Am Ende des Tages [Neufassung]

Von Anatol Stefanowitsch
Bremer Sprachblog - Neufassung

Bre­mer Sprach­blog — Neufassung

Sprach­nör­gler zeich­nen sich häu­fig dadurch aus, dass sie immer wieder dieselbe Hand­voll sprach­lich­er Phänomene kri­tisieren: die ange­blich unl­o­gis­che Redewen­dung Sinn machen, den Ser­vice Point, die Bahn­hof­s­toi­lette Mc Clean und den Radlei­h­di­enst Call-a-Bike der Deutschen Bahn, das Schein­lehn­wort Handy. Man hat manch­mal den Ein­druck, mit fünf kleinen Änderun­gen am Sprachge­brauch könne man sämtliche Sprachkri­tik zum Ver­s­tum­men brin­gen. Ab und zu find­en die Anglizis­men­jäger aber doch ein neues Fein­dob­jekt. So haben sie vor kurzem die Phrase am Ende des Tages ent­deckt und auf die Liste der zum Abschuss freigegebe­nen  Redewen­dun­gen gesetzt.

Hier zunächst ein paar Beispiele für diese Redewendung:

  1. Am Ende des Tages ste­ht für mich eine rena­turi­erte Ems“, sagt Nieder­sach­sens Min­is­ter­präsi­dent Chris­t­ian Wulff. [Finan­cial Times]
  2. Am Ende des Tages zählen Leis­tung und Zahlen“, sagt Peter Staab, zuständig für Investor Rela­tions… [Welt.de]
  3. Die deutsche Singspielin­dus­trie darbt. Am Ende des Tages kön­nen nur heiße Stoffe wie das Oba­ma-Musi­cal neue Hoff­nung brin­gen. [Finanztreff.de]

Schon 2006 hat Chefnör­gler Bas­t­ian Sick diese Phrase in ein­er Glosse als Beispiel für einen „Anglizis­mus“ erwäh­nt, allerd­ings nicht als beson­ders kri­tik­würdig klassifiziert:

Die englis­che Meta­pher „at the end of the day“ bedeutet „let­zten Endes“, „schließlich“. Für die meis­ten Deutschen ist das „Ende des Tages“ keine rhetorische Fig­ur, son­dern nichts anderes als der Abend. Die Ver­wen­dung im Sinne von „schließlich“ ist ein Anglizismus.

Bei mein­er regelmäßi­gen Lek­türe sprach­nör­g­lerisch­er Befind­lichkeits­bekun­dun­gen ist mir die Redewen­dung dann lange Zeit nicht untergekom­men, aber im let­zten Jahr ist sie mir immer häu­figer begegnet.

Robert Sed­laczek beze­ich­net sie in der Wiener Zeitung noch rel­a­tiv neu­tral als „abge­drosch­ene Phrase“ (Wiener Zeitung, 4. März 2009). Burkhard Spin­nen will die Redewen­dung abschaf­fen, weil er die Gefahr sieht, dass des Englis­chen nicht mächtige Zeitgenossen sie fälschlicher­weise wörtlich inter­pretieren kön­nten (Deutsche Welle, 11.9.2009). Alexan­der Jungkunz para­phrasiert in den Nürn­berg­er Nachricht­en Bas­t­ian Sick und beze­ich­net die Redewen­dung dann schon etwas nör­g­lerisch­er als „Quatsch“ (Fürther Nachricht­en, 9.11.2009). Bernd Matthies möchte sie im Tagesspiegel sog­ar als „ner­vend­ste Redewen­dung des Jahres“ aus­geze­ich­net sehen (Tagesspiegel, 23.12.2009), und Chris­t­ian Schachinger beschimpft sie im Stan­dard als den „blö­den Brud­er“ der Redewen­dung das macht Sinn (Der Stan­dard, 11. Jan­u­ar 2010).

