The Article War I

Von Susanne Flach

Jet­zt auch mal hier ans Eingemachte.

Mein Unter­suchungs­ge­gen­stand, der bes­timmte Artikel the, wird im irischen Englisch in bes­timmten Kon­tex­ten häu­figer benutzt, als im Stan­dar­d­englisch. Also beson­ders in Verbindung mit nicht­spez­i­fis­ch­er Ref­erenz wie in He’s at the school, wenn nicht das Gebäude, son­dern die Insti­tu­tion an sich gemeint ist; in Kon­struk­tio­nen mit Jahreszeit­en (in the spring), Krankheit­en (He died of the can­cer), Fest­ta­gen (the Christ­mas, the East­er); in Phrasen, in denen the die Prä­po­si­tio­nen per oder at oder Per­son­al­pronomen erset­zt (three pounds in the week ‘three pounds per week’, in the night, he left the wife behind); vor den Quan­tifika­toren both, half und most in of-Phrasen (and the both of them hun­gry, the one half of what you hear). Dazu kom­men erhöhte Gebrauchs­fre­quen­zen des bes­timmten Artikels in Phrasen mit unzählbaren Sub­stan­tiv­en (non-coun­t/­mass nouns), die im Stan­dar­d­englisch keinen Artikel haben (the gold is plen­ty, the bacon is high ‘bacon is expensive’).

Ein­er­seits haben diese Ver­wen­dun­gen erstaunliche Par­al­le­len zu ihren entsprechen­den Kon­struk­tio­nen im irischen Gälisch. Ander­er­seits hat auch das schot­tis­che Englisch eine nahezu iden­tis­che Ver­wen­dun­gen des Artikels. Das schot­tis­che Gälisch hat wieder­rum — sur­prise! — ähn­liche Par­al­le­len und fast iden­tis­che Artikelkon­struk­tio­nen wie im irischen Gälisch. Es kön­nte also der Ver­dacht nahe liegen, dass es sich bei dieser Art des Artikel­ge­brauchs um Kel­tizis­men handelt.

Hm ja, und dann kom­men nachgewiesene Vorkom­men in vie­len anderen britis­chen Dialek­ten (Wales, Corn­wall, Nord- und Mit­te­leng­land) hinzu, der Artikel the wird ähn­lich auch in den soge­nan­nten New Eng­lish­es in Indi­en, Sin­ga­pur und Jamai­ka sowie in englis­chen Dialek­ten aus­tralis­ch­er Abo­rig­ines ähn­lich “unregelmäßig” ver­wen­det. Tat­säch­lich — und das spiegelt sich in der fast spär­lichen Lit­er­atur zur Artikelforschung nicht wider — ist der unregelmäßige Gebrauch der Artikel (irreg­u­lar use of arti­cles, hier aber inklu­sive a/an, the und Nullar­tikel gemeint) eines der am häu­fig­sten attestierten Phänomene in Vari­etäten des Englis­chen. Kurz: die Ver­bre­itung des “Phänomen [17]”*, wie es von Kort­mann & Szm­rec­sanyi (2004) klas­si­fiziert wird, schwächt natür­lich die These vom Kel­tizis­mus (Celtic Hypoth­e­sis). Fast ist man ver­sucht, den Artikel­ge­brauch des Stan­dar­d­englisch für die eigentlich abwe­ichende Ver­wen­dungsweise zu halten.

