…und so hinten raus?

Von Susanne Flach

Heute wieder ein Betrag aus der Rei­he: Was macht lin­guis­tis­ches Wis­sen eigentlich für Otto Nor­malver­braucherin ganz nützlich?

Ich tran­skri­biere momen­tan wieder Sprachaufze­ich­nun­gen mit Gesprächspart­nern aus der Wirtschaft. Lin­guis­tisch und auch fürs Blog inter­es­sant wäre das als Grund­lage für eine Analyse von Anglizis­menan­teilen in der Vari­etät der deutschen Wirtschaftssprache. Aber um da einen Blog­beitrag draus zu machen, brauche ich erst das Ein­ver­ständ­nis der Ver­ant­wortlichen. Vor­weg vielle­icht: Es bleibt bei den fürs Deutsche han­del­süblich diag­nos­tizierten zwei bis vier Prozent.

Also kom­men wir zu etwas Unver­fänglicherem, was einem vielle­icht auch aus jed­er Unter­hal­tung bekan­nt sein kön­nte. Mir ist let­ztens näm­lich aufge­fall­en, dass ein Teil­nehmer das Par­tizip Per­fekt von out­sourcen mit out­ge­sourced wiedergegeben hat. Nun mag der eine oder die andere aufheulen, wie man es wagen kann, ein deutsches Affix in einen Anglizis­mus zu schmuggeln. Man kann natür­lich auch geout­sourced sagen (was das Prob­lem für den Sprachäs­theten nicht lösen würde). Der Sprech­er inter­pretierte out­sourcen hier als trennbares Verb und ähn­lich wie andere trennbare Ver­ben (anfan­gen > angefan­gen), fügt man das Par­tizip­prä­fix dann eben nach dem Halb-Prä­fix out ein. Ein ähn­lich­er Fall ist die Vari­a­tion bei gedown­load­et und down­ge­load­et, je nach­dem, ob man down­load­en als trennbar ansieht oder eben nicht. (Die Prob­lematik der ange­blichen Unverträglichkeit deutsch­er Flex­ion­s­mor­pheme in Anglizis­men lässt sich übri­gens ganz ein­fach aus der Welt schaf­fen, indem man anerken­nt, dass out­sourcen und down­load­en deutsche Wörter sind und dementsprechend nach unseren Regeln kon­jugiert werden.)

Mir geht es aber um etwas ganz anderes.

Ich habe oben out­ge­sourced bewusst mit <d> wiedergegeben. Wie ja nun jed­er weiß, wird im Deutschen das Par­tizipaf­fix, in diesem Fall das Zirkum­fix ge-V‑t für die Par­tizip­i­en regelmäßiger Ver­ben mit [t] gesprochen und mit <t> geschrieben. Bei Anglizis­men, vor allem bei solchen, die noch rel­a­tiv neu einge­wan­dert sind, ist größere Ver­wirrung vor allem in der Orthografie deshalb nicht ungewöhn­lich: Und zugegeben, out­ge­sourct und out­ge­sourcet sehen auf den ersten Blick tat­säch­lich selt­sam aus — oft behil­ft man sich bei der schriftlichen Wieder­gabe also (noch) zusät­zlich der Flex­ion­sregeln der Geber­sprache. Bei out­sourcen hat <out­ge­sourced> ver­mut­lich auch deshalb noch dop­pelt so viele Google­tr­e­f­fer, wie <outgesourc(e)t>.*

*[UPDATE: ke hat mich in einem Kom­men­tar darauf aufmerk­sam gemacht, dass ich in der Hek­tik völ­lig falsch gezählt habe: <out­ge­sourced> und <out­ge­sourct> haben grob etwa gle­ich viele Tre­f­fer bei Google. An der Annahme der Ver­wirrung bei der Orthografie ändert das (noch) nichts grundle­gen­des. Danke für den Hin­weis, SF]

Neben einem selt­samen Ausse­hen von out­ge­sourcet kön­nte das ein Grund sein, ober eben möglicher­weise ein gesproch­enes [d], also immer dann beson­ders, wenn die Inte­gra­tion eines Anglizis­mus in das deutsche Laut­sys­tem noch nicht voll­ständig abgeschlossen ist.

