Die vielstimmige Gesellschaft und ihre Feinde

Von Anatol Stefanowitsch

Der Vere­in Deutsche Sprache hat ja bekan­ntlich große Angst vor einem Ver­fall, wenn nicht sog­ar vor einem Ausster­ben, der deutschen Sprache. Seit Jahren agi­tieren die sprach­lichen Kle­ingärt­ner aus Dort­mund deshalb gegen die Ver­wen­dung von englis­chen Lehn­wörtern, zum Beispiel, indem sie regelmäßig einen Promi­nen­ten für „beson­ders bemerkenswerte Fehlleis­tun­gen im Umgang mit der deutschen Sprache“ als Sprach­pan­sch­er des Jahres an den Sprach­pranger stellen. Allerd­ings mit gemis­chtem Erfolg: Die alljährliche Wahl, die in der Anfangszeit noch ein bre­ites Pressee­cho fand, schafft es inzwis­chen kaum noch in die Medi­en. Zu ermü­dend sind die immer gle­ichen Bezich­ti­gun­gen wegen der gele­gentlichen „Anglizis­men“ die der „Sprach­pan­sch­er“ ver­wen­det, oder, wie im Fall des aktuellen Titelin­hab­ers Fritz Pleit­gen, nicht ver­hin­dert haben soll.

Für ein poten­ziell unheil­volleres Anliegen hat die sprach­liche Jagdge­sellschaft nun aber einen starken Medi­en­part­ner gefun­den: Seit Jahren agi­tiert der Vere­in für die Auf­nahme der deutschen Sprache ins Grundge­setz. Ab und zu ist es ihm gelun­gen, einen Hin­ter­bän­kler oder einen pro­fil­süchti­gen Poli­tik­er im Som­mer­loch von diesem Anliegen zu überzeu­gen, und sog­ar der CDU-Parteitag hat sich vor zwei Jahren gegen den aus­drück­lichen Willen von Bun­deskan­z­lerin Angela Merkel für einen entsprechen­den Antrag aus­ge­sprochen. Aber genutzt hat das bis­lang nichts.

Das kön­nte sich jet­zt ändern, denn dem VDS ist es gelun­gen, die BILD für die Sache zu gewin­nen. Auf BILD.de wirbt die seit gestern für eine Unter­schrifte­nak­tion des Vere­ins und fordert die Leser/innen auf, den fol­gen­den Text auszu­druck­en und unter­schrieben an den Vere­in weiterzuleiten:

An die Abge­ord­neten des Bundestages, 
an die Mit­glieder der Bundesregierung!
Hier­mit fordere ich die Auf­nahme der 
deutschen Sprache in unser Grundgesetz!
Denn: Ich habe genug von der Mis­shand­lung unser­er Muttersprache!
Ich will nicht länger in Läden einkaufen, die mit „sale“ für den Schlussverkauf werben!
Ich will keine Jobs, die mit „key account“ oder „facil­i­ty  man­age­ment“ schön­gere­det werden!
Ich will keine Poli­tik­er, die sich in Parteipro­gram­men für mehr „street work­er“, für „gen­der main­stream­ing“ oder „social net­works“ einsetzen.
UND: Ich will keine Zuwan­der­erfam­i­lien, 
die sich bis in die dritte Gen­er­a­tion weigern, 
die Sprache des Lan­des kor­rekt zu ler­nen, 
in dem sie leben!
ICH WILL, DASS UNSERE MUTTERSPRACHEGESCHÜTZT WIRD!
Deshalb fordere ich Sie auf: Nehmen Sie die
deutsche Sprache endlich in unser Grundge­setz auf. Machen Sie endlich Schluss mit der Ver­wässerung des Deutschen in Medi­en, Wirtschaft und Politik!
Ihr
[UNTERSCHRIFT]

Es ist unklar, wer den Text ver­fasst hat, aber mein­er Ein­schätzung nach kommt er nicht vom Vere­in Deutsche Sprache, son­dern von der BILD selb­st, denn das Märchen von den „Zuwan­der­erfam­i­lien, 
die sich bis in die dritte Gen­er­a­tion weigern, 
die Sprache des Lan­des kor­rekt zu ler­nen, 
in dem sie leben“ wäre für den VDS sehr untyp­isch, passt aber genau in die aufgeregt-verblödete Welt­sicht der BILD. Außer­dem wäre dem VDS kaum der Fehler unter­laufen, das Wort Jobs ohne Anführungsze­ichen zu verwenden.

Eigentlich ist der Peti­tion­s­text ja sprach­nör­gler­typ­isch lächer­lich und wäre keine weit­ere Erwäh­nung wert. Wer in Läden nicht einkaufen will, die einen „Sale“ ver­anstal­ten, der kann schließlich zur Konkur­renz gehen. Poli­tik­er, die sich für mehr „social net­works“ ein­set­zen (?!?), braucht nie­mand zu wählen. Und wer keinen Job als Key Account- oder Facil­i­ty Man­ag­er haben will, der bleibt im Zweifels­fall eben auf dem Sofa sitzen und liest weit­er die BILD.

Aber lei­der, und aus Grün­den, die kein ratio­nal denk­ender Men­sch nachvol­lziehen kann, ist die BILD ein Schw­ergewicht im Mei­n­ungs­bil­dung­sprozess der deutschen Poli­tik und so kön­nte es schnell notwendig wer­den, der Unter­schrifte­nak­tion von VDS und BILD etwas entgegenzusetzen.

Aber hier zunächst zum Hin­ter­grund. Dass man in Deutsch­land Deutsch spricht, ist ja eigentlich offen­sichtlich, und so sind viele Men­schen über­rascht, wenn sie hören, dass das im Grundge­setz nicht fest­gelegt ist. Die einzige Erwäh­nung des Wortes Sprache find­et sich dort unter den Grun­drecht­en (in einem Zusam­men­hang, der dem Vere­in Deutsche Sprache so gar nicht zusagen dürfte):

Art. 3, Abs. 3. Nie­mand darf wegen seines Geschlecht­es, sein­er Abstam­mung, sein­er Rasse, sein­er Sprache, sein­er Heimat und Herkun­ft, seines Glaubens, sein­er religiösen oder poli­tis­chen Anschau­un­gen benachteiligt oder bevorzugt wer­den. Nie­mand darf wegen sein­er Behin­derung benachteiligt wer­den. [Grundge­setz, Art. 3]

Den Schöpfern des Grundge­set­zes ist es also entwed­er schlicht nicht in den Sinn gekom­men, dass irgend­je­mand den Sta­tus der deutschen Sprache als Sprache Deutsch­lands infrage stellen kön­nte, oder sie haben bewusst darauf verzichtet, eine Verkehrssprache festzule­gen (einen kleinen Hin­weis darauf, welche Sprache das in Deutsch­land sein kön­nte, erhält man bei der Lek­türe des Grundge­set­zes natür­lich trotz­dem — immer­hin es auf Deutsch verfasst).

Der VDS hat klare Vorstel­lun­gen davon, wie das Grundge­setz geän­dert wer­den soll: Man möchte den Artikel 22 ergänzen. Der lautet derzeit so:

(1) Die Haupt­stadt der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land ist Berlin. Die Repräsen­ta­tion des Gesamt­staates in der Haupt­stadt ist Auf­gabe des Bun­des. Das Nähere wird durch Bun­des­ge­setz geregelt.
(2) Die Bun­des­flagge ist schwarz-rot-gold.
[Grundge­setz, Art. 22]

Und so soll er geän­dert werden:

Ein ergänzen­der Artikel 22a mit dem Text „Die Sprache der Bun­desre­pub­lik ist Deutsch“ würde den Gebrauch der Sprache im öffentlichen Bere­ich regeln. [VDS, 2010]

Während die Väter des Grundge­set­zes die Wahl der Sprache also als ein Grun­drecht ver­standen wis­sen woll­ten, möchte der VDS sie zu ein­er Pflicht umdefinieren. Dabei stellt sich natür­lich die Frage, wie diese Pflicht dann konkret aus­gestal­tet wer­den soll. Soll es aus­ländis­chen Mit­bürg­ern unter­sagt wer­den, vor Gericht einen Dol­metsch­er hinzuzuziehen? Sollen Jugendlichen aus Migranten­fam­i­lien in Zukun­ft auf dem Schul­hof oder im Sportvere­in ihre Mut­ter­sprachen nicht mehr ver­wen­den dür­fen? Wird es Mit­gliedern sprach­lich­er Min­der­heit­en (z.B. der dänis­chen Min­der­heit in Schleswig-Hol­stein oder der sor­bis­chen Min­der­heit in Bran­den­burg und Sach­sen) ver­boten, ihre Sprache in der Öffentlichkeit zu ver­wen­den? Oder Sprech­ern von Dialek­ten (z.B. dem Bairischen oder der plattdeutschen Dialek­te)? Wird die Ver­wen­dung von Lehn­wörtern im öffentlichen Raum zu ein­er Ord­nungswidrigkeit? Wird es deutschen Ver­la­gen ver­boten, Fach­büch­er oder Fachzeitschriften in englis­ch­er Sprache zu veröf­fentlichen? Wird das Deutsche an deutschen Uni­ver­sitäten zur einzi­gen erlaubten Unter­richtssprache? Wird die deutsche Sprache zu einem staatlichen Sym­bol, dessen Her­ab­würdi­gung unter Strafe gestellt wird?

Dieser Fra­genkat­a­log mag über­trieben drama­tisch klin­gen, aber man braucht nur in unser Nach­bar­land Frankre­ich zu schauen, um zu erken­nen, dass viele dieser Fra­gen in Län­dern mit ein­er geset­zlich ver­ankerten Sprach­poli­tik dur­chaus mit „Ja“ beant­wortet wer­den. Und irgen­deinem Zweck muss die Auf­nahme des Deutschen ins Grundge­setz ja dienen, denn einen unmit­tel­baren Grund gibt es nicht.

Als Amtssprache — also als diejenige Sprache, in der der Staat mit seinen Bürg­ern kom­mu­niziert — ist das Deutsche näm­lich längst geset­zlich fest­gelegt. Das Bun­desver­wal­tungsver­fahrens­ge­setz lässt daran keinen Zweifel, wenn es in Para­graph 23, Abschnitt 1 unzwei­deutig klarstellt: „Die Amtssprache ist deutsch“ (BVwVfG, Art. 23).

Abschnitt 2 des­sel­ben Para­grafen bes­timmt dann, dass jedem Doku­ment, dass ein­er Behörde in ein­er anderen als der deutschen Sprache vorgelegt wird, eine Über­set­zung beiliegen muss, bzw. dass die Behörde eine solche kostenpflichtig anfer­ti­gen lassen kann. Abschnitt 3 regelt, dass ein Ver­fahren erst dann begin­nt, wenn eine solche Über­set­zung vor­liegt. Und Abschnitt 4 besagt, dass durch das Ein­re­ichen von fremd­sprachi­gen Doku­menten Fris­ten nur dann gewahrt wer­den kön­nen, wenn inner­halb eines angemesse­nen Zeitraums eine Über­set­zung nachgere­icht wird.

Die Ver­wal­tungsver­fahrens­ge­set­ze aller Bun­deslän­der übernehmen entwed­er diese Vorschriften direkt oder sie for­mulieren fast iden­tis­che Regelun­gen (wer sich selb­st überzeu­gen möchte: Es ist in allen Fällen eben­falls der Para­graf 23 des entsprechen­den Geset­zes, außer in Schleswig-Hol­stein, wo es Para­graf 82a ist und in Sach­sen, wo es Para­graf 2 der „Dien­stord­nung für die Behör­den“ ist).

Der Para­graf 23 der Ver­wal­tungsver­fahrens­ge­set­ze ist kein inspiri­eren­der Text. Er regelt ganz emo­tion­s­los den deutschen Behör­de­nall­t­ag und lässt sich nur schw­er medi­en­wirk­sam für ide­ol­o­gis­che Zwecke nutzbar machen. Aber er stellt unmissver­ständlich klar, welche Sprache man in Deutsch­land sprechen muss, wenn man staats­bürg­er­liche Rechte und Pflicht­en ausüben muss oder möchte.

Bei der Aktion des VDS geht es also inhaltlich um rein gar nichts. Es ist reine Selb­stin­sze­nierung. Bei der BILD geht es, wie immer, um pop­ulis­tis­chen Pseudoak­tion­is­mus, der aber schnell gefährlich wer­den kann. Man kann hof­fen, dass das Herun­ter­laden, Aus­druck­en und unter­schreiben eines Word-Doku­ments durch­schnit­tliche BILD-Leser/in­nen weit über­fordert, aber falls der VDS mit Unter­stützung der BILD mit sein­er Unter­schrifte­nak­tion Erfolg hat und den Diskus­sion­sprozess um eine Grundge­set­zän­derung neu anstößt, werde ich von diesem Blog aus eine Gege­nak­tion starten.

Denn ich lebe gerne in einem Land, in dem ich Deutsch sprechen darf. Ich habe auch nichts dage­gen, in einem Land zu leben, in dem alle Bürg­er deutsch sprechen kön­nen. Ich kann sog­ar nachvol­lziehen, dass ich mit staatlichen Insti­tu­tio­nen Deutsch sprechen muss. Aber ein Land, das seinen Bürg­ern durch die Ver­fas­sung vorschreibt, welche Sprache ich außer­halb von Amt­sz­im­mern und Gerichtssäälen zu sprechen habe, ist für meinen Geschmack zu zwanzig­stes Jahrhundert.

 

BILD.de/Vehlewald, H.-J. (2010) Deutsch muss ins Grundge­setz! Bild.de, 6. Novem­ber 2010. [Link]

Vere­in Deutsche Sprache (2010) Mem­o­ran­dum: Warum Deutsch als Lan­dessprache in das Grundge­setz gehört, VDS-EV.de, August 2010. [Link]

WELT.de/Lutz, Mar­tin und Ans­gar Graw (2010) Deutsch im Grundge­setz: CDU-Delegierte set­zen sich gegen Kan­z­lerin durch. Welt Online, 2. Dezem­ber 2008. [Link]

Der Text dieses Beitrags beruht in Teilen auf meinen aus­führlicheren Beiträ­gen Alle Sprachge­walt geht vom Volke aus und Amtssprache Deutsch im Bre­mer Sprach­blog.

via Carsten Ruhnke (per E‑Mail)
via Bild­blog

[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Ver­sion enthält möglicher­weise Kor­rek­turen und Aktu­al­isierun­gen. Auch die Kom­mentare wur­den möglicher­weise nicht voll­ständig übernommen.]

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

113 Gedanken zu „Die vielstimmige Gesellschaft und ihre Feinde

  1. Jen

    stimmt alles
    … und ich bin dankbar dafür, von Ihnen so umfassend und unter­halt­sam informiert zu wer­den. Aber ich finde, es ist nicht notwendig zu schreiben, dass “das Herun­ter­laden, Aus­druck­en und unter­schreiben eines Word-Doku­ments durch­schnit­tliche BILD-Leser/in­nen weit über­fordert”. Klar, man weiß, was Sie meinen, aber es klingt doch nur arro­gant und muss nicht sein.

  2. Dennis M.

    Der Start ein­er Gege­nak­tion sollte bess­er jet­zt als später erfol­gen, und das möglichst in einem größeren Umfang als “nur” in diesem Blog. Denn wie schon im Text richtig gesagt, aus nicht nachvol­lziehbaren Grün­den fol­gen deutsche Poli­tik­er nur zu gerne solchen polemis­chen und bescheuerten Aktio­nen der Bild-“Zeitung”. Mir tun auch einige Anglizis­men in den Augen weh (v. a. diejeni­gen, für die es seit langem etablierte deutsche Begriffe gibt. Pay-TV ander­er­seits bspw. find ich bess­er als Bezahlfer­ne­se­hen), aber die Aktio­nen und Forderun­gen des VDS sind mir immer zu reflex­haft, und kom­men immer mit der ganz großen Keule. Und welche Sprache ich pri­vat spreche, sollte meine Entschei­dung sein. Wenn ich fluche (und zumin­d­est das kann ich in 9 Sprachen), will ich bspw. “fuck” oder “merde” sagen kön­nen, ohne dass mir dann gle­ich das Ord­nungsamt im Nack­en sitzt.
    Also, was immer auch notwendig ist, um diesen Unfug der Bild und des VDS zu stop­pen, ich wär dabei!

  3. Anatol Stefanowitsch

    Bildleser, Zeit­punk­te
    @jen: Ich sage ja nicht, dass es so ist, son­dern, dass ich HOFFE, dass es so ist…
    @Dennis M.: Das Prob­lem dabei, jet­zt schon zu starten, ist, dass man derzeit nur eine nor­male Unter­schriften­samm­lung starten kön­nte; falls die BILD/VDS-Aktion jedoch Erfolg hat, wäre aber eine E‑Petition an den Bun­destag sin­nvoller. Deshalb möchte ich noch abwarten, wie die Reak­tion der Poli­tik auf die BILD/VDS-Aktion ausfällt.

  4. Jan Wohlgemuth

    > Außer­dem wäre dem VDS kaum der Fehler unter­laufen, das Wort Jobs ohne Anführungsze­ichen zu verwenden.
    bzw. es *über­haupt* zu verwenden.
    Es ist aber in der Tat beze­ich­nend für das Niveau der “sprach­lichen Kle­ingärt­ner”, welche der Vier-Buch­staben-Zeitun­gen sie sich für diese Kam­pagne aus­ge­sucht haben. In der “Zeit” würde man (hof­fentlich) vor der­lei zurückschrecken.
    Scherz beiseite.
    Vielle­icht gibt es hier jeman­den, der sich in Staat­srecht ausken­nt, und der mir erk­lären kann, ob es nicht gegen diverse Grund- und Min­der­heit­en­rechte ver­stoßen würde, exk­lu­siv das (Standard-Hoch-)Deutsche in der Ver­fas­sung festzuschreiben und dabei Niederdeutsch, Friesisch, Dänisch, Sor­bisch etc. außen vor zu lassen.
    [Das Ver­hält­nis zwis­chen der Amtssprache Deutsch und den Min­der­heit­en­sprachen und die aktuellen Regelun­gen in den Ver­wal­tungsver­fahrens­ge­set­zen disku­tiere ich expliz­it in dem oben ver­link­ten Beitrag „Amtssprache Deutsch“. — A.S.]

  5. domingos

    Die Gefahr beste­ht immer darin, dass man unfrei­willige Wer­bung für so ein Pro­jekt macht. Ich denke, dass ist ein Sturm im Wasser­glas, die 2/3‑Mehrheit, die man für so eine Änderung im GG bräuchte, ist in weit­er Ferne. Das wäre wohl eher ein Geständ­nis der Unfähigkeit, die eigene Sprache vernün­ftig zu pfle­gen. Das Diskri­m­inierungsver­bot, dass Ana­tol hier zitiert, gilt ja weit­er­hin. Die Deutsche Gebär­den­sprache z. B. ist eine eigen­ständi­ge Sprache und selb­st ein verquaster Sprach­pfleger kann einen Gehör­losen nicht zwin­gen, Deutsch zu sprechen.

