Kandidaten für den Anglizismus 2013: Thigh Gap

Von Anatol Stefanowitsch

Nor­maler­weise entlehnt eine Sprachge­mein­schaft ein Wort, um eine soge­nan­nte lexikalis­che Lücke zu füllen – also eine Leer­stelle im Wortschatz. Solche Leer­stellen entste­hen typ­is­cher­weise, wenn etwas Neues beze­ich­net wer­den muss (z.B. eine neue Tech­nolo­gie, eine neue sportliche Aktiv­ität, eine neue Idee).

Das Wort, das ich heute disku­tiere, füllt eine lexikalis­che Lücke ander­er Art: Eine Lücke, die entste­ht, weil etwas, das schon immer da war, aber nie beachtet und deshalb auch nie benan­nt wurde, plöt­zlich in das Spot­light der gesellschaftlichen Aufmerk­samkeit gerät und eine Beze­ich­nung braucht. Bzw. eigentlich nicht „etwas, das schon immer da war“, son­dern ein Nichts, das schon immer da hätte sein kön­nen – näm­lich eine Lücke zwis­chen (weib­lichen) Ober­schenkeln, die auch dann noch sicht­bar sein muss, wenn die Beine ger­ade und die Füße aneinan­der gestellt sind (so die geläu­fig­ste Def­i­n­i­tion) oder sog­ar dann, wenn die Knie sich berühren (so die stren­gere Def­i­n­i­tion der englis­chen Wikipedia): die Thigh Gap.

[Inhaltswar­nung: Objek­ti­fizierende Beschrei­bun­gen des weib­lichen Kör­pers, Fat Sham­ing, Magersucht.]

Zwei einander ansehende Gesichter, deren Zwischenraum als Vase wahrgenommen werden kann.

Wer hier eine Vase sieht, glaubt auch an die „Thigh Gap“.

Eine Lücke füllt das Wort (im dop­pel­ten Sinne), stellt also eine Ergänzung des deutschen Wortschatzes dar. Neu ist es auch – vere­inzelte Tre­f­fer find­en sich schon Ende 2012, aber bre­it­ere Ver­wen­dung hat das Wort erst 2013 erfahren. Das Wort beste­ht unzweifel­haft aus englis­chem Sprach­ma­te­r­i­al – es ist tat­säch­lich eine direk­te Entlehnung aus dem Englis­chen, wo es eben­falls in diesem Jahr eine bre­it­ere Aufmerk­samkeit erhielt. Auf den ersten Blick erfüllt es also alle drei Kri­te­rien unser­er Wörter­wahl, aber sehen wir es uns genauer an.

Englische Vorgeschichte

Das Wort Thigh Gap war im Englis­chen bis­lang so wenig ver­bre­it­et, dass es sich in keinem der bekan­nten Wörter­büch­er find­et. Dem Collins Dicti­nonary, das eine Online-Vorschlags­seite betreibt, wurde es Anfang des Monats von einem Nutzer namens Tom­my ans Herz gelegt, von dem auch die oben als gängig­ste beze­ich­nete Def­i­n­i­tion stammt:

When a gap exists between the top of someone’s legs even when they’re stand­ing with their feet togeth­er. High­ly desir­able with models.

Die Wörterbuchmacher/innen hal­ten das Wort „noch nicht aus­re­ichend etabliert für eine Auf­nahme ins Wörter­buch“, ver­sprechen aber, es im Auge zu behalten.

