierte seinen Sprachge­brauch über­denkt und verbessert. Beispiele gefällig?

    Das muss endlich mal aufs Trapez gebracht werden”.

    Deswe­gen müssen wir nicht gle­ich in Schutt und Asche herumlaufen”

    Da haben wir ger­ade noch mal die Kurve gekratzt”

    Das hat er ein­fach unter den Tisch gekehrt”

    Darf ich hier nicht kri­tisieren, weil der Sprech­er ja ach so ‘kom­pe­tent’ ist? (Woher kommt eigentlich diese pauschale Kom­pe­ten­zver­mu­tung seit­ens der Sprchawissenschaftler?)

    Antworten
  36. Kristin

    @Andreas H.

    Kom­pe­tent“ heißt jeden­falls nicht: Ver­wech­selt niemals Wörter, ver­mis­cht niemals Redewen­dun­gen, benutzt jed­erzeit den tre­f­fend­sten Aus­druck. Ich ver­ste­he jeden der von Ihnen zitierten Sätze und wahrschein­lich auch genau so, wie der jew­eilige Sprech­er sie meinte. Insofern war der Sprech­er also kom­pe­tent: Er hat genau das rüberge­bracht, was er rüber­brin­gen wollte. By the way: Rechtschrei­bung, Satzstel­lung, Beu­gung — alles einwandfrei!

    ———————

    Math­ias W. schrieb:

    Es ist mir ein Rät­sel, warum die „sci­en­tif­ic com­mu­ni­ty“ (der kleine Auss­chnitt daraus, den das Bre­mer Sprach­blog abbildet) gegenüber Bericht­en aus der „real world“ wie dem von „dibbe­d­abb“ der­art ver­schlossen ist.

    Weil es sich eben meist nicht um bloße Nachricht­en aus der bewohn­ten Welt han­delt, son­dern um ein­seit­ige, verz­er­rte Analy­sen, aus denen eben­so unzutr­e­f­fende Ver­all­ge­meinerun­gen abgeleit­et wer­den. Ich lasse mich gern belehren, prüfe aber auch gern, ob mir die Äußerun­gen einleuchten.

    Packt man unver­standene Wörter in einen Hut, dann bleibt als gemein­sames Merk­mal eben nicht „Fremd­sprache“, son­dern: Die Wörter und ihre Bedeu­tung sind dem Empfänger unbekan­nt. Von hier aus gelangt man recht geschmei­dig zu ein­er zweit­en Prob­lem­lö­sung neben „Verzicht!“, die gerne unter­schla­gen wird: bekan­nt machen. Glaubt man mit Wittgen­stein, dass die Bedeu­tung eines Wortes sein Gebrauch in der Sprache ist, dann hat man auch gle­ich einen Weg, wie Wort und Bedeu­tung bekan­nt gemacht wer­den: Man benutzt die Wörter. Und erk­lärt bei Bedarf, wie man sie meint.

    Von halb­herzi­gen Anglizis­mengeg­n­ern wird gern eingeräumt, es gehe nicht um gebräuch­liche Wörter. Nur die unge­bräuch­lichen sollen bitte ver­mieden wer­den. Ich frage mich, wie sich die Vertreter dieser Ansicht den Prozess des Gebräuch­lich­w­er­dens vorstellen? Das Merk­mal „gebräuch­lich“ fällt ja nicht vom Himmel.

    Und damit: Gute Nacht!

    Antworten
  37. Daniel

    Der Prozess des “Gebraeuch­lich­machen” ein­er Vok­a­bel bein­hal­tet aber auch, dass manche Leute Worte doof find­en und sei ein­fach wieder vergessen, nicht aktiv benutzen oder sich sog­ar laut ueber diese Worte zu beschw­eren. Let­zter­er Punkt bein­hal­tet eben auch meist dass man dabei besser­wis­serisch und belehrend daherkommt, finde ich aber trotz­dem nicht weit­er drama­tisch. Jed­er hier wird in irgend­was seinen Mit­men­schen klugscheis­serisch daherkommen. 

    Das EIGENTLICHE Prob­lem hat Matthias W. IMO sehr schoen auf den Punkt gebracht: Beden­klich wird das alles erst, wenn man dabei einen auf wis­senschaftlich macht und daraus ableite das Anglizis­men irgend­wie “gefaehrlich” sind, dass Anglizis­men all­gmein doof weil ange­blich unver­staendlich sind etc. 

    Wenn der VdS auf seine (ver­mut­lich imag­i­naeren Flug­blaet­ter schreiben wuerde “gedonwload­et find­en wir doof, das tut unseren Ohren weh!”, ich haette nix dagegen. 

    Lei­der verzapfen sie aber eben immer sowas pseu­do-wis­senschaftlich­es wie “Lin­guis­ten sind sich einig: “gedown­load­et” gefaehrdet Goethes Erbe ” oder ” Mil­lio­nen Com­put­er­nutzer laden nichts mehr aus dem Inter­net herunter, weil sie die ver­rueck­te neu­modis­che Beze­ich­nung “down­laod” nicht verstehen”

    Antworten
  38. Daniel

    Sor­ry fuer die Tausend Tippfehler, aber wenn das wen sto­ert ist er nat­uer­lich als Emp­faenger sel­ber schuld 😀

    Antworten
  39. Nörgler

    @Dierk

    Ihnen sollte klar sein, dass die Mei­n­ungs­frei­heit für informierte Mei­n­ung gilt…”

    Das meinen Sie doch nicht etwa im Ernst? Glauben Sie, daß das Bun­desver­fas­sungs­gericht Ihnen darin fol­gen würde?

    Zur hochgerühmten Wis­senschaftlichkeit ein Beispiel:

    Da stellt ein Pro­fes­sor der Sprach­wis­senschaft — ohne erkennbare Kom­pe­tenz auf den Gebi­eten des Ver­fas­sungsrechts oder der Ver­fas­sungs­geschichte — zweifel­hafte Behaup­tun­gen zu den Ver­fas­sun­gen zweier europäis­ch­er Staat­en auf. Ana­tol Ste­fanow­itsch greift diese Behaup­tun­gen auf, spitzt sie weit­er zu und ver­all­ge­mein­ert sie zu der Behaup­tung, daß hin­ter Sprach­festle­gun­gen in Ver­fas­sun­gen meis­tens ein nach innen oder sog­ar nach außen gerichteter sprach­lich­er Impe­ri­al­is­mus stecke. Und dies ohne ein einziges zusät­zlich­es Argu­ment, geschweige denn auf Grund­lage ein­er empirischen Untersuchung.

    Wenn das Wis­senschaft ist, dann fresse ich einen Besen.

    Antworten
  40. Nörgler

    Im Rah­men der hier betriebe­nen Fröh­lichen Wis­senschaft fällt natür­lich nicht nur das Beweisen, son­dern das “Entkräften” sehr leicht.

    Man unter­schiebe den sog. “Nör­glern” die absurde Behaup­tung, Anglizis­men (und andere Lehn­wörter) seien deshalb schlecht, weil diejeni­gen, die deren Ursprungssprache nicht beherrschen, sie nicht ver­ste­hen kön­nten. Das kann man dann ganz leicht und sog­ar mehrfach entkräften.

    Ich kenne nie­man­den, der jemals behauptet hätte, daß man Englisch beherrschen müsse, um zu wis­sen, was ein Com­put­er ist, oder Indone­sisch, um zu wis­sen, wie Nasi-Goreng schmeckt.

    Bei weniger gebräuch­lichen englis­chen Aus­drück­en, ob nun “roadmap to peace”, “share­hold­ers’ val­ue”, “gen­der main­stream­ing” usw., liegt die Sache aber schon anders. Wenn dibbe­d­abb und andere meinen, daß viele ohne Englis­chken­nt­nisse so etwas nicht ver­ste­hen, dann ist das doch keineswegs völ­lig unplau­si­bel, jeden­falls nicht durch die bloße Gegen­be­haup­tung zu “entkräften”.

    @Daniel

    Lei­der verzapfen sie aber eben immer sowas pseu­do-wis­senschaftlich­es wie “Lin­guis­ten sind sich einig: “gedown­load­et” gefaehrdet Goethes Erbe ” oder ” Mil­lio­nen Com­put­er­nutzer laden nichts mehr aus dem Inter­net herunter, weil sie die ver­rueck­te neu­modis­che Beze­ich­nung “down­laod” nicht verstehen”

    Um der viel­geliebten Wis­senschaft willen wäre es nett von Ihnen, uns die Fund­stellen für diese Zitate mitzuteilen.

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  41. Dierk

    Das meinen Sie doch nicht etwa im Ernst? Glauben Sie, daß das Bun­desver­fas­sungs­gericht Ihnen darin fol­gen würde?

    Und wie Ernst ich das meine und das BVfG hat dem auch schon zuges­timmt — tat­säch­lich gibt es sog­ar Geset­ze darüber, welche Art von Mei­n­ung nicht zuge­lassen ist. So sind z.B. per­sön­lich belei­di­gende Mei­n­ungsäußerun­gen straf­bar, eben­so die Falschdarstel­lung von Fak­ten, oder einige ganz spezielle Aus­sagen zu his­torischen Ereignissen.