  6. Martin Haspelmath

    Puris­mus vs. Sprachunterdrückung
    Danke für diesen wichti­gen Beitrag. Man sollte aber vielle­icht noch deut­lich­er unter­schei­den zwis­chen zwei ver­schiede­nen poli­tis­chen Zie­len: Puris­mus in Bezug auf das Deutsche, und Unter­drück­ung von Men­schen, die eine andere Sprache sprechen. Nur let­ztere ist mit dem Grundge­setz unvere­in­bar, soweit ich sehe (also etwa Schu­lord­nun­gen, die den Gebrauch von Fremd­sprachen ver­bi­eten). Die Rein­hal­tung des Deutschen dage­gen wird ohne­hin seit langer Zeit durch staatliche Maß­nah­men betrieben, näm­lich durch oblig­a­torischen Schu­lun­ter­richt. Puris­mus-Geset­ze, die nur bes­timmte For­men des Sprachge­brauchs regeln (also etwa bes­timmte Pro­duk­t­beze­ich­nun­gen ver­bi­eten), halte ich für viel weniger in unsere Frei­heit ein­greifend, als etwa die Pflicht zum Deutschunter­richt für Kinder.

  7. Ambros

    Nun mögen Wis­senschaftler nach wie vor, wenn auch abnehmend, in der Öffentlichkeit eine große Rep­u­ta­tion genießen. Somit hat auch das Wort Her­rn Ste­fanow­itsch Ein­fluß. Aber auch einen abnehmenden.
    Mit rhetorischem Geschick, er ist ja studiert und Sprach­wis­senschaftler, dreht und wen­det er Argu­mente — zu seinen Gunsten.
    Sein­er Beurteilung des The­mas mit strenger Obser­vanz kann man mit eben­solch­er Strenge in Teilen fol­gen. Nur ist es eben ein Wort­gek­lin­gel um des Klin­gelns willen.
    Der Nor­mal­bürg­er (und Nichtwissenschaftler) im All­t­ag sieht die Sprachen­twick­lung völ­lig anders.
    Alleine der Hin­weis Her­rn Ste­fanow­itsch, daß man bei “Sale”-Läden nicht kaufen muß, ist, neben ähn­lich geart­eten Beispie­len, Rede von oben herab. Es gibt ja nicht nur “Sale.” Wenn man Her­rn Ste­fanow­itsch rhetorischen Floskeln fol­gt, dürfte man kaum noch einen Laden betreten oder son­stig Waren und Dien­stleis­tun­gen erwerben.
    Nicht der Sprachver­hun­z­er ist schuldig, er lebt unschuldig in den Tag hinein. Nein, der Bürg­er und die Stre­it­er für den Spracher­halt sind die Schuldigen.
    Herr Ste­fanow­itsch ver­mei­det lei­der die wis­senschaftliche Küh­le und polemisiert. Über­wiegend gegen den Vere­in deutsche Sprache. Ver­mut­lich hat ihm ein­mal ein Mit­glied nicht fre­undlich die Tageszeit ent­boten. Oder Her­rn Ste­fanow­itsch wurde keine wis­senschaftliche Mitar­beit ange­boten. Gründe für die man­is­che Abnei­gung kann es also viele geben, nachvol­lziehbare weniger.
    Die Ankündi­gung ein­er “Gege­nak­tion in diesem Blog” wird glück­licher­weise auf diesen Blog beschränkt bleiben. Die Bild-Aktion wird erfol­gre­ich­er gewe­sen sein. Die “Dro­hung” ist wenig sou­verän und nur von der bekan­nten Abnei­gung inspiriert.
    Wie wäre es mit sach­lichen, wis­senschaftlichen Argumenten.Wissenschaftlich heißt, über­prüf­bar und nachvol­lziehbar. Nur eine Mei­n­ung äußern ist zu wenig. Auch wenn man sich auf seine Sin­gu­lar­ität beruft.
    PS: In den meis­ten EU-Staat­en (und natür­lich auch anderen Staat­en) gibt es Sprach­schutzge­set­ze. Herr Ste­fanow­itsch bleibt verurteilt, in diesem seinem Lande zu bleiben. Er kann nicht ein­mal auswandern.
    [Herr Ambros ist Mod­er­a­tor im Inter­net­fo­rum des Vere­in Deutsche Sprache und ehe­ma­liger VDS-Region­alleit­er für den Raum Bad Hom­burg, Offen­bach, Hanau, Aschaf­fen­burg. — A.S.]

  8. Armin

    Sprach­schutzge­set­ze?
    @Ambros,
    da ja wis­senschaftliche Belege gefordert wer­den, gibt es Belege und Sta­tis­tiken zu der Aus­sage “In den meis­ten EU-Staat­en (und natür­lich auch anderen Staat­en) gibt es Sprachschutzgesetze”?
    Zumin­d­est die Briten (wo ich es aus eigen­er Erfahrung kenne) scheinen sich da keine grossen Gedanken zu machen, zumin­d­est nicht was Englisch ange­ht. Die Wer­bung ist voll mit Deutschlish (Vor­sprung durch Tech­nik, Das Auto und was weiss ich noch alles) und diversen anderen Sprachen. Sehr viele Ver­wal­tungs­doku­mente und/oder Beho­er­den­mit­teilun­gen gibt es in diversen Min­der­heit­en- und Ein­wan­der­ersprachen, teil­weise auch die jew­eili­gen Web­sites. Einige Gegen­den sind zweis­prachig (z.B. Wales und Teile von Schottland).
    Ach ja, “Sprach­schutzge­set­ze” gibt es. Allerd­ings nicht fuer Englisch, son­dern fuer die diversen Min­der­heit­en­sprachen die aktiv geschuet­zt wer­den sollen (Wal­i­sisch, Scots Gael­ic, Cor­nish und ich glaube auch noch ein paar andere). Englisch ist keine ver­fas­sungs­maes­sig fest­gelegte oder geschuet­zte Sprache. Ein­wan­der­er muessen glaube ich noch nicht ein­mal unbe­d­ingt nach­weisen dass sie Englisch sprechen (Wal­i­sisch oder Scots Gael­ic reichen aus).

  9. Tomer

    Ist die Amt­sprache Deutsch oder deutsch?
    Danke schön für den Artikel! 🙂
    Sollte so ein Vorschlag schlech­ter­d­ings irgend­wann seinen Weg ins GG find­en, wäre dann ein Slo­gan wie “Wir kön­nen alles. Außer Hochdeutsch.” ver­fas­sungs­feindlich? BW stellt doch einen der größten CDU-Lan­desver­bände? Die wür­den sich das doch nie ver­bi­eten lassen, auch weit­er­hin zu “babbeln”. 🙂
    Auf die Gefahr hin, mich lächer­lich zu machen: Mir selb­st ist auch schon ganz wirr gewor­den; ich habe nun ganz und gar den Überblick ver­loren, wann man Deutsch spricht und wann deutsch.
    Warum ste­ht im BVwVfG “Die Amtssprache ist deutsch.”? Da erscheint mir der VDS-Vorschlag (den ich beileibe nicht Unter­stütze!) mit “Die Sprache der Bun­desre­pub­lik ist Deutsch” plau­si­bler. Warum ste­ht im Amts­deutsch da ein Adjek­tiv, beim VDS aber ein Sub­stan­tiv? Ist bei­des akzept­abel? Gibt es da einen seman­tis­chen Unterschied?
    In Ihrem let­zten Absatz schreiben sich auch zwei Mal “Deutsch” und ein Mal “deutsch”. An der Stelle ver­ste­he ich den Kon­trast zwis­chen Sub­stan­tiv und Adverb nicht.
    Wenn ich nach “deutsch” google, dann geht es auch bei Onlinezeitun­gen mit der Zuschrei­bung von Sub­stan­tiv bzw. Adjektiv/Adverb (willkür­lich?) drunter und drüber.
    Ist die richtige Ver­wen­dung irgend­wo leichtver­ständlich erklärt?
    [Die Ver­wen­dung ist schnell erk­lärt. Das großgeschriebene Deutsch ist ein Sub­stan­tiv und der Name ein­er Sprache, das kleingeschriebene deutsch ist ein Adjektiv/Adverb, das (im Kon­text von Sprache) die Eigen­schaft beschreibt, in deutsch­er Sprache aus­ge­drückt bzw. zur deutschen Sprache zuge­hörig zu sein. Über­all da, wo [D|d]eutsch durch die deutsche Sprache erset­zt wer­den kön­nte, muss es also großgeschrieben wer­den, wo es durch in deutsch­er Sprache/zur deutschen Sprache gehörig erset­zt wer­den kann, muss es kleingeschrieben wer­den. In der Posi­tion eines Prädikat­snomens und als Objekt/Ergänzung von Ver­ben wie sprechen beste­ht eine Wahlmöglichkeit, da hier ja bei­de Umfor­mulierun­gen möglich wären, wobei sich eine leicht unter­schiedliche Bedeu­tung ergäbe; das ist bei mir im let­zten Absatz der Fall, ohne, dass es beab­sichtigt war: in dem ich Deutsch sprechen darf bedeutet „in dem ich die deutsche Sprache ver­wen­den darf“ und dass ich mit staatlichen Insti­tu­tio­nen Deutsch sprechen muss bedeutet „dass ich mit staatlichen Insti­tu­tio­nen die deutsche Sprache sprechen muss“ — in bei­den Fällen eine Art umfassender Anspruch, die Sprache als Ganzes zu ver­wen­den. Die For­mulierung in dem alle Bürg­er deutsch sprechen kön­nen bedeutet dage­gen eher „in dem alle Bürg­er in deutsch­er Sprache sprechen kön­nen“, vielle­icht ohne den Anspruch, die Sprache umfassend zu beherrschen oder zu ver­wen­den. In sofern passt dieser Tippfehler ganz gut. Inter­es­sant ist allerd­ings tat­säch­lich, dass in den Ver­wal­tungsver­fahrens­ge­set­zen ein kleingeschriebenes Adjektiv/Adverb ste­ht. Hier müsste meinem Emf­pin­den nach ein Sub­stan­tiv ste­hen, da „die deutsche Sprache“ als Amtssprache definiert wird. Ob die Wahl der Klein­schrei­bung Absicht war, weiß ich nicht, aber soweit ich sehe fol­gen alle Geset­zes­texte dieser Schrei­bung. — A.S.]

  10. Gareth

    Ambros,

    Gründe für die man­is­che Abnei­gung kann es also viele geben, nachvol­lziehbare weniger.

    Wahrschein­lich sind Sie Mit­glied beim VDS, weswe­gen Sie natür­lich vieles nicht nachvol­lziehen kön­nen. Geschenkt. Gründe, gegen den Unsinn, den der VDS ver­bre­it­et, vorzuge­hen, gibt es genug. Von der Belan­glosigkeit­en­samm­lung auf der Web­seite (“Sprüche” oder “Zitate” oder so) bis hin zur Pseu­do-Wis­senschaftlichkeit, die durch die Vor­standsmit­glieder vorge­gaukelt wird, unter denen sich kein Sprach­wis­senschaftler befind­et. Der Großteil der Web­seite ist unerträglich albern und noch oben­drein nicht wis­senschaftlich belegt.

    Der Nor­mal­bürg­er (und Nichtwissenschaftler) im All­t­ag sieht die Sprachen­twick­lung völ­lig anders.

    Ich bitte um eine Sta­tis­tik, die diese Aus­sage belegt. Wenn ich mich nicht täusche, kann der “Nor­mal­bürg­er” frei entschei­den, welche Wörter er benutzt und welche nicht. Wörter, die er nicht braucht, wird er auch nicht benutzen. Da kann der VDS den “Lap­top” noch so hassen.
    Im Übri­gen obliegt die wis­senschaftliche Beschrei­bung solch­er Phänomene nun­mal den Wis­senschaftlern, die sich damit auseinan­der­set­zen. Die Richtigkeit biol­o­gis­ch­er Erken­nt­nisse wird ja auch nicht angezweifelt, wenn der “Nor­mal­bürg­er” das “im All­t­ag” völ­lig anders sieht.

  11. Anatol Stefanowitsch

    Sprach­puris­mus und Deutschunterricht
    @Martin Haspel­math: Danke für den Kom­men­tar. Ich stimme zu, dass die Pflicht zum Deutschunter­richt für Kinder (oder auch für Ein­wan­der­er) ein schw­er­er Ein­griff in die per­sön­liche Frei­heit ist, aber solange sie nicht mit einem Ver­bot der Ver­wen­dung ander­er Sprachen ein­herge­ht, kann ich eine gesellschaftliche Rai­son darin erken­nen: Hier sollen Men­schen in die Lage zur staats­bürg­er­lichen Par­tizipa­tion ver­set­zt wer­den. Daraus ergibt sich für mich eine Recht­fer­ti­gung für diesen Ein­griff (zumin­d­est solange Deutsch die Sprache der Mehrheit der Staats­bürg­er ist). Das Ver­bot von fremd­sprach­lichen Pro­duk­t­beze­ich­nun­gen hielte ich aber eben­falls für einen schw­eren Ein­griff in die per­sön­liche Frei­heit, auch, wenn möglicher­weise weniger Men­schen direkt davon betrof­fen wären. Und hier sehe ich keine gesellschaftliche Rai­son, aus der sich eine Recht­fer­ti­gung ergeben würde. Wenn kein Men­sch wegen sein­er Sprache benachteiligt wer­den darf, gilt das m.E. auch für die Wahl etwa ein­er von englis­chen Pro­duk­t­na­men durch­set­zen Vari­etät des Deutschen oder ander­er sprachver­mis­chen­der Varietäten.
    Inwieweit die Schulpflicht an sich schon eine sprach­puris­tis­che Maß­nahme ist, wäre eine inter­es­sante Frage für eine aus­führlichere Diskus­sion. Sich­er wird in der Schule der Ver­such unter­nom­men, ein bes­timmtes bil­dungssprach­lich­es Reg­is­ter her­auszu­bilden, das nicht nur von Lehn­wörtern jün­geren Alters son­dern über­haupt von umgangssprach­lichen Ele­menten „bere­inigt“ ist, aber dieses Reg­is­ter soll ja eigentlich andere Reg­is­ter nicht erset­zen, son­dern zusät­zlich erwor­ben werden.

  12. Björn

    Über­haupt ist es recht­sphilosophisch beden­klich, wenn der Staat so etwas wie Sprache und Sprachver­hal­ten regle­men­tiert und sank­tion­iert. Alles was über die Fes­tle­gung ein­er in for­malen (bürokratis­chen, juris­tis­chen, poli­tis­chen …) Prozessen amtlich verbindlichen Sprache hin­aus­ge­ht, über­schre­it­et die Befug­nis und das Ver­ständ­nis der frei­heitlichen demokratis­chen Grun­dord­nung und ihres Men­schen­bildes. Der freie Aus­druck in Wort und Schrift ist ein höheres Gut als ein kaum eini­gungs­fähiger Kanon sakrosank­ter und ver­boten­er Wörter. Zumal man ja kaum noch darauf hin­weisen muss, wie lange schon lateinis­che, griechis­che, franzö­sis­che, usw. Worte ins Deutsche aufgenom­men wur­den, und deshalb eine Sprachreini­gung äußerst kom­pliziert, mit neg­a­tiv­en prak­tis­chen Kon­se­quen­zen ver­bun­den und moralisch äußerst frag­würdig sein dürfte.

  13. Lars

    Grundge­setz und die Bürger
    Viele Men­schen schaf­fen es ja nicht den 1. Artikel des Grundge­set­zes zu lesen. “Die nach­fol­gen­den Grun­drechte binden Geset­zge­bung, vol­lziehende Gewalt und Recht­sprechung als unmit­tel­bar gel­tendes Recht.”
    Das Grundge­setz hat keine Wirkung auf die Bürg­er. Das Grundge­setz verpflichtet nur den Staat. Fol­glich kann man Bürg­er über das Grundge­setz auch nicht dazu zwin­gen, Deutsch zu ver­wen­den. Man kann nur den Staat dazu zwin­gen, Geset­ze, Urteile, Beschei­de etc. nicht in aus­ländisch zu schreiben. Das find­et aber ja eh nicht statt (wobei zynis­che Leute sich natür­lich fra­gen, ob das Behör­den­deutsch eigentlich noch ver­ständlich­es Deutsch ist).
    Die Aufre­gung darüber, ob Deutsch nun als Sprache aufgenom­men wer­den soll oder nicht, ist lei­der nur hys­ter­isch­er Art — sowohl von der Pro- als auch der Kon­tra-Frak­tion, denn an den beste­hen­den Fak­ten, dass der Staat bere­its als Amtssprache Deutsch definiert hat, ändert es nichts. Und das, was sich die Pro-Seite erhofft, kann das Grundge­setz gar nicht leisten.
    [Das Grundge­setz hat aber erstens eine sym­bol­is­che Wirkung, und um die geht es der Pro-Seite wohl vor­rangig (und mir auch); zweit­ens liefert es natür­lich eine Rah­men­vor­gabe, die dann her­vor­ra­gend als Recht­fer­ti­gung für konkretere geset­zliche Regelun­gen dienen kön­nte; drit­tens möchte ich gar nicht daran denken, wie viele über­flüs­sige Kla­gen die Sprach­nör­gler vor dem Ver­fas­sungs­gericht anstreben wür­den — gegen den früh­be­gin­nen­den Fremd­sprache­nun­ter­richt, gegen die Förderung von fremd­sprachi­gen Kul­tur­pro­jek­ten, usw . — A.S.]

  14. Jan

    Para­graphen­re­it­erei
    Eine kleine Anmerkung:
    Das BVwVfG hat keine Artikel, son­dern Paragraphen.
    [Ich habe das kor­rigiert, danke! — A.S.]

  15. patrick

    rss
    Und schon bist Du in meinem Feed Read­er. Schon allein, damit ich ggf. die Gege­nak­tion nicht verpasse 😉

  16. knallbonbon

    Über­all und vermehrt …
    … sowie vehe­ment nach-schiebend aus alle den mit­tler­weile ver­meintlich ver­schlossen geglaubten Löch­ern, Spal­ten und Ritzen der Kanal­i­sa­tion kommt sie wieder her­vor gekrochen dieser Tage …
    DIE BRÄUNLICH-SCHWARZE SCHEIßE VON VORGESTERN!
    DIE PLUMPS-KLOS, KACKLÖCHER und PISS-RINNEN des let­zten Jahrhun­derts sind wieder weit offen und ver­bre­it­en ihren pen­e­tran­ten, beißen­den und Ver­nun­ft und Intel­li­genz zer­set­zen­den GESTANK!
    [Dieser Kom­men­tar hing im Spam­fil­ter, dem ein gepflegter Umgangston wohl wichtiger ist als die Rede­frei­heit. Bei mir ist es umgekehrt, deshalb habe ich ihn freigeschal­tet. Trotz­dem denke ich, wir hät­ten den Punkt auch ohne die Kack­löch­er und Pis­s­rin­nen ver­standen — A.S.]

  17. Harald G.

    Merkt eigentlich nie­mand, wie unsin­nig die For­mulierung in der “Peti­tion” ist? “Hier­mit fordere ich die Auf­nahme der deutschen Sprache in unser Grundge­setz!” Das ist entwed­er absichtlich nicht mal schwammig, son­dern völ­lig sin­n­frei, um sich um die Beant­wor­tung der Fra­gen, die in Ihrem Artikel berechtigter­weise gestellt wer­den, herumzu­drück­en oder es stellt selb­st eine “Mis­shand­lung unser­er Mut­ter­sprache” dar.
    Den ganzen Unfug würde man durch eine Gege­nak­tion unnötig aufwerten.

  18. Michael Khan

    Was denn, der Mod­er­a­tor eines Forums hat sich selb­st nicht bess­er unter Kon­trolle und der Funk­tionär eines Vere­ins, der sich anmaßt, die deutsche Sprache schützen zu wollen, stam­melt so unzusam­men­hän­gen­des Zeug? Na, da wun­dert mich gar nichts mehr, noch nicht ein­mal der Text der Petition.
    @Lars: Vie­len Dank, Sie haben es auf den Punkt gebracht.

