Im letzten Beitrag hatte ich versehentlich nicht auf das Interview mit Verfassungsrichter Di Fabio verlinkt, sondern auf einen Gastkommentar meines Würzburger Kollegen Norbert Richard Wolf in der Mainpost. Da dieser Kommentar äußerst lesenswert ist, hole ich hier offiziell eine nicht-versehentliche Verlinkung nach.
Wolf drückt zunächst Zweifel an der Sinnhaftigkeit einer Verankerung der deutschen Sprache im Grundgesetz aus und weist dann noch darauf hin, dass „Die anderen machen es aber auch“ in diesem Fall kein gutes Argument ist:
Man mag nun einwenden, dass andere Staaten, etwa Frankreich oder Österreich die Landessprache in der jeweiligen Verfassung festgelegt hätten. Doch muss man die Situation, in der solche Festlegungen entstanden sind, bedenken. Die kleine Republik, die nach dem Ende der Österreichisch-Ungarischen Monarchie entstand, wollte sich auch für die deutsch Sprechenden in anderen Teilen, etwa in der Tschechoslowakei, zuständig fühlen; zudem weist die österreichische Verfassung auch auf weitere Sprachen, die im Land gesprochen werden, hin.
In Frankreich wurden durch den Satz, dass die Sprache der Republik Französisch sei, andere Sprachen bewusst unterdrückt, und es macht immer noch Schwierigkeiten, Minderheitensprachen anzuerkennen. Solches kann und darf doch nicht das Ziel des deutschen Grundgesetzes sein.
Kurz gesagt: Wenn Sprachen in Verfassungen festgeschrieben werden, steckt meistens ein nach innen oder sogar nach außen gerichteter sprachlicher Imperialismus dahinter. Dass Deutschland den nötig hat, und dass er angemessen wäre, darf bezweifelt werden.

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