Auch sprach­lich gelassenere Beobachter befassen sich mit der Phrase. Her­mann Schreiber, dessen Kolumne im Ham­burg­er Abend­blatt früher eher sprach­nör­g­lerisch daherkam, der aber inzwis­chen sehr gut gelaunte Sprach­glossen ver­fasst, möchte in klären, woher die Redewen­dung kommt; allerd­ings fällt ihm nicht viel dazu ein: „Und wie kommt so ein Spruch zus­tande? Ganz ein­fach: Ein­er „erfind­et“ ihn, ganz zufäl­lig, und die anderen plap­pern ihn nach“ (Ham­burg­er Abend­blatt, 7. Novem­ber 2009 — lei­der hin­ter der neuen Bezahlwand des Abend­blatts). Und Har­ald Freiberg­er möchte den Man­agern die Redewen­dung abgewöh­nen, da sie ihm „unbe­weglich und pas­siv“ erscheint:

Dabei passen die Floskeln gar nicht zu einem Man­ag­er. Denn er will agil und aktiv wirken, auf keinen Fall unbe­weglich und pas­siv. Sagt er aber “am Ende des Tages”, bringt er sich automa­tisch in eine defen­sive Posi­tion; schließlich set­zt die Formel „am Ende des Tages“ voraus, dass man vorher die Argu­mente der Gegen­partei nen­nt, um diese dann nach Ein­schub der Floskel zu wider­legen: „Alle sagen zwar immer, dass wir keine Rezepte für die Zukun­ft haben, am Ende des Tages aber wird sich zeigen, dass dem keineswegs so ist.“ [Süd­deutsche Zeitung, 21.12.2009]

Flo­ri­an Illies wider­spricht Freiberg­er. Für ihn ist die Phrase ganz im Gegen­teil typ­isch für die „Cow­boys unter den Managern“:

[D]ie Sehn­sucht nach Abgren­zung ist geblieben – ger­ade bei den Her­ren der Old Econ­o­my. Denn wer »am Ende des Tages« sagt, will zeigen, dass er ein echter Cow­boy ist – und weiß, worum es abends am Lager­feuer wirk­lich geht. Dabei wird völ­lig vergessen, dass natür­lich nie­mand bess­er als ein Cow­boy weiß, dass man wed­er mit­tags noch nach­mit­tags sagen kann, wo man abends seine Pfer­d­chen ins Trock­ene brin­gen wird. Son­dern erst am Ende des Tages. Frauen ist der Zugriff auf diesen Marl­boro-Code der Weltwirtschaft unter­sagt. Weicheiern eben­falls.[Zeit Online, 30.12.2009]

Ob die Redewen­dung nun unbe­weglich-pas­siv oder eher cow­boy­haft ver­we­gen klingt, kann ich aus sprach­wis­senschaftlich­er Sicht nicht beurteilen. Inter­es­san­ter ist für mich die Frage, die Her­mann Schreiber in sein­er Glosse stellt aber nicht (bzw. nur sehr all­ge­mein) beant­wortet: Woher kommt so eine Redewen­dung und wie ver­bre­it­et sie sich? Außer­dem inter­essiert mich, warum die Sprach­nör­gler sich in let­zter Zeit so mas­siv auf das Ende des Tages stürzen. Han­delt es sich bei der Redewen­dung um ein neueres Phänomen, bzw. hat sie sich erst in let­zter Zeit so stark ver­bre­it­et, dass sie sich prak­tisch auf­drängt? Ich habe dem SWR heute mor­gen ein kurzes Inter­view zu dieser Frage gegeben, das ich hier ver­linken werde, sobald ich einen Mitschnitt habe. Im Fol­gen­den stelle ich den Hin­ter­grund für das dar, was ich dort gesagt habe.

Fan­gen wir mit der ersten Frage an. Sick geht in sein­er Glosse davon aus, dass es sich um eine Entlehnung aus dem Englis­chen han­delt, und es scheint mir plau­si­bel, dass er damit Recht hat. Um es zu über­prüfen, habe ich nach der Phrase für die Jahre 1999 bis 2003 in der Google-Büch­er­suche gesucht. Ich habe mir für jedes Jahr 100 Tre­f­fer ange­se­hen und nach Ver­wen­dun­gen wie den oben zitierten gesucht.

