Sprachbrocken 12/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Wenn Ein­wan­der­er die Sprache ihrer neuen Heimat nicht sprechen, bilden sich schnell Par­al­lelge­sellschaften. Das weiß man auch in Öster­re­ich, und bietet deshalb nun auch für Öster­re­ichs größte Ein­wan­der­ergruppe Sprachkurse an: Für die Deutschen. Denn um sich erfol­gre­ich inte­gri­eren zu kön­nen, müssen die ler­nen, dass Lun­gen­brat­en eigentlich Schweine­lende ist und dass Wir hal­ten Sie in Evi­denz eine gängige Absage auf Stel­len­be­wer­bun­gen ist (wörtlich bedeutet es so etwas wie „Wir behal­ten Sie im Auge/Hinterkopf“).

Nicht nur die Öster­re­ich­er und Deutschen tren­nt ihre gemein­same Sprache, auch die Briten und Amerikan­er kämpfen seit langem mit inter­nen Sprach­bar­ri­eren. So ver­suchen amerikanis­che Schaus­piel­er, für Shake­speare-Stücke ihren besten britis­chen Akzent aufzuset­zen und scheit­ern oft kläglich — dabei ist das heutige amerikanis­che Englisch der Sprache Shake­spear­es viel näher als das heutige britis­che Englisch.

Mit unseren nieder­ländis­chen Nach­barn kon­nten wir in der Ver­gan­gen­heit trotz Sprach­bar­riere prob­lem­los kom­mu­nizieren – net­ter­weise sprachen die näm­lich meis­tens gut Deutsch. Aber die Beliebtheit der deutschen Sprache ist in den Nieder­lan­den seit Jahren im Sink­flug — mehr als ein Drit­tel der Schüler dort find­et die Sprache Goethes und Schillers gar „hässlich“. Nun soll das Image des Deutschen per königlichem Dekret auf­poliert wer­den — unter der Schirmherrschaft von Prinz Willem-Alexan­der find­et im April ein Tag der deutschen Sprache statt. Eine Anfrage ans Bun­de­sprä­sidi­alamt, ob es eine umgekehrte deutsche Kam­pagne geben würde („Win­ter im Wohn­wa­gen, Käse im Herb­st“) war bei Redak­tion­ss­chluss noch offen.

[Nach­trag: Links kor­rigiert, entsprechende Hin­weise in den Kom­mentaren gelöscht.]

[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Ver­sion enthält möglicher­weise Kor­rek­turen und Aktu­al­isierun­gen. Auch die Kom­mentare wur­den möglicher­weise nicht voll­ständig übernommen.]

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

8 Gedanken zu „Sprachbrocken 12/2012

  1. hape

    Hal­lo,
    ich wollt nur kurz die Gele­gen­heit nutzen und anmerken, dass im Fee­dread­er (GoogleRead­er im Web) Umlaute falsch dargestellt wer­den (statt dem Umlaut wird die html-Umschrei­bung wie etwa “ü” dargestellt).

  2. hape

    das Kom­men­tarsys­tem hier ist schlauer als ich, es wer­den eben keine Umlaute wie ü dargestellt, son­dern stattdessen ü ohne den Backslash.

  3. Simone

    Warum immer nur die Lexik?
    Warum wird eigentlich bei Beispie­len zum plur­izen­trischen Deutsch immer nur die Lexik berück­sichtigt und nicht die Gram­matik? Da gibt es näm­lich auch Unter­schiede, z.B ‘ändern’ mit oder ohne Reflex­ivum in der Schweiz oder ‘vergessen’ mit der Prä­po­si­tion ‘auf’ in Öster­re­ich. Mit dem The­ma beschäftigt sich im Moment auch dieses Pro­jekt http://www.variantengrammatik.net (von dem ich Mit­glied bin, mir fehlt also jegliche Objektivität ;-)).

  4. lars

    die deutsche sprache erlebt in den nieder­lan­den aktuell einen starken zuwachs und zus­pruch. die zahl der fakultäten an uni­ver­sitäten, an denen ger­man­is­tik unter­richtet wird, wurde zwar ver­ringert. die zahl der stu­di­en­an­fänger ist jedoch in den let­zten drei semes­tern stark gestiegen.

  5. karl

    @Simone
    variantengrammatik.net trägt ein biss­chen dick auf mit “erst­mals wer­den…” — solche Atlaspro­jek­te gibt es schon länger, auch Grenzübergreifend.

  6. strawbeard

    Umlaute im RSS-Feed
    @hape: Das Prob­lem mit den Umlaut­en in den RSS-Feeds habe ich vor 2 Monat­en an webmaster@scilogs.de gemeldet — lei­der keine Reak­tion. Betrof­fen sind alle Blogs von scilogs.
    Ursache ist, dass z.B. der Umlaut ä zweimal umkodiert wird: 1) ä -> ä 2) & -> & so wird aus ä &ä Das Und-Zeichen sollte nicht erset­zt werden.

  7. strawbeard

    Umlaute im RSS-Feed
    @myself: In meinem vorheri­gen Post­ing ist mir die Darstel­lung von Son­derze­ichen lei­der gründlich miss­glückt. Es gibt halt es keine Anleitung auf scilogs.de zum kor­rek­ten Schreiben von Kom­mentaren. Schade.

  8. Martin Huhn

    RSS-Feed
    Anstatt des Atom­feeds bess­er den RSS 2.0‑Feed ver­wen­den, damit dürfte es keine Prob­leme geben. Manche Fee­dread­er haben Prob­leme mit dem Atom­feed. Bei mir hinge­gen wird alles kor­rekt dargestellt. Den Atom­feed bieten wir eigentlich gar nicht mehr an.

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