  19. Klaas E.

    Deutsch?
    Mir stellt sich vor allem die Frage: Was ist “Deutsch” denn über­haupt? Diejenige Sprache, welche von der Mehrheit der Men­schen in Deutsch­land gesprochen wird? Dann wären wir schnell bei Dativ-statt-Gen­i­tiv-Kon­struk­tio­nen (welche mein­er Mei­n­ung nach übri­gens einen gewis­sen Reiz haben), der gener­ischen Ver­wen­dung von Du/Ich (“wenn du als Team…”, “ich als Ehep­aar würde ja…”) und natür­lich jed­er Menge Anglizis­men, die Sprach­pfleger à la VDS doch so entsch­ieden ablehnen.
    Oder welch­es “Deutsch” ist da gemeint? Möchte man etwa wieder daher­plap­pern wie ein Goethe?

  20. Jerry

    Wie sähe ein deutsches Grundge­setz aus?
    Das Ansin­nen, die deutsche Sprache grundge­set­zlich zu ver­ankern, sehe ich schon seit Jahren sehr kri­tisch, aus dem ein­fachen Grund, daß ein Großteil dessen, was wir an Wortschatz im All­t­ag ver­wen­den, genau­so wie in amtlichen Doku­menten, schlicht und ein­fach nicht deutsch ist.
    In Debat­ten wie diesen wird immer sehr gern auf das eher neuere Phänomen der Anglizis­men gese­hen. Die weitaus länger vorhan­de­nen Gal­lizis­men, Latinizis­men, Grae­cizis­men, usw. wer­den aus­ge­blendet. Bei ein­er expliziten geset­zlichen Regelung wäre das nicht mehr möglich.
    Wer­fen wir ein­mal einen kurzen Blick in die Ver­fas­sung. Dort stolpern wir über Aus­drücke wie Demokratie (griechisch), Par­la­ment (Latein), Repub­lik (Latein), Partei (Latein), um nur einige wenige zu nennen.
    Selb­st die Frage, ob das Wort “deutsch” als deutsch zu betra­cht­en ist, oder ob es sich um ein lateinis­ches Fremd­wort han­delt, halte ich für offen.
    Würde eine Regelung durchge­set­zt, die den Staat zu auss­chließlich­er Nutzung deutschen Wortgutes zwingt, müßte die kom­plette Geset­zge­bung umgeschrieben wer­den (ver­glichen mit dem Banken­recht, das sich fast auss­chließlich aus ital­ienis­chen Begriff­fen zusam­menset­zt, wären die Änderun­gen im GG ver­mut­lich noch harm­los), und würde mehr als hol­prig klingen.
    Ein­er Gegenkam­pagne oder entsprechen­den Unter­schrife­nak­tion würde ich mich jed­erzeit anschließen.

  21. Martin

    Platt
    Fein­er Text, wobei mich zwei Gedanken umtreiben:
    1) Wie ste­ht es mitz der Kul­turho­heit der Län­der? Wäre der vorgeschla­gene Art 22a GG nicht ein unzuläs­siger Ein­griff in eben jene und somit unzulässig?
    2) Platt ist eine eigene Sprache, kein Dialekt des Deutschen (sagt jeden­falls der Nord­deutsche in mir, der das so auch in der Wikipedia nachgeschla­gen hat http://de.wikipedia.org/wiki/Plattdeutsch 🙂 ). Also irgend­wie eher in ein­er Rei­he mit den anderen Min­der­heit­en­sprachen Dänisch, Friesisch (jaja, viel los an der Küste), und Sorbisch.

  22. Dierk

    Fremd schä­men
    Rep­u­ta­tion, rhetorischem, studiert, Argu­mente, The­mas, Obser­vanz, Nor­mal, Floskeln, polemisiert, man­is­che, Blog, Aktion, sou­verän, inspiri­ert, Sin­gu­lar­ität, PS
    Noch Fra­gen, Herr Ambros?
    Kom­mafehler, selt­same manuelle Umbrüche, ver­lorene Sinnhaftigkeit auf hal­ber Strecke von Sätzen, kom­plett fehlen­der rot­er Faden [= strin­gente Argu­men­ta­tion] und eher schwäch­lich­er Ver­such das argu­men­tum ad hominem ad absur­dum zu führen — das woll­ten Sie doch, oder? — wer­den mal nicht weit­er bewertet.

  23. Rainer

    Außer “Jobs” gibt es noch weit­ere Wörter, die nicht deutsch sind:
    Fam­i­lie, Poli­tik­er, Medi­en, Generation
    Wie soll z. B. mit fol­gen­den Wörtern ver­fahren wer­den: Fen­ster, Keller, Nase, Schule, Auto. Wörter mit “ion” “tik”
    selb­st “Deutsch” ist kein deutsches Wort.

  24. Klausi

    Deutsch ins Grundgesetz
    Die vom VDS angestrebte Auf­nahme des Deutschen ins Grundge­setz ist gerecht, jedoch nur als sym­bol­is­ch­er Akt zu betra­cht­en. Dass man dabei “Bild” ins Boot holt und dann auch noch mit diesem unmöglichen Text, ist trau­rig genug. Unter­schreiben würde ich so einen Mist nicht, aber wer kann sich seine Ver­bün­de­ten schon immer aus­suchen, zumal wenn man von der Sache an sich überzeugt ist?
    Über die Leser der Bildzeitung abzuziehen, ist allerd­ings auch nicht niveau­voller, son­dern das bekan­nte eitle Geschwätz und die ewige Besser­wis­serei der Sprach­nör­glernör­gler, die die Wahrheit per se bei sich verortet sehen möcht­en. Man darf ges­pan­nt sein, was die Leser der Bildzeitung dazu sagen wer­den, immer­hin sind sie doch ein gewichtiger und gle­ich­berechtigter Teil der Sprecherge­mein­schaft. Bei all dem fehlt eigentlich nur noch die übliche elitäre Schelte über den deutschen Schlager und die Volksmusik als Aus­druck eines schlecht­en Musikgeschmacks des gemeinen Deutschen. Bei der Verurteilung der Leser der Bildzeitung und Hör­er deutsch­er Musik ges­tat­ten die Her­ren sich Geschmack, lassen aber bei Sprache keinen anderen als den ihren gel­ten. Sehe ich da was falsch, oder wird hier mit zweier­lei Maß gemessen?
    Kein Men­sch will im übri­gen vorschreiben, wie man pri­vat zu sprechen oder zu schreiben hat, selb­st der VDS nicht. Es muss jedoch erlaubt sein, Behör­den, Schulen und anderen öffentlichen Insti­tu­tio­nen daran zu erin­nern und ggf. zu mah­nen, dass die Lan­dessprche Deutsch (und nicht etwa Englisch) ist und sie ein unverzicht­bares gesellschaftlich­es Bindeglied darstellt.
    Wenn schon in bes­timmten Fällen Englisch als Gerichtssprache einge­führt wer­den soll oder der “Freizeit­deutsche” Oet­tinger Englisch als zukün­ftige Verkehrssprache propagiert und Deutsch auf eine Art von Einge­bore­nen­sprache her­ab­sinken lassen möchte, ist es an der Zeit, diesem Unsinn einen Riegel vorzuschieben.

  25. Jeeves


    Ich lach’ ja auch über all die “Live con­certs”, noch bess­er: “Life con­certs”, oder “Rosi’s Cur­ry-Stube” usw. aber:
    Allein schon die Zusam­me­nar­beit mit dem Schund­blatt… der Vere­in hat sich ja nun total ins intellek­tuelle Abseits gestellt.

  26. Matthias

    Aus­län­der raus
    Liege ich mit meinem Sprachver­ständ­nis falsch, oder lässt sich fol­gende Pas­sage mit “Aus­län­der raus (soweit sie kein Deutsch sprechen)” übersetzen?
    UND: Ich will keine Zuwan­der­erfam­i­lien, die sich bis in die dritte Gen­er­a­tion weigern, die Sprache des Lan­des kor­rekt zu ler­nen, in dem sie leben!”
    Auch ich bin der Mei­n­ung, dass jed­er die Sprache des Lan­des erler­nen sollte in dem er lebt. Dies geschieht bere­its längst (Schule, Ein­bürgerung­stest, Sprachkurse etc.).
    Der Text vom Vere­in Deutsche Sprache ist wenig­stens dahinge­hend missver­ständlich, dass sich das eigene Anliegen gegen die Zuwan­der­fam­i­lien selb­st und nicht gegen deren man­gel­nde Sprachkom­pe­tenz richtet.
    Dieses Koket­tieren, sprich Spie­len mit stumpfen Parolen ist wirk­lich typ­isch für die Bildzeitung.
    Auch wenn ich dem Vere­in Deutsche Sprache kein recht­es Gedankengut vor­w­er­fen will, so werfe ich den­noch ihm einen zwei­deuti­gen, missver­ständlichen Sprachge­brauch vor.
    Einen unge­nauen Sprachge­brauch finde ich per­sön­lich tragis­ch­er, als ein paar Anglizis­men, zumal Sprache sich entwickelt.

  27. Rechtnerviger

    Diesem Teil­satz fehlt ein “ist”:
    immer­hin es auf Deutsch verfasst).
    Hier ist das zweite “dass” falsch geschrieben:
    Abschnitt 2 des­sel­ben Para­grafen bes­timmt dann, dass jedem Doku­ment, dass ein­er Behörde in ein­er anderen als der deutschen Sprache vorgelegt wird, eine Über­set­zung beiliegen muss, bzw. dass die Behörde eine solche kostenpflichtig anfer­ti­gen lassen kann.
    Anson­sten sehr guter Artikel, inhaltlich wie sprach­lich- chapeau

  28. Chat Atkins

    Müsste dann nicht noch ein Zusatz ins Grundge­setz, der exakt beschreibt, welche der vie­len deutschen Sprachen gemeint ist? Diejenige der Amtsstuben, der Jar­gon der Poli­tik, das anako­luthis­che Bier­tisch-Ges­tam­mel, am Ende gar das Plattdeutsche, das Säg­gsi­esche, die Jour­nal­is­ten-Sprech­weise oder vielle­icht das Juristen-Kauderwelsch?

  29. Jali

    Ger­hör­lose
    Ein wichtiger Aspekt fehlt in Dein­er Aufzäh­lung noch: Die Gebär­den­sprache, die von gehör­losen und schw­er­höri­gen Men­schen ver­wen­det wird.
    Erst seit 1992 ist die Gebär­den­sprache in Deutsch­land über­haupt als eigen­ständi­ge Sprache anerkan­nt; seit 2002 ist im Behin­de­ten-Gleis­stel­lungs­ge­setz (BGG) fest­gelegt, dass Gehör­losen in amtlichem Verkehr (also z.B. bei Behör­denbe­suchen) ein Dol­metsch­er gestellt wer­den muss, damit sie sich ver­ständi­gen können.
    Eine Auf­nahme der Pflicht zur Ver­wen­dung der deutschen Sprache im Grundge­setz, würde die entsprechen­den Pas­sagen des BGG mit einem Schlage ver­fas­sungswidrig machen, und damit die Gebär­den­sprache in den Stand vor 1992 zurückkatapultieren.
    [Gebär­den­sprache ist die einzige Sprache, die grund­sät­zlich der Amtssprache Deutsch gle­ichgestellt ist. Dies regelt das Sozialge­set­zbuch (Zehntes Buch, § 19, dessen erster Abschnitt wie fol­gt lautet:

    Die Amtssprache ist deutsch. Hör­be­hin­derte Men­schen haben das Recht, zur Ver­ständi­gung in der Amtssprache Gebär­den­sprache zu ver­wen­den; Aufwen­dun­gen für Dol­metsch­er sind von der Behörde oder dem für die Sozialleis­tung zuständi­gen Leis­tungsträger zu tra­gen. [SGB X, §19, Abs. 1]

    In einzel­nen Bun­deslän­dern kom­men noch andere Min­der­heit­en­sprachen hinzu: Im Kreis Nord­fries­land und auf Hel­goland ist das Friesis­che dem deutschen gle­ichgestellt — es sei denn, in ein­er Behörde spricht nie­mand friesich, dann muss der Antrag­steller alles ins Deutsche über­set­zen lassen. In Bran­den­burg und Sach­sen ist inner­halb des sor­bis­chen Sied­lungs­ge­bi­etes das Sor­bis­che dem Deutschen gle­ichgestellt, Über­set­zun­gen muss die jew­eilige Behörde selb­st bezahlen. — A.S.]

  30. Heiko

    es geht ja schon so Undeutsch los …
    Ich fordere dann aber auch die Stre­ichung des Nicht-deutschen Wortes “Präam­bel” und Ersatz durch “Vor­wort”, “Ein­leitung” oder auch “Erk­lärung” gle­ich zu Beginn des GG.
    Es fasziniert mich wie es die B**D immer wieder schafft, mit Albern­heit­en den Nerv der Leute zu tre­f­fen und Aufmerk­samkeit durch aufge­plus­terte Nicht-The­men zu erre­gen. Dieses Blatt wird viel zu ernst genom­men. Eine anspruch­slose Pausen­lek­türe für anspruch­slose Menschen.

  31. Patrick Schulz

    @Klaas E.
    Auf dieser Basis müsste man auch §23.1, BVwVfG infrage stellen. (btw. ist dieser Para­graph über­haupt mit Art 3 Abs 3, GG zu vere­in­baren?) Oder bleiben wir bei Art 1 Abs 1 GG; was ist denn “Würde”?
    Geset­ze, vor allem die im GG, sind im bewusst schwammig gehal­ten. Es ist Auf­gabe des BVfG diese dann Auszule­gen. Ich glaube, allein auf der Basis der Undefiniertheit ver­fas­sungsrechtlich­er Begriffe lässt sich keine Geset­zesini­tia­tive stoppen.
    Aber das bringt mich auf eine Idee:
    Vielle­icht hil­ft es eini­gen “Deutsch ins GG”-Befürwortern, wenn man ihnen sagt, dass ein Anrufen des BVfG im Falle von Stre­it­igkeit­en ob der Ausle­gung des Begriffes “deutsch”, Unsum­men an Steuergeldern kosten würde um zu klären, was “Deutsch” ist. Das sind Argu­mente, denen der gemeine BILD-Leser zugänglich sein dürfte.
    Und als Geg­n­er der Ini­tia­tive kön­nte man gle­ich damit anfan­gen, zu dro­hen, dass man gegen so ziem­lich jedes Gesetz das wir in Deutsch­land ken­nen, natür­lich jedes einzeln, Ver­fas­sungs­beschw­erde ein­le­gen würde. Mit der Begrün­dung, dass das Deutsch, das bei Geset­zes­tex­ten ver­wen­det wird, selb­st Mut­ter­sprach­lern des Deutschen in vie­len Fällen der­art unzugänglich ist, dass man Hil­fe von Außen (durch einen Anwalt, z.B.) braucht.
    Allein die Frage, wie der Art. 22.1 GG in diesen Fällen auszule­gen wäre, würde das BVfG auf Jahre beschäfti­gen und den Steuerzahler auf Jahre belas­ten. Ich bin sich­er, es gibt nicht wenige Geset­ze, in denen mal die Syn­tax ambig ist, mal die Lexik und mal solche, wo mal ein juris­tis­ch­er Fachter­mi­nus aus dem Lateinis­chen auf­tucht. Alles verfassungswidrig.
    Und das kann doch nicht mal der VDS wollen, oder?

  32. Martin Eisengardt

    Ein­fach lächerlich…
    …ich habe, bevor Bild­Blog nicht drüber berichtete und den Link hier­her veröf­fentlichte, nicht wirk­lich was von diesem Vere­in gehört. Ich habe mir den­noch die Mühe gemacht, ein­mal genauer zu schauen, was dieser Vere­in will. Und prompt kam ich aus dem Lachen nicht mehr raus.
    Gle­ich auf den ersten Seit­en wird geschrieben: “Gegen fair, Inter­view, Train­er, Dop­ing, Slang haben wir nichts einzuwen­den. Prahlwörter wie event, high­light, shoot­ing star, out­fit, mit denen gewöhn­liche Dinge zur großar­ti­gen Sache hochge­jubelt wer­den, lehnen wir ab.”
    Ja was denn nun? Slang zu akzep­tieren (es gibt ja die eins-zu-eins Entsprechung: Umgangssprache, wieso also das Wort akzep­tieren?) aber “Event” nicht, ist lächer­lich. Der Duden akzep­tiert bei­de gle­ichrangig als Anglizis­mus oder denglisch oder eingedeutscht oder wie mans auch immer sehen will.
    Der Vere­in hat ein großes Prob­lem mit sein­er Glaub­würdigkeit: Dieses Prob­lem heißt Willkür. Der Vere­in definiert für sich willkür­lich was er an Begrif­f­en gut find­et und was nicht. Einem solchen Vere­in kann ich doch nicht unter­stützen. Über­haupt: Wer definiert denn die deutsche Sprache? Wer anderes als der Duden selb­st, der den Qua­si-Stan­dard des Wortschatzes festhält?
    Sprache ist in erster Lin­ie eines: Gesproch­enes Wort. Und Sprache lebt. Wörte die heute noch fremd erscheinen, sind mor­gen völ­lig nor­mal. So wie das Fen­ster, das eben­falls ein­mal ein Nicht-deutsch­er Begriff war. Oder das Gym­na­si­um. Oder oder oder…
    Dass Springer selb­st ja nichts von der eige­nen Aktion hält, wurde bere­its von Bild­blog auseinandergenommen.

  33. VonFernSeher

    @Martin Eisen­gardt
    Ich weiß nicht genau, was Sie daran lächer­lich find­en. Ich finde, es ist genau der Punkt, an dem man nach­denken sollte, ob sich nicht doch ein etabliertes deutsches Wort find­et. Denn nicht die Suche nach ein­er deutschen Alter­na­tive, son­dern die unnötig gestelzte For­mulierung ist lächer­lich. Man schließt damit direkt Teil­grup­pen von der Kom­mu­nika­tion aus, manch­mal, weil man zeigen will, dass man toller/besser/schlauer/moderner als der­jenige ist, der es nicht ver­ste­ht, manch­mal ein­fach, weil man zu faul/beschäftigt/ignorant/unwissend/hilflos war eine Alter­na­tive zu finden.
    Ich möchte damit in kein­er Weise die BILD-Aktion vertei­di­gen, denn der Brief ist min­destens genau­so dumm, aber eine Dif­feren­zierung tut hier not. Lehn- und Fremd­wörter, die in unsere All­t­agssprache Ein­gang erhal­ten haben (und damit teil­weise wichtige Lück­en füllen), sollte man nicht ver­teufeln, das wird Ihnen jed­er bestäti­gen, der sich mit Kom­mu­nika­tion­swis­senschaft und Wis­sens­man­age­ment (!) auseinan­der­set­zt. Vok­a­beln aber, die die Zuhör­erschaft nicht oder nicht aus­re­ichend ver­ste­ht, sind Kom­mu­nika­tion­shür­den und deshalb zu ver­mei­den — ob jet­zt englisch, deutsch oder altgriechisch.