Zwei Dinge fall­en auf: fast alle Tre­f­fer stam­men entwed­er aus Über­set­zun­gen englis­ch­er Büch­er und Zitate oder aus betrieb­swirtschaftlichen Abhand­lun­gen und Rat­ge­bern. Nur drei der ins­ge­samt 23 Tre­f­fer fall­en in keine der bei­den Kat­e­gorien. Die Häu­figkeit der Über­set­zun­gen bleibt über den Zeitraum rel­a­tiv kon­stant, er schwankt zwis­chen ein­er und zwei Ver­wen­dun­gen pro Jahr. Der Anteil in der betrieb­swirtschaftlichen Lit­er­atur steigt dage­gen von 2 im Jahr 2000 auf 5 im Jahr 2003 an. Man kann also davon aus­ge­hen, dass die Redewen­dung durch Über­set­zun­gen aus dem Englis­chen ins Deutsche gekom­men und dann von Wirtschafts­denkern beson­ders enthu­si­astisch aufgenom­men wor­den ist.

An dieser Stelle kann man an zwei Punk­ten nach­hak­en. Erstens, wie kann eine der­ar­tige Redewen­dung über­haupt so ein­fach in eine andere Sprache über­tra­gen wer­den? Zweit­ens, warum ist der Begriff ger­ade in der Wirtschaft so beliebt?

Zur ersten Frage ist zu bemerken, dass es sich, wie ja schon Sick richtig anmerkt, um eine Art Meta­pher han­delt: die häu­fig­ste Ver­wen­dung der Redewen­dung ist die in (1) und (2) dargestellte, also die mit der Bedeu­tung „am Ende des rel­e­van­ten Prozess­es oder Zeitraums“. Das „Ende des Tages“ ver­ste­hen wir auf­grund unseres typ­is­chen Tagesablaufs automa­tisch als ein natür­lich­es Ende für Aktiv­itäten als guten Zeit­punkt für eine Rückschau. In dem wir unsere Vorstel­lung eines Tages auf einen beliebi­gen Zeitraum pro­jizieren, ver­lei­hen wir diesem Zeitraum eine Struk­tur. Diese Pro­jek­tion drückt sich auch in dem Aus­druck Lebens­abend aus. Die in (3) dargestellte Bedeu­tung stellt einen weit­eren Über­tra­gungss­chritt dar: hier ist die Bedeu­tung „bei Berück­sich­ti­gung aller rel­e­van­ten Fak­ten“, ohne dass diese Fak­ten notwendi­ger­weise alle genan­nt wer­den müssen bevor die Aus­sage getrof­fen wird.

Inter­es­sant ist aber, dass diese Meta­pher im Deutschen recht sel­ten ver­wen­det wird. Außer Lebens­abend fall­en mir noch die Aus­drücke aller Tage Abend, fünf vor Zwölf und vielle­icht Vor­abend (am Vor­abend des Zweit­en Weltkriegs) ein. Im Englis­chen ist diese Meta­pher etwas pro­duk­tiv­er. Neben den Entsprechun­gen für die hier genan­nten deutschen Begriffe (evening of life und on the eve of the Sec­ond World War) find­en sich dort zahlre­iche weit­ere Beispiele, wie etwa high noon, at the dawn of the cen­tu­ry und sun­set years (und natür­lich Dou­glas Adams’ long, dark teatime of the soul. Das kön­nte ein Grund dafür sein, dass die Redewen­dung im Deutschen frem­dar­tiger wirkt als im Englischen.

Allerd­ings ist die Redewen­dung bei Nör­glern im englis­chen Sprachraum auch nicht beliebter: die Leser der Dai­ly Mail wählten sie im Dezem­ber zur „ärg­er­lich­sten Bürofloskel des Jahres“ (der oben zitierte Tagesspiegel-Redak­teur müsste begeis­tert sein). Diese Wahl deutet im Übri­gen auch darauf hin, dass die Redewen­dung im englis­chen Sprachraum im Bere­ich der Wirtschaft beson­ders häu­fig ver­wen­det wird, was auch die zweite eingeschobene Frage beant­wortet: In der deutschen Wirtschaftssprache ist die Redewen­dung so häu­fig, weil sie aus der englis­chen Wirtschaftssprache stammt. Der Ursprung in der Wirtschaftssprache ist auch deshalb plau­si­bel, weil in vie­len wirtschaftlichen Zusam­men­hän­gen (z.B. an der Börse) tat­säch­lich am Ende des Tages abgerech­net wird.

