Sprachbrocken 24–28/2012

Von Anatol Stefanowitsch

Wäre es nicht prak­tisch, wenn alle Men­schen eine einzige Sprache sprächen?“ fragt das Ham­burg­er Abend­blatt in der Rubrik Kinder­nachricht­en. „Das kön­nte viele Missver­ständ­nisse ver­hin­dern und über­haupt — stellt euch vor, ihr reist nach Japan und kön­ntet euch dort prob­lem­los ver­ständi­gen.“ Das wäre wirk­lich toll. Ein guter Kan­di­dat für eine solche Sprache wäre ja das Englis­che, das mit weltweit 1,5 Mil­liarde Sprecher/innen schon fast so weit ist. Aber das wäre wohl zu ein­fach, und deshalb emp­fiehlt das Ham­burg­er Abend­blatt stattdessen das lei­di­ge, nicht tot zu kriegende Esperan­to, das es weltweit auf eine schlappe Mil­lion Sprecher/innen bringt. Warum nicht gle­ich Klin­go­nisch, das von immer­hin ca. 20 bis 30 Sprecher/innen flüs­sig beherrscht wird.

Am lieb­sten wäre es ja vie­len Sprach­nör­glern, wenn man ein­fach das Deutsche zur Welt­sprache erhöbe (mit ca. 165 Mil­lio­nen Sprecher/innen weltweit ist es immer­hin 165 Mal so geeignet wie Esperan­to). Dabei hat das Goethe-Insti­tut seine liebe Not, das inter­na­tionale Inter­esse an unser­er Sprache aufrecht zu erhal­ten. Auf der Inter­na­tionalen Deutscholympiade, so die Welt Online, muss man sich mit Enthusiast/innen auseinan­der­set­zen, die das Deutsche wegen Wörtern wie isolieren und Wasser­hahn lieben und nach Deutsch­land kom­men, um möglichst viele „süße deutsche Wörter“ kennenzulernen.

Gar nicht süß find­en Bayrische Dialek­tpfleger die deutsche Sprache, und so ärg­ern sie sich darüber, dass das Bayrische Bil­dungsmin­is­teri­um in den mit­tler­weile an Vorschulkindern fast flächen­deck­end durchge­führten Deutscht­ests die Dialek­te Bay­erns nicht berück­sichtigt. „Dass Bay­erns Dialek­te eine gültige Vari­etät des Deutschen darstellen, mit einem eigen­ständi­gen Sprach­sys­tem, und die Kinder in der Grund­schule ohne­hin von didak­tisch geschul­ten Lehrern behut­sam zur Stan­dard­sprache hinzuführen sind, scheint man im Staatsin­sti­tut nicht zu wis­sen“, zitiert die Welt Online den Vor­sitzen­den des Bun­des Bairische Sprache, Sepp Ober­meier. Woraus er das schließt, erschließt sich mir nicht, denn den Bairisch sprechen­den Kindern soll ja nicht der Ein­tritt ins Schul­sys­tem ver­wehrt wer­den. Im Gegen­teil: Der Test soll eben jene Kinder iden­ti­fizieren, die Förderung in der deutschen Stan­dard­sprache benötigen.

Bei deutsch-türkischen Vorschulkindern regt sich im All­ge­meinen nie­mand über den Deutscht­est auf, obwohl die von ihnen gesproch­enen Vari­etäten der deutschen Stan­dard­sprache deut­lich näher sein dürften, als ein ländlich­er bairisch­er Dialekt. Dafür kön­nen sie (anders als bairischsprechende Kinder) ihre Fam­i­lien­sprache als Fremd­sprache im Abitur wählen — bish­er lei­der nur an ein­er einzi­gen Ham­burg­er Stadt­teilschule (wie wiederum die Welt Online berichtet).