  34. Garbo

    Das wird aber schwer…
    Es gibt wohl diverse Hür­den, die dem Wun­sch der BILD im Wege ste­hen. Eine nicht uner­he­bliche ist sicher­lich die Unfähigkeit der Leser­schaft, die Deutsche Sprache kor­rekt zu ver­wen­den. “Kalle, gib’ ma’ Zeitung” (aus dem taz-Spot) ist keines­falls eine Übertrei­bung gewe­sen, son­dern fügt sich her­rlich in das Gesamt­bild dieser Kon­sumenten. Nun mag es diese Leute stören, wenn man von “Street Work­ern” spricht (wobei das Deutsche “Straße­nar­beit­er” längt von einem anderen Beruf belegt ist), aber den VDS stört es sicher­lich mehr, wenn Deutsche den Gen­i­tiv falsch ver­wen­den oder nicht in der Lage sind, ein Verb durch alle Zeit­en zu konjugieren.
    Wie schon andere hier schrieben, ist das Deutsche durch­set­zt von Lehn­wörtern, die man heute gar nicht mehr als solche wahrn­immt. So wird es auch mit dem “Denglisch” sein. Einiges bleibt, vieles geht auch wieder. Sollte Chi­na in den näch­sten 100 Jahren vor­bildlich auf­steigen und sich eine neue Welt­sprache durch­set­zen, wet­tert man 2086 vielle­icht gegen dieses unsägliche “Deune­sisch”. Neben­bei: Welt­sprache nen­nt man auch Lin­gua fran­ca, denn es gab Zeit­en, da war es Franzö­sisch, nicht Englisch, was man sprach, wenn man “von Welt” war. Und beschw­ert sich jemand darüber, daß so viele Opern in Ital­ienisch sind und in der Musik ohne­hin viele Beze­ich­nun­gen in konkret ital­ienis­ch­er Sprache vorkommen?
    Sprache ist im Fluss. Und das ist gut so. Let­ztlich wird von den Nutzern definiert, was Sprache ist, nicht von ein paar älteren Per­so­n­en an einem Konferenztisch.
    Garbo

  35. Martin Eisengardt

    @VonFernSeher
    Die meis­ten Begriffe, die auch jed­er Nor­mal­bürg­er ver­ste­ht, sind diejeni­gen, die bere­its zum nor­malen Sprachge­brauch gehören. Nehmen wir das Beispiel “Handy” oder “Lap­top”. Und wieso ger­at­en solche Begriffe wie “Slang” oder “Event”, “Lap­top” oder “Handy” über­haupt in den Duden? Richtig: Weil sie in der deutschen Sprache, die in erster Lin­ie gesprochen wird, Einzug erhal­ten. Was auch immer das heis­sen mag. Eventuell mag das ein Duden-Redak­teur erklären.
    Den Vorstoß selb­st halte ich schlichtweg für über­flüs­sig. Den Vere­in halte ich auf­grund der Willkür und der Abgren­zung in guten und schlecht­en Nicht-Deutschen-Worten schlichtweg für lächerlich.

  36. Dierk

    Man schließt damit direkt Teil­grup­pen von der Kom­mu­nika­tion aus, manch­mal, weil man zeigen will, dass man toller/besser/schlauer/moderner als der­jenige ist, der es nicht ver­ste­ht, manch­mal ein­fach, weil man zu faul/beschäftigt/ignorant/unwissend/hilflos war eine Alter­na­tive zu finden.

    Und wo ist das Problem?
    Auf der Suche nach ein­er guten Aus­gabe von James Joyce Ulysses las ich mich let­zte Woche durch die neg­a­tiv­en Kom­mentare zum Titel bei Ama­zon UK. Über­raschen­der­weise fan­den diese Kri­tik­er das Werk vor allem unles­bar, lang­weilig und wohl nur für Lit­er­at­en und Akademik­er geschrieben. Die Filmkri­tik in D und US ist übri­gens auf dem­sel­ben Niveau. Aber was genau sagt uns das eigentlich? Doch nur, dass es auch für Geschriebenes Ziel­grup­pen gibt.
    Wollen Sie BILD-“Leser” erre­ichen, verzicht­en Sie auf Buch­staben, set­zen Sie auf mit­tel­prächtige bis beschissene Fotos, streuen Sie — um den Anspruch ‘Qual­itätsmedi­um’ zu sein zu erhal­ten — in Schrift gegossene sound­bites ein, kurz, knapp und möglichst strafrechtlich rel­e­vant ohne dabei offen jus­tizia­bel zu wer­den. Der VDS und Wal­ter Krämer wis­sen das mit den Ziel­grup­pen, und haben das ger­ade konkret umge­set­zt — das Dümm­ste in die BILD, deren Redak­teure dampfen die über­flüs­si­gen Buch­staben der PR-Mit­teilung schon runter.

  37. Gareth

    Out­fit
    Nur so neben­bei, wo ich ger­ade gele­sen habe, dass sich der VDS daran stört (sur­prise sur­prise!), was ist denn bitte das deutsche Wort für Out­fit, wenn das ange­blich nur ein Prahlwort ist?

  38. Ambros

    . . sowie vehe­ment nach-schiebend aus alle den mit­tler­weile ver­meintlich ver­schlossen geglaubten Löch­ern, Spal­ten und Ritzen der Kanal­i­sa­tion kommt sie wieder her­vor gekrochen dieser Tage …
    DIE BRÄUNLICH-SCHWARZE SCHEIßE VON VORGESTERN!
    DIE PLUMPS-KLOS, KACKLÖCHER und PISS-RINNEN des let­zten Jahrhun­derts sind wieder weit offen und ver­bre­it­en ihren pen­e­tran­ten, beißen­den und Ver­nun­ft und Intel­li­genz zer­set­zen­den GESTANK!
    [Dieser Kom­men­tar hing im Spam­fil­ter, dem ein gepflegter Umgangston wohl wichtiger ist als die Rede­frei­heit. Bei mir ist es umgekehrt, deshalb habe ich ihn freigeschal­tet. Trotz­dem denke ich, wir hät­ten den Punkt auch ohne die Kack­löch­er und Pis­s­rin­nen ver­standen — A.S.]

    Ich ver­ste­he, wenn es der eige­nen Sache dient..
    Wer wird als anspruchsvoller Intellek­tueller so etwas von sich weisen?
    Über­haupt bin ich wegen der Argu­men­ta­tio­nen und For­mulierun­gen — vor allem dann, wenn man ander­er Mei­n­ung ist — recht über­rascht. Offen ges­tanden, ich hat­te mir Besseres erwartet.
    (Habe ich einen Kom­mafehler gemacht?)
    Der Satz in meinem Beitrag über das zurück­ge­hende Anse­hen der Wis­senschaftler ist schneller als gedacht bestätigt. Zugegeben, Intellek­tuelle sind auch nur Menschen.
    [Herr Ambros, meine Liebe zur Rede­frei­heit ist der einzige Grund, warum Sie hier kom­men­tieren dür­fen, also gön­nen Sie es doch auch anderen. — A.S.]

  39. VonFernSeher

    Wo das Prob­lem liegt
    @Martin Eisengardt
    Ich weiß ja schon, was Sie für lächer­lich hal­ten, aber Sie brauchen keinen Wider­spruch zu kon­stru­ieren. Ich will nicht sin­nvolle neue oder geliehene Wörter aus der Sprache ver­drän­gen. “Mobil­tele­fon” ist glo­biger als “Handy”, “Lap­top” bildlich­er als “Klap­prech­n­er” oder “Mobil­rech­n­er”. “Event” dage­gen ist ein Mod­e­wort, dass mit Sicher­heit ein großer Teil der deutschen Bevölkerung nicht oder nicht richtig ver­ste­ht. Warum dann nicht Ver­anstal­tung? Weil es nicht so wichtig klingt?
    Über den VDS kann ich wenig sagen, habe mich vor Jahren mal mit denen aus­giebiger befasst. Damals allerd­ings erweck­te alles, was ich zu diesem Vere­in find­en kon­nte und ange­fordert habe, den Ein­druck, sie woll­ten genau das tun: die deutsche Sprache für alle ver­ständlich halten.
    @Dierk
    Wo das Prob­lem liegt? Das müssen Sie schon selb­st her­aus­find­en. (Ihr Ablenkungs­man­över hin zur Lit­er­atur lasse ich mal links liegen.) Sie müssen sich ein­fach bewusst sein, dass Sie mit der Wahl Ihrer Vok­a­beln Ihre Ziel­gruppe ein­schränken. Vie­len ist das nicht bewusst. Und manche muss man über­set­zen, damit auch Leute außer­halb der Ziel­gruppe ver­ste­hen, was jene für einen Unsinn reden.
    @Gareth
    “Out­fit” ist doch ein schönes Beispiel, dass es im Deutschen feinere Unterteilun­gen gibt, die man auch benutzen darf. Warum muss ich mir eine Vok­a­bel suchen, die alle Bedeu­tun­gen von “Out­fit” vere­int, wenn es im Deutschen zehn und mehr gibt, die genauer sind?
    Erschei­n­ung, Bild, Klei­dung, Gewand, Mode, Robe, Zwirn, Fig­ur, Anzug, Aufzug, …

  40. Dierk

    Nein, Herr Von­FernSe­her, ich muss das nicht selb­st her­aus­find­en, denn ich habe den Quatsch nicht von mir gegeben. Ich habe die Gegen­these aufgestellt und dazu ein kurz gefasstes Argu­ment gebracht, außer­dem ein Beispiel, dessen Kern Ihnen anscheinend ent­gan­gen ist.
    Was das Über­denken benutzter Wörter ange­ht — siehe dazu auch meine Antwort an Her­rn Ambros zu seinem Elab­o­rat -, habe ich gar nichts dage­gen. Eben­sowenig, sein Vok­ab­u­lar an seine Ziel­gruppe anzu­passen. Dahingestellt sein lasse ich mal, inwieweit Schreiber viel zu oft ihr Pub­likum unterschätzen.
    Lustiger­weise reduziert sich das Argu­ment der VDS’ler immer ganz schnell auf die Fest­stel­lung, dass es schlechte Schreiber gibt. Ja. Habe ich hier auch schon gele­sen, solche. Manche von denen schreiben schlechter, als sie müssten, weil sie ach so gerne auf Welsches verzicht­en möcht­en.* Andere schreiben nicht gut, weil sie sich irgendwelchen Richtlin­ien oder juris­tis­chen Spitzfind­igkeit­en ergeben müssen. Das hat allerd­ings alles nichts mit Englisch, Denglisch, Latein, Franzö­sisch, Amerikanisch, Indisch, Chi­ne­sisch oder Lehn­wörtern zu tun.
    *Sor­ry, auf Englis­ches natür­lich, das mit dem Welsch meinen die ja gar nicht.

  41. Peer

    Was dahin­ter­ste­ht…
    …kon­nte man erfahren, als man bei Ihnen den ersten Artikel zu dem The­ma vor eini­gen Jahren las und dann auf das Forum des Vere­ins klickte.
    Da wur­den (von Vere­ins­mit­gliedern) Hoff­nun­gen laut, dass damit im Radio endlich mehr deutsche Musik (!) lief und einige äußerten ihre Angst, dass ohne einen entsprechen­den Para­graphen bald alle in Deutsch­land pol­nisch bzw. türlisch sprechen… (komis­cher­weise hat­te nie­mand Angst, dass wir alle englisch sprechen wür­den, was irgend­wie inkose­quent ist, oder?)

  42. Ambros

    [Herr Ambros, meine Liebe zur Rede­frei­heit ist der einzige Grund, warum Sie hier kom­men­tieren dür­fen, also gön­nen Sie es doch auch anderen. — A.S.]
    Don­ner­wet­ter! Welche Großzügigkeit, der­er ich son­st nicht würdig bin und mich deshalb schon verabschiede.
    Übri­gens: Ich bin der einzige Teil­nehmer, der seinen Namen nicht ver­birgt. Gründe für das Ver­ber­gen gibt es offenbar.

  43. Moritz

    Irgend­wie habe ich beim Lesen dieses BILD-Textes in jed­er Zeile auf ein “Und bitte schmeißen sie die Neger raus!” gewartet… was soll man dazu noch sagen, außer: BILD — pop­ulis­tisch, partei­isch, blöd.

  44. Sebastian

    Mann, was haben wir im Studi­um über “Sprach­schützer” gelacht! Wer Erken­nt­nisse zur Sozi­olin­guis­tik, zur Sprachgeschichte, zum Sprach­wan­del, ja zur Natur der Sprache selb­st so vehe­ment ignori­ert, nur um seine eigene Sprachver­wen­dung zur kom­mu­nika­tiv­en Königs­form zu erheben, muss sich wirk­lich nicht wun­dern, wenn ihm keine “wis­senschaftliche Küh­le” mehr ent­ge­genge­bracht wird.
    Sollte der Staat sich jemals anmaßen, unsere Sprache zu “regle­men­tieren oder sank­tion­ieren”, werde ich mich umge­hend um einen JOB im Aus­land bemühen.
    Sebastian
    (immer­hin Mag­is­ter der Germanistik)

  45. Ayla Sattler

    Wirk­lich gut!
    Ich bin von Ihrem Text begeis­tert! Zu Anfang war mir nicht ganz klar, welche Posi­tion Sie vertrete, was aber denke ich spätestens am Ende jedem klar sein müsste. Ich bin keine BILD-Leserin, weshalb ich erst hier­durch von diesem irrwitzi­gen Ver­such der BILD erfahren habe. Ich apel­liere an Redak­teure der BILD, falls diese dies lesen, zukün­ftig mit gut recher­chierten Artikeln die Löch­er zu stopfen, die dann entste­hen, wenn nie­mand mehr eine Ahnung hat, was man in einem Blatt schreiben kön­nte, das ganz Deutsch­land liest. Eine Schlagzeile “TAXI-WUT” (das ist übri­gens auch kein deutsches Wort) weist darauf hin, dass dies nicht immer der Fall ist. Die Aus­gabe dieser Zeitung müsste aus dem Som­mer 2007 sein, sich­er bin ich mir da jedoch nicht. Wir haben den Artikel im Deutschunter­richt verbessert, einige Fehler waren zu finden 😉

  46. metropolitan

    Deutsche Sprache
    Lei­der ist es wirk­lich so, dass wir den Amtssprachen schein­bar aus­geliefert sind. Aber ehrlich gesagt.….wer ken­nt sich schon in der den über­haupt wirk­lich in der nicht mehr ganz so neuen Rechtss­chrei­bung aus? Obwohl ich alles andere bin als als Bildzeitungs­fan so finde ich den­noch, dass die dor­ti­gen Redak­teure (natür­lich unter dem Hin­ter­grund ein­er großen Leser­schaft und den ents­d­prechen­den Verkaufszahlen)es schaffen,Inhalte zwar sub­jek­tiv aber doch ver­ständlich rüber zu bringen.

  47. Hartmut Pilch

    Beruf­side­olo­gie statt Wissenschaft
    Dieser Artikel ist zum Teil recht infor­ma­tiv und in der Kri­tik viel­er Einzel­heit­en treffend.
    Aber ins­ge­samt redet er am The­ma vorbei.
    Es geht darum, dass ein Sprachvolk für sein öffentlich­es Leben neben ein­er Flagge und anderen Attribut­en auch ein normiertes Kom­mu­nika­tion­s­mit­tel braucht.
    Wenn dieses in Frage gestellt wird (was ja einige Forendisku­tan­ten andeuten, wenn sie es von der Mut­ter­sprach­lerzahl abhängig machen wollen), entste­hen zunächst hohe Transak­tion­skosten und irgend­wann vielle­icht bürg­erkriegsähn­liche Span­nun­gen (vgl Kat­alonien, Koso­vo etc).
    Das ist für ein Land, dass sich durch seine Sprache kon­sti­tu­iert hat, noch wichtiger als für andere.
    Ihr Blog sollte sein Mot­to zu “Alle Sprachge­walt geht von den Indi­viduen aus” ändern, um klar zu machen, dass es sich nur für die deskrip­tive, möglichst wert- und zweck­freie Beschrei­bung der Entwick­lung von Indi­vid­u­alver­hal­ten inter­essiert, wie man sie in Vor­lesun­gen der Diachro­nen Lin­guis­tik im Ger­man­is­tik­studi­um lernt. Die hier­aus resul­tierende Ide­olo­gie beze­ich­nen die Philosophen als “Nat­u­ral­is­mus” und im Bere­ich der Ethik als “nat­u­ral­is­tis­chen Fehlschluss”.
    Der nat­u­ral­is­tis­che Fehlschluss ist, wie man an diesem Forum sieht, das Marken­ze­ichen des Ger­man­is­ten­m­i­lieus, auf welch­es dieses sich viel ein­bildet. Einen Erken­nt­nis­gewinn im Bezug auf das Funk­tion­ieren von Sprache bietet er nicht. Er doku­men­tiert nur die (im deskrip­tiv­en Kon­text bisweilen sin­nvolle) kon­se­quente Weiterung, auf Zwecke und daraus abgeleit­ete kom­mu­nika­tion­sethis­che Aspek­te einzugehen.

  48. Patrick Schulz

    @metropolitan
    Ich würde das, was in der Bild ste­ht nicht als „ver­ständlich rüber brin­gen“ beze­ich­nen, son­dern als „ver­fälschend vere­in­fachen“. Ich geb mal den Naiv­en und behaupte, dass die Redak­teure das nicht mit Absicht machen.
    Davon abge­se­hen, glaube ich kaum, dass es VDS und Bild um Rand­phänomene wie Rechtschrei­bung geht…

  49. Hartmut Pilch

    Wider den Methodenzwang
    Der Bürg­er begeg­net den Sozial­wis­senschaften zu Recht mit weniger Achtung als den Natur­wis­senschaften. Um so mehr bemüht sich der Sozial­wis­senschaftler, das Fehlen der Exak­theit (aus der wiederum Anwen­dun­gen, Geld und Pres­tige fol­gen wür­den) durch ein über­mäßiges Beto­nen von Method­olo­gien zu kom­pen­sieren. Nun wusste aber schon Paul Fey­er­abend, dass die größten Natur­wis­senschaftler sich nicht nach den etablierten Meth­o­d­en richteten. Nichts ist daher so ärm­lich wie die Stützung des eige­nen Selb­stver­ständ­niss­es auf eine wis­senschaftliche Meth­ode, wenn diese dann auch noch aus ihrem Kon­text (Beschrei­bung ver­gan­gener Lautver­schiebun­gen und Sprach­wan­del-Ökonomien) her­ausgenom­men und zu einem bekan­nter­maßen fehler­haften Werteleug­nungsin­stru­ment (nat­u­ral­is­tis­ch­er Fehlschluss, His­tor­izis­mus) umgemünzt wird.
    Manche dieser Ger­man­is­ten vertreten diesen halt­losen Stand­punkt umso ver­bis­sener, je mehr sie merken, dass sie, anders etwa als ihre Kol­le­gen aus der Physik und Chemie, nicht ein­mal in ihrer eige­nen Diszi­plin ihre Mei­n­ungs­führerschaft durch­set­zen können.

  50. Andreas Stahl

    Out­fit”
    Ich musste da ein biss­chen kich­ern: 10 Beispiele ein­er Über­set­zung für “Out­fit” genan­nt — und keins passt. Ein “Out­fit” beze­ich­net eine Zusam­men­stel­lung von Klei­dungsstück­en, meist auf einen Gesamtein­druck zie­lend. (Das hab ich mal eben so hin­definiert, dürfte aber unge­fähr hin­hauen). Von den Wortvorschlä­gen passt da kein einziges, manche sind sog­ar ger­adezu albern (“Robe”? wirklich?)
    Aus der inhaltlichen Diskus­sion hat sich der Herr Ambros ja eh weitest­ge­hend her­aus­ge­hal­ten — die Frage “Warum das ganze?” im Lichte dieses Blo­gein­trags scheint mir nicht beantwortet.
    Am wichtig­sten scheint mir aber immer noch die Frage: Was ist der Maßstab für “Prahlwörter” vs. akzept­able Anglizis­men? Ein unge­fähres Bauchge­fühl von ein paar altern­der Herrschaften scheint mir da irgend­wie nicht auszureichen.

