Zeitangaben und die referentielle Komponente

Von Susanne Flach

Im Englis­chen gibt es Kon­struk­tion — mit und alter­na­tiv ohne Artikel — die nichts damit zu tun haben, ob’s ein Ire oder ein Men­sch aus Oxford von sich gibt. Dazu zählen beispiel­sweise at night vs. in the night und in spring vs. in the spring. Die jew­eils let­zteren Kon­struk­tio­nen sind speziell den Iren nachge­sagt wor­den. Und nie­mand ist bish­er (bis auf, iro­nis­cher­weise, einige wenige Gram­matiken für Stan­dar­d­englisch) auf die seman­tis­che Kom­po­nente einge­gan­gen, schon gar nicht für irisches Englisch.

Ich dachte ja auch erst, beson­ders Kon­struk­tio­nen wie in spring und in the spring sind weit­ge­hend syn­onym und lediglich styl­is­tisch motiviert. Nahezu jede Gram­matik sagt uns, dass Jahrezeit­en in lin­guis­tisch nicht-ref­er­en­tieller Umge­bung, d.h. wenn sie nicht durch eine of-Phrase post­mod­i­fiziert sind (the spring of 2009), ohne Artikel ver­wen­det wer­den. Dies bet­rifft auch die Kon­struk­tion at night, wie etwa in I don’t sleep much at night. Es gibt allerd­ings Sit­u­a­tio­nen, in denen man den Zeit­punkt her­ausheben will und kann, dann ist auch eine Kon­struk­tion mit Artikel möglich: I woke up at two o’clock in the night.

So sind in unserem Kor­pus generelle Ref­erenz für die Nacht als Ganzes nur in 10% der Fälle mit Artikel real­isiert, während in Fällen, in denen ein bes­timmter Zeit­punkt eine Rolle spielt, der Artikel in 57% ver­wen­det wird. Auch wenn der ref­er­en­tielle Bezugspunkt hier nicht kat­e­gorisch den Artikel­ge­brauch motiviert, ist diese Ent­deck­ung, nun­ja, erwartungs­gemäß, aber irgend­wie auch ein wenig sen­sa­tionell (das mag natür­lich, je nach Kel­tizis­mushang, jed­er sehen wie er will).

Diese Muster haben mich ver­an­lasst, das gle­iche Spielchen bei Jahreszeit­en durchzuführen. Hier kann man nicht nur nach Zeit­punk­ten (Snow fell ear­ly in (the) spring) und Peri­o­den (I was sick all (the) sum­mer), son­dern auch nach spez­i­fis­chen und nicht-spez­i­fis­chen Jahreszeit­en unter­schei­den. Ein Fall ein­er spez­i­fis­chen Jahreszeit wäre beispiel­sweise I will come to Amer­i­ca in (the) spring, wenn also kon­textuell eine bes­timmte Jahreszeit gemeint ist, wie hier der näch­ste Früh­ling. Ein nicht-spez­i­fis­ch­er Win­ter wäre beispiel­sweise There is not much work here in (the) win­ter, Arbeit­slosigkeit gilt also für alle Win­ter, nicht nur für den kom­menden oder den vergangenen.

Und was soll ich sagen — die kon­textab­hängige (wir sagen prag­ma­tis­che) Umge­bung ist ein entschei­den­der Fak­tor: ist eine bes­timmte Jahreszeit gemeint, erscheint der Artikel in 75% der Fälle, bei nicht näher bes­timmten nur in 42%. Ist ein bes­timmter Zeitpunkt Gegen­stand der Äußerung, wird der Artikel in 76% ver­wen­det, ist ein Zeitraum rel­e­vant, in 60%. Ander­sherum ist eine Äußerung für einen bes­timmten Punkt in ein­er unbes­timmten Jahreszeit the­o­retisch und logisch möglich (Snow always falls ear­ly in (the) spring), ist im Kor­pus als Repräsen­tant der Sprache im Gebrauch aber nicht attestiert. Mit anderen Worten: wird hier über Zeit­punk­te in Jahreszeit­en gesprochen, ist immer eine bes­timmte Jahreszeit gemeint.

Dies lässt zwei Inter­pre­ta­tio­nen zu. Num­mer Eins: der Artikel­ge­brauch in diesen Tem­po­ralkon­struk­tio­nen unter­liegt prag­ma­tis­chen und ref­er­en­tiellen Beschränkun­gen oder ist durch sie begün­stigt, und ist nicht mit Par­al­lelkon­struk­tio­nen im Irischen, son­dern nur mit semantischen/pragmatischen Strate­gien erk­lär­bar. Num­mer Zwei: Ich hab irgend­wo einen der­ben Denkfehler.

Dat­en lügen nicht. Gib ihnen genug Fut­ter, dann liefern sie dir Muster.

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