Der Grund also, weshalb ich geout­sourced hier mit <d> schreibe, liegt an der Art, wie es der Inter­viewte aussprach, näm­lich mit [d]. Die span­nende Frage also: Woran hört man, dass out­ge­sourced für diesen Sprech­er noch nicht voll­ständig inte­gri­ert ist, auch wenn er hier sog­ar für /r/ nicht die “englis­che”, son­dern die “deutsche” Vari­ante gewählt hat? Nun, bei diesem Sprech­er ist es mir schlicht im Kon­trast zu geset­telt (von set­teln, engl. to set­tle) aufge­fall­en, das er deut­lich hör­bar mit [t] realisierte.

Und nun?

Da kommt ein pho­nol­o­gis­ch­er Prozess zum Tra­gen, den das Deutsche hat, nicht aber das Englis­che: Ste­ht im Deutschen am Sil­ben- oder Wor­tende ein stimmhafter Kon­so­nant wie z.B. /b/, /d/ oder /g/, so wird dieser Kon­so­nant stimm­los aus­ge­sprochen, also als /p/, /t/ oder /k/. Genauer gesagt bet­rifft dieser Prozess nur die soge­nan­nten Obstru­enten, also die Kon­so­nan­ten, bei denen der Luft­strom kurzfristig kom­plett unte­brochen ist, und Frika­tive wie /z/ oder /ʒ/; bei den sono­ran­tis­chen Kon­so­nan­ten wie /m/ oder /n/ ist das nicht der Fall, die sind immer stimmhaft.

Mit anderen Worten und als Haus- und Hof­beispiel: Rad und Rat sind als [ra:t] in Iso­la­tion gesprochen nicht zu unter­schei­den. Liegt der stimmhafte Kon­so­nant dage­gen nicht am Sil­be­nende, bleibt’s beim stimmhaften Laut. Deshalb haben wir [li:bə] für Liebe, aber [li:p] für lieb oder [tsu:k] ‘Zug’ im Sin­gu­lar, aber [tsy:gə] ‘Züge’ im Plural.

Das ganze nen­nt sich Aus­lautver­här­tung (oder all­ge­mein­er Neu­tral­i­sa­tion) und ist neben dem Deutschen oder dem Nieder­ländis­chen auch in eini­gen slavis­chen Sprachen oder dem Türkischen zu find­en — aber eben zum Beispiel nicht im Englischen.

Es ist deshalb also span­nend zu sehen, dass geset­telt und out­ge­sourced in der Wieder­gabe (jet­zt dieses Sprech­ers) mal mehr, mal weniger einge­bürg­ert zu sein scheint. Was an sich für mich über­raschend war, da eigentlich meist erst die pho­nol­o­gis­che und dann die mor­phol­o­gis­che Ein­bürgerung erfol­gt — und bei­de Lex­eme waren ja schon mit ein­heimis­chem mor­phol­o­gis­chem Mate­r­i­al bestückt, bei der Bil­dung des Par­tizips näm­lich. Und ich stelle die These auf, dass man out­ge­sourcet auch in der großen Mehrheit schreibt, wie man es, äh, spricht.

Aus­lautver­här­tung bet­rifft natür­lich auch alle Fremd­wörter im Deutschen, die am Wort- oder Sil­be­nende einen stimmhaften Obstru­enten haben. Deshalb ist Blog laut­lich von Block nicht zu unter­schei­den (und für den Genuswan­del von das Blog zu der Blog höchst­wahrschein­lich mitver­ant­wortlich), bloggen unter­schei­det sich aber von blocken.

Die Aus­lautver­här­tung ist übri­gens ein Ele­ment eines typ­isch deutschen Akzents (beim Englisch sprechen). Mut­ter­sprach­liche Inter­ferenz führt dazu, dass Deutschsprachige die Aus­lautver­här­tung qua­si mit ins Englis­che importieren (z.B. Kort­mann 2005: 182). Wer also in der Sprachver­mit­tlung arbeit­et oder ein­fach einen kleinen, ein­fachen Tipp haben möchte, wie man am eige­nen Akzent im Englis­chen arbeit­en kann: Lehre und lerne, I want a suite und I want a Swede auch pho­nol­o­gisch zu unter­schei­den. Voilà.