Das soll­ten sie auch, denn das Wort hat 2013 mit großer Wucht Diskus­sio­nen um (weib­liche) Schön­heit­side­ale befeuert und wird meinem Ein­druck nach nicht so schnell wieder ver­schwinden. Dabei ist das Wort nicht völ­lig neu: Der früh­este ein­deutige Beleg, den ich bish­er find­en kon­nte, stammt aus einem Beitrag auf der Usenet-Gruppe alt.mag.playboy vom 3. Juni 1996, in dem ein Nutzer namens kc7cc sich über die sink­ende Qual­ität der Play­boy-Fotografien seit 1976 beschw­ert: Vorher seien auf den Fotos a lot of nar­row waisted/wide hips/big thigh gap and well shaped tits („viel schmale Taille/breite Hüfte/große Thigh Gap und wohlge­formte Tit­ten“) zu sehen gewe­sen, seit­dem gehe der Trend zu snatch in your face (etwa, entschuldigung, „Möse in dein Gesicht“). Auch andere frühe Ver­wen­dun­gen find­en sich haupt­säch­lich in pornografis­chen Zusam­men­hän­gen; hinzu kom­men einige Jahre später Tre­f­fer in Pro-Anorex­ie-Foren (hier nicht ver­linkt), in denen die Thigh Gap oft als Wun­schziel genan­nt wird.

Das Wort find­et sich dabei haupt­säch­lich in informeller Online-Sprache (die ver­mut­lich den informellen mündlichen Sprachge­brauch wider­spiegelt. In formelleren Zusam­men­hän­gen, für die ich hier exem­plar­isch Google Books durch­sucht habe, find­en sich vor 2013 nur ein Tre­f­fer in einem Bericht aus der Luft­fahrtin­dus­trie von 1992 und zwei Tre­f­fer in selbt­pub­lizierten pornografis­chen Roma­nen (2003 und 2006), die sich aber nicht auf die heutige Bedeu­tung beziehen, son­dern ein­fach auf Lück­en zwis­chen Ober­schenkeln. Im laufend­en Jahr find­en sich bis­lang vier Büch­er, in denen das Wort mit der mod­er­nen Bedeu­tung vorkommt: Zwei selb­st­pub­lizierte Romane (hier und hier), in denen das Wort von weib­lichen Charak­teren ver­wen­det wird, die mit Störun­gen ihres Kör­per­bilds zu kämpfen haben, ein Buch, das sich kri­tisch mit aktuellen Entwick­lun­gen weib­lich­er Schön­heit­side­ale beschäftigt, und das selb­st­pub­lizierte Buch „The Thigh Gap Hack: The Short­cut to Slim­mer, Fem­i­nine Thighs Every Woman Secret­ly Desires“ ein­er gewis­sen Camille Hugh, das sich, wie der Titel ver­muten lässt, damit befasst, was Frauen tun müssen, um sich eine Lücke zwis­chen den Ober­schenkeln zu erar­beit­en – und zwar ohne unlautere Tricks, wie etwa das ver­drehen der Beine nach innen, um eine Thigh Gap etwa auf Fotos nur vorzutäuschen.

Bre­ite Ver­wen­dung hat das Wort 2013 zunächst in den sozialen Net­zw­erken Twit­ter, Tum­blr und Insta­gram gefun­den, wo Mäd­chen und junge Frauen (und ab und zu auch junge Män­ner) ihre Thigh Gaps oder deren Abwe­sen­heit fotografieren, über ihren Wun­sch nach ein­er solchen sprechen oder sich über dieses neue Schön­heit­side­al lustig machen. In die Aufmerk­samkeit ein­er Öffentlichkeit jen­seits dieser Net­zw­erke gelangte es Anfang Novem­ber unter anderem durch den Fall des Mod­els Robyn Law­ley. Die musste zunächst einen Shit­storm über sich erge­hen lassen, nach­dem sie es gewagt hat­te, trotz fehlen­der Thight Gap Bade­mode zu präsen­tieren, und ging dann offen­siv gegen das Schön­heit­side­al der Thigh Gap vor. Seit Novem­ber hat das Wort Thigh Gap dann auch den oben erwäh­n­ten Ein­trag in der englis­chen Wikipedia.

Entlehnung und deutsche Wortgeschichte

Das Wort Thigh Gap ist zu neu um in den Textsamm­lun­gen aufzu­tauchen, die wir nor­maler­weise her­anziehen. Ich werde im fol­gen­den deshalb vor­rangig die Medi­en­berichte zu dem Wort disku­tieren, da diese entschei­dend dazu beige­tra­gen haben, das Wort über­haupt erst bekan­nt zu machen. Dabei gehe ich auf die all­ge­meine inhaltliche Aus­rich­tung der Berichte ein, weil sie zeigt, welche kommunikative(n) Funktion(en) das Wort erfüllt.