    Klar ist auch, dass die Kri­te­rien immer wieder über­prüft wer­den müssen, daher sind — mit Aus­nahme der Holo­caustleug­nung — diese für ver­botene Mei­n­ungsäußerun­gen bewusst vage gehal­ten. Ich selb­st kann mir selb­stver­ständlich viel präzis­er und schär­fer ver­bit­ten mit Dün­npfiff ver­sorgt zu wer­den. So habe ich zum Beispiel wenig für pseu­do- oder anti-wis­senschaftliche Aus­sagen übrig.

    Wer ern­sthaft behauptet, die Erde sei nur 6000 Jahre alt, Evo­lu­tion wie Dar­win und Nach­fol­ger sie beschreiben sei Unsinn, hat keine informierte Mei­n­ung, er erhebt Märchen zu [aus sein­er Sicht] Wahrheit und bedro­ht damit jede sin­nvolle Diskus­sion. Ähn­lich­es find­et aus­gerech­net im Falle der Anglizis­men-Debat­te statt.

    Ich schrieb das schon mal: Wer fremde Wörter nicht mag, soll das gerne sagen und schreiben dür­fen, solange die Begrün­dung ehrlich bleibt. Lei­der wird eben nicht der eigene Geschmack angegeben, son­dern ange­bliche sozi­ol­o­gisch-lin­guis­tis­che “Wahrheit­en” zur Grund­lage gemacht. Nimmt man diese auf, unter­sucht sie genauer, lässt die Luft raus, dann wird die wis­senschaftliche Meth­ode in Frage gestellt, wer­den die [Sprach]Wissenschaftler selb­st her­abgewürdigt statt deren Argu­mente wiederum wis­senschaftlich zu untersuchen.

    Nicht jede Mei­n­ung ist wert gehört zu wer­den, veröf­fentlicht zu wer­den, geschützt zu werden.

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  42. David Marjanović

    Übri­gens, es gibt keinen Quote-Tag. Nur HTML funk­tion­iert hier, und da gibts nur <block­quote>.

    Hm, ist das nicht genau ein wichtiger Aspekt, der das Ster­ben (im weitesten Sinne) ein­er Sprache begün­stigt? Also wenn die Sprech­er das Inter­esse ver­lieren, ihre und damit die Sprache weiterzuentwickeln?

    Nein. Sprachen­twick­lung ist kein bewusster Vorgang.

    Wer ern­sthaft behauptet, die Erde sei nur 6000 Jahre alt, Evo­lu­tion wie Dar­win und Nach­fol­ger sie beschreiben sei Unsinn, hat keine informierte Meinung

    You’re inti­tled to your own opin­ion, but not to your own facts.”

    – Patrick Moyni­han, damals Sen­a­tor von New York

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  43. Hans

    @dibbedabb hat geschrieben:

    Klasse, Ana­tol, mit welch­er Sou­veränität Sie hier zeigen, wer Recht und wer Unrecht hat! Danke. Ich werde zur Buße ein paar Ave Maria sagen. Wir bösen Geg­n­er treten bre­it, Sie, die Licht­gestalt der Aufk­lärung, entkräften.

    Aber mal im Ernst: Sie haben das Argu­ment genau­sowenig entkräftet, wie ich Sie wider­legt habe. Sie sind doch Wis­senschaftler. Sie soll­ten doch wis­sen, dass es Mei­n­ungsver­schieden­heit­en geben kann, die, wenn man ver­sucht, sie neu­tral zu betra­cht­en, nicht mit einem sim­plen richtig — falsch aufzulösen sind.

    Ich schließe mich dem an. 

    Da ver­sucht jemand kraft seines Titels (Junior Pro­fes­sor) und unter dem Man­tel der Wis­senschaftlichkeit eine Mei­n­ung — und mehr ist das nicht — zu verkaufen. Seine Kri­tik an der Kri­tik der soge­nan­nten Sprach­nör­gler ist keinen Deut bess­er oder wis­senschaftlich fundiert­er. Es liegt vielmehr der Ver­dacht nahe, dass da jemand etwas vertei­digt, was er selb­st mehr schätzt als er in der Lage ist, es auch zu beweisen. 

    Auch die all­ge­meine Sprach­wis­senschaft hat auf der Metaebene nicht mehr als eine These zu bieten, von Beweis keine Spur. Lediglich die Meth­o­d­en sind wis­senschaftlich­er Art, hoffe ich jeden­falls, aber mehr ist da nicht. 

    Unter dem Man­tel der Wis­senschaftlichkeit wird von Ana­tol, andere nen­nen ihn den “Bre­mer Aya­tol­la”, viel Schind­lud­er getrieben. Sein Eifer, andere Men­schen überzeu­gen zu wollen, mutet fast religiös an. Er, der erk­lärte Athe­ist, geifert wie ein religiös­er Fundamentalist. 

    Wenn die Mut­ter­sprache kein schützten­zw­ertes Gut ist, man generell Sprache nicht schützen muss, ja es gar nicht kann, weil Sprache sich ein­fach so, also “natür­lich”, entwick­elt, ist der angestrebte Sprach­schutz der Sprach­schützer entwed­er von vorn here­in zum Scheit­ern verurteilt oder Teil der natür­lichen Entwick­lung von Sprache! Was auch immer “Sprach­nör­gler” ver­suchen, es fällt unter eine der bei­den Kat­e­gorien! Weshalb also regt unser “Aya­tol­la” sich auf? 

    Die Antwort ist ein­fach: Er ist eit­el. Mit Sicher­heit. Man schaue sich nur seine Bilder im Netz an. Ihm gefällt es, seinen Arbeit­en mit­tels der englis­chen Sprache mit einem inter­na­tionalen Hauch zu verse­hen. In wie weit sie dem wis­senschaftlichen Stan­dard entsprechen, weiß ich nicht, hoffe aber für ihn. Vielle­icht ist er aber auch nur ein armes Würstchen, das seine dürfti­gen Forschungsergeb­nisse aufzu­motzen ver­sucht, indem es sie in Englisch ver­fasst und veröf­fentlicht. Mir fehlen da die Fachken­nt­nisse, aber die Ver­mu­tung liegt nahe und auch meine Lebenser­fahrung sagt mir, dass da die Fremd­sprache als Mit­tel der Übertün­schung von Durch­schnit­tlichkeit oder gar Unzulänglichkeit her­hal­ten muss. Und so etwas fällt in der Mut­ter­sprache der Stu­den­ten und Dozen­ten­schaft viel schneller auf. Der Guru wäre ent­tarnt. “Des Kaisers neue Klei­der” lassen grüßen. 

    Wie dem auch sei, die wahre Gefahr geht nicht von den Sprach­schützern aus, son­dern von u.a. den “Aya­tol­las” an den Uni­ver­sitäten und ander­swo, die uns die Sprache nehmen, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Seit dem Englisch Mode- und Kul­turssprache ist, wird auf Teufel komm ‘raus in Englisch gedacht, unter­richtet und veröf­fentlicht. Und das von Per­so­n­en, die die englis­che Sprache selb­st nicht in Wort und Schrift beherrschen. Hof­fentlich haben die wenig­stenes einen guten Über­set­zer und Lek­tor! Im Vor­trag kenne ich kaum einen deutschen Wis­senschaftler, der sich mit seinen Englis­chken­nt­nis­sen je mit Ruhm bek­leck­ert hätte. Im Gegen­teil, in der Regel blamieren die sich, ohne es zu merken. 

    Die deutsche Sprach lei­det darunter, dass uns für neue Entwick­lun­gen die Worte aus­ge­hen. Nicht zulet­zt deshalb, weil unsere Eliten eine Abnei­gung zur eige­nen Sprache entwick­elt zu haben scheinen. Oder es ist eine Art von Gedanken­losigkeit, die ich mit Dummheit gle­ich­set­zen würde. 

    Zur Zeit ist unser Vor­bild, die Vere­inigten Staat­en vom Ameri­ka, arg in Bedräng­nis. Es wankt in seinen Grund­festen und dürfte in Kürze den Sta­tus als Überide­al ver­lieren. Gut so, mögen wir, der­art gewarnt, uns auf die Grundw­erte rückbesinnen! 

    Dem “Aya­tol­la aus Bre­men” rate ich schon ein­mal vor­sor­gliche Man­darin zu ler­nen. Kön­nte nicht schaden. Oder Hin­di. Oder was auch immer für eine Sprache dere­inst mit unser­er sprich­wörtlichen Fremd­wort­geil­heit Gefall­en find­en wird.

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  44. Matthias W.

    @ David Mar­janović # 43: „Sprachen­twick­lung ist kein bewusster Vor­gang.“ Das wäre zu beweisen. (Sofern diese Beweise vor­liegen, bitte ich um entsprechende Quellen.) Ich stimme aus Erfahrung, Beobach­tung und auf­grund meines beschei­de­nen Fach­wis­sens weit­ge­hend zu, sofern es um Phonolo­gie, Mor­pholo­gie und Syn­tax geht. Die Wort­wahl aber wird von der Sprachge­mein­schaft zu einem erhe­blichen Teil nicht unbe­wusst getrof­fen, son­dern bewusst und mit ganz bes­timmten Absicht­en. Diese Wahl zu hin­ter­fra­gen, die dahin­ter­ste­hen­den Absicht­en zu ent­lar­ven und ihnen etwas ent­ge­gen­zuset­zen, ist das, was ich für das legit­ime Inter­esse von Sprachkri­tik­ern halte.