Falls mehr deutsche Schulen diesem lobenswerten Vor­bild fol­gen soll­ten, ist der Ärg­er wohl vor­pro­gram­miert — Türkisch ist ja (anders als, sagen wir mal, Franzö­sisch oder gar Latein) eine nüt­zliche Sprache, nicht nur für türkischstäm­mige Deutsche. Es ist deshalb nur eine Frage der Zeit, bis die Lob­by­is­ten der tra­di­tionellen Schul­sprachen Gründe find­en, die das Türkische abso­lut ungeeignet machen und die uns erk­lären, dass es auch für Kinder mit Migra­tionsh­in­ter­grund viel bess­er wäre, wenn sie Latein lern­ten. Aber diesen Zwei­flern sei gesagt: Bess­er Türkisch als „Face­book-Sprache“ — denn die macht, wie der Tage­sanzeiger berichtet, aggres­siv (zumin­d­est Mädchen).

Aber wenig­stens ver­ste­ht man diese aggres­siv­en Mäd­chen mit ihrer Face­book-Sprache noch halb­wegs. Ganz anders sieht es ja mit der „SMS-Sprache der Jugend“ aus. Die ist, wie die Säch­sis­che Zeitung weiß, „eine echte Geheim­sprache“ — vor allem dann, wenn „Begriffe abgekürzt wer­den, die man selb­st in der alltäglichen Sprache nicht ver­wen­det mit ander­er Bedeu­tung ken­nt“. Sog­ar die Jugendlichen selb­st, so liest man dort, ver­stün­den einan­der häu­fig nicht. Vielle­icht sind sie ja deshalb auf Face­book so aggressiv?

Auf jeden Fall zeigt es, wie prak­tisch es wäre, wenn wir alle eine gemein­same Sprache sprächen. Und damit schließt sich der Kreis.

[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Ver­sion enthält möglicher­weise Kor­rek­turen und Aktu­al­isierun­gen. Auch die Kom­mentare wur­den möglicher­weise nicht voll­ständig übernommen.]

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

31 Gedanken zu „Sprachbrocken 24–28/2012

  1. Wirtschaftswurm

    Welt­sprache
    1,5 von 7 Mil­liar­den Men­schen kön­nen also Englisch lei­dlich sprechen. Da zu behaupten, Englisch sei schon “fast so weit”, ist nur ignorant.

  2. Herzkönig

    Türkisch ist ja (anders als, sagen wir mal, Franzö­sisch oder gar Latein) eine nüt­zliche Sprache”
    Das ist böse, aber Sie haben recht.

  3. datengammelstelle

    Unnütz
    Nee, mal ganz ohne Spaß, mir wür­den Franzö­sisch oder Pol­nisch doch nüt­zlich­er erscheinen als Türkisch. Aber es kommt wohl immer auf die jew­eili­gen Nach­barn an. Die Gefühlten oder die Tatsächlichen.

  4. Veith

    süße deutsche Worte
    mein Mit­be­wohn­er in Kana­da find­et ‘Fleis­chwolf’ ganz toll, viel bess­er als das öde ‘Meat­grinder’, was für mich viel mehr nach Folter­mas­chine eines blut­dursti­gen Höl­len­fürsten tönt als besagtes oma­hafte deutsche Wort.
    Man stelle sich vor, am Ende ist das alles ne Geschmacksfrage… 😉

  5. Wentus

    Latein -> Klingonisch
    Für viele Latein-Enthu­si­as­ten ist die Unnüt­zlichkeit ein wichtiger Vorteil: Man soll deren Mei­n­ung nach den Ver­stand ein­set­zen, um das Phänomen “Sprache” zu begreifen. Dann soll­ten wir doch Klin­go­nisch an den Gym­nasien lehren! Es hat enorme Vorteile für den Spracher­werb von Ungarisch, türkisch (der Gram­matik nach) und ara­bisch (der Aussprache nach).