  51. VonFernSeher

    @Andreas Stahl
    “Out­fit” kann im Englis­chen “set of cloth­ing” heißen, aber meint auch all­ge­mein­er eine Aus­tat­tung. Insofern entspricht schon der Anglizis­mus nicht mehr der vollen Wortbe­deu­tung (was aber nicht ungewöhn­lich ist).
    Was genau passt Ihnen denn zum Beispiel an Klei­der, Klei­dung oder Erschei­n­ungs­bild nicht? Oder am Gewand? Vielle­icht auch Mon­tur? Oder ein Satz neuer Klei­der? Ich sehe nicht noch nicht die Sit­u­a­tion, in der es keinen deutschen Aus­druck gäbe. Aber vielle­icht habe Sie ja ein Beispiel.

  52. Gareth

    Von­FernSe­her,
    Sie sind sich schon bewusst, dass man Out­fit v.a. in solchen Kon­tex­ten gebraucht wie “Tolles Out­fit!” (als Kom­pli­ment) oder “Ich brauche ein neues Out­fit für heute Abend”, oder? In diesem Zusam­men­hang ist übri­gens über­haupt nichts von der Orig­i­nalbe­deu­tung ver­loren gegan­gen, denn das Wort wird im Englis­chen genau­so benutzt.
    Und Sie kön­nen doch wirk­lich nicht ern­sthaft vorschla­gen, dass man stattdessen “Tolle Klei­dung!” oder “Ich brauche ein neues Gewand für heute Abend” sagen soll. Haha. Das ist doch echt albern. Und jet­zt sagen Sie nicht, dass man stattdessen das Klei­dungsstück her­vorheben kön­nte, das einem gefällt, denn wie Herr Stahl bere­its sagte, bezieht sich Out­fit auf das Ensem­ble von Klei­dungsstück­en, das man trägt.

  53. Juliana

    Schicht­en­mod­ell
    Es ist ein merk­würdi­ges Gesellschafts­bild, dass sich in eini­gen Kom­mentaren widerspiegelt:
    Herr Ambros etwa sieht eine Front zwis­chen “in den Tag hinein­leben­den” “Sprachver­hun­z­ern” (repräsen­tiert durch Unternehmer, Per­son­alchefs, Ladenbe­sitzer und Wis­senschaftler” und “Bürg­ern und Stre­it­ern für den Spracher­halt” (repräsen­tiert durch die BILD-Leserschaft”.
    Herr Pilch befürchtet sog­ar bürg­erkriegsähn­liche Span­nun­gen, wenn Deutsch nicht ins Grundge­setz kommt, wobei eine geset­zlich geregelte Amtssprache als “normiertes Kom­mu­nika­tion­s­mit­tel” offen­sichtlich nicht aus­re­icht. Ich dachte bish­er, Bürg­erkriege wür­den unter anderem dadurch befeuert, dass man Min­der­heit­en ver­bi­etet, ihre Sprache zu benutzen.
    Jet­zt stellt sich nur noch die Frage, auf welche Seite die “Zuwan­der­erfam­i­lien” gehören, die “sich bis in die dritte Gen­er­a­tion weigern, die Sprache des Lan­des kor­rekt zu ler­nen, in dem sie leben”. Wegen ihrer Ver­ach­tung der deutschen Sprache wohl zu den Unternehmern und Wis­senschaftlern. Wer­den sie im Bürg­erkrieg kämpfen, wenn Deutsch nicht ins Grundge­setz kommt? Aber gegen wen? BILD-Leser? Sor­ben, Friesen und Gehör­lose? Und warum nochmal?

  54. Peer

    @Hartmut Pilch
    “Es geht darum, dass ein Sprachvolk für sein öffentlich­es Leben neben ein­er Flagge und anderen Attribut­en auch ein normiertes Kom­mu­nika­tion­s­mit­tel braucht.”
    1. Haben wir eine Amtssprache
    2. Sind wir jet­zt gut 60 Jahre ohne “Deutsch im Grundge­setz” aus­gekom­men. Ich sehe keinen Bedarf für das Hinein­schreiben, wenn man nicht ger­ade eine bes­timmte Agen­da (nur noch deutsche Musik im staatlichen Radio, Ver­bot von “Deng­lish”, Insti­tut für deutsche Sprache nach franzö­sis­chem Vor­bild…) ver­fol­gt. Und dann sollte man die auch bitteschon klar­ma­chen, son­st ist man unehlrich — den Geg­n­ern und den Befür­wortern gegenüber.

  55. Anton Müller

    Feinde der Gesellschaft
    Über­in­ter­pretiere ich hier die Über­schrift, oder arbeit­et da jemand daran, sich über Leute, die seine Mei­n­ung nicht teilen, nicht nur lustig zu machen, son­dern sie auch noch zu Volks­fein­den zu erklären?

  56. Gregor

    Gebär­den­sprache
    Habe eben den Begriff “Gebär­den­sprache” geo­googelt und dabei gel­ernt, daß es auch hier ver­schiedene Nation­al­sprachen und Dialek­te gibt.
    Ob es da wohl auch eine Debat­te über Sprachver­fall und die Über­nahme von Gebär­den aus anderen Sprachen gibt? Anglizis­men, die mit den Hän­den aus­ge­drückt werden?

  57. Juliana

    @ Anton Müller: In der Phrase “die [Adjek­tiv] Gesellschaft und ihre Feinde” bedeutet “Feinde” doch wohl “Geg­n­er der jew­eili­gen Gesellschafts­form”. Eine existierende Gesellschafts­form mit dem “Volk” gle­ichzuset­zen, halte ich für unangemessen. Wird dies von Regierungs­seite getan, haben wir es im all­ge­meinen mit ein­er Dik­tatur zu tun, in der Kri­tik­er gesellschaftlich­er Ver­hält­nisse zu “Volks­fein­den” erk­lärt wer­den. Ana­tol Ste­fanow­itsch ist aber kein Regierungsvertreter. Wenn eine Pri­vat­per­son Kri­tik­er beste­hen­der gesellschaftlich­er Ver­hält­nisse (in diesem Fall den VDS) kri­tisiert, so hat man es nach meinem Ver­ständ­nis mit ein­er poli­tis­chen Diskus­sion zu tun. Und das Wort “Volk” oder gar “Volks­feinde” kommt in dem Beitrag auch nicht vor.
    @ Gregor:
    Meine Erfahrun­gen mit Sprech­ern von Gebär­den­sprache sind, dass man dort immer erfreut darüber ist, wenn es trotz dialek­taler oder “nation­al­sprach­lich­er” Unter­schiede gelingt, sich zu ver­ständi­gen. Gehör­lose selb­st preisen oft ihre Sprache(n) ger­ade dafür, dass sie sich sozusagen über­all mit anderen Gehör­losen ver­ständi­gen kön­nen. Die Grund­lage dafür ist jedoch nicht nur ein hoher Grad an Motiviertheit einzel­ner Lex­eme in den ver­schiede­nen Gebär­den­sprachen, son­dern vor allem die Tat­sache, dass Sprech­er unter­schiedlich­er Dialek­te und Sprachen sich in den wenig­sten Fällen darauf ver­steifen, “ihre” Sprache zu sprechen, son­dern vielmehr immer bemüht sind, die kom­mu­nika­tiv­en Absicht­en ihres Gegenübers zu ver­ste­hen. Denn gelun­gene Kom­mu­nika­tion ist für Gehör­lose ein hohes Gut, da sie tat­säch­lich oft davon aus­geschlossen sind.
    Ich will hier nicht dafür argu­men­tieren, dass Gehör­lose die besseren Men­schen sind. Aber sie haben — möglicher­weise wegen der Sel­tenheit, mit der dies im Falle von Gehör­losigkeit prob­lem­los funk­tion­iert — offen­sichtlich ver­standen, wie wertvoll gelun­gene Kom­mu­nika­tion ist. Gelun­gene Kom­mu­nika­tion lebt jedoch vom sprech­er- und hör­er­seit­i­gen Bemühen, sich zu ver­ste­hen. (Und wenn man ver­standen hat, was “Sale” bedeutet, dann ist das gelun­gene Kom­mu­nika­tion, auch wenn man das Wort aus irgen­deinem Grund ablehnt.) Die “Stre­it­er für den Spracher­halt” jedoch wollen allzu oft nur den Sprech­ern vorschreiben, wie diese sich ver­hal­ten sollen, damit erfol­gre­iche Kom­mu­nika­tion stat­tfind­en kann und lassen die Rolle des Hör­ers außen vor.

  58. Gregor

    @ Juliana und Anton Müller
    Die Über­schrift ist wohl eine Anspielung auf das Werk „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde” von Karl Popper.

  59. Andreas Stahl

    @VonFernSeher
    Da hat Gareth völ­lig recht. Dass das Wort Out­fit im Deutschen einen anderen (engeren) Wortsinn hat als im Orig­i­nal hat tut nichts zur Sache. Im Englis­chen bedeutet “Angst” (ein dort recht beliebter Neol­o­gis­mus) auch etwas anderes bzw. spez­i­fis­cheres als im Deutschen. Man importiert eben gerne Begriffe für etwas, dass es in der Präzi­sion noch nicht gibt.
    Wenn in einem englis­chen Text das Wort “out­fit” wie im Deutschen ver­wen­det würde kön­nte ein Über­set­zer keinen einzi­gen der von ihnen Vorgeschla­ge­nen Begriffe ver­wen­den. Stimmt, so etwas ähn­lich­es sagen die irgend­wie alle, im Detail sind die aber alle im falschen Reg­is­ter, mit irreführen­den Nebenbe­deu­tun­gen (wie Gareth ja auch erwähnte)
    “Klei­der” bzw “Klei­dung” wäre “clothes”, ist ein all­ge­mein­er Über­be­griff. “Mon­tur” ist eher im Handw­erk üblich (“Handw­erk­er­mon­tur” bzw. “in voller Mon­tur”) und würde wenn über­haupt nur iro­nisierend funk­tion­ieren. “Satz neuer Klei­der” hinge­gen kön­nte auch 4 neue Hosen (oder sog­ar “dress­es”) beze­ich­nen. Kurzum, für das was man im Deutschen als “Out­fit” beze­ich­net gibt es keine angemessene 1:1 Entsprechung.
    Und selb­st wenn sie einige der Worte azept­abel find­en: Ihr Bauchge­fühl bzw. Wider­willen dies­bezüglich ist ein­fach kein hin­re­ichen­der Grund um das Wort abzuschaf­fen. Nie­mand zwingt sie ja zu dessen Verwendung.

  60. VonFernSeher

    Out­fit
    @Gareth
    Ich und viele Leute, die ich kenne, wür­den wohl schon “Tolle/schicke Klei­der!” oder etwas lock­er­er “Tolle/schicke Klamotten/Sachen!” sagen, Out­fit wäre wohl eher die Aus­nahme. Ich fühlte mich bish­er nicht als Son­der­ling oder albern, wenn ich so etwas gesagt habe.
    Vom kom­mu­nika­tion­stech­nis­chen Aspekt her kann ich mir allerd­ings bei “Tolle Klam­ot­ten!” wohl sicher­er als bei “Tolles Out­fit!” sein, dass mich mein Gegenüber zuver­läs­sig ver­ste­ht. Und darum geht es grundle­gend. Erst wenn ich sich­er bin, dass mein Gegenüber mich über­haupt ver­ste­ht, kann ich mit der Wahl der Worte auch eine Metabotschaft senden.
    @Andreas Stahl
    Die Handw­erk­er­mon­tur ist auch vom “out­fit” (BE) abgedeckt.
    Es gibt für mich auch keinen Grund im Deutschen nach ein­er 1:1‑Entsprechung zu suchen, solange ich alle Belange mit deutschen Wörtern abdeck­en kann. Wenn nicht, werde ich ein Fremd­wort ver­wen­den, aber nur dann.
    Ich weiß auch nicht, wo Sie gele­sen haben wollen, ich wollte jeman­dem den Gebrauch von Fremd­wörtern ver­bi­eten. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass Fremd­wörter (und welche, die manche dafür hal­ten) oft dazu genutzt wer­den auszu­gren­zen und das dies bewusst und unbe­wusst geschieht. Dabei stammt das Beispiel “Out­fit” nicht von mir.

  61. Uli Stielau

    Wir sind dabei!
    Hal­lo Herr Stefanowitsch,
    ich habe mit Freude Ihren Artikel gele­sen und möchte Ihnen unsere Hil­fe anbieten…
    Falls Sie also dem­nächst eine Kam­pagne starten müssen, sind wir gern mit dabei.
    (Wir, das ist eine deutschsprachige Berlin­er Band mit Mit­gliedern aus vier Natio­nen, die ver­sucht, gesun­den Men­schen­ver­stand in die Köpfe zu bekommen)
    Grüße,
    Uli von Auch gut!
    [Das klingt gut. Ich werde darauf zurück­kom­men! — A.S.]

  62. Anton Müller

    @ Gre­gor, Juliana
    … und da ging es ja wohl tat­säch­lich um Feinde, nicht um Geg­n­er. Mir ist doch eher unwohl dabei, wenn hier eine Gruppe von Men­schen auf­grund ihrer Mei­n­ung per­ma­nent verächtlich gemacht und schließlich noch zu “Fein­den”, egal wovon, erk­lärt wird.

  63. Gregor

    @ Anton Müller
    …soll vorkommen.
    Hier etwas über den Ver­fass­er der “Freien Gesellschaft…”: Im Win­ter 1944/45 erhielt Pop­per (…) das Ange­bot, an der Lon­don School of Eco­nom­ics and Polit­i­cal Sci­ence zu lehren, welch­es er annahm. (…) Wegen der mitunter anmaßen­den und aggres­siv­en Art, mit der er seine Stand­punk­te ver­trat, erwarb er sich dort schnell den Spitz­na­men „total­itär­er Liberaler“.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Popper

  64. Juliana

    @ Anton Müller
    Nun, Ihr Unwohl­sein angesichts ein­er scharf geführten Debat­te gegenüber in allen Ehren, aber der entschei­dende Unter­schied ist doch, ob Men­schen “auf­grund ihrer Mei­n­ung” verächtlich gemacht wer­den, oder ob ihre Mei­n­ung verächtlich gemacht wird. Ersteres ist immer unschön, das sehe ich aber in diesem Blog vor allem in eini­gen Kom­mentaren. Let­zteres muss man wohl aushal­ten, wenn man sich mit sein­er Mei­n­ung in die Öffentlichkeit beg­ibt. Das macht Rede­frei­heit und poli­tis­che Diskus­sion aus.

  65. wakarazu

    @VonFernSeher: Mal abseits des ganzen Drumherums der Diskus­sion: Ein Out­fit bein­hal­tet (zumin­d­est in mein­er Gen­er­a­tion um die 20) mehr als nur Klam­ot­ten, da gehört auch Frisur, gegebe­nen­falls Make-Up etc. dazu. Wenn dann sollte man also von einem “Erschei­n­ungs­bild” oder “Aufzug” sprechen, so gestelzt das dann auch klin­gen mag.
    Wieviele Men­schen ver­ste­hen eigentlich “Out­fit” nicht? Da muß ich mich wohl in den falschen Kreisen und der falschen Alters­gruppe bewegen…

  66. Ambros

    Armin:
    da ja wis­senschaftliche Belege gefordert wer­den, gibt es Belege und Sta­tis­tiken zu der Aus­sage “In den meis­ten EU-Staat­en (und natür­lich auch anderen Staat­en) gibt es Sprachschutzgesetze”?
    Sta­tis­tiken sind hier vorge­se­hen, aber Belege gibt es:
    dpad-Mel­dung vom 9.11.2010
    Deutsch in Ver­fas­sung: 40.000 Unterschriften
    Berlin — Mit über 40.000 Unter­schriften soll der Bun­destag dazu gebracht
    wer­den, über eine Ver­ankerung der deutschen Sprache im Grundge­setz zu beraten.
    So soll das Vorhaben real­isiert werden.
    Vertreter des Vere­ins für Deutsche Kul­turbeziehun­gen im Aus­land (VDA) und des
    Vere­ins Deutsche Sprache (VDS) über­gaben am Dien­stag im Bun­destag vier Pakete
    mit Unter­schriften an Par­la­mentspräsi­dent Nor­bert Lam­mert (CDU). Der
    VDA-Vor­sitzende und par­la­men­tarische Staatssekretär im Finanzministerium,
    Hart­mut Koschyk (CSU), sagte, die deutsche Sprache sei “das eini­gende Band
    unser­er Nation” und zugle­ich der “Schlüs­sel für eine bessere Inte­gra­tion” von
    Zuwan­der­ern. In 18 europäis­chen Län­dern habe die eigene Sprache bereits
    Verfassungsrang.
    Ende des Zitats.
    Ich hoffe, eine Presseagen­tur genießt Ihr Vertrauen.
    Und nun flott an die Tas­ten und die ange­dro­hte Gegen­be­we­gung in Gang setzen.

  67. VonFernSeher

    @wakarazu
    Nochmal: Ich habe den Begriff “Out­fit” gar nicht an sich kri­tisiert, son­dern im Speziellen hin­sichtlich der Ziel­gruppe (s. Diskus­sion vorher). Mir zu unter­stellen, ich hätte etwas gegen den Begriff oder wollte Leuten um die Zwanzig (ich bin nicht so weit davon ent­fer­nt wie Sie vielle­icht glauben) ver­bi­eten ihn zu benutzen, ist abwegig.
    Ich würde grob schätzen, dass — je nach Alters­gruppe — 50–90% diesen Begriff ver­ste­hen und richtig inter­pretieren. Wenn also Sie mit Ihren gle­ichal­tri­gen Bekan­nten Bekan­nten über ein neues Out­fit — oder im von Ihnen ange­führten Sinne auch vom neuen Look — sprechen, ist das tech­nisch über­haupt nicht zu bemän­geln. Im Gegen­teil hätte (berichti­gen Sie mich) “Aufzug” wohl dort etwas Neg­a­tives und “Gewand” etwas Ver­staubtes im Subtext.
    Ich habe lediglich darauf geant­wortet, ob es deutsche Alter­na­tiv­en zu “Out­fit” gibt. Ja, die gibt es und sie sind teils bess­er, teils aber auch nicht.

  68. suz

    @Ambros

    Der VDA-Vor­sitzende und par­la­men­tarische Staatssekretär im Finanzmin­is­teri­um, Hart­mut Koschyk (CSU), sagte, die deutsche Sprache sei “das eini­gende Band unser­er Nation” und zugle­ich der “Schlüs­sel für eine bessere Inte­gra­tion” von Zuwan­der­ern. In 18 europäis­chen Län­dern habe die eigene Sprache bere­its Verfassungsrang.

