Unabhängig des Genitivs

Von Anatol Stefanowitsch

Die Berlin­er Mor­gen­post liefert jahreszeitlich passend eine Bilder­strecke mit der Über­schrift „Ein Fest unab­hängig jed­er Reli­gion”. Diese Über­schrift ist interessant

Unabhaengigjederreligion

Erstens, weil sie gel­o­gen ist — die Bilder­strecke bringt ein Beispiel nach dem anderen dafür, wie Chris­ten Wei­h­nacht­en feiern. Andere Reli­gio­nen kom­men nur auf einem einzi­gen Bild mit der fol­gen­den Bil­dun­ter­schrift vor: „Aber nicht über­all kommt das Fest gut an. Der islamis­che Gelehrte Jus­suf al-Kar­dawi will Wei­h­nacht­en ver­bi­eten lassen, weil es nicht mit dem islamis­chen Glauben vere­in­bar ist.“

Zweit­ens, weil sie das Adjek­tiv unab­hängig als Prä­po­si­tion mit Gen­i­tiv behan­delt. Das ist deut­lich weniger dumm als der Inhalt der Über­schrift, denn tat­säch­lich gibt es eine Rei­he seman­tisch ver­wandter Prä­po­si­tio­nen, die den Gen­i­tiv fordern: Ein Fest {abseits, außer­halb, bar, fernab, jen­seits, ungeachtet, weitab} jed­er Reli­gion.

Wahrschein­lich ist die Über­schrift nur durch einen Copy-und-Paste-Fehler ent­standen, aber wenn nicht, ist sie ein schönes Beispiel für Sprach­wan­del durch Analo­gie. 

[Nach­trag: Mehr zu diesem The­ma gibt es im Kon­struk­tion­s­gram­matik-Blog]

3 Gedanken zu „Unabhängig des Genitivs

  1. Anatol Stefanowitsch

    Das ist möglich, deshalb ja „Copy-und-Paste-Fehler“. Allerd­ings glaube ich nicht mehr daran, denn erstens taucht die For­mulierung auch in ein­er der Bil­dun­ter­schriften auf, und zweit­ens habe ich eine fast iden­tis­che Bilder­strecke mit der­sel­ben Über­schrift bei auf Welt Online gefun­den. Irgend­wo hätte es ja jeman­dem auf­fall­en müssen, wenn es nur ein Fehler ist.http://www.welt.de/vermischtes/article5621492/Ein-Fest-unabhaengig-jeder-Reli

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