  6. jgoschler

    Esperan­to
    “Lei­dig”? “Nicht totzukriegen”? Merk­würdig für einen Lin­guis­ten, das über irgen­deine Sprache zu sagen, und sei es eine Plansprache wie Esperan­to. Entwed­er, man ste­ht Sprachen im all­ge­meinen mit Respekt und Neugi­er gegenüber, egal, wieviel Sprech­er sie haben — dann ist Esperan­to vielle­icht struk­turell nicht beson­ders span­nend, aber auch nicht weniger wert als andere Sprachen. Oder man ver­tritt eine Art sprach­lichen Sozial­dar­win­is­mus, der davon aus­ge­ht, dass wenig gesproch­ene Sprachen über­flüs­siger Fir­lefanz sind und Sprachen­ster­ben sei ein guter und notwendi­ger Prozess, der nicht lebens­fähige Sprachen aus­sortiert — dann muss man dem Esperan­to lassen, dass es immer­hin schon gut 100 Jahre existiert.
    Sich über Esperan­to-SPRECH­ER lustig zu machen, ist natür­lich nicht schw­er: Sind schließlich ein biss­chen welt­fremde Spin­ner, die an die Möglichkeit von Völk­erver­ständi­gung und Welt­frieden glauben, sich gerne mit ein­er Hand­voll über die Welt ver­streuter ander­er Leute über Sprache und Poli­tik unter­hal­ten und kein­er Fliege etwas zulei­de tun. Ganz ehrlich, ich per­sön­lich wün­schte, es gäbe mehr solche Leute.

  7. Klaus

    Mustafa hat recht
    Nur schnell weg aus Deutsch­land. In der Türkei gilt er als Deutsch­er und kann dort Spitzen­jobs bekom­men. In Deutsch­land hinge­gen würde er höch­stens als “Gemüse­händler” akzep­tiert wer­den, selb­st wenn der höhere akademis­che Wei­hen mit Ausze­ich­nung erreicht.
    Es ist seit Jahren so, dass ger­ade die gut aus­ge­bilde­ten Men­schen mit türkischen Wurzeln zurück in die Türkei migri­eren, weil sie hier immer der “Gemüsehändler”/“Dönderbudenbesitzer” bleiben und entsprechend miese Auf­stiegschan­cen haben.
    Aber unsere Regierung tut nichts dage­gen. Men­schen mit türkischen Wurzeln wer­den weit­er all­ge­mein als inte­gra­tionsun­willige Islamis­ten dif­famiert, die unsere Kul­tur über­ren­nen wollen. Und genau die blieben dann dank dieser Poli­tik als Boden­satz hier.

  8. tk

    Deutscholympiade
    So einen Sprach­wet­tbe­werb für Aus­län­der gibt es hier in Korea übri­gens auch, allerd­ings wer­den die Teil­nehmer meines Wis­sens nicht extra dafür einge­flo­gen. Die Ver­anstal­tung find­et immer im Mai an der Kyung Hee Uni­ver­sität statt, let­ztes Jahr war das The­ma “Kore­anis­ches Essen”, dieses Jahr ging es um K‑Pop.

  9. impala

    Franzö­sisch

    Türkisch ist ja (anders als, sagen wir mal, Franzö­sisch oder gar Latein) eine nüt­zliche Sprache

    Warum ist Franzö­sisch denn bitte keine nüt­zliche Sprache? Ich gebe zu, dass Türkisch aus lin­guis­tis­ch­er Sicht span­nen­der ist, weil es sich vom Deutschen stärk­er unter­schei­det, aber das sollte nicht das Kri­teri­um fürs ele­mentare Sprachen­ler­nen in der Schule sein.
    Frankre­ich war im ver­gan­genen Jahr Deutsch­land wichtig­ster Han­delspart­ner im Export (9,6% aller Aus­fuhren bzw. 101,5 Mil­liar­den Euro) und ist neben Deutsch­land die wichtig­ste poli­tis­che Macht in der EU. Von dem sich daraus ergebe­nen prak­tis­chen und sehr aktuellen Nutzen abge­se­hen hat das Franzö­sis­che auch kul­turell in Europa eine nicht zu unter­schätzende Bedeu­tung. Frankre­ich war für die his­torische Entwick­lung Europas tonangebend, weswe­gen viele bedeu­tende his­torische und auch philosophis­che Dokumente/Schriften auf Franzö­sisch ver­fasst wur­den. Darüber hin­aus ist die franzö­sis­chsprachige Lit­er­atur eine der ein­flussre­ich­sten in Europa.
    Was das nun mit ein­er Lob­by zu tun hat, ist mir ein Rätsel.