Umgekehrt liegt in der Aus­lautver­här­tung möglicher­weise ein Grund (von mehreren), weshalb Sprech­er von Sprachen ohne Aus­lautver­här­tung Deutsch unter Umstän­den als “hart” wahrnehmen: Bei der Pro­duk­tion von stimm­losen Laut­en wird mehr Luft nach außen gepresst, weshalb diese Kon­so­nan­ten auch “lauter” klin­gen. Genau genom­men ist die Sache etwas kom­pliziert­er: die Artiku­la­tion der Phoneme /p, t, k/ ist eher eine Fall von For­tis ’stark’, die der Phoneme /b, d, g/ von Lenis ’schwach’ (Kort­mann 2005:  64, Roach 2009: 28f). Aber nun­ja, für die Illus­tra­tion reicht’s. Wen das nicht überzeugt: Fühlen wir von Quatsch­ern im Kino gestört, wer­den wir zur Unter­mauerung etwaiger Gen­ervtheit eher ein härter zis­chen­des, stimm­los­es [ʃ] anstim­men, als ein stimmhaftes und unaufgeregtes [ʒ].

Im Deutschen bin ich deshalb ja auch meist [su:s], im Englis­chen hinge­gen [su:z]. Das noch dazu. Und wer hier einen Bezug zum Anfang dieses Beitrags erwartet: Natür­lich ste­ht in der Tran­skrip­tion out­ge­sourcet, weil es sich um ein inhaltlich­es, also um ein an die deutsche Orthografie angepasstes Tran­skript han­delt — und lei­der nicht um ein phonetis­ches zu lin­guis­tis­chen Forschungszecken.

Statt Post­script: Wer noch ein­wen­den möchte, dass man statt out­sourcen auch aus­lagern sagen kön­nte: in vie­len Fällen und je nach Kon­text ist das eventuell möglich. Aber der Inter­viewte nutzte bei­de Lex­eme. Und, wenig über­raschend, sie waren sehr deut­lich nicht syn­onym aus­tauschbar: 1) out­sourcen, ‘Unternehmens­abläufe von ein­er Fremd­fir­ma aus­führen lassen’; 2) aus­lagern, ‘mit Teilen der Fir­ma ander­swo hinge­hen oder Unternehmen­sprozesse aus dem Stamm­lager aus­gliedern’. Also auch wenn man es wieder mal der Yukka­palme erzählen kön­nte: Klas­sis­che Bedeutungsdifferenzierung.

Lit­er­atur:
Kort­mann, Bernd. 2005. Lin­guis­tics: Essen­tials. Berlin.
Roach, Peter. 2009. Eng­lish Pho­net­ics and Phonol­o­gy. Cam­bridge.

18 Gedanken zu „…und so hinten raus?

  1. ke

    Bei out­sourcen hat <out­ge­sourced> ver­mut­lich auch deshalb noch dop­pelt so viele Google­tr­e­f­fer, wie <outgesourc(e)t>.

    Da erweist sich der Google-Tre­f­fer­zäh­ler mal wieder als prob­lema­tisch, ich kriege ger­ade grob gle­ich viele Tre­f­fer (77500/84400, und 66400/76660 wenn ich nur „Seit­en auf Deutsch“ suche). Das Par­tizip <out­ge­sourced> gibt’s übri­gens auch im Nieder­ländis­chen, wo die Schrei­bung der Endung keinen Zweifels­fall darstellt. Wesentlich häu­figer scheint allerd­ings <geout­sourced> zu sein.

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    1. suz Beitragsautor

      Danke für den Hin­weis! Das scheint allerd­ings ein “Prob­lem” zu sein, aber in die Rich­tung, dass die Tre­f­fer­zahlen wirk­lich deut­lich voneinan­der abwe­ichen. Ich kriege jetzt:
      — out­ge­sourct: 24.000 (hier gibt es sog­ar über 50.000 für in Anführungszeichen [??])
      — out­ge­sourcet: 2.700
      — out­ge­sourced: 35.300

      Man kann aber fes­thal­ten, dass out­ge­sourcet > deut­lich in der Min­der­heit ist. Und wenn sich und um und bei die Waage hal­ten, dann spricht das ja auch für eine gewisse Ver­wirrung bzw. Variation.