    (Her­vorhe­bung von mir.)
    Das ‘habe’ kön­nte ein Hin­weis darauf sein, dass eine sauber arbei­t­ende Presseagen­tur hier lediglich die Behaup­tung von Her­rn Hart­mut Koschyk wiedergibt. Ein Beleg für den Ver­fas­sungsrang in 18 Län­dern ist eine Behaup­tung deshalb noch lange nicht (auch wenn Sie hier aus ein­er Agen­turmel­dung zitieren). Und danach wurde hier gefragt.
    Ich halte die Tat­sache, in wie vie­len Län­dern die nationale Sprache ‘Ver­fas­sungsrang’ hat, ohne­hin für rel­a­tiv irrel­e­vant für unsere Diskus­sion; das kann in tra­di­tionell mehrsprachi­gen Län­dern schließlich ganz unter­schiedliche Gründe haben. Aber wer anderen durch die Blume Igno­ranz vor­wirft (“Ich hoffe, eine Presseagen­tur genießt Ihr Ver­trauen”) und sich auf Agen­turmel­dun­gen so sehr beruft, der sollte diese auch kor­rekt inter­pretieren können.

  69. Dierk

    Herr Ambros, sind Sie Chris­t­ian Ulmen oder Hape Ker­kel­ing? Sie zitieren hier die Kurz­fas­sung ein­er Pressemel­dung aus Ihrem eige­nen Laden als Beweis dafür, dass in diversen EU-Staat­en irgen­deine mögliche Lan­dessprache Geset­zess­chutz hat? Und dann heißt es nur, dass sie 40.000 BLÖD-Leser zu Unter­schriften drück­en kon­nten [benutzen sie da die üblichen Zeitschriften­vertreter­sprüche?]? Eine PR-Mel­dung kom­plett anderen Inhalts als gefordert als Beleg — Respekt, das ist schon Non­sense-Komik der Son­derk­lasse, dur­chaus auf dem Niveau der besseren Mon­ty-Python-Sketche, wie dem Min­istry for Sil­ly Walks.
    Um es mal klar zu machen:
    Sie dür­fen reden, schreiben und lesen wie und was Sie möcht­en. Genau wie ich. Und jed­er andere. Wir haben sog­ar bei­de das Recht, uns gewisse pet peeves zu suchen und darüber zu lamentieren.
    Allerd­ings ist es eine ganz, ganz schlechte Idee, Geset­ze auf der Grund­lage von Befind­lichkeit­en zu erlassen. Wirk­lich, ganz schlecht. Wirk­lich übel. Daher ist das bei uns auch nicht so vorge­se­hen, darum gibt es diese oft recht lan­gen Prozesse, in denen Fak­ten und Notwendigkeit­en und mögliche Ein­schränkun­gen geprüft und abge­wogen wer­den. Wer­den diese Ver­fahren abgekürzt — wie beispiel­sweise beim ‘Zugangser­schw­ernisge­setz’ — kommt Quatsch raus, der dann ver­fas­sungswidrig auch noch durch die Exeku­tive nicht umge­set­zt wird.
    40.000 Unter­schriften bei ca. 82 Mio Ein­wohn­ern. Die Peti­tion zu oben genan­ntem Geset­zesvorhaben hat­te sehr schnell wesentlich über 100.000 Zeichner.

  70. Gareth

    Ich und viele Leute, die ich kenne, wür­den wohl schon “Tolle/schicke Klei­der!” oder etwas lock­er­er “Tolle/schicke Klamotten/Sachen!” sagen, Out­fit wäre wohl eher die Ausnahme.

    Tolle Klei­der”? Ich kann Klei­der nur als Plur­al von Kleid benutzen und das wäre dann wohl eine (größ­ten­teils) auf Frauen reduzierte Ver­wen­dung. Zumal ich dann nicht zu ein­er Frau “Tolle Klei­der!” sagen würde, außer sie trägt gle­ich mehrere auf einmal.
    Sachen funk­tion­iert wohl kaum ohne Kon­text, weil es zu unspez­i­fisch ist. Sie kön­nen nicht, wenn jemand zur Tür reinkommt, ohne z.B. draufzuzeigen ein­fach spon­tan aus­rufen “Tolle Sachen!” (höch­stens in Ergänzung von “… hast du an”). Auch als Nach­satz (z.B. “Außer­dem fand ich seine Sachen gut”) funk­tion­iert das nicht ohne Weiteres.
    Klam­ot­ten ist m.E. in der Tat auf bes­timmte Reg­is­ter beschränkt, während Out­fit dies nicht ist (einen Gen­er­a­tionsun­ter­schied in der Ver­wen­dung hat hier übri­gens nie jemand bestrit­ten). Ich kann auch sagen, dass mir das Out­fit der Bun­deskan­z­lerin gefiel, jemand ein leg­eres Out­fit trägt etc.
    Und darum dreht sich doch die ganze Lehn­wort­diskus­sion. Anglizis­men­jäger behaupten kon­se­quent, dass sich das Englis­che auf das Deutsche stürze und nichts Besseres zu tun habe, als “unnötige” Wörter zu exportieren. Wörter wer­den aber nur in den allersel­tensten Fällen (!) aus anderen Sprachen entlehnt, um längst etablierte exak­te Syn­onyme zu erset­zen. Meist geht es um eine lexikalis­che Lücke, die gefüllt wer­den soll. Was mit Out­fit auch geschehen ist.

  71. VonFernSeher

    @Gareth
    Ich kann Sie bei allem guten Willen langsam nicht mehr ernst nehmen. Wer erin­nert sich auch nicht an den sprich­wörtlich gewor­de­nen Buchti­tel “Klei­der machen Frauen”.
    Wenn Sie sich über Bild und VDS aufre­gen möcht­en, attack­ieren Sie doch diese, aber lassen Sie die Scheinge­fechte. Hören Sie auf, mir Dinge zu unter­stellen, die ich nicht gesagt habe. Ich bin kein Amglizis­men­jäger, aber ich freue mich, wenn man sich ohne Fremd­wörter ver­ständlich machen kann.

  72. Gareth

    Von­FernSe­her,

    Ich kann Sie bei allem guten Willen langsam nicht mehr ernst nehmen. Wer erin­nert sich auch nicht an den sprich­wörtlich gewor­de­nen Buchti­tel “Klei­der machen Frauen”.

    Ich weiß nicht, was zuerst da war, die Nov­el­le oder das Sprich­wort, und ich habe ger­ade lei­der keine Zeit aus­führlich zu recher­chieren, aber die Nov­el­le ist aus dem Jahr 1874. Sie wollen ja wohl nicht erzählen, dass es seit­dem bei dem Begriff Klei­der (außer­halb des von Ihnen zitierten Sprich­worts, was zweifel­sohne die Mehrheit der Ver­wen­dun­gen des Wortes darstellen dürfte) nicht zu ein­er Bedeu­tungsv­eren­gung gekom­men ist. Klei­der ist heute kein Syn­onym für Klei­dung und Klam­ot­ten. In den Satz: “Er legt keinen Wert auf seine [Klam­ot­ten / Klei­dung].” kön­nen sie nicht Klei­der ein­set­zen, um nur eins von zahlre­ichen Beispie­len zu nennen.
    Im Übri­gen kann ich nicht nachvol­lziehen, wie Sie mich nicht ernst nehmen kön­nen, sich selb­st aber schon, schließlich bemühe ich mich, Beispiele zu liefern und auf Ihre Äußerun­gen einzuge­hen, während Sie meine pauschal kontern.
    Außer­dem bezog sich das “Anglizis­men­jäger” in meinem vorigen Beitrag nicht auf Sie son­dern war eine all­ge­meine Fest­stel­lung. Mir ist egal, wozu Sie sich zählen, ich würde gerne ein paar Argu­mente in der Sache hören, die nicht auf per­sön­lichem Geschmack beruhen (also nicht ein­fach, wie bish­er, “bessere” Wörter liefern) oder mit 1874 datiert sind.

  73. VonFernSeher

    @Gareth
    Es ist nicht zu ein­er Bedeu­tungsv­eren­gung gekom­men, son­dern es hat eine speziellere Bedeu­tung an Gebrauch gewon­nen, die andere ist aber dadurch nicht verschwunden.

    In den Satz: “Er legt keinen Wert auf seine [Klam­ot­ten / Klei­dung].” kön­nen sie nicht Klei­der einsetzen

    Das kann ich ohne Prob­leme und viele Men­schen wür­den das ver­ste­hen. “Er legt keinen Wert auf seine Out­fits” würde wohl aber bei vie­len eine Augen­braue nach oben und vielle­icht die Frage nach sich ziehen, ob ich mich vielle­icht auch nor­mal aus­drück­en könne. Ich weiß auch nicht ganz welche Argu­mente Sie von mir hören möchten,

    (also nicht ein­fach, wie bish­er, “bessere” Wörter liefern)

    haben Sie doch nach einem deutschen Wort gefragt und ich Ihnen einige ange­boten. Das haben Sie zum Anlass genom­men, mich in eine Ecke mit jenen zu stellen, zu deren Gesellschaft ich mich nicht zäh­le. Das ist das, was ich nicht ernst nehmen kann.

  74. Kristin

    @Gareth wg. Kleider/Kleidung
    Das eigene Sprachge­fühl ist nicht das Maß aller Dinge 😉 Natür­lich gibt es eine Vielzahl von kom­pe­ten­ten SprecherIn­nen des Deutschen, die Klei­der (im Plur­al) im Sinne von Klei­dung benutzen. Einen Hin­weis darauf bietet z.B. die Wikipedia. Oder ein paar willkür­lich gewählte Belege aus dem DWDS-Kor­pus:

    Vielle­icht ret­ten wir dem ursprünglichen Besitzer dieser Klei­der irgend­wann mal das Leben. (Moers, Wal­ter, Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär, Frank­furt a.M.: Eich­born 1999, S. 99)

    bis der alte König, tobend und protestierend, seine Macht, seine gesellschaftliche Rolle, seine Bedi­en­steten, sein Haus, seine Klei­der, seine Kinder und schließlich den Ver­stand ver­liert (Schwanitz, Diet­rich, Bil­dung, Frank­furt a.M.: Eich­born 1999, S. 224)

    Inge­borg war 16, als eine Sozialpflegerin in ihre Schule kam und Klei­der sam­melte. (o.A., Immer ein Querkopf, in: DIE ZEIT 15.07.1999, S. 18)

    Später wur­den sie auf mehrere Zellen verteilt und beka­men trock­ene Klei­der, die von Düs­sel­dor­fer Bürg­ern zur Ver­fü­gung gestellt wor­den waren. (Han­nover, Hein­rich, Die Repub­lik vor Gericht 1954 — 1974, Berlin: Auf­bau-Verl. 1998, S. 163)

  75. Martin Eisengardt

    @VonFernSeher
    Ich denke nicht, dass Sie sich mit der The­matik aus­re­ichend auseinan­derge­set­zt haben. Ich möchte Ihnen etwas helfen, den Wider­spruch zu erken­nen: Wenn der Vere­in kon­se­quent wäre und es wirk­lich um die deutsche Sprache als solch­es gehen würde, würde er an alle Wörter die gle­ichen Kri­te­rien anle­gen. Es gibt keine vernün­ftige sach­liche Begrün­dung, warum das Wort “Slang” anders behan­delt wer­den soll als das Wort “Event”. Was soll also die Unterscheidung?
    Bei­de wer­den nur von ein­er Min­der­heit wirk­lich ver­standen. Bei­de sind eins zu eins durch deutsche Wörter erset­zbar. Bei­de haben keinen Mehrwehrt. Bei­de sind Mod­ewörter. Eines um irgen­dein Ereig­nis mod­ern und frisch daher kom­men zu lassen, das andere um im Rap- und Ghet­to-Bere­ich cool zu wirken.
    Geset­ze müssen sach­lich sein. Es kann nicht im Gesetz ste­hen: Das, was der Vere­in blöd find­et, wird aus­geschlossen. Nun sind bei­de Wörter aber offiziell Bestandteil des Duden. Sie haben im Duden den gle­ichen Sta­tus. Ich erkenne nichts, was sie unter­schei­det. Übri­gens den gle­ichen Sta­tus wie das Wort “Engage­ment”. Was sagt der Vere­in dazu? Er äußert sich nicht. Ich denke sog­ar dass er sich, da er sich bewusst auf Anglizis­men stürzt, gar nicht um den Rest des Wortschatzes kümmert.
    Da ist der Widerp­sruch. Der Vere­in schreibt sich auf die Fah­nen, die deutsche Sprache zu schützen, wirbt für radikale Dinge, wie eine Auf­nahme ins Grundge­setz. Der Vere­in schert sich wed­er um die Kon­se­quen­zen noch um eine sach­liche Def­i­n­i­tion, was er für Bestandteil der deutschen Sprache hält, noch küm­mert er sich um eine Pflege der deutschen Sprache. Pure Willkür oder pur­er Pop­ulis­mus. Und son­st nichts 🙂
    Es mag sein, dass es Sie nicht stört, dass der Vere­in inkon­se­quent ist und nicht nachvol­lziehbare Tren­nun­gen in gute und böse Wörter vorn­immt. Mich stört es, denn was soll ich von einem gesetz hal­ten, dass ich nicht ver­ste­he? Ein gesetz was auf­grund des Wan­del des Wortschatzes eh kaum begreif­bar ist, weil Wörter, die heute noch fremd sind, mor­gen schon fes­ter Bestandteil des Wortschatzes sind.
    Nicht zulet­zt: Der Wortschatz ist region­al abhängig. Wieviele von uns sagen Häh­nchen? Wieviele in Berlin sagen das nicht? Sollen nun alle Berlin­er gezwun­gen wer­den, for­t­an nur noch Hochdeutsch zu sprechen? 😉

  76. Armin

    Ver­fas­sungsrang in 18 Staaten?
    @Ambros @suz
    Aha, 18 Europaeis­che Staat­en. Sehr infor­ma­tiv. Von den ca. 50 ins­ge­samt, was es weniger als die Haelfte machen wuerde? Oder geht es nur um die EU, wo es dann immer­hin 2/3 waeren? Der Satz ist aber arg schlu­drig geschrieben, da er so einige Inter­pre­ta­tio­nen zulaesst. Und solch ein schlampiger Sprachge­brauch von den Ret­tern der Deutschen Sprache?
    Aber ehrlich gesagt, die Zahl als solche ist doch irrel­e­vant. Viel wichtiger waere doch wie der Ver­fas­sungsrang aus­gestal­tet ist, warum dies dort ste­ht und was damit erre­icht wer­den soll.
    In Finn­land wer­den wenn ich das richtig ver­standen habe Schwedisch (da es ja in Finn­land soweit ich weiss eine bedeu­tende Schwedis­che Min­der­heit gibt) und Finnisch gle­ichgestellt. Das hoert sich fuer mich nicht ger­ade nach einem Schutz des Finnis­chen vor aus­laendis­chen Ein­fluessen an.
    In Irland ist Irisch (Gaelisch) die offizielle erste Lan­dessprache, auch wenn ein Grossteil die Bevoelkerung dieses gar nicht sprechen kann und die de fac­to (und in gewis­sem Sinne auch de jure) Lan­dessprache Englisch ist. Englisch ist nach wie vor die bevorzugte Sprache und Irisch wird in gewis­sem Sinne kuen­stlich am Leben gehal­ten. Die meis­ten Schuel­er ler­nen haupt­saech­lich Englisch und Irisch eher als “Fremd­sprache”, zumin­d­est in den hoe­heren Schulen.
    Wenn ich mir das so anse­he frage ich mich wie das dann in den anderen 16 Laen­dern aussieht (von Frankre­ich mal abge­se­hen, das ja immer als Parade­beispiel her­hal­ten muss).
    PS: Ich habe nat­uer­lich inzwis­chen etwas recher­chiert, ange­blich sind es 18 der 27 EU Mit­glieder (manch­mal auch nur 17, aber wer wird denn klein­lich sein?). Ob das stimmt habe ich allerd­ings nicht ueber­prueft. Und ob es nach den obi­gen Beispie­len als Argu­ment taugt noch weniger.

  77. Gareth

    Klei­der und Outfits
    Kristin,

    Das eigene Sprachge­fühl ist nicht das Maß aller Dinge 😉

    Die Exis­tenz von Kor­po­ra ist mir bewusst und ich habe auch gar nicht behauptet, dass meine Intu­ition das Maß aller Dinge ist. Ich stelle die Ver­mu­tung auf, dass Klei­der eine Bedeu­tungsv­eren­gung erfahren hat oder, um es weniger drastisch zu for­mulieren und hier Von­FernSe­hers zu Recht ange­bracht­en Punkt aufzu­greifen, die speziellere Bedeu­tung häu­figer gewor­den ist, als die all­ge­meine Bedeu­tung. Die Ver­mu­tung kann ich nur mit Beispiel­sätzen wie dem von mir ange­führten begrün­den, wo Klei­der m.E. nicht einzuset­zen ist. Von­FernSe­her sieht das anders. 4 Beispiele aus dem DWDS sagen zwar aus, dass die “alte” (oder von mir als alt emp­fun­dene) bzw. all­ge­meinere Bedeu­tung weit­er­hin existiert, sie sagt aber nicht aus, welche Vari­ante nun geläu­figer ist. Dazu müsste man dann alle Kor­pus­dat­en auswerten und evtl. auch zeitlich ver­gleit­en, um die Ten­denz zu bestäti­gen bzw. zu wider­legen. Mich würde es über­raschen, wenn Klei­der im Sinne von Klei­dung außer­halb lexikalisiert­er Wen­dun­gen überwiegt.
    VonFernSeher,

    […] haben Sie doch nach einem deutschen Wort gefragt und ich Ihnen einige angeboten.

    Sie haben eben keine Syn­onyme ange­boten son­dern Wörter, die nicht das gle­iche beze­ich­nen bzw. weniger all­ge­mein zu gebrauchen sind.
    Der Satz “Er legt keinen Wert auf sein Out­fit” ist für mich übri­gens logis­cher­weise weniger markiert als “Er legt keinen Wert auf seine Klei­der”, weil ich, wie bere­its erwäh­nt, Klei­der nicht für das Ensem­ble dessen, was man trägt, ver­wende, son­dern außer als Plur­al von Kleid höch­stens in Begrif­f­en wie Altk­lei­der­samm­lung und was damit in Verbindung steht.

  78. Oliver Völ

    Deutsch, Dänisch, Friesisch, Sorbisch…
    “Neben der deutschen Sprache sind region­al seit langem auch Sprachen in Deutsch­land ansäs­siger Sprach­min­der­heit­en offiziell als Min­der­heit­en- oder Region­al­sprachen nach der Europäis­chen Char­ta der Region­al- oder Min­der­heit­en­sprachen anerkan­nt. Im Einzel­nen sind das: Dänisch (sowohl Reichs­dänisch, über­wiegend in der Vari­ante Syd­slesvig­dan­sk, als auch Søn­der­jysk), Friesisch (als Min­der­heit­en­sprache: Nord­friesisch in Schleswig-Hol­stein, Sater­friesisch in Nieder­sach­sen), Sor­bisch (als Min­der­heit­en­sprache: Ober­sor­bisch in Sach­sen, Nieder­sor­bisch in Bran­den­burg), Romani (Min­der­heit­en­sprache der Sin­ti und Roma), Niederdeutsch (Region­al­sprache in Schleswig-Hol­stein, Ham­burg, Nieder­sach­sen, Bre­men und Meck­len­burg-Vor­pom­mern sowie in Nor­drhein-West­falen, Bran­den­burg und Sachsen-Anhalt).”
    Quelle: http://de.wikipedia.org/…d#Sprachen_und_Dialekte

  79. VonFernSeher

    Danke, nein.
    @Martin Eisengardt
    Ich denke nicht, dass Sie sich aus­re­ichend mit meinen Kom­mentaren auseinan­derge­set­zt haben. Daher weiß ich nicht ganz genau, wobei Sie mir helfen möchten.
    In einem haben Sie recht: Es stört mich tat­säch­lich nicht, ob der VDS inkon­se­quent han­delt. Mir ist es auch völ­lig egal, ob der VDS und/oder die Bild eine Ver­fas­sungsän­derung wün­schen. Mir gefällt es nur nicht mit den Brand­s­tiftern von der Bild in eine Ecke gestellt zu wer­den, bloß weil ich darauf achte, dass ich möglichst wenig und nur die in der Ziel­gruppe bekan­nten Fremwörter ver­wende. Der Duden ist für mich eine Ref­erenz in der Rechtschrei­bung, nicht dafür, ob ich ein Wort ein­set­zen sollte.
    Ich habe mich, wie viele aus dem Bere­ich Kom­mu­nika­tion­swis­senschaften, sehr aus­führlich damit auseinan­derge­set­zt, wie man Ver­ständi­gung in und zwis­chen ver­schiede­nen Grup­pen erre­icht. Der Verzicht auf unnötige Fach- und Fremd­wörter ist in der Wis­sensver­mit­tlung ein prinzip­ieller Appell.
    Und ganz prak­tisch trainiert man die eige­nen grauen Zellen, wenn man ver­sucht leicht ver­ständliche Beschrei­bun­gen für Fach­vok­a­beln zu erarbeiten.
    Ach, und @Gareth,
    bevor ich Ihnen die Antwort auf Ihre Frage schuldig bleibe: die Novelle.

