Schlagwort-Archive: Wörterbücher

Crowdsourcing, Oxford-style

Von Anatol Stefanowitsch

Don’t men­tion it – in etwa „nicht der Rede wert“ – ist im Englis­chen eine der Stan­dar­d­ant­worten auf Dankes­bekun­dun­gen. Das Oxford Eng­lish Dic­tio­nary hat dieses Mot­to so verin­ner­licht, dass man sich dort gar nicht erst bedankt. Man stellt zwar ein Online-For­mu­lar bere­it, über das Nutzer/innen Erst­belege, Wortvorschläge, Fehler und anderes melden kön­nen – Crowd­sourc­ing hat beim OED eine lange Tra­di­tion, schon die erste Auflage stützte sich stark auf Sprach­belege, die von bele­se­nen Sprachliebhaber/innen eingeschickt und in der Redak­tion des Wörter­buchs von Hand sortiert und in Zettelkästen ver­wahrt wur­den (für unsere jün­geren Leser/innen: Das Inter­net gab es im neun­zehn­ten Jahrhun­dert noch nicht). Aber eine Reak­tion bekommt man auch dann nicht, wenn der gemeldete Vorschlag umge­set­zt oder Man­gel behoben ist Weit­er­lesen

Shitstorm wem Shitstorm gebührt

Von Anatol Stefanowitsch

Das Oxford Eng­lish Dic­tio­nary ist ein­er lan­gen Tra­di­tion sorgfältiger lexiko­grafis­ch­er Arbeit auf höch­stem wis­senschaftlichen Niveau verpflichtet – es ist qua­si, wie sein Name schon sagt, das Oxford unter den Eng­lish Dictionaries.

Dabei spielt vor allem die Suche nach Erst­bele­gen – also den ersten schriftlich doku­men­tierten Ver­wen­dun­gen von Wörtern – eine Rolle. Diese wer­den häu­fig von lex­ophilen Laien an die Redak­tion des OED geschickt, wo sie dann sorgfältig nach allen Regeln der Wörter­buch­macherei über­prüft und gefak­tencheckt wer­den, bevor sie den bish­eri­gen Erst­be­leg eines Wortes auf die Müll­halde der Sprachgeschichte befördern dürfen.

Oder sie wer­den ein­fach aus Inter­netquellen mit notorisch unzu­ver­läs­siger Datierung über­nom­men ohne auch nur ober­fläch­lich auf Plau­si­bil­ität über­prüft zu wer­den. So geschehen im Fall eines alten Bekan­nten des Sprachlogs, dem shit­storm. Der find­et sich im OED als Unter­punkt des Ein­trags für shit und wird definiert als „a fre­net­ic or dis­as­trous event; a com­mo­tion, a tumult“ (ein hek­tis­ches oder katas­trophales Ereig­nis, ein Durcheinan­der, ein Tumult). Weit­er­lesen

Sprachbrocken: Der Shitstorm ist Establishment

Von Anatol Stefanowitsch

Da aktu­al­isiert die Duden-Redak­tion ihr Wörter­buch mit über 5000 Wörtern, darunter urdeutsche (und her­vor­ra­gend zueinan­der passende) Schön­heit­en wie Schulden­bremse und Vollp­fos­ten, und alles, was die inter­na­tionale Presse inter­essiert, ist – der Shit­storm. Nicht ganz unschuldig an dem inter­na­tionalen Medi­en­in­ter­esse: Die Sprachlogger/innen, unter deren Fed­er­führung Shit­storm zum „Anglizis­mus des Jahres“ 2011 gewählt wurde. Kaum ein Artikel, der diese Wahl nicht als Aufhänger nimmt (unser Jurymit­glied Michael Mann hat es über den dama­li­gen Bericht auf The Local sog­ar in den Bericht der BBC geschafft). Weit­er­lesen

Sprachbrocken 25/2013

Von Anatol Stefanowitsch

Die sprach­liche Nachricht der Woche war fra­g­los „‚Tweet‘ kommt ins Wörter­buch“. Das Wörter­buch, um das es dabei ging, war das Oxford Eng­lish Dic­tio­nary, das tweet war das englis­che Verb to tweet. Und tat­säch­lich find­et sich der entsprechende Ein­trag bere­its in der Online-Ver­sion des Wörter­buchs, eben­so, wie der für das Sub­stan­tiv tweet. Dabei ist nicht das Wort selb­st neu, denn das stand bish­er natür­lich schon mit der Bedeu­tung „einen kurzen, hohen Ton oder eine Serie solch­er Töne machen“ (für das Verb) und „kurz­er, hoher Ton wie ihn ein klein­er Vogel macht“ (für das Sub­stan­tiv) im größten Wörter­buch der englis­chen Sprache. Nun kom­men zwei Verbbe­deu­tun­gen hinzu. Eine für das Verb ohne Objekt (z.B. John tweets): „einen Beitrag auf dem sozialen Net­zw­erk­di­enst Twit­ter machen. Auch: Twit­ter regelmäßig oder gewohn­heitsmäßig ver­wen­den“. Und eine für das Verb mit Objekt (z.B. John tweet­ed a pic­ture of a cat): „eine Nachricht, eine Infor­ma­tion auf Twit­ter veröf­fentlichen“. Als Erst­be­leg für Verb und Sub­stan­tiv gibt das OED derzeit einen Blog­beitrag auf dem Blog NevOn vom 15. März 2007 an – für Sprach­fans eine klare Her­aus­forderung, einen früheren Beleg zu find­en. Weit­er­lesen