    ,You’re inti­tled to your own opin­ion, but not to your own facts.‘“ Guter Spruch, ganz auf mein­er Lin­ie. „Opin­ion“ kön­nte man auch durch „inter­pre­ta­tion“ erset­zen. Ein Fakt ist zum Beispiel, dass eine Kos­metikkette ihren Werbe­spruch „Come in and find out“ durch „Dou­glas macht das Leben schön­er“ erset­zt hat (wenn diese Infor­ma­tion stimmt, wovon ich aus­ge­he). Ob sie das deswe­gen getan hat, weil „der Durch­schnitts­deutsche“ zuvor nur „Rail­waysta­tion“ ver­stand („Spiegel Online“ vom 28. 7. 2004), ist eine Frage der Inter­pre­ta­tion oder Speku­la­tion – beziehungsweise eine, die nur das deutsche Mar­ket­ing der Kette beant­worten kann. (Ob es das ehrlich tut, ist eine andere Frage, was wiederum der Speku­la­tion von Seit­en zumin­d­est halb­wegs ser­iös arbei­t­en­der Mark­t­forsch­er mehr Gewicht verleiht.) 

    Die Kom­mentare der let­zten 48 Stun­den bieten noch mehr Stoff zur Rep­lik. Lei­der habe ich momen­tan nicht die Zeit und Energie, auf weit­ere davon einzuge­hen. Kom­men­ta­tor „jan­wo“ möchte ich seinen Vor­wurf, aus meinen Äußerun­gen spreche die „Über­he­blichkeit“ eines „verkappten Möchte­gern-Ober­lehrers“ oder „Kon­troll­f­reaks“ gern um die Ohren hauen. Aber ich fürchte, das muss warten. David Mar­janovićs Kom­men­tar bot mir heute ein­fach den grif­fig­sten Ansatzpunkt.

    Übri­gens, David (Entschuldigung, Fol­gen­des kommt vielle­icht sarkastisch daher, was daran liegen kann, dass auch einige Ihrer knap­pen Anmerkun­gen so wirken, ist aber eigentlich kon­struk­tiv gemeint): Es ist ja sehr schick, wie Sie die Zitate, auf die Sie sich in Ihren Kom­mentaren beziehen, ein­rück­en und rot fär­ben. Hil­fre­ich­er wär’s aber, wenn Sie dazuschrieben, wen sie dort zitierten, damit man nicht ewig nach oben blät­tern und vielle­icht sog­ar die Such­funk­tion des Browsers bemühen muss, um zu sehen, wer das so und in welchem Kon­text gesagt hat.

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  45. D.A.

    @Hans (#44):

    Die löchrige Argu­men­ta­tion, das Unter­stellen von völ­lig Absur­dem (Englisch zum Auf­motzen von Forschungsergeb­nis­sen — ein Brüller!), der unver­mei­dliche Hin­weis auf das “Scheit­ern” der USA (par­don, “VSvA”), das seit­en­lange Gelaber in der 3. Per­son — wenn das nicht “Wolf­gang” aus dem VDS-Forum ist, dann weiß ich auch nicht.

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  46. janwo

    @ #36 (Andreas H.) 

    Ich bin kein Oswalt. Ich bin jan­wo.

    Der Nutzen liegt zum Beispiel darin, dass der Kri­tisierte seinen Sprachge­brauch über­denkt und verbessert.

    Verbessert” im Sinne dessen, was andere für “gut” hal­ten. Es soll aber doch bitte jed­er so sprechen dür­fen, wie er selb­st es für gut, richtig und angemessen hält. 

    Diesen Drang, andere Verbessern zu müssen, meine ich mit “Ober­lehrer”. Das ist nichts anderes als die zig Mil­lio­nen Bun­de­strain­er an den heimeis­chen Fernse­hbild­schir­men, die natür­lich stets alles bess­er kön­nen und machen wür­den, wenn man sie nur fra­gen würde. Tut man aber nicht. Und das ist auch gut so.

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  47. Patrick Schulz

    Darf ich mal kurz zwis­chen­fra­gen, woher die Annahme kommt, in der Wis­senschaft könne man irgend­was “beweisen”? Empirische Wis­senschaften (und die Sprach­wis­senschaft sollte genau sowas sein) kön­nen nur dann etwas beweisen, wenn die Grundge­samtheit bekan­nt ist, das ist es aber in den meis­ten Fällen nicht. Dem­nach kann man nicht beweisen, man muss den indi­rek­ten Weg über das Wider­legen gehen: Man stellt eine Hypothese in den Raum und solange diese nicht wider­legt ist, kann sie als gegeben voraus­ge­sezt wer­den. Wird sie wider­legt, kann man die Hypothese fal­l­en­lassen, erset­zen oder abän­dern, dass sie zu den neuen Dat­en passt, so entwick­elt sich im Laufe des Diskurs­es eine öangsame Annäherung an die “Wahrheit”.

    Das heisst, die Hypothese „Sprachen­twick­lung ist kein bewusster Vor­gang.“ kann man nicht beweisen, man muss nur wider­legen, dass Sprachen­twick­lung ein bewusster Vor­gang ist. Ob das in der For­mulierung wider­leg­bar ist, wage ich vor­sichtig zu bezweifeln, zumal einige Grund­vo­raus­set­zun­gen nicht gek­lärt wer­den (e.g. was „Sprachen­twick­lung“ ist, was bewusste Vorgänge sind und was nicht, etc.). Ich will mich aber auch nicht zu weit aus dem Fen­ster lehnen…

    Antworten
  48. Anatol Stefanowitsch

    Hans (#44),

    seien Sie froh, dass ich nicht dem intol­er­an­ten Zer­rbild entspreche, dass Sie von mir entwer­fen, dass ich hier im Sprach­blog eine abso­lut offene Kom­men­tarkul­tur fördern möchte und dass ich deshalb Kom­mentare wie Ihren, der die Gren­ze zur per­sön­lichen Belei­di­gung weit über­schre­it­et, hier ein­fach mal so ste­hen lasse. Ver­lassen Sie sich aber nicht zu sehr auf meine Geduld.

    Wenn Sie hier stänkern wollen, nehmen Sie sich ein Beispiel an Nör­gler und dibbe­d­abb, die mich offen­sichtlich nicht beson­ders mögen und die nicht ger­ade einen san­ften Umgangston pfle­gen, die es aber trotz­dem schaf­fen, irgend­wo in ihren Kom­mentaren noch sach­liche Aus­sagen unterzubrin­gen (auch, wenn die meis­tens unbe­grün­det, unbe­gründ­bar und/oder völ­lig falsch sind). Wenn Sie das auch schaf­fen, dür­fen Sie hier weit­er mit­spie­len, wenn nicht, sind Sie hier nicht willkom­men. Ich schlage dann vor, dass Sie sich zurück ins VDS-Forum vertrollen und Ihren Hass auf mich dort auskotzen.

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  49. David Marjanović

    Ich muss gle­ich weg und komme erst spät am Abend wieder, daher jet­zt nur soviel:

    Einem Wis­senschaftler Anfang des 21. Jhdts. vorzuw­er­fen, dass er auf Englisch veröf­fentlicht, ist so, als würde man einem Wis­senschaftler Anfang des 18. Jhdts. vor­w­er­fen, dass er auf Latein veröf­fentlicht. Auf­grund ein­er Rei­he von his­torischen Ereignis­sen und Entwick­lun­gen, die man mögen kann oder auch nicht, ist die inter­na­tionale Hil­f­ssprache der Wis­senschaft heutzu­tage Englisch. Selb­st die Fran­zosen und die Russen veröf­fentlichen auf Englisch, wenn sie wollen, dass die ganze Welt sie liest. Prak­tisch alle inter­na­tionalen Kon­gresse wer­den auf englisch abge­hal­ten. Ich war 2006 auf dem 2. Inter­na­tionalen Paläon­tolo­genkongress in Peking und habe mich dort mit Chi­ne­sen, Japan­ern, Mon­golIn­nen und RussIn­nen genau­so wie mit Amerikaner­In­nen auf englisch unter­hal­ten; alle Vorträge waren auf englisch (mein­er auch). Das hat dur­chaus auch Nachteile, aber die Vorteile liegen auf der Hand!

    Dem “Aya­tol­la [sic*] aus Bre­men” rate ich schon ein­mal[,] vor­sor­gliche [sic] Man­darin zu lernen.

    Duì le a. <heftiges Nicken>

    * Ara­bis­che Wörter kön­nen auf ein aus­ge­sproch­enes [h] enden. Einen Keuch­laut sozusagen.

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  50. Gareth

    Ein Fakt ist zum Beispiel, dass eine Kos­metikkette ihren Werbe­spruch „Come in and find out“ durch „Dou­glas macht das Leben schön­er“ erset­zt hat

    Dass dieses Beispiel hier so hart­näck­ig ange­führt wird, ver­wun­dert mich ern­sthaft. Es geht hier doch um englis­che Lehn­wörter bzw. Anglizis­men (für mich beste­ht da kein Bedeu­tung­sun­ter­schied, aber darüber will ich hier jet­zt nicht auch noch disku­tieren) in der deutschen Sprache. Welche Wörter dieses Spruchs sind Lehnwörter?