Vere­inzelt find­et sich das Wort Thigh Gap im Deutschen schon vor 2013 (hier ein früher Tre­f­fer von Twit­ter vom Dezem­ber 2012), aber die erste nen­nenswerte Beach­tung fand es am 4. März 2013, als die deutsche Aus­gabe des Vice Mag­a­zine einen Artikel mit dem Titel „Es wird Zeit, der Ober­schenkel­lücke den Krieg zu erk­lären“ veröf­fentlichte. Damit kann das Vice Mag­a­zine für sich nicht nur in Anspruch nehmen, entschei­dend zur Entlehnung des Wortes Thigh Gap (das im Beitrag zwei Mal ver­wen­det wird) beige­tra­gen zu haben, es hat auch gle­ich den Ein­deutschungsvorschlag Ober­schenkel­lücke mit­geliefert, der im Beitrag noch neun weit­er Male ver­wen­det wird.

Der Vice-Artikel liefert außer­dem die im deutschen Diskurs um die Thigh Gap dom­i­nante Per­spek­tive mit: er bringt das Wort nicht nur in Zusam­men­hang mit Mager­sucht (was ver­mut­lich nicht ganz ungerecht­fer­tigt ist), er lehnt sie (und ihre Trägerin­nen) ins­ge­samt mit starken Worten ab: Wer sie habe sei „untergewichtig“ und „erbar­mungs­los stock­dürr“, was „scheiße“ sei. Nur „Möchte­gern­bohnen­stan­gen“, die „keine anderen Prob­leme“ haben, kön­nten eine solche Lücke erstrebenswert find­en. Sie machen „macht wed­er Spaß, noch ist sie son­der­lich glam­ourös oder jugendlich“. Vielle­icht ist das gut gemeint, aber natür­lich kri­tisiert der Beitrag auf diese Weise nicht nur den Wun­sch nach der Thigh Gap, son­dern auch alle Frauen, die von Natur aus einen entsprechen­den Kör­per­bau haben.

In den fol­gen­den Monat­en drehen sich Diskus­sio­nen um die Thigh Gap auf Twit­ter auss­chließlich um diesen Artikel und sie bleiben in der vorgegebe­nen Per­spek­tive. Im Juni liefert die Web­seite girls-time.com dann in ihrem „Girls Time Lexikon“ einen Ein­trag mit dazuge­hörigem Youtube-Film, der erst genau erk­lärt, wie man die (Abwe­sen­heit ein­er) Thigh Gap (auch hier alter­na­tiv Ober­schenkel­lücke genan­nt) bei sich diag­nos­tiziert, um dann davor zu war­nen, eine solche haben zu wollen. Zwis­chen Mai und Okto­ber etabliert sich das Wort dann langsam auf Twit­ter – es ist nur ein Bruchteil so häu­fig wie im englis­chsprachi­gen Netz, und die Kri­tik an der Thigh Gap über­wiegt die Sehn­sucht nach ein­er solchen.

Am 15. Okto­ber greift die Web­seite storyfilter.com das The­ma auf und berichtet, dass das Prahlen mit der Thigh Gap in den sozialen Net­zen und deutschsprachi­gen Mäd­chen­foren um sich greife und dass Ärtze Alarm schlü­gen, weil sie „Mager­such­texzesse“ befürchteten. Eine Woche später berichtet die Ami­ca recht aus­führlich über das Phänomen, das sie vor allem in den USA verortet. Den Ursprung des aktuellen Trends sieht sie in der Mod­ewelt und erwäh­nt hier speziell das Mod­el Cara Delev­ingne, deren Thigh Gap so berühmt ist, dass ein Fan einen eige­nen Twit­ter-Account für diese betreibt. Der Grund­ton des Artikels ist eben­falls war­nend, es wird darauf hingewiesen, dass eine Thigh Gap (hier eben­falls alter­na­tiv als Ober­schenkel­lücke sowie als Bein­lücke beze­ich­net) sich für die meis­ten Frauen auch durch Hungerkuren nicht erre­ichen lässt. Wieder eine Woche später bericht­en der öster­re­ichis­che „Kuri­er“ und T‑Online und stellen eben­falls das The­ma Mager­sucht in den Mit­telpunkt. Auch hier wer­den sowohl Thigh Gap als auch Ober­schenkel-Lücke verwendet.