  10. Helmut Wicht

    Warum nicht eine Sprache?
    Die Antwort (Pete Townsend, Gitar­rist von “The Who”:
    http://www.youtube.com/watch?v=4F4IZA2xss4
    Text dazu:
    Just wan­na be misunderstood
    Wan­na be feared in my neighborhood
    Just wan­na be a moody man
    Say things that nobody can understand
    I wan­na be obscure and oblique
    Inscrutable and vague
    So hard to pin down
    I wan­na leave open mouths when I speak
    Want peo­ple to cry when I put them down
    I wan­na be either old or young
    Don’t like where I’ve end­ed up or where I begun
    I always feel I must get things in the can
    I just can’t han­dle it the way I am
    Why am I so straight and simple
    Peo­ple see through me like I’m made of glass
    Why can’t I deep­en with gray­ing temples
    Am I grow­ing out of my class
    I always feel I should be some­where else
    I feel impa­tient like a girl on the shelf
    They say that I should live sera sera
    But I am such an ordi­nary star
    Just wan­na be misunderstood
    I wan­na be feared in my neighborhood
    Just wan­na be a moody man
    Say things that nobody can understand..

  11. Dilettant

    @jgoschler Esperan­to
    Über “lei­dig” und “nicht tot zu kriegen” kann man stre­it­en. In der Ker­naus­sage würde ich A.S. aber Recht geben: Esperan­to ist ein nettes Hob­by für eine kleine Gruppe von Men­schen, nicht mehr. Alle Erwartun­gen, daraus kön­nte eine echte Welt­sprache wer­den, sind durch die Real­ität wider­legt. Wenn eine Sprache auf abse­hbare Zeit eine Chance hat, zur echt­en Welt­sprache zu wer­den, ist es nun mal das Englische.
    Im Übri­gen finde ich per­sön­lich die Beschäf­ti­gung mit his­torisch gewach­se­nen Orchideend­sprachen (Bask­isch, Gälisch etc.) sowohl hin­sichtlich der Sprache selb­st als auch in sozi­olin­guis­tis­ch­er Sicht wesentlich span­nen­der als reine Plankon­struk­te wie Esperan­to oder Klin­go­nisch. Aber das ist nur meine sub­jek­tive Sicht der Dinge.

  12. cydonia

    Chi­ne­sisch?
    Nie­mand erwäh­nt das Chinesische.…..von der Anzahl der Sprech­er her dürfte es dem Englis­chen recht nahe kommen.Vielleicht ein von dif­fuser Angst dik­tiertes Ignorieren?
    Und die Dialek­te wer­den ver­schwinden, schneller als man guck­en kann. Aus­nah­men sind dann eher so exo­tis­che Dialek­te wie das Lux­em­bur­gis­che, weil sie als echte Lan­dessprache fungieren.
    Lassen wirs auf uns zukommen.

  13. Dilettant

    @cydonia Chi­ne­sisch?
    Das Chi­ne­sis­che hat eine sehr hohe Sprecherzahl, die aber geo­graphisch sehr konzen­tri­ert ist auf Chi­na und seine Nach­barstaat­en. Im Rest der Welt ist es prak­tisch bedeu­tungs­los, und seine Chance, in abse­hbar­er Zeit als weltweit gebräuch­liche Verkehrssprache Bedeu­tung zu erlan­gen, tendiert gegen null.
    Wenn sich besip­iel­sweise eine mexikanis­ch­er und ein kuweitis­ch­er Geschäfts­mann oder eine russ­sis­che und eine sene­gale­sis­che Wis­senschaft­lerin ver­ständi­gen wollen, wer­den sie das höchst­wahrschein­lich nicht auf Chi­ne­sisch tun, aber sehr wahrschein­lich auf Englisch.