    In Großbri­tan­nien benutzt Audi übri­gens stets den Spruch Vor­sprung durch Tech­nik, sowohl auf Plakat­en als auch in allen Rund­funkwer­bun­gen. Dies ist auch in diesem Falle eine Mar­ket­ingstrate­gie und kein Ger­man­is­mus im Englis­chen, der englis­che Slo­gans ver­drängt hätte. Ergo ist das Dou­glas-Beispiel zwar ein Kurio­sum, aber in diesem Falle am The­ma vorbei.

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  51. Dierk

    Gareth, der Unter­schied ist, Audi ist ein deutsches Unternehmen, das weltweit eine Markeniden­tität pfegt, die ‘deutsch’ [= gründlich, sauber, gute Ver­ar­beitung] sein soll. Dougla sist ein deutsches Unternehmen, das in Deutsch­land mit frag­würdi­gem Englisch wirbt. Damit will Dou­glas selb­stver­ständlich inter­na­tionales Flair ver­bre­it­en — wie üri­gens auch mit Frau Klum -, in der Mode-/Kos­metik­branche ganz verständlich.

    Auch wenn die bei­den Fälle somit nicht gle­ich zu set­zen sind, so gebe ich Dir grund­sät­zlich recht, aus­gerech­net der Claim [Ja!] eines Unternehmens ist wenig geeignet irgen­det­was zu beweisen oder auch nur sin­nvoll zu illustrieren.

    Antworten
  52. Gareth

    Ich will jet­zt nicht Haarspal­terei betreiben, aber: Dou­glas mag zwar ein deutsches Unternehmen sein, ist aber keine deutsche Prov­inz­fir­ma, son­dern mit­tler­weile als Dou­glas Hold­ing mit zahlre­ichen Fil­ialen in 20 anderen Län­dern vertreten, darunter 134 in Ital­ien, 93 in Frankre­ich und sog­ar jet­zt auch 14 in den USA (Angaben stam­men von deren Home­page). In einem Großteil der Län­der übri­gens mit dem englis­chen Slo­gan Dou­glas makes life beau­ti­ful.

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  53. Daniel

    Das so gerne der Slo­gan “come in and find out” herang­zo­gen wird um darauf rum zuhack­en finde ich an sich ziem­lich auf­schlussre­ich. Es kommt wohl daher, dass es im mit Abstand der bekan­nteste englis­chsprachige Werbeslo­gan ist. (siehe z.B, hier: http://www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/meldungen/:Anglizismen-Come/532208.html?id=532208)

    Was aber ja eben auch nahelegt, dass der Spruch ziem­lich erfol­gre­ich ist. Und das obwohl er inhaltlich von vie­len nicht exakt ver­standen wird. 

    In der Studie die die Ver­ständlichkeit englis­ch­er Wereb­sprüche unter­sucht hat, find­en sich zahlre­iche viel “bessere” Beispiele, der Dou­glas Claim rang­iert ja sog­ar rehct weit vorne in der VEr­ständlichkeit. Schön schau­rig ist z.B. der RWE-Spruchver­such “One Group. Mul­ti Util­i­ties”. Warum führt das kein­er an? Genau, weil der Spruch ein totaler Rohrkrepier­er war und kein Men­sch sich über­haupt daran erin­nern kann. 

    Was ler­nen wir daraus? Real­is­tisch gese­hen wohl nix, man kön­nte allerd­ings auch auf die abwegige Idee kom­men dass es bei Werbe­sprüchen ähn­lich ist wie vie­len anderen Aspek­ten des täglichen Lebens: Was gefällt, set­zt sich durch, was den Leuten nicht passt, ver­schwindet ganz fix wieder in der Versenkung.

    Antworten
  54. Wolfgang Hömig-Groß

    Ich möchte, von Daniel leicht abwe­ichend, auf eine andere Möglichkeit hin­weisen: Der Spruch von Dou­glas ist im öffentlichen Raum sehr präsent, weil er mit großem Druck über alle Medi­en ver­bre­it­et wird und wurde. Das erzeugt eine vom Ver­ständ­nis zunächst unab­hängige Bekan­ntheit. Das ist dem RWE-Spruch mit Sicher­heit nicht wider­fahren, weil wohl die Ziel­gruppe (Investi­tion­s­güter) eine ganz andere war. Ähn­lich schlimm wie Dou­glas treibt es — ganz auf deutsch — etwa Sait­en­bach­er mit seinem *@/^-Müsli — ken­nt jed­er, weil prak­tisch nicht zu über­hören oder ‑sehen. Und in ein­er Fremd­sprache (schwäbisch), die in Deutsch­land noch weniger Men­schen ver­ste­hen als Englisch.

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  55. Nörgler

    @Achim (#21)

    Vielem von dem, was Sie sagen, stimme ich ja dur­chaus zu. Das Wort Com­put­er ist all­ge­mein gebräuch­lich, es wird all­ge­mein ver­standen und es bietet keine beson­deren Aussprachep­rob­leme. Ich benutze es ja auch sel­ber. Darum ging es mir aber gar nicht, son­dern ich habe nur der apodik­tis­chen Behaup­tung, Rech­n­er und Com­put­er seien nicht syn­onym, widersprochen.

    Weniger klar ist mir, was Sie unter “echt­en Syn­ony­men” ver­ste­hen. Viele Wörter haben ver­schiedene Bedeu­tun­gen — spezielle und all­ge­meine, Haupt- und Nebenbe­deu­tun­gen. Daß zwei ver­schiedene Wörter in allen ihren Bedeu­tung vol­lkom­men übere­in­stim­men, dürfte sel­ten, wenn über­haupt, auftreten. Wenn man sagt, daß zwei Wörter syn­onym sind, so meint man im all­ge­meinen, daß sie eine Teilbe­deu­tung gemein­sam haben. Von mir aus kann man sie auch teil­syn­onym nenen, wenn man ganz exakt oder pedan­tisch sein will.

    Nun ist das Wort Rech­n­er im Deutschen als Beze­ich­nung eines Com­put­ers seit Jahrzehn­ten geläu­fig, wenn auch Computer>/i> inzwis­chen wohl deut­lich häu­figer ist. In dieser Bedeu­tung sind bei­de Wörter also dur­chaus synonym.

    Ich hat­te mich ursprünglich auch auf die Grundbe­deu­tung dieser Wörter bezo­gen. Die Grundbe­deu­tung von Rech­n­er im Deutschen und von Com­put­er im Englis­chen ist “alles, was rech­net”. Deshalb halte ich das Argu­ment, die Beze­ich­nung Rech­n­er sei weniger tre­f­fend als Com­put­er, weil Com­put­er nicht nur rech­nen oder ange­blich gar nicht beson­ders gut rech­nen, für schief, denn das haar­ge­nau das Gle­iche kön­nte man auch zum englis­chen Wort Com­put­er sagen.

    @Dierk (#24)

    Was die von ihnen zitierten Math­e­matik­er und Infor­matik­er sagen wollen, ist mir nicht klar, jeden­falls kann der bil­lig­ste Com­put­er zig­tausend­mal bess­er rech­nen als jed­er Men­sch. Viele Benutzer, die den Com­put­er allen­falls gele­gentlich benutzen, wis­sen wahrschein­lich nicht, wieviel der Com­put­er tatasäch­lich laufend rech­net. Bei jedem Mausklick und jedem Ver­schieben eines Fen­sters stellt er Koor­di­naten­berech­nun­gen an. Bei der Eingabe eines Textes berech­net er laufend, wieviel Buch­staben noch auf die Zeile passen. Hin­ter den fast real­is­tis­chen Darstel­lun­gen heutiger Com­put­er­spiele steckt eine gewaltige Rechen­leis­tung, die die früher­er, saalfül­len­der Großrech­n­er (!) übertrifft.

    Antworten
  56. Nörgler

    Mal wieder einen Anglizis­mus dazugel­ernt, dies­mal Claim.

    Der Empfehlung Kristins fol­gend, habe ich ver­sucht, mich sachkundig zu machen. In englis­chen Wörter­büch­ern habe ich es in der ver­mut­lich gemein­ten Bedeu­tung nicht gefun­den. Aber in der deutschen Wikipedia habe ich endlich Erfolg. Claim bedeutet offen­bar, wie ich schon ver­mutet hat­te, so etwas wie einen Werbe­spruch und wird lt. Wikipedia “häu­fig syn­onym zu dem Begriff Slo­gan benutzt”. Ja, in der Wer­be­branche soll Claim das Wort Slo­gan sog­ar schon weit­ge­hend ver­drängt haben.

    Gehe ich nun zur englis­chen Entsprechung dieses Artikels, stelle ich fest, daß diese unter dem Stich­wort “Adver­tis­ing slo­gan” ste­ht. Das Wort claim taucht in dem Artikel nicht auf.

    Ist Claim also ein Anglizis­mus, den es im Englis­chen über­haupt nicht gibt?

    Neben­bei stoße ich noch auf Stel­lenanzeigen für “Claim Man­ag­er”. Inzwis­chen bin ich die Suche aber leid. Vielle­icht tre­ffe ich ja mal einen Per­sonal­man­ag­er, der mir das erk­lären kann.