      Im Nieder­ländis­chen ist deut­lich häu­figer? Hast du eine Ver­mu­tung, woran das liegt?

      [P.S.: Ich habe deine bei­den älteren Kom­mentare entfernt.] 

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  2. ke

    hier gibt es sog­ar über 50.000 für in Anführungszeichen [??]

    Ich ver­mute, das liegt daran, dass Google für Phrase-Querys und Nicht-Phrase-Querys auf vol­lkom­men unter­schiedliche Indizes zurück­greift und diese nicht immer (wenn über­haupt jemals) das­selbe gefilterte Web abbilden.

    Im Nieder­ländis­chen ist [<geout­sourced>] deut­lich häu­figer? Hast du eine Ver­mu­tung, woran das liegt?

    Wom­öglich daran, dass die Nieder­ländisch Sprechen­den ins­ge­samt mehr als wir daran gewöh­nt sind, mehrsil­bige Verb­stämme mit <ge> zu prä­figieren. Sie tun’s näm­lich auch bei <eren>-Verben, während wir’s bei <ieren>-Verben weglassen: <gefilosofeerd> vs. <philoso­phiert>.

    [P.S.: Ich habe deine bei­den älteren Kom­mentare entfernt.]

    Danke, darauf habe ich stillschweigend gehofft. Word­Press’ HTML-Ent­fer­nungs-Ver­suche sind meinen Winkelk­lam­mern zunächst in die Quere gekom­men. Deinen übri­gens auch. Ich empfehle das Plu­g­in Live Com­ment Preview.

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  3. suz Beitragsautor

    Ich empfehle das Plu­g­in Live Com­ment Preview.

    Danke. (Das hat­te ich immer noch auf ein­er To-Do-Wenn-To-Do-Liste-leer-ist-Liste, also hatte.)

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  4. Michael Allers

    Wenn es nur die Aus­lautver­här­tung wäre — aber von Deutschen wird ja so gut wie alles krup­p­stahl-ver­härtet, was irgend­wie dazu geignet ist, vgl. die Schmetter­link-Frage. Wenn Jack und Jim zu Tscheck und Tschimm mutieren, klappt’s einem regelmäßig die Fußnägel hoch.
    Komis­cher­weise geben sich die meis­ten mit franzö­sis­chen Lehn­wörtern mehr Mühe: Crois­sant, Porte­mon­naie, Eau de Cologne sprechen auch diejeni­gen halb­wegs richtig aus, die kein Franzö­sisch kön­nen. OK, anscheinend gibt es bei Anglizis­men bzgl. Aus­lautver­här­tung eine Art false friends aus Phonem-Ebene.

    Ganz gruselig aber ist die Duden-Orthografie ‘out­ge­sourct’. Direkt vor einem t müsste doch das c wie k gesprochen wer­den, vgl. direct.

    P.S.: Der Com­ment Prefiew ist klasse!

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  5. Speravir

    Richtig ver­rückt ist und macht mich immer, wenn in deutschsprachi­gen Tex­ten zu reg­u­lar expres­sions (Reg­ulären Aus­drück­en) „matched“ ver­wen­det wird, wo im Englis­chen „match­es“ (!) ste­hen würde, also: “The dot match­es any char­ac­ter.” wird zu „Der Punkt matched auf jeden Charak­ter.” (‚Charak­ter‘ statt ‚Zeichen‘ ist dann noch so ’ne Sache).

    (Gle­ich mal das Pre­view-Plu­g­in genutzt habend)