Was aber auf­fällt ist die Tat­sache, dass alle Vari­etäten mit abwe­ichen­dem Artikel­ge­brauch soge­nan­nte Kon­tak­t­va­ri­etäten sind. Wales (Wal­i­sisch) und Corn­wall (Kor­nisch) sind im Großen und Ganzen weniger bee­in­flusst und noch dazu von jew­eils nur ein­er Sprache; dafür spie­len in Sin­ga­pur (u.a. Malai­isch, Chi­ne­sisch), Indi­en (äh, n paar mehr) und in der Karibik mehr als eine Kon­tak­t­sprache und ‑vari­etät eine Rolle. Inter­es­sant ist auch, dass die Kon­tak­t­sprachen in Asien und der Karibik bes­timmte, unbes­timmte oder auch gar keine Artikel haben. Die keltischen Sprache haben bis auf Bre­tonisch nur den bes­timmten Artikel. Ich habe auch den Ein­druck, dass die keltisch bee­in­flussten englis­chen Dialek­te das “homo­genere” Bild abliefern: für sie wird auss­chließlich eine Überver­wen­dung diag­nos­tiziert, Kon­tak­t­va­ri­etäten in Asien und der Karibik haben auch — fast gle­icher­maßen sog­ar — eine Unterver­wen­dung, also einen Nullar­tikel anstelle von a/an oder the.

Ein weit­er­er Fak­tor ist die Klas­si­fika­tion der jew­eili­gen Vari­etäten. Grob gesagt lassen die sich in L1 (Mut­ter­sprachen), Shift-Sprachen und L2 (Zweit­sprachen) ein­teilen. Zu den L1-Vari­etäten gehören Englisch in Eng­land, Teilen Schot­t­lands, Teilen Nor­damerikas, Aus­tralien und Neusee­land. Shift-Vari­etäten sind die Dialek­te, die aus einem Sprach­wech­sel von X zu Englisch ent­standen sind, beispiel­sweise das Eng­lish in Irland. L2-Vari­etäten wer­den dort gesprochen, wo Englisch beson­ders die Funk­tion ein­er Sprache des öffentlichen Raums ist (Bil­dung, Ver­wal­tung, Wirtschaft etc.), aber andere Sprachen im Pri­vat­en gesprochen wer­den. Dies ist in den meis­ten englis­chsprachi­gen Län­dern der Karibik, in Afri­ka und Asien der Fall, auch in Indi­en und Sin­ga­pur. Nun ist das ja alles nicht so ein­fach und die Gren­zen sind schwierig zu ziehen. Es gibt auch Mei­n­un­gen, dass die Englischs in Indi­en und Sin­ga­pur zu den Shift-Vari­etäten gehören.

Wichtig jeden­falls: in Shift- und L2-Vari­etäten hat es, gradu­ell zwar unter­schiedlich, Sprachkon­takt gegeben. Kon­tak­te­in­fluss gibt es zwar auch in L1-Vari­etäten (durch z.B. Migranten­sprachen), die Qual­ität ist aber eine andere. Fürs erste reicht es hier aber zu wis­sen, dass Kon­takt ein wichtiger Fak­tor für meinen Unter­suchungs­ge­gen­stand ist. Darüber hin­aus das Wis­sen, dass Fea­ture [17] nach Kort­mann und Szm­rec­sanyi das 12. häu­fig­ste von 76 unter­sucht­en Phänomen in englis­chen Vari­etäten ist. Es ist immer­hin in 33 von 46 der betra­chteten Vari­etäten belegt.

Fort­set­zung folgt.

*Kort­mann und Szm­rec­sanyi klas­si­fizieren hier nicht absteigend nach Aufkom­men oder Ver­bre­itung eines Phänomens, son­dern nach Bere­ichen: Phänomene [1]-[13] beispiel­sweise beziehen sich auf Pronomen, [14]-[20] auf die Nom­i­nalphrase, [21]-[41] auf die Ver­balphrase usw. usf.

Kort­mann, Bernd & Benedikt Szm­rec­sanyi. 2004. Glob­al syn­op­sis: mor­pho­log­i­cal and syn­tac­tic vari­a­tion in Eng­lish. In: Kort­mann, Bernd et al [eds]. Hand­book of Vari­eties of Eng­lish, Vol­ume 2: Mor­phol­o­gy and Syn­tax. Berlin: Mou­ton de Gruyter. 1142–1202.

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