Bleibt die ein­gangs erwäh­nte Frage, ob die Redewen­dung tat­säch­lich neu ist bzw. ob sie in der jün­geren Ver­gan­gen­heit eine starke Ver­bre­itung erfahren hat. Das ist in der Tat der Fall: Ich habe im Google-Nachricht­e­nar­chiv vom Jahr 2009 an rück­wärts nach der Phrase gesucht und jew­eils den Anteil der Redewen­dung am Ende des Tages an der Gesamthäu­figkeit dieser Phrase (die ja auch wörtlich ver­wen­det wer­den kann) berech­net. Die reine Häu­figkeit würde hier nichts nützen, weil im Archiv der Google-Büch­er­suche nicht für jedes Jahr dieselbe Anzahl von Büch­ern vorhan­den ist, so dass Schwankun­gen in der reinen Häu­figkeit auf unter­schiedlich große Textmen­gen zurück­zuführen wären.

Vor 1999 habe ich keine einzig Ver­wen­dung der Redewen­dung mehr gefun­den. Ab 1999 steigt die Ver­wen­dung aber prinzip­iell an, wobei sie 2003 einen ersten Höhep­unkt erre­icht, danach absinkt, und in den let­zten Jahren wieder ansteigt. Die fol­gende Grafik zeigt dies:

Verwendung der Redewendung <em>am Ende des Tages</em>

Ver­wen­dung der Redewen­dung am Ende des Tages

Auf der Grafik habe ich außer­dem dargestellt, wie häu­fig in dem betr­e­f­fend­en Jahr metasprach­liche Kom­mentare zur Redewen­dung vorkom­men. Dabei habe ich sowohl neben­bei gemachte Bemerkun­gen (4) oder Anführungsze­ichen (5) mit­gezählt, als auch Glossen, die sich direkt mit dem Phänomen auseinandersetzen:

  1. Am Ende des Tages aber, so sagen wir’s gern neu-denglisch und so passte es auch nach zehn lan­gen Stun­den, sah die Real­ität weitaus nüchtern­er aus. [Tagesspiegel, 22.10.2003]
  2. Doch «am Ende des Tages» zählt für sie und viele andere Mark­t­teil­nehmer vor allem eine Stimme: jene von Alan Greenspan. [NZZ, 16.7.2003]

Inter­es­sant ist hier, dass solche metasprach­lichen Sig­nale anfänglich rel­a­tiv häu­fig sind, dann sel­tener wer­den während die Ver­wen­dung­shäu­figkeit der Redewen­dung stark ansteigt, und erst danach wieder häu­figer wer­den. Diese Entwick­lung ließe sich möglicher­weise wie fol­gt erk­lären. Wenn eine Redewen­dung neu in eine Sprache kommt, wirkt sie durch ihre Neuar­tigkeit fremd und wird von den Mit­gliedern der Sprachge­mein­schaft bemerkt und kom­men­tiert. Je stärk­er sie sich durch­set­zt, desto nor­maler wirkt sie. Durch ihre Häu­figkeit wird es aber auch wahrschein­lich­er, dass sie einem pro­fes­sionellen Sprach­nör­gler auf­fällt und von ihm kom­men­tiert wird und dass diese Kom­mentare dann anderen Sprach­nör­glern (und den Lesern von Sprach­glossen) plau­si­bel erscheinen.

Wenn der in der Grafik dargestellte Ver­lauf typ­isch ist, würde er das zen­trale Dilem­ma aller Sprachkri­tik zeigen: diese ver­sucht sprach­liche Phänomene immer erst dann zu unterbinden, wenn sie für die Mehrheit der Sprachge­mein­schaft zu einem fes­ten Bestandteil der Sprache gewor­den sind.