Dann berichtet der Guardian über den Fall Robyn Law­ley, und in der Folge greifen jetzt.de, die Welt und das Ham­burg­er Abend­blatt das The­ma auf. Die Welt druckt eine wirre, inhaltlich falsche Nacherzäh­lung des Law­ley-Falls, die inhaltlich nichts Neues bietet und sprach­lich besten­falls dadurch auf­fällt, dass die Thigh Gap als „die unge­sunde Lücke zwis­chen den Schenkeln“ para­phrasiert wird. Das Ham­burg­er Abend­blatt ver­wen­det neben Thigh Gap die Ein­deutschung Bein­lücke, gibt die „Schuld“ an diesem Trend „halb verhungerte[n] Mod­els“ und beschw­ert sich im Namen des ästhetis­chen Empfind­ens aller Män­ner darüber: „Für einen Mann ist es allerd­ings völ­lig unver­ständlich, warum man sich bei Betra­ch­tung dieser ansehn­lichen Frauen­re­gion, die als Königsweg weib­lichen Charmes gilt, wün­schen sollte, hin­durch auf etwas anderes zu blick­en.“ Der Beitrag auf jetzt.de, der neben Thigh Gap wieder Ober­schenkel­lücke ver­wen­det, ist der erste rel­a­tiv neu­trale Artikel zum The­ma. Er ver­sucht, das Phänomen in die ständig im Wan­del befind­lichen weib­lichen Schön­heit­side­ale einzuord­nen und weist auf die Prob­lematik ein­er Bilder­flut oberkör­per­los­er (und damit gesicht­slos­er) Schenkel für die all­ge­meine Wahrnehmung des weib­lichen Kör­pers hin. Er stellt eben­falls einen Zusam­men­hang zu Mager­sucht her, weist aber auch darauf hin, dass die Exis­tenz und Größe ein­er Lücke entschei­dend vom Kör­per­bau abhängt.

Es fol­gen Berichte in der Bunte, auf Mädchen.de in der Rheinis­chen Post, im Stern und der Bra­vo (let­ztere sog­ar mit Vot­ing), die im wesentlichen das schon ander­swo gesagte wieder­holen und sprach­lich eben­falls zur Ober­schenkel­lücke tendieren. Der Stern-Beitrag wird in den sozialen Net­zen vielfach geteilt und dürfte über­durch­schnit­tlich zur Ver­bre­itung des Aus­drucks beige­tra­gen haben. Spiegel Online berichtet satirisch und MTV stört sich an der thigh­gapbe­d­ingten Ein­heitlichkeit von Kör­per­for­men und MTV warnt, dass Schön­heit­side­ale, die nur durch „geistige und physis­che Krankheit­en“ zu erre­ichen sind, „nicht schön“ seien.

Fazit

Die Ver­bre­itung des Wortes Thigh Gap ist ins­ge­samt noch rel­a­tiv ger­ing bzw. auf bes­timmte Grup­pen beschränkt. Allerd­ings ist seit Novem­ber ein stark­er Anstieg zu beobacht­en, der noch nicht am Ende ange­langt zu sein scheint. Mit Ober­schenkel­lücke hat sich in den Medi­en eine aus rein deutschem Sprach­ma­te­r­i­al beste­hende Lehnüber­set­zung etabliert, die aber dem aus dem Englis­chen entlehn­ten Orig­i­nal ins­ge­samt in ihrer Häu­figkeit deut­lich hin­ter­her hängt (ca. 34 ooo Google-Tre­f­fer für Ober­schenkel­lücke bzw. Ober­schenkel-Lücke gegen 84 000 für Thigh Gap).