  14. Sprachenanwender

    Welt­sprache?
    Und was bitte ist eine Welt­sprache? Wäre das eines jeden Mut­ter­sprache? Das will ich sehen…
    Verkehrssprache ist Englisch schon, aber ob das mehr Missver­ständ­nisse ver­hin­dert als verur­sacht? Wenn ich mich in Japan noch auf Englisch ver­ständi­gen will, dann rede ich nicht nur viel ein­fach­er, ich ori­en­tiere mich auch etwas an der japanis­chen Satzstruk­tur. Und was hab ich nicht schon an rein sprach­lichen Missver­ständ­nis­sen entschärft zwis­chen englisch sprechen­den Deutschen und Japanern.
    Auch schön in dem Zusam­men­hang die Beschw­erde eines Amerikan­ers über einen Deutschen: I know Eng­lish isn’t his first lan­guage, but then I am not sure he even has a first language!

  15. Jörg

    Lin­gua franca
    Ich hat­te als Ver­ständi­gungssprache auch immer auf chi­ne­sisch geset­zt, weil es viele Sprech­er hat. Das Argu­ment mit der gerin­gen Ver­bre­itung zieht allerd­ings (noch?!). Dann würde sich (neben englisch) am ehesten noch ara­bisch anbi­eten, wird es doch auf allen Kon­ti­nen­ten gesprochen und hat auch viele Mil­lio­nen Sprech­er (Anzahl steigend). Ok — die Schrift kön­nte eine Ein­stiegshürde sein, das ist bei Chi­ne­sisch, Rus­sisch, Gri­eschich, Thai usw. auch so.

  16. Chicky

    Anmerkung zur Säch­sis­chen Zeitung
    Beim genaueren Blick auf den “Artikel” ent­pup­pt sich der gesamte Beitrag lediglich als Wer­beanzeige (ver­mut­lich der ver­link­ten Internetseite).

  17. Gerd S.

    Welt­sprache Englisch? Ich bin dafür!
    Guter Artikel, ich stimme völ­lig zu.
    In Japan (eben­so in Süd-Korea, Indi­en, Thai­land, Malysia…) kommt man übri­gens gut zurecht, da wichtige Hin­weiss­childer meist auch auf Englisch gehal­ten sind. In Europa dage­gen… naja.
    Ich bin über 50 und habe seit mein­er Schulzeit (Realschule) in den 70ern meine Englis­chken­nt­nisse, ohne Druck, stetig weit­er entwick­elt. Heute kann ich mich stun­den­lang auf Englisch unter­hal­ten und auch die übri­gen Vorteile sind überwältigend.
    Z.B. kann man weltweit mit Ein­heimis­chen sprechen (irgen­wer ver­ste­ht immer Englisch), das Inter­net weit bess­er nutzen, Filme und Serien im Orig­i­nal guck­en, uvm.
    Lei­der muß man in der Öffentlichkeit heutzu­tage vor­sichtig sein, denn sofort kommt irgen­dein Anglo­pho­bik­er oder selb­ster­nan­nter ‘Sprach­schützer’ um die Ecke, der alles mies machen will.

  18. impala

    Die Verkehrssprachendiskus­sion finde ich sowieso ziem­lich müßig. Wir müssen uns gar nicht darüber unter­hal­ten, was sich als Verkehrssprache im inter­na­tionalen Kon­takt anbi­eten würde, da wir schon eine haben, die weltweit akzep­tiert ist. Und an diesem Sta­tus will auch nie­mand ern­sthaft etwas ändern. Von ein paar anti-amerikanis­chen Grup­pierun­gen und naiv­en Sprach­schützern unwichtiger­er Sprachen abgesehen.