    Antworten
  57. Dierk

    Nör­gler schrieb

    Was die von ihnen zitierten Math­e­matik­er und Infor­matik­er sagen wollen, ist mir nicht klar

    Dacht’ ich mir. Gab Ihnen aber auch gle­ich eine neue Möglichkeit das Ziel zu ver­schieben. Let­zteres Idiom jet­zt übri­gens ein echter Anglizismus …

    Antworten
  58. Nörgler

    @Dierk (#60)

    Dacht’ ich mir. Gab Ihnen aber auch gle­ich eine neue Möglichkeit das Ziel zu ver­schieben. Let­zteres Idiom jet­zt übri­gens ein echter Anglizismus …

    Was dacht­en sie sich denn? Wenn Sie meinen, mehr von Math­e­matik oder Infor­matik zu ver­ste­hen, dann präzisieren Sie doch bitte die von Ihnen zitierten vagen Behaup­tun­gen oder bit­ten Sie Ihre Gewährsleute darum.

    Und in welch­er Hin­sicht habe ich “das Ziel verschoben”?

    Antworten
  59. Nörgler

    @Anatol Ste­fanow­itsch (#59)

    Ich bin zwar kein Sprach­wis­senschaftler, aber eine sim­ple Google-Suche kann ich auch selb­st durchführen.

    Dementsprechend hat­te ich die ange­führte Suche schon durchge­führt. Das Ergeb­nis zeigt m.E., daß der Begriff “adver­tis­ing claim” zumin­d­est in den aller­meis­ten Fällen im wörtlichen Sinn von “Wer­be­be­haup­tung” und nicht von “Werbe­spruch” ver­wandt wird. Ein Großteil der Fund­stellen befassen sich aus­drück­lich mit falschen oder irreführen­den Werbebehauptungen.

    Ich sehe darin einen Beleg, daß die Behaup­tun­gen von Wikipedia, “Claim” und “Slo­gan” wür­den häu­fig syn­onym gebraucht, ja “Claim” habe in der Wer­be­branche den “Slo­gan” weit­ge­hend ver­drängt, im englis­chsprachi­gen Raum jeden­falls nicht zutrifft. Das hielte ich auch für unwahrschein­lich, da jedem englis­chen Mut­ter­sprach­ler der inhaltliche Unter­schied zwis­chen einem “claim” und einem “slo­gan” natür­lich klar ist.

    Wenn ich noch etwas weit­er­google, finde ich für “adver­tis­ing claim” 31.500 Fund­stellen, für “adver­tis­ing slo­gan” 161.000 Fundstellen.

    Wenn die Behaup­tung von Wikipedia wenig­stens insoweit zutrifft, daß in der deutschen Wer­be­branche diese Wörter gle­ichbe­deu­tend gebraucht wer­den, dann han­delt es sich tat­saäch­lich um einen Anglizis­mus, der im Englis­chen in diesem Sinn zumin­d­est wenig gebräuch­lich ist.

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  60. zé do rock

    ahoj,

    muss auch noch meinen senf dazu geben… ich glaube man muss unter­schei­den zwis­chen all­ge­mein­er fremd­wort­feindlichkeit, die heutzu­tage wahrschein­lich sehr sel­ten zu find­en ist, und der rel­a­tiv ver­bre­it­eten anglizis­men­feindlichkeit, die stark oder auch nur schwach aus­geprägt sein kann. kaum ein anglizis­men­feind wird durchge­hend ‘licht­streifen’ für film sagen, die meis­ten wer­den wahrschein­lich tag ein tag aus com­put­er sagen, aber viele von ihnen haben ver­mut­lich was dage­gen, dass jemand sich in deutsch­land ’sales accoun­tant’ beze­ich­net, oder dass auf ein­er speisekarte ’sand­wich mit cheese und bacon’ ste­ht. anglizis­men mögen wie andere fremd­wörter eine bere­icherung sein, aber ‘cheese’ statt ‘käse’ is glaub ich keine bereicherung. 

    bin gegen sprach­polizei, wir haben sie schon bei der polit­i­cal cor­rect­ness, aber anglizis­men haben zwei neg­a­tive effek­te: erstens machen sie die sprache schwieriger in dem sinne, dass die rel­a­tive regelmäßigkeit der deutschen orthografie unter­wan­dert wird — fry­er kön­nte ein deutsch­er einem deutschler­nen­den aus­län­der sagen, der buch­stabe A ste­ht im deutschen fyr /a/, während er jez, um exakt zu sein, sagen muss, er kann auch ein /E/ sein (hap­py), ein /e:/ (baby), ein /ei/ (wie ver­mut­lich die meis­ten deutschen ‘date’ sagen), ein /I/ wie in image, ein /O/ wie in city-call. kön­nte ma wenig­stens ver­suchen, sie einzudeutschen, aber englis­che wörter lassen sich so schlecht ein­deutschen, geht nur wenn ma die deutsche aussprache nimmt, und dann wer möchte schon ‘immitsch’ schreiben? im alpha­bet hat inzwis­chen jed­er buch­stabe zwei namen, zum beispiel kann ein I /i:/, aber auch /ai/ genan­nt wer­den, ein T kann ein /te:/ aber auch ein /ti:/ sein, wie in IT. und zweit­ens, wenn die deutschen aufhören, neue wörter sel­ber zu basteln und sie nur noch vom englis­chen importieren, kön­nten sie irgend­wann die fähigkeit ver­lieren, neue wörter zu basteln, das heisst ihre sprach­fan­tasie — dabei is das was den aus­druck­sre­ich­tum dieser sprache ausmacht. 

    in japan hab ich mal ein schild bei einem gitar­ren­bauer geseen, da stand neben der japanis­chen schrift ‘con­struc­tor de gui­tar­ras’ — klar, in spanien gibts halt viel gitar­ren­musik, also schreiben wir es auch auf spanisch. es is sin­n­foll, das wort crick­et fom englis­chen zu yberne­men, der sport kommt fer­mut­lich fon eng­land, aber is es sin­n­foll, das wort ’soc­cer’ wie bei ein­er fuss­bal­lausstel­lung fom amer­i­can­is­chen zu yberne­men — sind di amer­i­caner wirk­lich so gute fuss­baller, das man aus­gerech­net fon inen das wort nemen muss? und wenn ma das wort ‘fash­ion’ statt dem wort ‘mode’ nimmt, wird ma nich inter­nazionaler son­dern doitlich weniger inter­nazion­al, ich glaub zim­lich jede europäis­che sprache (auss­er eng­lish) ken­nt das wort mode oder moda. und so ele­gant zin sich di amer­i­cana war­lich nich an, also is das kaine inter­nazion­al­isirung son­dan doitlich aine americanisirung. 

    ein­mal hab ich einem brasil­ian­er (in brasilien) erzählt dass ich um die welt getrampt war, und er fragte mich “und wie is es dort? shon bess­er als hir, gell?” “wo, dort?” “ja, im aus­land halt”. für ihn gabs offen­sichtlich 2 poli­tishe ein­heit­en in der welt: brasilien un das aus­land. mögen die deut­shis so was beleche­len, aba bei filen deut­shis hab i den ein­druk, dass si nur zwei poli­tish ein­heit­en in der welt ken­nen, deut­shland un die USA: “ja, deut­shland is so bürokratish”. “bürokratish im ver­glei wom­it?”. “mit andren lande”. “welche lande?”. “el USA, zu beispil.” ja, el USA sin ein land, son­st gebt es noh ca. 178 lande da draussen, aba kei­ni sit si offensichtli. 

    i woll aba niman maßregele, wol­let nur mei meinu sag, eigentli wol­let i ganz was andas, bin eigentlig auf wer­be­tur für mei film, dafür stel­let ik a par klipps vo mei sprake­lastige lit­er­atur­show in die youtube: http://www.youtube.com/watch?v=u6Ew9Jxq390,

    reks davo bei MEHR VON ZEDO3656 gebt es noh 2 davon un a traila. file leute meine, die dinge sin lustig, für sprake­frikis sicha noh mer…

    hof­fetlig is mi kei­ni böse wegen die lang e‑mail.

    Antworten
  61. zé do rock

    achim,

    weil die amis den fußball so nen­nen, sie kön­nen gar nicht anders. auch wenn das wort in eng­land nicht unbekan­nt ist: die englän­der die ich kenne sagen nor­maler­weise football.

    Antworten
  62. Nörgler

    @Patrick Schulz (#49)

    Die Hypothese „Sprachen­twick­lung ist kein bewusster Vor­gang“ ist schon deshalb nicht zu beweisen, weil sie leicht zu wider­legen ist. Dazu muß man nur zeigen, daß es min­destens eine sprach­liche Wand­lung gab oder gibt, die für min­destens einen Teil der Sprachge­mein­schaft ein bewußter Vor­gang war oder ist.

    Die Arbeit der Acad­e­mie fran­caise, die frühere gezielte Unter­drück­ung der Region­al­sprachen und Dialek­te in Frankre­ich, die Rechtschreibre­form in Deutsch­land, die Bemühun­gen deutsch­er Lehrer, ihren Schülern in bes­timmten Gegen­den den Unter­schied zwis­chen mir und mich einzubleuen — das alles sind keine Vorgänge, die man als “nicht bewußt” beze­ich­nen kann.