 

 

Freiberg­er, Har­ald (2009) Jedem Man­ag­er seine Floskel, Süd­deutsche Zeitung, 21. Dezem­ber 2009 [Link]

Illies, Flo­ri­an (2009) Unter Cow­boys, Zeit Online, 30. Dezem­ber 2009. [Link]

Jungkunz, Alexan­der (2009) Am Ende des Tages … ist es Nacht, Fürther Nachricht­en, 9. Novem­ber 2009 [Link]

Matthies, Bernd (2009) Bitte einpfle­gen: Sale, Tagesspiegel, 23. Dezem­ber 2009
[Link]

Schachinger, Chris­t­ian (2010) Sätze für den Mis­tkü­bel, Der Stan­dard, 11. Jan­u­ar 2010 [Link]

Schreiber, Her­mann (2009) Am Ende des Tages, Ham­burg­er Abend­blatt, 7. Novem­ber 2009 [Link]

Sed­laczek (2010) Von rück­wärts wächst des Volkes Drang, Wiener Zeitung, 7. April 2010 [Link]

Sick, Bas­t­ian (2006) Was meint eigentlich Hal­loween? Spiegel Online, 31. Okto­ber 2006 [Link]

Spin­nen, Burkhard (2009) Am Ende des Tages, Deutsche Welle, 11. Sep­tem­ber 2009 [Link]

 

Die ursprüngliche Fas­sung dieses Beitrags erschien am 15. Jan­u­ar 2010 im Bre­mer Sprach­blog.

 

[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Ver­sion enthält möglicher­weise Kor­rek­turen und Aktu­al­isierun­gen. Auch die Kom­mentare wur­den möglicher­weise nicht voll­ständig übernommen.]

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

23 Gedanken zu „Am Ende des Tages [Neufassung]

  1. Helmut Wicht

    @ AS
    “Entschei­dend ist, was am Ende des Tages hin­ten rauskommt!” (das sei H.K. zum 80sten gewidmet).
    Ja schön. Aber ist das “at the end of the day” wirk­lich eine Meta­pher? Doch eher eine Synek­doche, ein pars pro toto, denn es müssen ja im all­ge­meinen viele Tage verge­hen, bevor die Abrech­nun­gen erfol­gen, von denen die Rede ist.
    Sehr geistre­ich kann ich diesen Tro­pus per se nicht find­en — wed­er auf Englisch noch auf Deutsch. Er stiftet — wenn isoliert — wirk­lich nur Ver­wirrung. Wenn er in einem Kon­text von Rede­fig­uren stünde, die von vorne­here­in mit der Idee der Kom­pres­sion eines mehrtägi­gen Geschehens in einen Tages­lauf spie­len — dann ja. Aber isoliert…ich weiss nicht. Ich finde das unschön und zumin­d­est rhetorisch mangelhaft.
    Eine andere Trope für “schliesslich”, “endlich”, für “am Schluss wird abgerech­net”, aber das Ergeb­nis ist momen­tan noch unsich­er”? Ich würd’s, in Anlehnung an Kohl, mit einem räum­lichen Gle­ich­nis probieren:
    “Erst wenn wir den Raum ver­lassen haben, wird sich entschei­den, ob wir ihn so hin­ter­liessen, wie wir ihn vorzufinden/weiterzugeben wünschten.”

  2. Dierk

    Klar ist die Floskel ärg­er­lich, aber nicht weil die Metaphorik schw­er ver­ständlich wäre oder weil irgen­deine ange­blich besser­er Sprache aus ein­er impliz­it schlechteren übernähme oder weil das ganze zu stark/zu schwach wäre [bloß nicht ‘Pas­siv’ hinein­ver­wech­seln!]. Die Floskel ist ärg­er­lich, weil der Sprech­er sehr oft meint: ‘Sach ruhig was will­ste, ich mach’ nach­her doch was ich will!’ Sowohl in Eng­land wie auch in Deutschland.
    Und so eine Ein­stel­lung ist widerwärtig.

  3. Lars von Karstedt

    Bezahlwand (eigentlich nicht zum Thema)
    Die Bezahlwand des HA wird in dem Moment durch­läs­sig, in dem man die Über­schrift googelt und dann auf den Link geht. Die Frage ist bloß, ob der Artike­lin­halt den Aufwand rechtfertigt.