  80. Kristin

    @Gareth
    Alles klar. Ich hat­te den ersten Beitrag zum The­ma als wesentlich “dick­köp­figer” aufge­fasst, als er wohl gemeint war, näm­lich so, dass Klei­der die Bedeu­tung ‘Klei­dungsstücke’ heute nicht mehr tra­gen könne.
    Eine diachrone Unter­suchung fände ich auch sehr span­nend, beson­ders weil es ja so aussieht, als habe die Sin­gu­lar­form ihre Bedeu­tungsv­eren­gung früher und vor allem absoluter erfahren als die Plu­ral­form (wenn man der Plu­ral­form eine Bedeu­tungsv­eren­gung zugeste­ht) — oder anders herum betra­chtet, als könne sich die Plu­ral­form dem Wan­del bess­er wider­set­zen, und das obwohl es Konkur­renten wie Klei­dung gibt. (Ich tippe auf die Fre­quenz als Übeltäter(in).)
    Das DWB zeigt unge­fähr den heuti­gen Stand:

    gewöhn­lich dage­gen ist der pl. klei­der, wo sämtliche klei­dungsstücke zu beze­ich­nen sind, auch die welche einzeln nicht kleid heiszen, wie doch ausz­er dem haup­tk­lei­de auch das unterkleid, niederkleid, beinkleid

    in eigentlich­er gel­tung ist kleid als kleid der frauen; […] doch scheint noch dis 17. und theil­weise das 18. jh. diese bevorzu­gung nicht zu ken­nen, noch Adelung gibt auch als männlich­es kleid an rock und weste, bisweilen mit ein­schlusz der bein­klei­der. jet­zt aber bringt uns kleid allein als ersten gedanken den des haup­tk­lei­des ein­er frau, in dem sie vor den leuten erscheint. 

    klei­dung ist wie klei­der, die klei­dungsstücke die zu éinem anzug gehören.

    Inter­es­sant auch, dass dem Rock ähn­lich­es passiert ist, dito dem engl. dress, allerd­ings ohne dass die Plu­ral­form hinterherhinkt.
    Ich selb­st ver­wende übri­gens fast immer Klei­der und empfinde Klei­dung als technischer/formaler.
    Also “Bitte pack­en Sie warme Klei­dung für Ihr Kind ein” auf einem Infor­ma­tion­szettel o.ä., aber “Ich hab keine sauberen Klei­der mehr, ich muss drin­gend waschen”.

  81. Eva-Maria Nerling

    Zeit-Ungeist damals und heute
    In den ersten Tagen des Grundge­set­zes wäre es — unter den kri­tis­chen Augen der Besatzungsmächte — wohl nicht oppor­tun gewe­sen, so sehr auf die deutsche Sprache abzuheben. Zu großes Unheil hat­te das Het­zen gegen alles “Undeutsche” ger­ade kurz vorher doch gebracht! Und wer hat damals schon ern­stlich an der Posi­tion der deutschen Sprache gezweifelt? Eine Anglisierung des tat­säch­lichen Aus­maßes war damals kaum zu ver­muten, und wer sie ver­muten kon­nte, fand wahrschein­lich sog­ar erstrebenswert, dass sich ein Mor­gen­thau über das Land lege.
    Heute bedi­ent man damit die Ressen­ti­ments, die die meis­ten Men­schen 60 Jahre lang nicht laut zu äußern wagten. Natür­lich ist damit nicht gle­ich die Rede von Aus­län­der­feindlichkeit, aber es sick­ert da so eine unaus­ge­sproch­ene Abwehrhal­tung gegen Fremd­sprachen here­in. Ich gehe ja auch gern gegen fehler­hafte und sog­ar komis­che Anglis­men vor (body bag, pay­back), aber es ist nicht sin­nvoll, sich gegen alle zu wen­den, zumal manche Begriffe im Englis­chen auf eine unüber­set­zbare Weise ger­afft und zusam­menge­faßt werden.
    Die neue Ten­denz der Aus­län­der­feindlichkeit, die sich vielle­icht nicht hin­ter den Artikeln des VDS ver­birgt, aber von vie­len so gele­sen wer­den kann, ist für mein Gefühl so unre­flek­tiert und auch gefährlich, daß man ihr keine Nahrung geben darf. Wir waren doch schon mal viel weiter.

  82. Gareth

    Kristin,

    Alles klar. Ich hat­te den ersten Beitrag zum The­ma als wesentlich “dick­köp­figer” aufge­fasst, als er wohl gemeint war, näm­lich so, dass Klei­der die Bedeu­tung ‘Klei­dungsstücke’ heute nicht mehr tra­gen könne.

    Nein, da habe ich mich allerd­ings auch missver­ständlich ausgedrückt.
    Ich habe mir ger­ade im DWDS beim Kor­pus der Berlin­er Zeitung (um nur “zeit­genös­sis­che” Ergeb­nisse der let­zten 15 Jahre zu haben) die ersten 50 Ergeb­nisse von *Klei­der angeguckt (also noch ohne den Dat. Pl.) und schon da fand ich die Kat­e­gorisierung teils gren­zw­er­tig, es wäre also ein zeit­in­ten­sives Unter­fan­gen, alle Beispiele durchzuschauen und zu entschei­den, ob “Klei­dung” oder “mehrere Klei­der” gemeint sind oder ein­fach ein fest­ste­hen­der Aus­druck benutzt wird wie “des Kaisers [und hier auch Neuschöp­fun­gen mit anderen Gen­i­tiv­en] neue Klei­der” (z.B. “Aud­is neue Klei­der”). Es stellt sich außer­dem die Frage, ob sowas wie “alte Klei­der” als lexikalisiert zu betra­cht­en ist oder nicht…
    Lei­der habe ich da momen­tan nicht die Zeit zu, aber inter­essieren würde es mich auf jeden Fall.

  83. Herbinger

    Alter­na­tive zum “Out­fit”?
    Ich habe den Blo­gein­trag und die Kom­mentare mit Inter­esse gele­sen. Was ich mir jet­zt wün­sche, sind die passenderen deutschen Beze­ich­nun­gen für “Out­fit”, die laut Kom­men­ta­tor “Von­FernSe­her” ange­blich existieren.
    Ein “Out­fit” beze­ich­net nach mein­er Auf­fas­sung die Kom­bi­na­tion aus Klei­dung, Acces­soires (wieder so ein Fremd­wort!) und Make-Up (für den VDS: Schminke). Dem am näch­sten käme mein­er Mei­n­ung nach das hier bere­its erwäh­nte “Erschei­n­ungs­bild”. Da dieses allerd­ings auch das (genetisch bed­ingte) Ausse­hen oder etwa die Kör­per­sprache umfasst, ist es als Syn­onym für “Out­fit” auch unpassend.
    Ich warte also weit­er­hin auf den besseren/passenderen deutschen Begriff — und bin mir ziem­lich sich­er, dass da nichts besseres kom­men wird.
    Im Übri­gen: Mein Vater ist über 60, meine Oma 85 Jahre alt. Bei­de ver­ste­hen das Wort “Out­fit” prob­lem­los. Über­haupt ist mir keine deutschsprechende Per­son bekan­nt, die das Wort “Out­fit” nicht versteht.

  84. Anton Müller

    @A.S.
    Und weil irgendwelche Leute das sog. Denglisch als Schim­pansen­sprache beze­ich­nen, müssen Sie zu zwar sub­til­eren aber ähn­lich her­ab­würdi­gen­den For­mulierun­gen greifen?

  85. Gareth

    Über­haupt ist mir keine deutschsprechende Per­son bekan­nt, die das Wort “Out­fit” nicht versteht.

    Mir auch nicht, aber Von­FernSe­her schwört ja zahlre­iche Men­schen zu ken­nen, die Out­fit nicht ver­stün­den und die Kom­mu­nika­tion ein­stellen müssten.

  86. Juliana

    Out­fit, die 154ste
    So sehr mir Detaild­iskus­sio­nen um Syn­onyme — hier im Moment das “Out­fit” — Spaß machen (vor allem, wenn echte Sprach­dat­en ins Spiel kom­men), gibt es doch einige generelle Dinge dazu zu sagen. Diese sind bekan­nt und müssen eigentlich nicht an Einzel­beispie­len wieder und wieder belegt werden.
    Das erste ist, dass Lehn­wörter oft lexikalis­che Lück­en füllen und deshalb sprach­in­tern wichtige Funk­tio­nen haben und nicht ein­fach über­flüs­sig sind. Das ist, unter anderem in diesem Blog, schon häu­fig gezeigt wor­den. Natür­lich kön­nte man lexikalis­che Lück­en auch mit echt­en Neuschöp­fun­gen nach deutschen Wort­bil­dungsmustern füllen (und dann etwa Klap­prech­n­er statt Lap­top sagen). Das Deutsche bietet hier äußerst pro­duk­tive Muster (Nom­i­nalkom­posi­ta sind fast unbeschränkt bild­bar). Warum Sprech­er ein­er Sprache aber häu­fig auf existierende Wörter aus anderen Sprachen zurück­greifen, ist eine andere Frage: Es kön­nte in vie­len Fällen ein­fach prak­tik­a­bel sein — immer­hin existiert das Wort schon, das heißt, man kann es zum Beispiel in entsprechen­den Wörter­büch­ern nach­schla­gen, viele Sprech­er beherrschen mehr als eine Sprache und kön­nen das neue Wort deshalb ver­ste­hen usw. In diesen Fällen kann man wohl keines­falls davon aus­ge­hen, dass Sprech­er sich so ver­hal­ten, obwohl sie dann nie­mand ver­ste­ht, ganz im Gegenteil.
    Das zweite ist, und hier kommt ein von Sprach­schützern, ‑pflegern und ‑nör­glern ein gern gebracht­es Argu­ment ins Spiel, dass Lehn­wörter — im Moment vor allem Anglizis­men — von Sprech­ern deshalb benutzt wer­den, weil sie sich irgend­wie groß­tun möcht­en oder banale Inhalte hochtra­bend aus­drück­en wollen — und das auf Kosten der Ver­ständlichkeit. Und auch dieser Mech­a­nis­mus existiert und ist wohlbekan­nt und muss meines Eracht­ens auch nicht von weniger präskrip­tiv­en Leuten wegdisku­tiert wer­den. Natür­lich wird Sprache auch dazu benutzt, um Grup­pen­zuge­hörigkeit­en zu sig­nal­isieren. Dialek­te und Sozi­olek­te haben genau diese Funk­tion. Hier wer­den oft sog­ar mit Absicht Wörter oder Kon­struk­tio­nen ver­wen­det, die nicht der Gruppe Zuge­hörige nicht ver­ste­hen und das auch nicht sollen. Nun kann ich die jew­eilige Gruppe, zu der sich ein Sprech­er sprach­lich beken­nen will, lächer­lich oder albern find­en. Ich kann es affig find­en, dass jemand säch­sisch spricht und sich so sofort als Ost­deutsch­er zu erken­nen gibt. Das ist auf der gle­ichen Ebene, wie pastell­far­bene Jack­etts albern zu find­en. Ich kann es auch affig find­en, wenn jemand “yo, Dig­ger” (oder so) sagt, und das ist auf der­sel­ben Ebene, wie bis unter den Po herun­terge­zo­gene Hosen affig zu find­en. Sprache fungiert hier — genau­so wie Klei­dung — als sozialer Mark­er. Was würde es nun aber brin­gen, pastell­far­bene Jack­etts und herun­terge­zo­gene Hosen per Gesetz zu ver­bi­eten? Oder auch nur, auf die jew­eili­gen Men­schen einzure­den, das doch bitte sein zu lassen, weil es meinem ästhetis­chen Empfind­en wider­spricht? Nichts. Warum aber nicht? Weil die entsprechen­den Grup­pen neue Dinge find­en wür­den, um sich zu kennze­ich­nen (und sich damit von anderen abzu­gren­zen und sich für Mit­glieder der eige­nen Gruppe erkennbar zu machen). Wenn sie das nicht täten, hätte ICH ein Prob­lem. Dann müsste ICH mich anders ver­hal­ten, um mich abgren­zen, denn das tue ich nor­maler­weise, indem ich meine Hosen hochziehe, keine pastell­far­bene Klei­dung trage, nicht säch­se­le und auch nicht “Dig­ger” sage. Das ist keineswegs das “Nor­male”, son­dern das markiert meine Zuge­hörigkeit zu ein­er anderen Region und zu ein­er anderen sozialen Schicht. Um das zu erre­ichen, müsste ich dann aber, wenn das nicht mehr reicht, zu extremeren Mit­teln greifen — die Hosen NOCH höher ziehen, NUR noch schwarz tra­gen, darauf acht­en, dass ich niemals wieder “Drei-Raum-Woh­nung” sage oder mir etwas ganz neues ausdenken.
    Und natür­lich wer­den auch Lehn­wörter auf diese Weise in die Sprache gebracht, obwohl es in eini­gen Fällen im Moment der Über­nahme gute Syn­onyme im Deutschen gibt. Nach ein­er Weile dif­feren­ziert sich der Gebrauch dann meis­tens so aus, dass es eben doch wieder Unter­schiede in der Bedeu­tung (oder im Reg­is­ter) gibt. Wenn ich diesen Mech­a­nis­mus aber unvernün­ftiger­weise ablehne, dann muss ich gegen das Porte­mon­naie genau­so vorge­hen wie gegen den Train­er und das Out­fit. Nur sollte ich dann wed­er das Ver­ständ­nis­ar­gu­ment brin­gen — wer von allen ver­standen wer­den will, der hält sich schon an bes­timmte Regeln, wer nur bes­timmte Leute ansprechen will, ver­hält sich auch entsprechend — noch den Sprachver­fall beschwören. Warum let­zteres nicht, weiß der Leser dieses Blogs zur Genüge.

  87. Klausi

    Alter­na­tive zum “Out­fit”
    An Herbinger:
    Mit “Out­fit” ist der Auftritt ein­er Per­son gemeint oder das gesamt Erschei­n­ungs­bild ein­er Person.
    Da man bekan­ntlich in jed­er Sprache alles aus­drück­en kann, gibt es grund­sät­zlich keine unüber­set­zbare Begriffe.
    Lei­der weiß ich nicht mehr, wer diesen klu­gen Satz gesagt hat und lei­der bekomme ich ihn auch nicht mehr wortwörtlich hin, er lautet in etwa wie fol­gt: “Man nehme ein deutsches Wort für einen fremd­sprach­lichen Begriff und betra­chte es so lange, bis es das, was man in dem Wort erken­nen will, tat­säch­lich bedeutet.”
    Mit anderen Worten, man kann die Bedeu­tung eines bekan­nten Wortes jed­erzeit erweit­ern. Näh­men wir für “Out­fit” for­t­an z.B. Bild, hätte mit der Zeit das bekan­nte Wort eine Bedeu­tungser­weiterung erfahren und stünde zukün­ftig nicht nur für das Fremd­wort “Out­fit”, son­dern auch für das län­gere deutsche Wort “Erschei­n­ungs­bild”.
    Lei­der wird so eine schöne Sprach­pflege bei uns nicht (mehr)aktiv betrieben. Vielmehr wer­den heutzu­tage Fremd­wörter kri­tik­los über­nom­men, oft mit dem windi­gen Argu­ment, man könne sie gar nicht über­stzen. Tröstlich immer­hin, dass solche Begriff­ser­weiterun­gen auch von selb­st geschehen, wobei ich mir als Anhänger mein­er Mut­ter­sprache hier viel mehr Ein­satz ger­ade von unseren Eliten wün­sche. Die Sache braucht die besten Köpfe. Das kön­nte doch (wieder) eine gute Tra­di­tion wer­den und ich weiß nicht, weshalb daran etwas auszuset­zen sein sollte(zumal selb­st Ste­fanow­itsch nach eigen­er Aus­sage bere­its so ver­fährt). Ein der­ar­tige Sprach­pflege sehe ich eher als Anliegen und Anspruch und nicht als Sprach­nörgelei oder gar Verge­wal­ti­gung von Sprache an.
    Mein Beispiel, “Out­fit” durch “Bild” erset­zen zu wollen, passt im übri­gen schon heute ganz gut, man müsste auf die Begriff­ser­weiterung sicher­lich nicht lange warten, spricht man doch dur­chaus schon lange von “ein gutes Bild abgeben”. Wenn jemand “ein gutes Bild abgibt” oder “kein gutes Bild abgibt”, haben wir doch im Sprachge­brauch schon ein sehr schönes bildhaftes Gle­ich­nis für den Ein­druck, den jemand hin­ter­lassen hat.
    Sprache ist schön, und alt­modisch wie ich bin, liebe und pflege ich sie (meine Mut­ter­sprache), ich habe keine andere.

  88. Juliana

    Weg mit den Pastellfarben!
    Und ich möchte, dass zukün­ftig auf pastell­far­bene Jack­etts verzichtet wird. Wir brauchen sie nicht, es gibt so schöne schwarze und graue. Die haben doch bish­er auch immer gere­icht. Sie sind genau­so prak­tisch, nur eben schöner.
    Klei­dung ist schön, und alt­modisch wie ich bin, liebe und pflege ich sie (meine schwarzen und grauen Jack­etts). Ich habe keine anderen.
    (Will jet­zt jemand sagen, dass Sprache wichtiger ist als Klei­dung? Denkt vorher bitte genau nach! Klei­dung unter­schei­det uns vom Tier, sie ermöglicht das Über­leben in unwirtlichen Gebi­eten, sie hat uns ermöglicht, zum Nord­pol und ins All vorzu­drin­gen, sie spiegelt nationale und regionale Tra­di­tio­nen wider, sie kann unsere Wertschätzung von Men­schen und Rit­ualen aus­drück­en, sie ist Kultur!)

  89. Juliana

    @ Klausi
    Abso­lut! Wir sind uns einig. Die Eliten müssen ran — Akademik­er, Unternehmer, Poli­tik­er, Diplo­mat­en. Son­st verkommt die Sprache und die Kleidung.