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  6. suz Beitragsautor

    Na aber, Herr Allers, wir wollen uns doch bei aller Anglophilie nicht nör­g­lerisch betäti­gen! Wenn Jack und Jim mit [tʃ] real­isiert wer­den, dann liegt das daran, dass uns das Phonem /dʒ/ unbekan­nt bzw. kein nativ deutsches Phonem ist. Es ist ja auch nicht unum­strit­ten, ob /dʒ/ zum Phone­m­inven­tar des Deutschen zählt.
    Ein Gedanken­spiel: angenom­men, /dʒ/ gibt es in unser­er Sprache nicht (jet­zt ja schon, aber mal zur Illus­tra­tion). Wir importieren ein Wort aus ein­er Sprache, die es hat. Da es aber von ‘uns’ nicht artikuliert wer­den kann bzw. uns unsere Ver­wen­dung unge­wohnt oder unbekan­nt ist, ver­suchen wir es mit ein­er Näherung: /tʃ/. Die Kinder ler­nen die Aussprache dieser Fremd­wörter dann nach deutschen Mustern, weil sie /dʒ/ nicht ken­nen und nicht hören. Auch ich nutze meist die eingedeutsche Ver­sion (wenn ich Deutsch spreche) — ein­fach, weil sie zur Kon­ven­tion gehört. Auch die franzö­sis­chen Lehn­wörter sind im All­ge­meinen im Deutschen nur eine Näherung, weil wir nicht die aus­d­if­feren­zierten und weit ver­bre­it­eten Nasale im Deutschen haben.

    @Michael Allers, @Speravir: Span­nend. Ganz all­ge­mein gesprochen: Meine Ver­mu­tung ist, dass je weit­er weg die Orthografie des Stamms eines Verbs von der ‘deutschen’ Graphemik ist, desto ulkiger sieht dann auch das Par­tizip Per­fekt aus — und desto höher die Wahrschein­lichkeit, dass es mit <d> wiedergegeben wird. Wäre jet­zt meine These.
    Bei <c> vor <t&gt — ver­wech­seln Sie unter anderem nicht Orthografie mit Aussprache (oder Mor­pholo­gie): das <c> bei out­ge­sourct ste­ht vor einem Mor­phem ({-t}), bei direkt han­delt es sich um ein Mor­phem im Ganzen.

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  7. Michael Allers

    Richtig, /dʒ/ zählt(e) nicht zum ‘ursprünglichen’ Phone­m­inven­tar des Deutschen. Und out­sourcen nicht zum ‘ursprünglichen’ dt. Vok­ab­u­lar. Da sind wir ganz schnell bei dem, was echte Nör­gler als “gen­uin deutsche Wörter” (oder eben Laute) beze­ich­nen. Wenn man ganze Wörter aus anderen Sprachen ler­nen und übernehmen kann, warum dann nicht einzelne Phoneme? 

    Auch wenn nie­mand franz. Lehn­wörter genau­so ausspricht wie ein Fran­zose, spricht man ‘Jalousie’ m.E. dur­chaus mit einem /ʒ/-Anlaut. Geht doch! Auch spricht man die Endung von Crois­sant immer­hin nasaler aus als das dt. ‘ang’ wie in ‘Klang’, oder?

    Der Unter­schied zwis­chen engl. und franz. Phone­men: Let­ztere gibt es im Deutschen seit Jahrhun­derten. Faz­it: Man gewöh­nt sich an alles, aber manche brauchen dazu ‘etwas’ länger. 

    Orthografie und Aussprache ver­wech­sle ich IMHO nicht. Unan­hängig von Mor­phe­men gibt aber doch die englis­che Rechtschrei­bung die Aussprache vor. C + Kon­so­nant oder a, o, u, wird wie k gesprochen, c vor e, i, y jedoch als schar­fes s. Da es im Deutschen für c als schar­fes s keine Regel gibt, wen­det man eben die englis­che an.

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  8. suz Beitragsautor

    Natür­lich kön­nen wir einge­wan­derte Phoneme genau­so ler­nen, wie Lehn­wörter. Dass dies im Erwach­se­nenal­ter nicht jed­er schafft, sieht man ja unter anderem beim th-Laut [θ, ð]. Worauf ich hin­aus­wollte in meinem Gedanken­ex­per­i­ment, vere­in­facht: wenn ein Laut ein­wan­dert, von Erwach­se­nen nicht ‘kor­rekt’, son­dern in ein­er Näherung wiedergegeben wird, dann ler­nen die Kinder das eben auch so (und somit würde sich die Näherungsar­tiku­la­tion fortpflanzen). Dass das natür­lich keine exak­te Beschrei­bung ist, dürfte klar sein.