Bleibt die Frage, ob das Wort eine Bere­icherung für den deutschen Wortschatz darstellt. Wenn man Bere­icherung als „Ver­schönerung“ ver­ste­ht, dann sich­er nicht. Das Wort dient nur einem Zweck: Weib­liche Kör­p­er zu pathol­o­gisieren. Er wird ein­er­seits genutzt, um Frauen ohne Thigh Gap ein Ide­al vorzuhal­ten, dem sie entsprechen soll­ten (selb­st die Mehrheit der kri­tis­chen Artikel unter­stützt das, indem sie fast aus­nahm­s­los mit ästhetis­chen Bildern zwar schlanker, aber sich im norm­schö­nen Bere­ich bewe­gen­den Frauenkör­pern in sexy Unter­wäsche bebildert sind (die oben bere­its ver­link­ten Artikel auf Stern und Bra­vo kön­nen hier als exem­plar­isch gel­ten). Er wird ander­er­seits genutzt, um schlanke Frauen mit natür­lich­er Thigh Gap mit mager­süchti­gen Frauen in eine Kat­e­gorie zu steck­en, und um mager­süchti­gen Frauen vorzuw­er­fen, sie macht­en sich durch eine Thigh Gap für Män­ner unat­trak­tiv. Wün­schenswert ist die Exis­tenz des Wortes deshalb sich­er nicht – es wäre allen geholfen, wenn die Ober­schenkel­lücke eine lexikalis­che Lücke geblieben wäre

Aber Bere­icherung bedeutet nicht Ver­schönerung, son­dern Steigerung der Aus­drucks­fähigkeit. Und die wird durch das Wort Thigh Gap dur­chaus gesteigert, wenn auch mit zunächst neg­a­tiv­en Kon­se­quen­zen. Da das Konzept der „Lücke zwis­chen den Ober­schenkeln, die auch bei aneinan­der gestell­ten Füßen sicht­bar ist“ nun ein­mal in der Welt ist, braucht es ein Wort, um darüber reden zu kön­nen – und sei es nur, um darüber zu reden, dass eine solche Lücke entwed­er da ist oder nicht, und dass es gefährlich sein kann, sie haben zu wollen, wenn sie nicht da ist. Und, um darüber zu reden, dass es der weib­liche Kör­p­er ist, für den ständig neue Nor­men erdacht wer­den, für die dann Wörter her müssen.

Aus­nahm­sweise würde ich aber dafür plädieren, für diese Zwecke das deutsche Ober­schenkel­lücke zu ver­wen­den, denn Thigh Gap klingt als englis­ches Lehn­wort mehr nach glam­ourösem Mod­e­trend als nach ein­er neu­tralen Beschrei­bung eines anatomis­chen Zwis­chen­raums. Noch bess­er wäre es, durch die Umschrei­bung „Lücke zwis­chen den Ober­schenkeln“ dafür zu sor­gen, dass wir uns die Lücke nicht allzu sehr als etwas Ding­haftes vorstellen. Aber meine Mei­n­ung zählt hier natür­lich genau­so wenig, wie son­st die Mei­n­ung von Sprach­nör­glern, die Lap­tops gerne als Klap­prech­n­er und Tablets gerne als Flachrech­n­er beze­ich­net sehen wür­den: Am Ende zählt, wofür die Sprachge­mein­schaft sich entschei­det. Ich würde Thigh Gap deshalb als Außen­seit­er im Ren­nen um den Anglizis­mus des Jahres einord­nen, aber nicht als chancenlos.

8 Gedanken zu „Kandidaten für den Anglizismus 2013: Thigh Gap

  1. Bastian Wefes

    Man find­et in the­o­retis­chen Abhand­lun­gen, die sich mit der Inte­gra­tion englis­ch­er Lehn­wörter ins Deutsche befassen, doch dur­chaus auch die Ansicht, dass Wörter, in denen die ‘den­tal frica­tives’ vorkom­men, weitaus weniger entlehnt wer­den, da sie für den ‘gemeinen Deutschsprech­er’ eine gewisse Aussprachehürde darstellen (nach Thriller und Blue­tooth kommt kaum noch was nach). Spricht also auch dage­gen, dass sich ‘Thigh Gap’ ern­sthaft durchsetzt.