  90. Gareth

    Alter­na­tive ist halt auch ein Fremdwort
    Klausi,

    Mit “Out­fit” ist der Auftritt ein­er Per­son gemeint oder das gesamt Erschei­n­ungs­bild ein­er Person.

    Offen­sichtlich check­en Sie es nicht. Sie sollen Syn­onyme präsen­tieren, die exak­te Syn­onyme sind und keine Duden-Def­i­n­i­tion des Wortes Out­fit. Sie kön­nen die Begriffe nicht in die fol­gen­den Beispiele set­zen, sie sind also keine Synonyme:
    a) “Tolles Out­fit!” ungle­ich “Tolles Erschei­n­ungs­bild!” oder “Toller Auftritt!”
    b) “So ein teures Out­fit kann ich mir nicht leis­ten.” ungle­ich “So ein teures Erschei­n­ungs­bild kann ich mir nicht leis­ten.” oder “So einen teueren Auftritt kann ich mir nicht leisten.”
    c) “Ihre ständig wech­sel­nden Out­fits sind ein Geschenk für jeden Paparazzi” — ich habe jet­zt keine Lust den Satz dreimal zu tip­pen, auch hier passt wed­er Erschei­n­ungs­bilder noch Auftritte.
    Entwed­er Sie liefern exak­te Syn­onyme oder Sie lassen es, aber kom­men Sie nicht mit dem x‑ten unnöti­gen Vorschlag.

    Sprache ist schön, und alt­modisch wie ich bin, liebe und pflege ich sie (meine Mut­ter­sprache), ich habe keine andere.

    Amen. Ich kaufe mir fürs Woch­enende dann mal ein neues Erschei­n­ungs­bild. Oder sollte ich neuen Auftritt sagen?

  91. Klausi

    An Gareth
    Ihrer fre­undlichen Auf­forderung komme ich gerne nach:
    1.“Tolle Klamotten!”
    2.“So teure Klam­ot­ten kann ich mir nicht leisten!”
    3.“Ihre wech­sel­nden Garder­oben sind ein Geschenk…”
    Wenn Sie wollen und wieder so nett darum bit­ten, suche ich Ihnen aus meinem Sprach­schatz auch noch Syn­onyme für “Klam­ot­ten” und “Garder­oben” heraus.

  92. suz

    @Gareth & Klausi
    Jungs, da meine Chips langsam alle sind…
    Sie reden bei­de so kom­plett aneinan­der vor­bei, dass Sie hier noch 200 Mal den Ball hin und her wer­fen kön­nen, ohne auch nur ein Stückchen weit­er zu kommen.
    @Gareth: Sie haben als Grun­dan­nahme, dass es keine absolute Syn­onymität gibt (wom­it Sie, egal wie eng die Def­i­n­i­tion von Syn­onym ist, ja auch recht haben). Sie fordern von Klausi aber exak­te Syn­onyme ein, die er Ihnen natür­lich nicht liefern kann, was sie ihm dann wiederum vor­w­er­fen. Das ist recht zirkulär.
    @Klausi: dass man in ein­er Sprache alles aus­drück­en kann oder dass es keine unüber­set­zbaren Begriffe gibt, bedeutet nicht, dass ein Begriff eben immer genau­so “tre­f­fend” und “genau” über­set­zt wer­den kann, son­dern oft­mals para­phrasiert wird (wer­den muss). Manchmal/Oft sind durch die “Über­set­zung” gewisse Bedeu­tungss­chat­tierun­gen der ein­heimis­chen Begriffe nicht abgedeckt bzw. deck­en die Über­set­zun­gen weit­ere Bedeu­tungsnu­an­cen der mut­maßlichen Über­set­zung nicht ab. Das ist span­nend, aber nicht neu oder beson­ders stre­itwürdig (oder angreif­bar). Und wie Juliana schon gesagt hat, das ist schon oft hier disku­tiert worden.

  93. Anatol Stefanowitsch

    Garder­obe, Klamotten
    Garder­obe: aus dem Französichen, urspr. Bedeu­tung „Klei­der­ablage“.
    Klam­ot­ten: aus dem Rotwelschen, urspr. Bedeu­tung „alte Kleidungsstücke“.

  94. Martin Eisengardt

    @VonFernSeher
    Die Frage, die sich mir stellt ist, ob Sie als Kom­mu­nika­tion­swis­senschaftler entwed­er von eini­gen Teilen ihrer Wis­senschaft keine Ahnung haben oder ob Sie diese bewusst um der Diskus­sion willen ausklammern.
    Aber da ich kein Mörder sein möchte, werde ich den Troll weit­er füttern.
    Als Kom­mu­nika­tion­swis­senschaftler zu fordern, dass Wörter nur dann in ein­er Sprache Ver­wen­dung find­en dür­fen, wenn Sie exakt, umfassend und richtig von ein­er bre­it­en Masse ver­standen und begrif­f­en wer­den, ist sehr arro­gant. Das ignori­ert den Umstand, wie Wörter und vor allem Bedeu­tun­gen entste­hen, sowie den Umstand, dass sich Bedeu­tun­gen ver­schieben. Sie kön­nen mir sich­er erk­lären, wieviele Men­schen die ursprüngliche Bedeu­tung des Wortes “geil” ken­nen, sowie ver­ste­hen und sich weigern, die aktuelle Bedeu­tung anzuerken­nen. Ist “geil” dem­nach ein schlecht­es Wort? Eines, was von der deutschen Sprache aus­geschlossen wer­den muss, weil sich die Bedeu­tung ver­schoben hat? Was machen Sie, wenn eine Gruppe das Wort in sein­er alten Bedeu­tung begreift und eine Gruppe in sein­er neuen Bedeutung?
    Und nun über­tra­gen Sie diese Über­legun­gen auf das Wort “Event”. Was ist daran verkehrt, ein etabliertes Wort zu akzep­tieren, auch wenn die bre­ite Masse es zwar richtig assozi­iert aber die exak­te Herkun­ft und Bedeu­tung nicht kennt?
    Wieso wollen Sie aus Deutsch eine tote Sprache machen, die vor äußeren Ein­flüssen geschützt wer­den muss? Wieso der Ver­weis auf aus­gerech­net die Ziel­grup­pen, die ein Wort nicht begreifen? Wieso spie­len bei Ihnen als Kom­mu­nika­tion­swis­senschaftler die Ziel­grup­pen, die das Wort ver­ste­hen, keine Rolle? Sie wür­den sich wun­dern, wieviele in Deutsch­land mit dem Wort das richtige assoziieren.
    Dass das Wort “Event” ein Mod­e­wort ist, eines, was vor­rangig aus Mar­ket­ing-Grün­den ver­wen­det wurde und ver­bre­it­et wurde, das macht das Wort nicht per se schlecht. Das Wort “geil” ist eben­falls von der jun­gen Gen­er­a­tion wieder­ent­deckt wor­den und dann von find­i­gen Werbe­strate­gen in eine andere Bedeu­tung ver­schoben wor­den bzw. mit der neuen Bedeu­tung aus­geschlachtet wor­den (“Geiz ist geil”).
    Sie disku­tieren hier — wie auch der Vere­in im übri­gen — ständig mit Argu­menten, die sich kon­se­quent aus­gelegt so auf sich­er die Hälfte des deutschen Wortschatzes anwen­den lässt und ihn in Frage stellt.
    Und um die Diskus­sion in einem halb­wegs vernün­fti­gen Rah­men zu belassen, ver­suchen Sie an den Haaren her­beige­zo­gene Argu­mente zu liefern von wis­senschaftlichen Bedeu­tun­gen und Herkün­ften der Wörter, von willkür­lichen Ein­teilun­gen in gute und schlechte Wörter…
    Ein span­nen­des Beispiel: Das Wörtchen “lol”. Es hat einen ras­an­ten Auf­stieg hin­ter sich, ist mit­tler­weile in der Chat-gen­er­a­tion sowieso etabliert und find­et nach und nach im Sprachge­brauch der jun­gen Men­schen Platz. Nun schimpfen Wis­senschaftler, dass Men­schen von heute nicht mehr richtig lachen kön­nen, brin­gen sie doch ein gequältes “lol” über die Lip­pen und begreifen nicht die ursprüngliche Bedeu­tung von “lau­thals lachen”. Sie vergessen dabei, dass seit vie­len Jahren schon das Wort auch im Chat seine ursprüngliche Bedeu­tung ver­lor. Was machen wir mit diesem Wörtchen. Es hat wed­er deutschen Wort­stamm noch ist es im engeren Sinne ein Wort, da es eigentlich nur eine Abkürzung ist. Ist das Wort irgend­wann ein­fach auf­grund der bre­it­en Ver­wen­dung irgend­wann würdig, Bestandteil der deutschen Sprache zu wer­den? Wer entschei­det das? Sie? Was ist mit der Tat­sache, dass es seine his­torische Bedeu­tung nahezu voll­ständig ver­loren hat und mit­tler­weile für ein “gequältes lächeln ohne Emo­tio­nen” ste­ht. Also für ein “Ich fand das nicht witzig aber irgend­wie ver­ste­he ich, dass du einen Scherz machen wolltest”.
    Ich sehe täglich in der Strassen­bahn Jugendliche, oft­mals kommt dieses gequälte “lol”, einige Zeit später gibt es ein sehr emo­tionales Lachen. Die Jugend unter­schei­det zwis­chen bei­den Vari­anten und find­et für dieses gequälte Lächeln ein Wort wie “lol”.
    Ich bin ges­pan­nt, was Sie mit solchen Beispie­len, die es zu tausenden auch schon in den Jahrhun­derten vor den Anglizis­men gab, umge­hen. Eines ist Fakt: Das, was Sie als deutsche Sprache schützen wollen, das ist voll von Ein­flüssen ander­er Sprachen und voll von im Grunde über­flüs­si­gen Import-Wörtern.

  95. Klausi

    Out­fit
    Um die Diskus­sion über out fit oder nicht out fit für mich zu beenden:
    Meine Frau hat 2 Klei­der­schränke voll mit nichts anzuziehen drin. Will heißen, sie find­et nichts, um sich outzufiten.

  96. Gareth

    Sie fordern von Klausi aber exak­te Syn­onyme ein, die er Ihnen natür­lich nicht liefern kann, was sie ihm dann wiederum vor­w­er­fen. Das ist recht zirkulär.

    Ich hoffte auf Ein­sicht oder Erken­nt­nis. Diese Naiv­ität war natür­lich mein Fehler.

  97. Anton Müller

    @Gareth
    Ich glaube, Klausi hofft auch auf Ein­sicht oder Erken­ntis. Und auch sein Hof­fen wird wohl vergebens sein.

  98. Klausi

    Weg mit den Pastellfarben!
    An Juliana:
    Kli­manör­gler wollen das Kli­ma schützen. Ihnen gefällt nicht, dass das Kli­ma sich zur Zeit (mal wieder)
    ändert. Sie möcht­en, naiv wie sie sind, den gegen­wär­ti­gen Zus­tand am lieb­sten ein­frieren und jede Verän­derung sehen sie als Bedro­hung und den Unter­gang der Umwelt an.
    Dabei sind der­ar­tige Verän­derun­gen nor­mal. Kli­ma ändert sich per­ma­nent, und das seit es Kli­ma gibt. Das Kli­ma fol­gt dabei den Naturge­set­zen. Gläu­bige Men­schen behaupten sog­ar, Kli­ma sei uns von Gott gegeben. Es ste­ht den Kli­manör­glern dem­nach nicht an, am Kli­ma und an der Umwelt ständig herumzunörgeln, zumal man gegen ein Naturge­setz oder gar gegen Gottes Willen eh nicht viel aus­richt­en kann. In diesen Fra­gen soll­ten sich die Nör­gler bess­er an die Fach­leute (näm­lich Kli­mawis­senschaftler oder — je nach Glaubenslage- an den lieben Gott) wen­den, wo sie auf jeden Fall und am besten aufge­hoben sind. (Ger­ade in let­zter Zeit haben die Kli­ma-Kol­le­gen wieder her­vor­ra­gende Forschungserge­bisse abgeliefert, das sei hier zwar nur am Rande erwäh­nt, aber die sind der Wahrheit tat­säch­lich dicht auf der Spur. Ich sage nur ELITE!)
    Kli­maverän­derun­gen sind wert­neu­trale Vorgänge, die sich nicht in gute oder böse und auch nicht in richtige oder falsche ein­teilen lassen. Selb­st wenn durch der­ar­tige Natur­ereignisse (ersatzweise: durch den göt­tlichen Willen) die Umwelt der­art auf den Kopf gestellt wer­den würde, dass man sie nicht wiederzuerken­nen glaubte, bliebe Umwelt doch Umwelt. Sie sähe nun nur anders aus und fühlte sich nur anders an. Das wäre aber auch schon alles. Und Umwelt wird es immer geben. Dass wir sie in 1000 oder in 100 oder gar schon in 10 Jahren nicht wieder­erken­nen wür­den, ist dabei völ­lig klar. Das alles ist bei Umwelt eben möglich. Und ger­ade das macht sie so inter­es­sant. Unsere Vor­fahren aus der let­zten Käl­te­pe­ri­ode der Erde — lebten sie noch — wür­den sich nach der guten alten Kaltzeit zurück­sehnen, weil es ihnen heutzu­tage ein­fach viel zu warm wäre. Und uns wäre es — lebten wir in in 1000, 100 oder 10 Jahren noch — vielle­icht zu dunkel/hell oder zu trocken/feucht oder was auch immer. Man sieht, man kann es keinem recht machen. Und wem wollte man bei der Frage, wie sollte unser Kli­ma zukün­ftig sein, fol­gen? Den Nör­glern, die sich noch nicht ein­mal untere­inan­der einig sind, doch wohl nicht? Dann doch eher den­jeni­gen, die sich wis­senschaftlich oder zumin­d­est haupt­beru­flich mit dem The­ma beschäfti­gen und sich in der Materie bestens ausken­nen wie etwa die oben genan­nten Kli­maforsch­er. Neben­bei kön­nte man dabei hätte auch bre­ite und bil­dungsre­sistente Volk­steile (“Bild”-Leser) erre­ichen und eine Bil­dung­sof­fen­sive starten.

  99. Juliana

    @ Klausi
    Aha, jet­zt wird es langsam span­nend. Die von Ihnen vorgeschla­gene Analo­gie ist das Kli­ma (als Gegen­vorschlag zur Klei­dung): wan­delt sich auch jed­erzeit, sollte man es sich also nicht ein­fach wan­deln lassen? Das Prob­lem sehe ich darin, dass glob­ale Erwär­mung und deren Kon­se­quen­zen für die Men­schheit nicht ein­fach nur Geschmackssache sind wie im Falle von Sprach­wan­del oder Mode. So lange uns Sprache und Klei­dung prinzip­iell zur Ver­fü­gung ste­ht, ist es let­ztlich eine Geschmacks­frage (die ich nicht unwichtig finde, aber eben eine Geschmacks­frage), wie genau diese aussieht. Beim Kli­ma kann man das wohl nicht so abtun (“der eine mag es lieber etwas wärmer, der andere nicht”), da bei einem glob­alen Anstieg der Tem­per­a­turen viele Gebi­ete der Erde nicht mehr bewohn­bar sein wer­den. Das geht dann doch ein biss­chen über per­sön­liche Präferen­zen für Ski- oder Badeurlaub, deutsche oder lateinis­che Wort­stämme und bunte vs. schwarz-graue Klei­dung hinaus.
    Mir ist außer­dem noch nicht ganz klar, wie Sie die vielbeschwore­nen Eliten definieren. Ich wäre immer dafür, Experten zuerst anzuhören, aufge­brachte Laien dage­gen nicht ger­ade zu ignori­eren, aber mit Vor­sicht zu genießen. Im Falle von Kli­maforschung genau­so wie in der Sprach­wis­senschaft — deshalb lese ich dieses Blog. Ich hat­te allerd­ings bish­er den Ein­druck, dass Ihnen sprach­wis­senschaftliche Exper­tise nicht beson­ders viel Ein­druck macht. Also, wer darf denn nun Ihrer Mei­n­ung nach bei den Eliten mit­machen? Zählt dort for­male Qual­i­fika­tion, sozialer Sta­tus oder welche Mei­n­ung vertreten wird?

  100. Gianna

    Vor­tragsrei­he VDS
    Wie schade…Im Ein­führung­s­text zur Vor­tragsrei­he “Sprache und Öffentlichkeit” im Haus der Wis­senschaft (!)Braun­schweig wird dankenswert­er­weise die Diskus­sion Sprachver­fall vs. Kul­turpes­simis­mus einge­bracht, doch gibt es dann nicht ein­mal einen einzi­gen Sprech­er, der let­ztere These vertritt…
    http://www.hausderwissenschaft.org/…ichkeit.html

  101. Mueller

    Die Frage ist auch, ob man von einem Haus der Wis­senschaft, das seine Räume nach Spon­soren (statt etwa nach her­aus­ra­gen­den Forsch­ern) benen­nt, unbe­d­ingte wis­senschaftliche Objek­tiv­ität erwarten kann.

  102. Eva

    Wie verbindlich wäre Deutsch?
    Die Auf­nahme des Deutschen ins Grundge­setz darf auf keinen Fall so verbindlich wer­den, wie Sie es befürcht­en! Da stimme ich voll mit Ihnen übere­in. Dieser Ein­trag ins GG darf auf keinen Fall die Vielfalt der Sprachen gefährden. Es ist aber wün­schenswert, daß Deutsch als Amts- und Uni­ver­sitätssprache einen gewis­sen Schutz bekäme.
    Zur Zeit haben wir eine Gefährdung der Lehre und Forschung durch das Vor­drin­gen von Lehrtätigkeit in englis­ch­er Sprache. Damit wird auf Jahrzehnte erschw­ert, daß deutsche Forsch­er bedeu­tende Preise bekom­men kön­nen. Wer Englisch nicht als Mut­ter­sprache hat, ist klar im Nachteil, denn die Sub­til­ität, die man für Aus­sagen auf hohem Niveau braucht, ist dann kaum zu erre­ichen, meine ich. Zugle­ich geht ein philosophis­ch­er Schatz zugrunde, als den ich das Deutsche betra­chte. Es ist also eine Attacke auf die Bedeu­tung Deutsch­lands als Forschungs­land. Ich glaube auch, daß das Deutsche einen Schutz davor braucht, weil Sprache zugle­ich Philoso­phie ist.
    Zur gle­ichen Zeit darf man nicht vergessen, daß — wie Sie es oben darstellen — die Plu­ral­ität der Sprachen nicht unter der Dom­i­nanz des Hochdeutschen lei­den darf. Platt ist schon stark gefährdet. Die Forschung ist sich nicht ganz einig, ob es sich um eine Sprache oder um einen Dialekt han­delt. Sein Ver­schwinden wäre äußerst bedauer­lich, und ich glaube, die Ver­fechter des “Deutsch ins GG” sehen das auch so.
    Ich muß dazu noch sagen, daß ich zwei Sprachen fast per­fekt beherrsche und mich in 5 anderen lei­dlich ver­ständi­gen kann, bis also kein Deutschtümler.

  103. möp

    Was genau wäre an so einem Staat 20. Jahrhun­dert? Eigentlich hat sich doch im 20. Jahrhun­dert die Idee von der Frei­heit des Indi­vidu­ums, zumin­d­est in Europa, langsam durchge­set­zt. So ein Staat wäre noch nicht­mal 20. Jahrhun­dert, sowas würde ich eher im 18. oder 19. Jahrhun­dert erwarten. Also genau da, wo ich die Bild zeit­geistlich meis­tens einordne.

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