  19. Christopher

    Latein ist nicht unnütz!
    Nach­dem ich dank der Prü­fung­sor­d­nung in der Uni­ver­sität doch noch das Lat­inum machen musste (Prät.), um das ich mich während der Schulzeit gedrückt hat­te (PQP.), habe ich endlich die deutsche Gram­matik ver­standen (Perf.).
    Mein erster Impuls war übri­gens, wie “impala” das Franzö­sis­che zu vertei­di­gen, mit den sel­ben Argu­menten. Allerd­ings ist auch in Frankre­ich Deutsch stark rück­läu­fig — zu Gun­sten von Englisch, und in den deutschen Depen­den­zen franzö­sis­ch­er Unternehmen ver­ständigt man sich auch auf Englisch mit den Kol­le­gen des Nachbarlandes.
    Das Englis­che hat den Vorteil, eine (gram­ma­tisch) ein­fach gestrick­te Sprache zu sein, die freizügig Begriffe aus anderen Sprachen schluckt und deswe­gen von jed­er­mann leicht zu erler­nen ist. Die leichte Erlern­barkeit ist in meinen Augen aber Voraus­set­zung für die Akzep­tanz als Verkehrssprache. Und mit Entwick­lun­gen wie “Sim­ple Eng­lish” und “Tech­ni­cal Eng­lish” sowie anderen reduzierten Sub­sets des Englis­chen wird das aktiv vorangetrieben.
    Ich sehe Englisch als das bil­lige Mäd­chen von der Straße, das jed­er haben kann und das viele Bas­tarde gezeugt hat. Franzö­sisch und andere Sprachen mit vie­len gram­ma­tis­chen Aus­nah­men und ein­er starken Diver­genz von Aussprache und Schrift­bild sind eher stolze Damen, die man lange umgar­nen muss, bis man sie beherrscht. Da muss jed­er sel­ber wis­sen, ob sich die Mühe für ihn lohnt. 😉

  20. David

    Ich bin mir sich­er: Der Schlüs­sel zum Ver­ständ­nis des deutschen Ver­balkom­plex­es liegt irgend­wo in der lateinis­chen Gram­matik verborgen.

  21. Bertil Wennergren

    Sich lustig machen
    Sie haben sich also über die Sprache, die ich zuhause jeden Tag mit mein­er Frau spreche, lustig gemacht, und sog­ar angedeutet, dass Sie diese Sprache gerne ster­ben sehen wollen. Sehr schön. Und Sie nen­nen sich Linguist?

  22. Dierk

    @Bertil W.
    Das Idiom ’nicht tot zu kriegen’ impliziert nicht den Wun­sch jeman­den oder etwas ster­ben zu sehen.
    Der Ver­gle­ich* ein­er [Kunst]Sprache mit ein­er anderen impliziert nicht, dass eine der bei­den oder gar bei­de unfrei­willig komisch seien.
    Ich inter­pretiere ich ’sehr schön’ mal als Sarkas­mus, son­st hätte ich Schwierigkeit­en Ihnen zu fol­gen. Ihr let­zter Satz, ob als echte oder rhetorische Frage ver­standen, bleibt allerd­ings ein Non Sequitur. Ich bin mir im Moment nicht ein­mal sich­er, ob Herr Ste­fanow­itsch sich selb­st als Liun­guist beze­ich­net oder nicht doch lieber den Begriff ‘Sprach­wis­senschaftler bevorzugt.
    PS: Sprechen Sie zu Hause nun Klin­gon oder Esperanto?
    *Ver­gle­ich ist zwar notwendi­ge Bedin­gung für Gle­ich­set­zung, aber nicht hin­re­ichend => Ver­gle­ich != Gleichsetzung.

  23. gnaddrig

    @datengammelstelle und @impala
    Also, in Deutsch­land hat man deut­lich mehr Gele­gen­heit, Türkisch zu sprechen als Pol­nisch oder Franzö­sisch. Damit ist Türkisch in Deutsch­land auf jeden Fall eine nüt­zliche Sprache. Nüt­zlich­er als Pol­nisch oder Franzö­sisch jeden­falls. Oder Latein…

  24. Kakapo2

    @Christopher
    Englisch ist nicht deshalb Verkehrssprache, weil sie ein­fach oder hässlich wäre, son­dern weil sie die Sprache der (derzeit) Mächti­gen ist.
    Und das­selbe gilt für Franzö­sisch und Latein. Der Nieder­gang der Welt­nutzung von Franzö­sisch ist ein Anze­ichen für den Unter­gang des franzö­sis­chen Imperi­ums und an Latein erin­nert man sich deshalb noch, weil das römis­che Reich doch recht erfol­gre­ich war und es später die Sprache der mächti­gen katholis­chen Kirche war.
    Alle weit­eren Begrün­dun­gen für die Ver­bre­itung oder Nicht-Ver­bre­itung dieser Sprachen gehen am wesentlichen vorbei.