  4. ecco

    und wenn?
    bei uns in der fir­ma taucht die redewen­dung auch immer häu­figer auf. ist das schlimm, weil es aus dem englis­chen kom­men kön­nte? mit­nicht­en. jed­er weiß, was gemeint ist und es ist astreines deutsch. auf diesen weg sind früher unzäh­lige redewen­dun­gen ins deutsche über­nom­men wor­den, was soll daran schlecht sein? die kri­tik macht doch keinen sinn hier 🙂

  5. Clea Walford

    gern gele­sen

    mich regt die “Am-Ende-des-Tages-Floskel” auch schon seit einiger Zeit auf, daher habe ich den Artikel sehr genossen (wobei ich vielle­icht hinzufü­gen sollte, dass ich Floskeln generell nicht mag)

  6. Armin Quentmeier

    Augen auf!
    „Sprach­nör­gler zeich­nen sich häu­fig dadurch aus, dass sie immer wieder dieselbe Hand­voll sprach­lich­er Phänomene kri­tisieren: die ange­blich unl­o­gis­che Redewen­dung Sinn machen, den Ser­vice Point, die Bahn­hof­s­toi­lette Mc Clean und den Radlei­h­di­enst Call-a-Bike der Deutschen Bahn, das Schein­lehn­wort Handy.“
    Da geht der Herr Ste­fanow­itsch aber reich­lich mehläugig durch die Welt. Fast jeden Tag werde ich mit schwachsin­ni­gen Anglizis­men kon­fron­tiert. Ob es in der Men­sa Häh­nchen­filet mit „Pota­toes wedges“ (sic!) gibt, nach­dem in der Vor­woche die „coun­try cubes“ auf dem Speise­plan standen, die AOK „Easy cook­ing menues“ schmack­haft machen will, VW den „woman-dri­ving award“ auss­chreibt oder ein „Mer­ca­tor Research Cen­ter Ruhr“ ein­gerichtet wird – man kann diesem pseu­do-weltof­fe­nen Dum­mge­babbel ein­fach nicht entkom­men. Da freue ich mich doch unge­mein über Leute wie den unbeugsamen und immer kampfes­lusti­gen Her­rn Krämer und den Vere­in Deutsche Sprache, die diesem alltäglichen Unsinn ent­ge­gen­treten. Soll Herr Ste­fanow­itsch ruhig weit­er nörgeln – der Kampf geht weiter!

  7. Patrick Schulz

    @Arnim Quent­meier
    ich frage mich jet­zt ern­sthaft, was eigentlich „Anglizis­men“ sind… Ich meine, darunter Wörter englis­chsprachiger Herkun­ft zu ver­ste­hen, die ihre Ver­wen­dung in der (deutschen) All­t­agssprache find­en. Com­put­er oder Sport wären Beispiele dafür, nicht doch aber „Mer­ca­tor Research Cen­ter Ruhr“…
    Und noch was Grund­sät­zlich­es: Wed­er Anglizis­men, noch englis­che Phrasen ner­ven, son­dern wenn über­haupt die Leute, die sie verwenden.
    Mich zum Beispiel nervt Bas­t­ian Sick, wenn er in sein­er Fernsehsendung ein bewusst kor­rek­tes Bilder­buchdeutsch spricht, aber dann ist Sick es, der mich nervt, nicht die deutsche Sprache.