    Sie haben natür­lich recht, daß alles von der genauen Def­i­n­i­tion der gebraucht­en Begriffe abhängt. Man kann jede Aus­sage gegen Wider­legun­gen immu­nisieren, indem man die Begriffe geeignet zurecht­definiert. Was dann übrig­bleibt, ist aber besten­falls eine Tautologie.

    Antworten
  63. Anatol Stefanowitsch

    Genau, und die Hypothese „Evo­lu­tion ist kein bewusster Vor­gang“ ist deshalb nicht zu beweisen, weil sie eben­falls leicht zu wider­legen ist. Dazu muss man nur zeigen, dass es min­destens eine biol­o­gis­che Wand­lung gab oder gibt, die für min­destens einen Teil ein­er Spezies ein bewusster Vor­gang war oder ist.

    Die Arbeit des Ver­bands deutsch­er Hun­dezüchter, die frühere gezielte Unter­drück­ung von Mis­chling­shun­den in Frankre­ich, die Bemühung deutsch­er Part­nervemit­tlungsagen­turen, Men­schen genetisch passende Part­ner zu ver­mit­teln — das alles sind keine Vorgänge, die man als „nicht bewusst“ beze­ich­nen kann.

    Sie haben natür­lich Recht, dass man sich auch begriff­sstutziger stellen kann, als man ist. Man kann auch ewig lange Blogkom­menare schreiben, ohne dabei beson­ders viel zu sagen. Was dann übrig­bleibt, ist aber besten­falls heiße Luft.

    Antworten
  64. Gareth

    Ganz abge­se­hen davon hat die Rechtschreibre­form nichts mit Sprach­wan­del zu tun. Wie man die Wörter schreibt ist schließlich völ­lig willkür­lich normiert und der gesproch­enen Sprache ziem­lich egal.

    Antworten
  65. Nörgler

    @Gareth

    Da geht das Def­i­n­i­tion­sspielchen ja schon los.

    @Anatol Ste­fanow­itsch

    Das ist mir aber ganz neu, daß auch Hun­dezüchter zur Unter­art Haushund gehören.

    Anson­sten will ich Sie mit son­sti­gen Erwiderun­gen nicht belästi­gen. Ihr Ein­wurf spricht für jeden unvor­ein­genomme­nen Leser für sich selbst.

    Schade finde ich es schon, daß meine Bemühun­gen um argu­men­tata­tive Klarheit Sie anscheinend lang­weilen oder über­fordern. Mit ein paar flap­si­gen Bemerkun­gen das let­zte Wort behal­ten zu wollen, das wäre mir aber zu billig.

    Antworten
  66. Frank Oswalt

    @Nörgler: “Bemühun­gen um argu­men­ta­tive Klarheit”, ich lach mich tot. Junge, du bist ein Troll, son­st nichts. Da ist mir ja unser Fre­und dibbe­depp noch lieber, der taugt wenig­stens manch­mal als Pausenclown.

    Antworten
  67. Gareth

    Nör­gler, das hat mit Def­i­n­i­tion­sspielchen nichts zu tun. Rechtschrei­bung ist ein autoritär normiert­er Regel­satz. Eine Reform ändert diesen Regel­satz, aber nicht die Sprache. Es würde sich am Deutschen auch nichts ändern, wenn wir es mit dem kyril­lis­chen Alpha­bet schrieben.

    Antworten
  68. David Marjanović

    Was übri­gens ganz lustig wäre. Buch­staben für Ö und Ü sind (für Sprachen in der dama­li­gen UdSSR) sog­ar mehrere erfun­den worden.

    <zeigt auf Kom­men­tar 70 und lacht>

    Antworten
  69. Nörgler

    @Gareth

    Die Orthogra­phie bee­in­flußt aber auch die Aussprache, also die gesproch­ene Sprache, etwa durch sog. “hyper­ko­r­rek­te” Aussprachen — beson­ders häu­fig im Englis­chen, im Deutschen wegen der ein­facheren Orthogra­phie sel­tener, was sich aber wegen der zunehmenden Zahl der Anglizis­men vielle­icht ändern wird.

    @Frank Oswalt

    Sie bleiben sich treu und erge­hen sich lieber in Invek­tiv­en als in Argumenten.

    Antworten
  70. AndreasK

    @Gareth. “[…]ich ver­ste­he über­haupt nicht, was deine Anmerkung mit der Diskus­sion zu tun hat.”

    Mach Dir nichts draus ;o)

    Antworten
  71. Gareth

    Nör­gler, es ist zwar richtig, dass es in eini­gen Fällen zu ein­er spelling pro­nun­ci­a­tion kommt, aber ger­ade das ist ein lang­wieriger und oft­mals nur schwierig kat­e­gorisier­bar­er Prozess, der mit Sicher­heit nicht durch eine Rechtschreibre­form aus­gelöst wird. So geläu­fig ist mir das Phänomen im Englis­chen übri­gens nicht, aber wenn es dort “beson­ders häu­fig” ist, kannst du sich­er einige Beispiele nennen.

    Antworten
  72. Achim

    @ zé do rock (#65), gareth (#66): Tante Gugel meldet mir fast 10 Mio Tre­f­fer für soc­cer auf englis­chsprachi­gen Seit­en im Vere­inigten Kön­i­gre­ich, dage­gen 55 Mio. für foot­ball. Wieder was gelernt.

    @ Hans:

    Seit dem Englisch Mode- und Kul­turssprache ist, wird auf Teufel komm ‘raus in Englisch gedacht, unter­richtet und veröf­fentlicht. Und das von Per­so­n­en, die die englis­che Sprache selb­st nicht in Wort und Schrift beherrschen. Hof­fentlich haben die wenig­stenes einen guten Über­set­zer und Lek­tor! Im Vor­trag kenne ich kaum einen deutschen Wis­senschaftler, der sich mit seinen Englis­chken­nt­nis­sen je mit Ruhm bek­leck­ert hätte. 

    Ich kenne einige deutsche Wis­senschaftler, und die meis­ten kön­nen Englisch wenig­stens so gut, dass sie wis­senschaftliche Vorträge hal­ten kön­nen, die das Pub­likum auch ver­ste­ht. Da hat nie­mand den Anspruch, für einen Mut­ter­sprach­ler gehal­ten zu wer­den. Und viele lassen ihre schriftlichen Arbeit­en vor ein­er Veröf­fentlichung von Mut­ter­sprach­lern durch­se­hen. Aber Sie wür­den sicher­lich nur auf Deutsch pub­lizieren mit dem Ergeb­nis, dass 95% der Kol­le­gen weltweit Ihre Arbeit­en nicht zur Ken­nt­nis nehmen.

    Natür­lich gibt es auch deutsche Wis­senschaftler, deren Englis­chken­nt­nisse eher beschei­den sind und für die man sich auf Kon­feren­zen schämt.

    Dass die Anträge für den so.g Exzel­len­zwet­tbe­werb (also ein Ver­fahren, wo deutsche Hochschulen sich bei ein­er deutschen Fördere­in­rich­tung um deutsche Fördergelder bewer­ben) in englis­ch­er Sprache ver­fasst wer­den mussten, ist etwas ganz anderes — und ziem­lich­er Quatsch. IMHO.

    Die deutsche Sprach lei­det darunter, dass uns für neue Entwick­lun­gen die Worte aus­ge­hen. Nicht zulet­zt deshalb, weil unsere Eliten eine Abnei­gung zur eige­nen Sprache entwick­elt zu haben scheinen. Oder es ist eine Art von Gedanken­losigkeit, die ich mit Dummheit gle­ich­set­zen würde.

    Ach was. Wir sind auf lange Sicht betra­chtet auch mit Fen­ster und Mauer glück­lich gewor­den — Fälle, wo wir mit ein Wort über­nom­men haben, statt uns ein neues auszu­denken. Die alten Angel­sach­sen hinge­gen haben das nicht gemacht. Ist Englisch jet­zt gesün­der oder krönker als Deutsch?

    Antworten
  73. Gareth

    Achim, habe das ger­ade auch selb­st nochmal aus­pro­biert. In der Tat ist die Anzahl der Tre­f­fer für soc­cer erstaunlich hoch. Wun­dert mich ehrlich gesagt, weil ich in UK noch nie jeman­den etwas anderes als foot­ball habe sagen hören. Aber das sind logis­cher­weise alles sub­jek­tive Eindrücke.

    Antworten
  74. David Marjanović

    Dass die Anträge für den so.g Exzel­len­zwet­tbe­werb (also ein Ver­fahren, wo deutsche Hochschulen sich bei ein­er deutschen Fördere­in­rich­tung um deutsche Fördergelder bewer­ben) in englis­ch­er Sprache ver­fasst wer­den mussten, ist etwas ganz anderes — und ziem­lich­er Quatsch. IMHO.

    Nein, weil die Kol­le­gen, die die Anträge bew­erten sollen, weltweit ver­streut sind.

    (Hoffe ich jedenfalls.)

    Antworten
  75. Nörgler

    @Gareth (#76)

    Zunächst ein­mal habe ich nicht behauptet, daß eine spelling pro­nun­ci­a­tion durch eine Rechtschreibre­form “aus­gelöst” würde. “Mit Sicher­heit” würde ich es aber auch nicht auss­chließen. Eine einiger­maßen phonetis­che Rechtschrei­bung würde jeden­falls ver­mut­lich zu weniger spelling pro­nun­ci­a­tions führen. Ich wollte nur darauf hin­weisen, daß die Rechtschrei­bung dur­chaus auch auf die gesproch­ene Sprache zurück­wirken kann.