  25. impala

    @ gnad­drig / Christopher

    Also, in Deutsch­land hat man deut­lich mehr Gele­gen­heit, Türkisch zu sprechen als Pol­nisch oder Franzö­sisch. Damit ist Türkisch in Deutsch­land auf jeden Fall eine nüt­zliche Sprache. Nüt­zlich­er als Pol­nisch oder Franzö­sisch jeden­falls. Oder Latein…

    Mit dem Unter­schied dass die in Deutsch­land leben­den Türken Deutsch sprechen und es darum keinen Grund gibt (außer per­sön­lichem Inter­esse), deutsche Schüler Türkisch ler­nen zu lassen, wenn sie stattdessen Franzö­sisch ler­nen kön­nen, was wie ich weit­er oben aus­ge­führt habe von wirtschaftlich­er, poli­tis­ch­er und kul­tureller Bedeu­tung in Deutsch­land und Europa ist. Pol­nisch wird meist erst als dritte Fremd­sprache unter­richtet und ste­ht damit sowieso nicht in direk­ter Konkur­renz zum Französischen.

    Mein erster Impuls war übri­gens, wie “impala” das Franzö­sis­che zu vertei­di­gen, mit den sel­ben Argu­menten. Allerd­ings ist auch in Frankre­ich Deutsch stark rück­läu­fig — zu Gun­sten von Englisch, und in den deutschen Depen­den­zen franzö­sis­ch­er Unternehmen ver­ständigt man sich auch auf Englisch mit den Kol­le­gen des Nachbarlandes.

    Ich weiß nicht, ob Sie sich im franzö­sis­chen Schul­sys­tem ausken­nen, aber Englisch ist sowieso die erste Fremd­sprache — die Zahlen der Deutschlern­er sind also nicht wegen der zunehmenden Bedeu­tung des Englis­chen rück­läu­fig. Davon abge­se­hen wüsste ich nicht warum die Anzahl der­er, die in Frankre­ich Deutsch ler­nen, einen Ein­fluss auf die Anzahl der­er, die in Deutsch­land Franzö­sisch ler­nen, haben sollte. Nach dem Mot­to “wenn ihr unsere Sprache nicht lernt, ler­nen wir eure auch nicht mehr”?

  26. Anonym

    anonym
    Wer einem eurozen­trischen Welt­bild anhängt, der wird schnell zum Schluss gelan­gen, für “uns in Deutsch­land” sei das Türkische eine wertvollere Fremd­sprache als Franzö­sisch. Schaut man aber mal über den Teller­rand, z.B. in südlich­er Rich­tung, dann sieht man einen hal­ben Kon­ti­nent, auf dem Fran­sö­sisch Verkehrs- und Bil­dungssprache ist. Während das für das Türkische noch nicht ein­mal unter den hier leben­den Türken gilt.

  27. Bertil Wennergren

    Lei­dig
    Dierk:
    “Das Idiom ’nicht tot zu kriegen’ impliziert nicht den Wun­sch jeman­den oder etwas ster­ben zu sehen.”
    Und was bedeutet (oder andeutet) es dann hier?
    “Der Ver­gle­ich* ein­er [Kunst]Sprache mit ein­er anderen impliziert nicht, dass eine der bei­den oder gar bei­de unfrei­willig komisch seien.”
    Der Sinn war wohl, dass die bei­den lächer­lich klein sind, und es deshalb lächerlig ist für so eine Sprache als Welt­sprache zu argu­men­tieren. Oder wie haben Sie es verstanden?
    Und was bedeutet übri­gens “das _leidige_ [..] Esperan­to”? Ist die Sprache lei­dig? Gibt es auch andere lei­di­ge Sprachen? Wenn ja, welche sind die?
    Was er mit “eine _schlappe_ Mil­lion Sprecher/innen” gemeint hat, weiss ich nicht so genau. Klingt aber nicht sehr respek­tvoll. Ich habe immer gedacht, dass Sprachwissenschaftler/Linguisten alle Sprachen mit respekt behan­deln (sollen).