  8. suz

    @Armin: Sie und viele Sprachkri­tik­er ver­wech­seln häu­fig die natür­liche All­t­agssprache und die kün­stliche Werbe­sprache. Wer auf dem “Ser­vi­ce­Point” der Bahn oder den Werbe­sprüchen ander­er Unternehmen rum­re­it­et, hat nicht ver­standen, dass es nicht den Sprachge­brauch wieder­spiegelt. Ich lehne mich vielle­icht sehr weit aus dem Fen­ster, aber ich behaupte, dass Reisende am Bahn­hof nach der “Infor­ma­tion” fra­gen. So gese­hen ist mit unser­er Sprache ja auch alles in Ordnung.
    Ich finde ja auch nicht jeden “Anglizis­mus” prick­el­nd — aber ich höre mein­er Umge­bung seit einiger Zeit sehr aufmerk­sam zu in dieser Hin­sicht und komme immer häu­figer zu dem Schluss, dass im wirk­lichen Sprachge­brauch keine “Durch­set­zung” statt findet.
    Und hat tat­säch­lich ist es so, dass — wer Her­rn Ste­fanow­itschs Blog(s) aufmerk­sam liest — die Wörter, die wir aus der englis­chen Sprache aufgenom­men haben, grund­sät­zlich nicht vol­lkom­men syn­onym zu ihren deutschen Entsprechun­gen sind. Auch wenn es vielle­icht wenig ein­leuch­t­end ist: das “Fer­nge­spräch” ist das Tele­fonat, welch­es ich führe, der “City­Call” ist das, wofür mich die Telekom zur Kasse bit­tet. Die Akzep­tanz dieses Argu­ments hängt natür­lich von Anglizis­musekel eines jeden ab.
    Der “Anglizis­musin­dex” des VDS hat eine völ­lig andere Gewich­tung (“gute” und “schlechte Anglizis­men”), als das bei mir der Fall ist. Beim über­wälti­gen­den Teil der vom VDS als “unnötig” eingestuften Anglizis­men mache ich per­sön­lich einen Bedeu­tung­sun­ter­schied aus, und würde sie selb­st als bere­ich­ernd einstufen.
    Wie Patrick bere­its angedeutet hat — Anglizis­mus ist ein neu­traler (Fach)Ausdruck und besagt erst mal nichts anderes, als dass ein Wort aus dem Englis­chen stammt. Denglisch ist das, wovor sich Sprachkri­tik­er fürchten.

  9. Gareth

    Armin Quent­meier,

    Ob es in der Men­sa Häh­nchen­filet mit „Pota­toes wedges“ (sic!) gibt

    Über den Fehler soll­ten Sie sich nicht aufre­gen, Ihr Genosse im Geiste Sick zeigt doch regelmäßig mit seinen Zwiebelfis­chchen, dass ger­ade in der Gas­tronomie sprachüber­greifend Fehler auf Aushän­gen und Speisekarten gemacht werden.
    Davon abge­se­hen sind mir wedges um Einiges lieber als die gekün­stelte Ein­deutschung Kartof­felspal­ten, die ich noch nie jeman­den habe sagen hören.
    Übri­gens, Herr Quent­meier, fühlen Sie sich in der Men­sa eigentlich auch von Sauce Hol­landaise, Chop Suey und Spaghet­ti Bolog­nese gestört und nen­nen diese hol­ländis­che Soße, gemis­chte Stücke und Bologn­er …? Ich hoffe doch sehr. Diesen per­fi­den Angriff auf die deutsche Sprache soll­ten Sie sich nicht länger bieten lassen!

  10. Dietmar Hilsebein

    Immer schön lock­er bleiben. “Am Ende eines Tages wartet ein großer Wein­brand auf Sie…”
    See you lat­er, Alli­ga­tor. Don’t Wörn­er be hap­py ‑oder so. Alles für umme oder sale ‑Saale hellem Strande. Die Kids aus dem Patch­work sind auch nicht mehr das, was sie früher waren. Wun­dert mich auch nicht, da die Beziehung zwis­chen Mann und Frau Flick­w­erk ist und schon immer war.

  11. Dietmar Hilsebein

    Nach­trag
    Vielle­icht hätte ich das l in Flick­w­erk in Klam­mern set­zen sollen.

  12. Dietmar Hilsebein

    Nachtrag2
    Ist heut’ kein Prob­lem mehr. Ich benutze öffentliche Verkehrsmit­tel: Was geht’n, Alten, fett oder, guckst du…Mein alter Lehrer in Musikgeschichte pflegte zu sagen: ihr kön­nt nichts dafür…die Banane ruft.

  13. Dietmar Hilsebein

    Nachtrag3
    Banane? Veroni­ka, der Spargel wächst! Die Schlange auf dem Thron! Die Dummheit emanzip­iert sich! Wir degener­ieren! Was ist der Mensch?