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  2. Johannes

    Leicht offtopic, aber der Flachrech­n­er der deutschen Sprach­nör­gler ver­liert ästhetisch lei­der ganz mas­siv gegen das net­tbrett der nor­wegis­chen Sprache. 🙂

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  3. Erbloggtes

    Die Fest­stel­lung, dass die Form, in der über Frauenkör­p­er gesprochen wird, von Vorschriften und der Abw­er­tung von Nonkon­for­mität durch Pathol­o­gisierung geprägt ist, ist nicht son­der­lich über­raschend. Dass das­selbe Diskursmuster allerd­ings auch dann dominiert, wenn Vorschriften und die Abw­er­tung von Nonkon­for­mität ger­ade kri­tisch betra­chtet und abgelehnt wer­den, erscheint bedenkenswert.

    Die Dialek­tik funk­tion­iert offen­bar, obwohl es keinen nen­nenswerten deutschsprachi­gen Pro-Thigh-Gap-Diskurs gibt. Der Anti-Thigh-Gap-Diskurs erzeugt Nor­men für Frauenkör­p­er, und zwar notwendi­ger­weise zwei Nor­men, die Anti-Thigh-Gap-Norm und zugle­ich unbe­ab­sichtigt die Pro-Thigh-Gap-Norm, um sich gegen sie aussprechen zu können.

    Die in diesem Artikel präsen­tierte Syn­these lautet nun, dass bei­de Diskurse schädlich sind und die deutsche Sprache nicht ver­schön­ern. Diese Syn­these wird wiederum zur These eines Diskurs­es, den ich umständlich Pro-Thigh-Gap-Diskurs-Ablehnungs-Diskurs nen­nen möchte. Dessen Gegen­these (Anti-Thigh-Gap-Diskurs-Ablehnungs-Diskurs) muss laut­en: Es ist schädlich, unschön und frauen­feindlich, bes­timmte frauenkör­per­be­zo­gene Diskurs­the­men (wie Thigh Gap) als schädlich, unschön und frauen­feindlich zu diskriminieren.

    Wie man daraus wiederum eine Syn­these bilden, oder welche Schlüsse aus der Dialek­tik selb­st zu ziehen wären, lasse ich mal offen.

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  4. DocDocDoc

    Brrrr, jet­zt bin ich zu Google Images abgerutscht und habe Fotos von vie­len Men­schen gese­hen, die mehr essen soll­ten. Wobei sich­er bei eini­gen Fotos ein­fach mit Foto­shop nachge­holfen wird, was das zweifel­hafte Ide­al noch unerr­e­ich­bar­er macht. 

    Aber ob wir den Anglizis­mus wirk­lich brauchen? Eigentlich nur, wenn wir über dieses spezielle Phänomen disku­tieren möcht­en, OK. Das Prob­lem, dass Frauen und zunehmende auch Män­ner sich genötigt fühlen, sich unerr­e­ich­baren kör­per­lichen Ide­alen anzunäh­ern, kon­nte bish­er auch so ganz gut beschrieben und bemän­gelt werden.

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  6. Jan

    Arrrg! Dass jemand sich nicht schämt, in ein­er ZEITUNG (!!!) Ober­schenkel und umliegende Kör­perteile als „Königsweg weib­lichen Charmes“ zu beze­ich­nen hat mich jet­zt bes­timmt ein halbes Jahr meines Lebens gekostet. Das ist doch echt zum kotzen!
    Danke an Her­rn Ste­fanow­itsch, der die Lek­türe von so vie­len sich­er äußerst schmerzhaften Tex­ten auf sich genom­men hat.
    Anson­sten meine ich, dass ger­ade das obige Zitat aufzeigt, wie wenig verd­inglichende und sex­is­tis­che Aus­druck­sweisen auf einzelne Begriffe angewiesen ist. Trotz­dem würde ich per­sön­lich mich der Bew­er­tung im let­zten Absatz anschließen und neu­traler von ein­er Lücke sprechen — irgend­wo muss man ja anfangen.

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