  28. Rudolf Fischer

    Nützichkeit­ser­wä­gun­gen
    Es ist prob­lema­tisch, den Wert ein­er Fremd­sprache nur nach Nüt­zlichkeit zu beurteilen, und dann auch noch diese Nüt­zlichkeit rein an der Anzahl der Sprech­er zu messen.
    In jedem Fall muss als weit­er­er Fak­tor der Schwierigkeits­grad der Erlern­barkeit hinzukom­men. Dann wird man fest­stellen, dass Esperan­to (für die meis­ten Men­schen) sehr leicht zu ler­nen ist, Englisch schon viel weniger, ganz zu schweigen von Klin­go­nisch, das ja auch nicht als inter­na­tionale Ver­ständi­gungssprache konzip­iert wurde.
    Es muss doch zu denken geben, dass das lei­di­ge [sic!] Esperan­to “nicht totzukriegen” ist. Seine Sprech­er haben es eben nicht nach Nüt­zlichkeit­skri­te­rien beurteilt, son­dern nach der “inter­na ideo”: eine Brücke zu aufgeschlosse­nen Men­schen in aller Welt zu sein, mit denen man sich — sprach­lich unbe­hin­dert — geistig aus­tauschen will.
    Das ist natür­lich nichts für Baller­man­ntypen oder NATO-Mil­itärs, und deshalb kann Esperan­to niemals Zweit­sprache für jed­er­mann wer­den. Gottlob!
    Ich spreche (neben anderen Fremd­sprachen) Esperan­to seit gut 40 Jahren. Man muss prak­tis­che Erfahrung haben, um es beurteilen zu können.

  29. Wentus

    Chi­ne­sisch Weltsprache?
    Die weite Ver­bre­itung des Chi­ne­sis­chen ist ja wohl eher ein poli­tis­ch­er Wun­schtraum! Man­darin ist zwar Amtssprache, wird aber nicht wirk­lich von vie­len Bürg­ern gesprochen. Eher noch kön­nen viele davon die chi­ne­sis­che Schrift lesen, deshalb haben Fernse­hfilme auch chi­ne­sis­che Unter­ti­tel. Die anderen sprechen eben nur kan­tone­sisch oder irgen­deine andere Sprache der­sel­ben Sprach­fam­i­lie. Kein­er wird Indoeu­ropäisch als einzige lebendi­ge Sprache beze­ich­nen, wieso wird das von “chi­ne­sisch” behauptet?

  30. Martin Holzherr

    Instan­tan-Über­set­zung von Fremdsprachen
    Eine Kom­mu­nika­tion­ssprache, die von allen ver­standen und von den meis­ten gesprochen wird (Kan­di­dat­en sind Englisch, Chi­ne­sisch und Kun­st­sprachen wie Esperan­to), wird es schon bald nicht mehr brauchen, denn in weni­gen Jahren wird instan­ta­ne Sprachüber­set­zung selb­stver­ständlich sein. Das wird Dialek­ten wieder Auftrieb geben. Für einen Kata­la­nen wird es keinen Grund mehr geben, das ver­has­ste Spanisch zu ler­nen, denn ein Gerät das der Kata­lane auf sich trägt wird erken­nen, dass da jemand spanisch zu ihm spricht und das unmit­tel­bar ins Kata­lanis­che übersetzen.
    Dadurch wird die Glob­al­isierung einen neuen Dreh erhal­ten: Touris­ten kön­nen sich über­all mit Ein­heimis­chen ver­ständi­gen, denn es gibt kaum noch Sprach­bar­ri­eren und all die human(oid)en Über­set­zer brauch’s nicht mehr. Auch die inter­na­tionale Poli­tik wird ungezwun­gener und direk­ter wenn’s die Dol­metsch­er nicht mehr braucht.
    Instan­ta­ne Über­set­zung wird vielle­icht mehr verän­dern als wir uns heute vorstellen können.

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