  14. Helmut Wicht

    @ Hilse­bein
    “Was ist der Mensch?”
    Du schriebst’s doch selbst:
    F(l)ickwerk.

  15. Michael

    Am Ende
    Infor­ma­tion zur Fernse­hdoku “neoSon­ntag ‘Traum­jagd’: Bettgeschicht­en: Geheimnisse des Schlafs” (11.04., 21:45 Uhr), gefun­den auf http://www.klack.de:
    “Am Ende des Tages hat der Men­sch rund 24 Jahre seines Lebens ver­schlafen. Sechs bis acht Stun­den täglich, das sum­miert sich. […]”
    Ohne weit­ere Worte 🙂

  16. Dietmar Hilsebein

    @ Michael
    Ein­stein-Rosen­brücke 🙂 Ein Wurm frißt sich durch den Apfel, eine Schlange wick­elt sich um den Baum der Erken­nt­nis. Ein Rohr wird ver­legt und ein Brat­en hineinge­hegt. Der Kol­ben poppt den Zylin­der. Man bin ich heut’ wieder drauf.

  17. Gerhard

    pota­toes wedges
    Zu “pota­toes wedges” oder “Kartof­felspal­ten” (nie gehört) haben wir früher “Kartof­felschnitze” gesagt. Aber das würde Winzig­we­ich Wort wahrschein­lich als “Dialekt” bezeichnen.

  18. Gareth

    Zu “pota­toes wedges” oder “Kartof­felspal­ten” (nie gehört) haben wir früher “Kartof­felschnitze” gesagt. Aber das würde Winzig­we­ich Wort wahrschein­lich als “Dialekt” bezeichnen.

    Davon würde ich aus­ge­hen. Schnitze ist mir wed­er als Wortbe­standteil noch als selb­st­ständi­ges Wort jemals untergekommen.

  19. Michael Khan

    @suz
    “das “Fer­nge­spräch” ist das Tele­fonat, welch­es ich führe, der “City­Call” ist das, wofür mich die Telekom zur Kasse bittet.”
    Dann hät­ten Sie aber wirk­lich Glück gehabt, denn mit City­Call beze­ich­net die Telekom die Tar­ife für Orts­ge­spräche. Fer­nge­spräche heißen, je nach Dis­tanz, “Regio Call” oder “Ger­man Call”.
    Und genau hier sehe ich das wirk­liche Prob­lem. Ob notorische Queru­lanten sich echauffieren, ist mir egal. Denen kann man eh nichts recht machen.
    Aber in diesem Fall, und wahrschein­lich auch in vie­len anderen Fällen ist es so, dass voel­lig ohne Not ein­deutige, all­seits ver­standene Begriffe wie “Orts­ge­spräch” oder “Fer­nge­spräch” (oder, wenn das zu lang ist, “Ort­sruf” und “Fer­n­ruf”) aus wer­be­tak­tis­chen Grün­den durch andere, weniger eingängige Begriffe erset­zt wer­den und es dadurch zu Ver­wirrung oder Ver­wech­slung kommt.
    Wie wir es hier gese­hen haben. Gut, die Kon­se­quen­zen sind im gegebe­nen Beispiel nicht so drama­tisch. Bloß, wozu über­haupt das Ganze?
    In mein­er Branche ist das etablierte Prozedere durch fol­gen­den heuris­tisch erwor­be­nen Leit­satz gekennze­ich­net: “If it works, don’t […] with it!” (das fehlende Verb ist je nach Geschmack vom Leser zu ergänzen). Dieser eherne Leit­satz sollte eigentlich in allen Bere­ichen gelten.

  20. Gerhard

    Kartof­felschnitze
    Google hat immer­hin 12.900 Tre­f­fer für “Kartof­felschnitze”. Bei einem Dialek­taus­druck würde ich erhe­blich weniger annehmen.

  21. Robert M Maier

    Geheimtip
    …ein ander­er, noch viel sub­til­erer Fall von schle­ichen­dem Sprach­wan­del nach, ähem, ungelun­gener Über­set­zung: “erset­zen *mit*”…

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