    Naja, ich kenne mich bei der Wahrnehmung nicht aus, was franzö­sis­che Lehn­wörter bet­rifft. Davon ganz abge­se­hen gibt es aber sicher­lich genü­gend Belege aus der ein­genen Erfahrung, die bei Crois­sant ein [ŋ] real­isieren. Im Franzö­sis­chen ist da aber kein­er. Vielle­icht gibt es auch Roman­is­ten oder Fran­cophile, die Ihnen dazu Auskun­ft geben kön­nen, wie weit Deutsche weg sind von ein­er franzö­sis­chen Aussprache. (Das hat uns natür­lich prinzip­iell nicht zu inter­essieren, weil das auch deutsche Wörter sind.)

    Orthografie und Aussprache ver­wech­sle ich IMHO nicht. Unan­hängig von Mor­phe­men gibt aber doch die englis­che Rechtschrei­bung die Aussprache vor. C + Kon­so­nant oder a, o, u, wird wie k gesprochen, c vor e, i, y jedoch als schar­fes s. Da es im Deutschen für c als schar­fes s keine Regel gibt, wen­det man eben die englis­che an.

    Doch, tun Sie. Es gibt kein Phonem /c/ (auch im Englis­chen nicht). Was <c> geschrieben wird, ist die grafis­che Darstel­lung der Phoneme /s/, /ts/ oder /z/ — oder im Falle von vor der Rechtschreibre­form von 1901 auch manch­mal das des /k/. Und dass es sich also bei <out­sourcen> um die Aussprache [a͜utsɔːsn̩], also mit /s/ han­delt, ist es völ­lig wurscht, ob man <c> vor <t> inner­mor­phemisch mit <k> schreibt. Anderes Beispiel:
    reisen, gereist für das /z/
    reizen, gereizt für das /ts/

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  9. Solminore

    Das /t/ in direct und direkt ist übri­gens auch ein Mor­phem. Aber wir wollen nicht pin­gelig sein.

    Zur Übernahme/Variierung fremder Phoneme fällt mir der Fall ein­er deutschen Sprecherin ein, die den griechis­chen Anlaut­clus­ter /ps/ wie in Psy­cholo­gie in /ts/ umwan­delte, also an die Stelle des griechis­chen Clus­ters den einzi­gen für den Anlaut ver­füg­baren C‑s-Clus­ter im Deutschen einsetzte.

    Die Aus­lautver­här­tung führt auch für die Aussprache deutsch­er Mut­ter­sprach­ler im Franzö­sis­chen zu graus­lichen Resul­tat­en, wenn näm­lich [garaʃ] statt [garaʒ] artikuliert wird.

    Daß das Englis­che wie das Franzö­sis­che von Deutschen nur unzulänglich aus­ge­sprochen wird, dürfte am lin­guis­tisch völ­lig unbe­lasteten Schu­lun­ter­richt liegen.

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  10. suz Beitragsautor

    Das /t/ in direct und direkt ist übri­gens auch ein Mor­phem. Aber wir wollen nicht pin­gelig sein.

    Jet­zt will ich nicht pin­gelig sein, aber {direkt} ist monomor­phemisch — das -t trägt keine Bedeutung.

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    1. suz Beitragsautor

      @Solminore: Ich bin mir nicht sich­er, ob das Konzept des Mor­phems nicht grund­sät­zlich immer aus der syn­chro­nen Per­spek­tive ver­standen wird (die ja eine syn­chrone Betra­ch­tung ein­er his­torischen Sprach­stufe nicht ausschließt).

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  11. Andreas

    Das ler­nen der Aussprache von Fremd­sprachen ist in Deutsch­land wie ich finde gar kein so gross­es Prob­lem. Das ist in den USA im Deutschunter­richt schlim­mer. Hier gibt es ja zumin­d­est im Ansatz Ver­suche, den Kindern ein ordentlich­es Tih-æitsch beizubrin­gen. Ich wurde in den USA mal gefragt ob das “Ich” nun “ish” oder “ick” aus­ge­sprochen werde, da seien sich die Deutschlehrer an der Schule näm­lich uneins.

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  12. lukas

    out­sourced” wird aber auch auf Englisch mit /t/ am Ende aus­ge­sprochen, da es sich an das vorherge­hende /s/ assimiliert.

    Antworten
    1. suz Beitragsautor

      @Lukas: Das ist ein guter Punkt, danke. Dann habe ich sozusagen das Aus­nah­me­beispiel für die “richtige” Argumentation.

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