Werbehefter für Motogrossrennen

Von Kristin Kopf

Neues aus Schut­ter­tal … nach­dem wir alles über am Pas­cal seine Mut­ter wis­sen, geht es heute um Frau Schwab und das, was sie so macht:

Näm­lich Wer­be­hefter.

Im Hochdeutschen gibt es zwar das Wort der Hefter (Plur­al: die Hefter), das eine Mappe zum Ein­heften beze­ich­net (oder gele­gentlich einen Tack­er). Wahrschein­lich wurde es aus dem Verb­stamm von heften und der Endung -er gebildet, so wie Bohrer aus bohren+er, Steck­er aus stecken+er, und so weiter.

Dieses Wort ist hier aber nicht gemeint, es geht vielmehr um Prospek­te, also Werbehefte. Der Plur­al auf -er bei diesem Wort ist eine dialek­tale Eigen­heit: KindKinder, LiedLieder, GliedGlieder, … im Hochdeutschen gibt es eine ganze Gruppe von Wörtern mit Plur­al auf -er.

In Dialek­ten gibt es zwar meist diesel­ben (oder sehr ähn­liche) Arten der Plu­ral­bil­dung, aber es müssen nicht unbe­d­ingt diesel­ben Wörter in diese Grup­pen gehören. Im Schut­ter­tal gehört HeftHefter ganz reg­ulär zur Gruppe mit -er-Plur­al, während es im Hochdeutschen zur Gruppe mit -e-Plur­al gehört (wie Beete, Stifte, Wege, …). Auch mit dabei: StickSticker ‘Stücke’.1

Gut möglich, dass die Ver­wen­dung von Hefter als Plur­al von Heft noch zusät­zlich durch das vorhan­dene hochdeutsche Wort Hefter gestärkt wird, das ja auch eine sehr ähn­liche Bedeu­tung hat.

[23.4.09: Zu diesem Beitrag gibt es eine Ergänzung.]

Fußnote:
1Auch im elsäs­sis­chen Wörter­buch find­et sich hier der -er-Plur­al: Stück.

4 Gedanken zu „Werbehefter für Motogrossrennen

  1. VEB wortfeile

    liebe kristin,

    ich finde deine her­leitung des fehlers für die ver­wen­dung von wer­be­hefte® schon rel­a­tiv ein­leuch­t­end, ver­mute aber, dass pas­cal noch jünger als zehn jahre alt ist, richtig? mir scheint deine let­zte erk­lärung deswe­gen sehr ein­leuch­t­end. meine nichte hat in diesem alter auch noch sehr schöne wortkreatio­nen geschaf­fen: ess­laden statt restau­rant. das kann sie unmöglich aus dem sprachge­brauch von erwach­se­nen über­nom­men haben. ich denke, dass in diesem alter die fein­heit­en der sprache erst ent­deckt und entwick­elt wer­den. und die größe von wer­be­heften entspricht auch eher der von heftern (naja…).

    und wie ist es mit dem her­rlichen rechtschreibfehler motogross­ren­nen? wird das lautk­lan­gliche ‘k’ — bzw. hier ja eigentlich ‘c’ — dort eher wie ‘g’ gesprochen? oder macht ‘knus­priges ren­nen’ (kross) ein­fach weniger sinn? kindliche logik?

    gute grüße von
    VEB Wortfeile

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    1. Kristin Beitragsautor

      Liebe Wort­feile,

      natür­lich kann es auch ein­fach ein gedankliche Gle­ich­set­zung von Heft und Hefter sein, aber die Wahrschein­lichkeit, dass das durch Dialek­t­trans­ferenz erfol­gt ist, halte ich für ziem­lich hoch. Vielle­icht unter­schei­det das Kind tat­säch­lich nicht und sagt auch im Sin­gu­lar zu bei­dem Hefter oder Heft. Ich will das nicht ausschließen.
      Ich habe auch ver­sucht her­auszufind­en, woher Heft eigentlich kommt. Kluges ety­mol­o­gis­ches Wörter­buch führt die Bil­dung ins 16. Jahrhun­dert zurück und sagt, sie sei aus heften ent­standen (so wie Kauf aus kaufen), Grimms Deutsches Wörter­buch set­zt einen Bedeu­tungswan­del von ahd. hefti an, das etwas beze­ich­net, das man hält oder greift (wie das Heft eines Schwertes).
      Auf jeden Fall ist weit und bre­it kein -er-Plur­al in Sicht, der -e-Plur­al scheint die “nor­male” Entwick­lung zu sein.
      Zu welchem Zeit­punkt der Dialekt also den -er-Plur­al angenom­men hat, ist unklar. Vielle­icht ist es eine rel­a­tiv neue Erschei­n­ung, vielle­icht ist sie auch schon uralt. Ich werde bei Gele­gen­heit mal einen Blick in ein badis­ches Wörter­buch wer­fen, mal sehen ob das etwas hergibt. 

      Okay, zu anderen Din­gen: Ich denke das geschriebene “g” entspricht tat­säch­lich der lokalen Aussprache (eher sog­ar noch modogross). Mein Sprachge­fühl hat mich da allerd­ings grade ver­lassen (zu viel hochdeutsch­er Einfluss).

      Auf jeden Fall vie­len Dank für Deinen Kommentar!
      Kristin.

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  2. Lietuvis

    Im (Hoch-)Deutschen wird die Unter­schei­dung stimmhaft/stimmlos am Wort­laut ja primär durch den Gegen­satz nicht aspiriert/aspiriert ausgedrückt.

    Genau kann ich das land­schaftlich nicht einord­nen, aber viele Leute aus etwas südlicheren Gefilden aspiri­eren aber auch nicht bei anlau­t­en­dem Okklu­siv + Liq­uid (also kr, pr, pl etc.), so dass ich als nord­deutsch­er Hör­er den Unter­schied nicht raushören kann und sich auf “kräftig” oder “plus” für mich wie “gräftig” und “blus” anhört.

    Und wenn man noch weit­er nach Süden geht, fällt die Aspi­ra­tion ganz, da bekommt an dann solche net­ten Ver­schrei­bun­gen wie “Gäfig” (für Käfig”) und “Dexde” (sic, für “Texte”).

    Das scheint dann auch hier passiert zu sein.

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    1. Kristin Beitragsautor

      Ich würde es ein­fach Lenisierung zu nen­nen, in Clus­tern wird meines Wis­sens auch im Hochdeutschen nicht aspiri­ert (kann aber auch sein, dass ich es durcheinan­der­bringe und es nur in st/sp-Clus­tern so war), der Kon­tast ist Fortes/Lenes. Allerd­ings bin ich lei­der nicht Badis­chmut­ter­sprach­lerin genug um beurteilen zu kön­nen, ob’s wirk­lich immer in /kr/-Clus­tern passiert. Ich habe mir zuerst einge­bildet, dass Kriäg ‘Krieg’ anders aus­ge­sprochen würde als Gruscht ‘Kram’, dann hab ich’s mir ein paar­mal mit [g] vorge­sprochen und es klang gar nicht so schlecht, und jet­zt bin ich rest­los ver­wirrt. Es wird Zeit, mal wieder mit meinen Eltern zu telefonieren.

      Lenisierung ist auf jeden Fall weitver­bre­it­et (ich wäh­le absichtlich nicht­na­tive Wörter): Schbaß ‘Spaß’, Inder­net ‘Inter­net’, Audo ‘Auto’, Agwis ‘Akquise’, Glo ‘Klo’.

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