    An Beispie­len fällt mir auf Anhieb nicht viel ein. Was mir im Augen­blick hier in Kana­da sehr stark auf­fällt, ist die häu­fige Aussprache des t in often. Ich höre das inzwis­chen so häu­fig, daß ich befürchte, daß es wom­öglich die Über­hand gewin­nt. Gele­gentlich meine ich auch, ein l in salmon zu hören, aber wohl noch sehr selten.

    Weit­ere (tat­säch­liche oder ver­meintliche) Beispiele sind in Wikipedia (http://en.wikipedia.org/wiki/Spelling_pronunciation) aufge­führt. Beze­ich­nen­der­weise gibt es keine entsprechende Seite in der Deutschen Wikipedia.

    Ich geben Ihnen recht, daß es im Einzelfall schw­er zu unter­schei­den ist, ob eine spelling pro­nun­ci­a­tion oder bloß eine Aussprachevari­ante vorliegt.

    Jeden­falls gibt es im Englis­chen bes­timmt viel mehr Aussprachevari­anten als im Deutschen. Darüber wer­den ja ganze Büch­er geschrieben (z. B. “The Big Book of Beast­ly Mis­pro­nun­ci­a­tions” von Charles Har­ring­ton Elster). Daß dies an der chao­tis­chen englis­chen Orthogra­phie liegt, ist ja eine zumin­d­est höchst plau­si­ble Annahme.

    Antworten
  76. Patrick Schulz

    An Nör­gler: Würde ich dann sowas nicht auch im Franzö­sis­chen erwarten, wenn die Orthogra­phie tat­säch­lich einen so erhe­blichen Ein­fluss auf die Aussprache hat? 

    Im Übri­gen ist kön­nte es auch eine Form von Ober­flächendyslex­ie sein, wenn Wörter beim Lesen reg­u­lar­isiert werden.

    Antworten
  77. David Marjanović

    Ein Beispiel ein­er spelling pro­nun­ci­a­tion im Deutschen ist die öster­re­ichis­che Stan­dar­d­aussprache Keks als /kɛks/ statt /keːks/ (übri­gens ist die gesamte Mor­pholo­gie diese Wortes unab­hängig gebildet wor­den: das Keks, und die Mehrzahl bekommt keine Endung). Aber viel mehr gibt es sich­er nicht.

    Vielle­icht ist die öster­re­ichis­che Stan­dar­d­aussprache von ob als /oːb/ statt des möglicher­weise logis­cheren /ɔb/ ein weit­eres Beispiel — in den dor­ti­gen Dialek­ten sind diese Vokale näm­lich zusammengefallen.

    (Fortes und Lenes fall­en dage­gen auch am Wor­tende nicht zusam­men, also meine ich /b/ statt /p/ ernst, aber das ist eine andere Geschichte, die nichts mit der Rechtschrei­bung zu tun hat.)

    Würde ich dann sowas nicht auch im Franzö­sis­chen erwarten, wenn die Orthogra­phie tat­säch­lich einen so erhe­blichen Ein­fluss auf die Aussprache hat?

    Schon, aber dort sollte dieses Phänomen viel sel­tener sein, weil Franzö­sisch näm­lich viel graphemis­ch­er als Englisch ist — möglicher­weise sog­ar graphemis­ch­er als Deutsch. Soll heißen, wenn man die geschriebene Form vor sich hat, kann man die Aussprache daraus fehler­frei und ein­deutig rekon­stru­ieren (mit Aus­nahme von eini­gen Eigen­na­men und ein paar kleinen häu­fi­gen Wörtern wie eu).

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  78. Drago Starcevic

    Unter den 399 Ange­boten für das Such­wort des Vor­monats „spelling pro­nun­ci­a­tion“ hat sich die Aktion für „Schrift­sprache“ entsch­ieden — mit Sym­pa­thie-Punk­ten für „schreib­sprecheln“ und „auss­chrache“, sowie das bedeu­tungs­gle­iche “Schröpfkopf”.

    Antworten
  79. Gareth

    Nör­gler: point tak­en. Auss­chließen kann ich es zugegeben­er­maßen auch nicht. Tat­sache ist, dass sich Verän­derun­gen in der Aussprache, die auf Schreib­weisen zurück­zuführen sind, über Jahrzehnte oder Jahrhun­derte hinziehen. Wenn sie denn, wie schon gesagt, über­haupt wirk­lich daher­rühren und keine regionalen Vari­anten sind. Die let­zte deutsche Rechtschreibre­form dürfte jeden­falls kein­er­lei Auswirkun­gen auf die Sprache haben.

    Der Wikipedia-Artikel zitiert zwar einige Beispiele, aber die scheinen doch vor­wiegend im AE aufzutreten. In meinem Dialekt reimen sich fig­ure und big­ger noch, med­i­cine ist /mɛdsən/, also zweisil­big etc. Lediglich waist­coat kenne ich nur als /weɪskəʊt/, hier scheint sich also wirk­lich die Schreib­weise durchge­set­zt zu haben.

    Vielle­icht kön­nen die anwe­senden Anglis­ten bzw. Amerikanis­ten bei zwei Fra­gen weit­er­helfen, die ich bezüglich AE habe, wom­it ich mich abseits vom Stan­dard­wis­sen zur Aussprache nicht gut auskenne:

    1. Anscheinend (s. Wikipedia) treten spelling pro­nun­ci­a­tions im AE häu­figer auf als im BE. Weiß jemand woran das liegen könnte?

    2. Zum The­ma often würde ich ver­muten, dass das eher eine regionale Vari­ante ist. Kann jemand sagen ob diese ver­meintliche spelling pro­nun­ci­a­tion auch bei analo­gen Wörtern (z.B. soft­en) auftritt?

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  80. David Marjanović

    Im Tatarischen gibt es zwei Kon­so­nan­ten, die an der Vokalhar­monie teil­nehmen: vor vorderen Vokalen wer­den sie [k g] aus­ge­sprochen, vor hin­teren [q ʁ]. Obwohl zahlre­iche Fremd­wörter — z. B. aus dem Ara­bis­chen, das bekan­ntlich ein /q/ und ein /ʁ/ hat — diese Regel ver­let­zen, wird dieser Unter­schied in der kyril­lis­chen Orthogra­phie nicht geschrieben. Es heißt, die jün­geren Gen­er­a­tio­nen ver­wen­den nur noch [k g].

    Im Rus­sis­chen gibt es fast alle Kon­so­nan­ten dop­pelt, palatal­isiert und nicht palatal­isiert. Die Palatal­isierung eines Kon­so­nan­ten schlägt auf ein davorste­hen­des /s/ durch, und das wird nicht geschrieben. Auch hier heißt es, die jün­geren Gen­er­a­tio­nen hören damit auf.

    Quellen: Weiß ich lei­der nicht mehr. Vielle­icht Wikipedia.

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  81. Nörgler

    @David Mar­janović

    Die Bee­in­flus­sung der Aussprache von Kon­so­nan­ten durch Vokale beze­ich­net man im all­ge­meinen nicht als Vokalharmonie.

    Die Palatal­isierung der Kon­so­nan­ten im Rus­sis­chen wird all­ge­mein nicht geschrieben (Aus­nahme: das Weichheitszeichen).

    Antworten
  82. zé do rock

    gareth,

    kann noch zwei beispiele fyr spelling pro­nun­ci­a­tion nen­nen, oder min­destens 1 1/2: das wort ‘quay’ wird im BE /ki:/ aus­ge­sprochen, im amerikanis­chen /ki:/, /kei/ und /kwei/. die zwei lezten sind sich­er spelling pronunciations. 

    das wort deity kommt vom franz. deité, war ver­mut­lich von den nor­man­nen /dei’te/ aus­ge­sprochen, wurde /deiti/, mit dem grate vow­el shift zu /di:iti/. aber es is ja ein seltenes wort, und ein angel­saxe der das wort nie gehört hat (kommt sich­er oft vor, viele wörter ken­nt man fast nur von der geschriebe­nen sprache) muss rat­en wie die aussprache von ‘ei’ is, und da es da kein klares ‘pat­tern’ gibt (/E/ in their, /i:I/ in being, /ai/ oder /i:/ in either, /ei/ in eight, /I/ oder /@/ in for­eign, /i:/ in receive), ver­sucht ma halt sein glyk, so gibt es auch die aussprache /deiti/ und /daiti/ — die lezte hab ich nie in einem wörter­buch gese­hen, aber manche schwören das es sie gibt. 

    und natyr­lich das aus­ge­sproch­ene ‘h’ in ‘wh’ /hw/. ob es aber eine par­al­lele aussprache, die immer stur weit­er existiert hat, oder eine wieder­aufer­standene aussprache is, weiss ich nich. 

    ich nehm mal an, in AE kom­men solche spelling pro­nun­ci­a­tions viel öfters vor weil es viel mehr nicht­mut­ter­sprach­ler gab, die das wort gese­hen haben und es nach ihrem ausse­hen aus­ge­sprochen haben. “falsche” aussprache von wörtern kommt im englis­chen auch dauernd vor, auch bei alten pro­fes­soren (ich kann mich an vie­len solchen fällen in der SSS — sim­pli­fied spelling soci­ety — erin­nern), aber in den USA bei den vie­len nicht­mut­ter­sprach­lern kon­nten sie sich leichter ausbreiten.

    in syd­brasilien is die ganze sprache eine einzige spelling pro­nun­ci­a­tion: die bevölkerung beste­ht aus ital­ienern, die sowieso por­tugiesisch aus­ge­sprochen wie ital­ienisch (sehr nah an der schrift), deutschen und osteu­ropäern. in den 30er jahren mussten die tausenden von schulen, die auf deutsch unter­richtet haben, yber­nacht auf por­tugiesisch unter­richt­en, und die lehrer kon­nten kaum mehr por­tugiesisch als die schyler. das war dann eine sprache, die sie direkt aus den bychern gel­ernt haben, und kein­er war da um ihnen zu sagen, wie diese geschriebe­nen wörter im ybri­gen brasilien aus­ge­sprochen wer­den. heutzu­tage wer­den aber die unter­schiede durch das fernse­hen immer kleiner.

    Antworten
  83. Gareth

    Bist du dir da sich­er? Ich bin kein Amerikan­er und kenne auch nicht so viele, dass ich im Zweifels­falle auf eine bes­timmte Aussprache schwören kön­nte, aber meinen BE-Ohren käme es sehr selt­sam vor, wenn jemand für quay /kwei/ sagen würde statt /ki:/.

    Antworten
  84. David Marjanović

    Die Bee­in­flus­sung der Aussprache von Kon­so­nan­ten durch Vokale beze­ich­net man im all­ge­meinen nicht als Vokalharmonie.

    Eh nicht. “Kon­so­nan­ten, die an der Vokalhar­monie teil­nehmen” soll heißen, dass jedes Erb­wort entwed­er nur vordere oder nur hin­tere Vokale hat und (wenn über­haupt) entwed­er nur /k g/ oder /q ʁ/ — das Paar /k q/ ver­hält sich genau­so wie das Paar /æ ɑ/.

    Die Palatal­isierung der Kon­so­nan­ten im Rus­sis­chen wird all­ge­mein nicht geschrieben 

    Doch, als Teil des fol­gen­den Vokals, oder (wenn kein Vokal fol­gt) eben als Weich­heit­sze­ichen. Einzige Aus­nah­men: 1) и (/i/ bzw. /ʲi/) und ы (/ɨ/) wer­den tat­säch­lich ver­schieden aus­ge­sprochen; 2) wie erwäh­nt schreibt man vor palatal­isierten Kon­so­nan­ten с (/s/) statt сь (/sʲ/), obwohl man dort tra­di­tionell immer let­zteres ausspricht; 3) aus offen­sichtlichen his­torischen Grün­den gilt der Buch­stabe е (/ʲɛ/) als “nor­maler” als э (/ɛ/) und wird daher oft in Fremd­wörtern ver­wen­det, wenn keine Palatal­isierung vor­liegt, z. B. телефон statt *тэлефон trotz der Aussprache /tɛlʲɛˈfon/.

    und natyr­lich das aus­ge­sproch­ene ‘h’ in ‘wh’ /hw/. ob es aber eine par­al­lele aussprache, die immer stur weit­er existiert hat, oder eine wieder­aufer­standene aussprache is, weiss ich nich.

    Das ist sich­er orig­i­nal — mir ist z. B. die Aussprache [xʷ] untergekommen!

    Antworten
  85. zé do rock

    gareth,

    sel­ber gehört hab ich’s ver­mut­lich nie, ich ver­bringe nich viel zeit an amer­i­can­is­chen ‘quays’. aber so sagen es die ami-reformer und es ste­ht ja auch im web­ster (www.m‑w.com). sie wer­den ja die aussprache nich erfind­en, ver­mut ich.

    Antworten
  86. David Marjanović

    Diese Wort­wahl wirkt auf mich als Ver­such, ter­mi­nol­o­gisch den “high ground” zu beset­zen. Wer kann denn gegen Lehn­wörter etwas einzuwen­den haben, wenn er nicht wirk­lich ein ver­stock­ter Sprach­purist oder unverbesser­lich­er Deutschtüm­ler ist? Zugle­ich soll das Wort Fremd­wort durch bewußte Ver­mei­dung tabuisiert wer­den. Wer es ver­wen­det, ent­larvt sich als Chau­vin­ist, ja als fremdenfeindlich.

    Ich glaube eher, hier liegt eine Lehnüber­set­zung aus dem Englis­chen vor, wo dieser Unter­schied nicht gemacht wird und bei­de Kat­e­gorien loan­word (oder nur loan) genan­nt werden.

    Antworten
  87. Nörgler

    @David Mar­janović (#92)

    Dem “Online Ety­mol­o­gy Dic­tio­nary” zufolge ist es, wie zu erwarten war, genau umgekehrt. Danach sind “loan word” und “loan-trans­la­tion” (warum wohl diese unter­schiedliche Set­zung des Binde­strichs?) Lehnüber­set­zun­gen aus dem Deutschen.

    Von einem Sprach­wis­senschaftler kann man erwarten, daß er die in Deutsch­land seit langem gängige Unter­schei­dung zwis­chen Lehn- und Fremd­wort ken­nt. Deshalb ver­mute ich in der durchgängi­gen Ver­wen­dung das Wortes “Lehn­wort” eine bewußte ter­mi­nol­o­gis­che Absicht.

    Antworten
  88. Nörgler

    @David Mar­janović (#90)

    Nachträglich tut es mir ja leid, eine ter­mi­nol­o­gis­che Diskus­sion los­ge­treten zu haben. Das ist ja in den aller­meis­ten Fällen unfruchtbar.

    Wenn man will, kann mit sicher­lich von “Kon­so­nan­ten, die an der Vokalhar­monie teil­nehmen” sprechen. Falls das tat­säch­lich unter Experten der tatarischen Sprache oder der Turk­sprachen so üblich sein sollte, ziehe ich meinen Ein­wand zurück. Den­noch meine ich, daß damit unter­schiedliche Phänomene zusam­menge­faßt wer­den, näm­lich die Vokalhar­monie im engeren Sinne und die Assim­i­la­tion bes­timmter Kon­so­nan­ten. Ähn­liche Assim­i­la­tio­nen gibt es ja in vie­len Sprachen, die anson­sten keine Vokalhar­monie ken­nen, z. B. im Deutschen (ich — ach).

    Ob diese Assim­i­la­tion in der Schrei­bung zum Aus­druck kommt, hängt davon ab, welch­es Alpha­bet im Tatarischen benutzt wird. Im Kyril­lis­chen Alpha­bet kommt es nicht zum Aus­druck, im lateinis­chen oder ara­bis­chen schon.

    All das deutet darauf hin, daß die Unter­schei­dung der Kon­so­nan­ten nicht phone­mis­ch­er, son­dern rein phonetis­ch­er Art ist — ähn­lich wie im Deutschen die Aus­lautver­här­tung. Wenn es im Tatarischen die von Ihnen genan­nte Aussprachev­erän­derung gibt, dann erschiene es mir am nahe­liegend­sten, den Ein­fluß des Rus­sis­chen dahin­ter zu vermuten.

    Ähn­lich ist die Palatal­isierung bes­timmter Laute vor palatalem Kon­so­nan­ten im Rus­sis­chen eine rein phonetis­che Assim­i­la­tion, die zu unter­schei­den ist von der phone­mis­chen Funk­tion des сь. Insofern ist die Aus­sage, es werde “с statt сь” geschrieben etwas irreführend.

    Laut http://www.philol.msu.ru/~fonetica/index1.htm ist die palatale Assim­i­la­tion im Rus­sis­chen über­haupt unein­heitlich. Dort heißt es, “einige Phonetik­wis­senschaftler” behaupteten, es gebe eine “zunehmende Ten­denz”, diese palatale Assim­i­la­tion zu unterlassen.

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  89. amfenster

    Von einem Sprach­wis­senschaftler kann man erwarten, daß er die in Deutsch­land seit langem gängige Unter­schei­dung zwis­chen Lehn- und Fremd­wort kennt.

    Und von einem wis­senschaftlich denk­enden Men­schen kann man im Gegen­satz zu einem naseweisen Nör­gler erwarten, dass er weiß, dass jegliche Ter­mi­nolo­gie Def­i­n­i­tion­ssache ist.

    Ich habe mich nie näher mit Wor­tentlehnun­gen beschäftigt, und das Dic­kicht aus Fremd- und Lehn­wörtern, Lehn­prä­gun­gen, ‑bil­dun­gen, ‑bedeu­tun­gen, ‑schöp­fun­gen und ‑for­mungen, das König in seinem dtv-Atlas bietet, wollte sich nie so recht auf Dauer in meinem Hirn kon­fig­uri­eren. Ich gehe aber davon aus, dass in der ein­schlägi­gen Lit­er­atur sowohl für die Gle­ich­be­hand­lung als auch für die klare Unter­schei­dung von Lehn­wort und Fremd­wort zumin­d­est nachvol­lziehbare Argu­mente zu find­en wären.

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