Archiv des Autors: Anatol Stefanowitsch

Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

Birma/Myanmar

Von Anatol Stefanowitsch

Nur kurz ein Nach­trag zum The­ma Namen­sän­derun­gen, der in der Press­eschau wegen deren fehlen­der Ern­sthaftigkeit keinen Platz gehabt hätte.

Es ist wohl kaum jeman­dem ent­gan­gen, dass die Bevölkerung des südostasi­atis­chen Lan­des Birma/Myanmar, ange­führt von bud­dhis­tis­chen Mönchen, derzeit ver­sucht, die Mil­itärdik­tatur abzuschüt­teln, die das Land seit 1965 beherrscht. Dabei fällt in der Berichter­stat­tung auf, dass die deutsche Presse sich ins­ge­samt nicht sich­er zu sein scheint, wie das Land zu beze­ich­nen ist. Weit­er­lesen

Namensänderungen

Von Anatol Stefanowitsch

Namen sind aus sprach­wis­senschaftlich­er Sicht eine wenig emo­tionale Sache. Wie die Wikipedia so tre­f­fend zusam­men­fasst (mit schönem Gruß an Renate C.):

Namen sind, nach der aktuellen wis­senschaftlichen Forschung, ein Zugriff­sin­dex auf eine Infor­ma­tion­s­menge über ein Indi­vidu­um. Sie sind somit ein­er Per­son, einem Gegen­stand, ein­er organ­isatorischen Ein­heit (z.B. einem Betrieb) oder einem Begriff zuge­ord­nete Infor­ma­tio­nen, die der Iden­ti­fizierung und Indi­vid­u­al­isierung dienen sollen. 

Ein Index hat neben sein­er Ver­we­is­funk­tion keine weit­ere Bedeu­tung. Hat man ein­mal einen Index gefun­den, gibt es also keinen ratio­nalen Grund, diesen zu ändern. Weit­er­lesen

Till death do us part

Von Anatol Stefanowitsch

As reg­u­lar read­ers of the Bre­mer Sprach­blog know, the lan­guages of the world are dis­ap­pear­ing at an alarm­ing rate (see for exam­ple here, here, here, here, here, and here). Accord­ing to the most con­ser­v­a­tive esti­mates, at least half of the 6,500 lan­guages cur­rent­ly spo­ken will become extinct by the end of the cen­tu­ry (by the way, if you’re won­der­ing why I am address­ing you in Eng­lish today, please bear with me — I have a point to make).

When lin­guists draw atten­tion to this mass extinc­tion, they nat­u­ral­ly por­tray it as some­thing bad. This neg­a­tive eval­u­a­tion seems so nat­ur­al to us, that we are often sur­prised when oth­ers disagree.

Last week, a sto­ry from the forth­com­ing issue of Nation­al Geo­graph­ic on the top­ic of lan­guage death was tak­en up in the Amer­i­can press, for exam­ple in the New York Times, the Los Ange­les Times and the Wash­ing­ton Post. While the specifics of that sto­ry have not met with the whole­heart­ed approval of all lin­guists, in the end we prob­a­bly all agree that there is no such thing as bad pub­lic­i­ty when it comes to rais­ing pub­lic aware­ness of lan­guage death. Weit­er­lesen

Rahmen sprengen

Von Anatol Stefanowitsch

Die kurze Erwäh­nung des Wortes „Fram­ing“ in diesem Beitrag war vielle­icht etwas kryp­tisch. Das liegt daran, dass ich den Beitrag vor der Veröf­fentlichung stark gekürzt habe und dabei die gesamte Fram­ing-The­o­rie her­ausgenom­men habe. Also lief­ere ich die hier nach, denn sie wird uns im Sprach­blog sich­er noch häu­figer beschäftigen.

Die Begriffe Frame und Fram­ing wer­den in den ver­schieden­sten Sozial­wis­senschaften, in der Psy­cholo­gie und in der Infor­matik ver­wen­det, und viele dieser Ver­wen­dungsweisen über­schnei­den sich oder sind miteinan­der ver­wandt. George Lakoff, den ich im Beitrag von let­zter Woche erwäh­nt habe, bezieht sich mit sein­er Ver­wen­dung aber speziell auf die Frame-Seman­tik von Charles Fill­more die in der Wikipedia tre­f­fend zusam­menge­fasst wird: Weit­er­lesen

Sonntagabendliche Betrachtungen

Von Anatol Stefanowitsch

Beim Zap­pen habe ich ger­ade im „Quiz-Taxi“ auf Sat.1Kabel Eins fol­gende Frage mitbekommen:

Wie lautet das Palin­drom von Lager?

Da den Quizteil­nehmer der Begriff Palin­drom nicht bekan­nt war, kon­nten sie die Frage nicht beant­worten. Eigentlich kön­nte man sich darüber stre­it­en, ob die Frage richtig gestellt war. Weit­er­lesen

Online-Durchsuchung (Nachtrag)

Von Anatol Stefanowitsch

Ger­ade im ZDF gehört:

Es kann nicht sein, dass der Com­put­er und die darin liegende Fest­plat­te ein Raum sind, wo der deutsche Rechtsstaat sagt, da greifen wir nicht zu (Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin).

Nein, natür­lich nicht, Frau Bun­deskan­z­lerin. Wenn die da schon so ver­lock­end rum­liegen, dann muss man auch zugreifen.

Presseschau

Von Anatol Stefanowitsch

Sie wussten es vielle­icht nicht, aber der Deutsche Bun­destag hat eine Enquete-Kom­mis­sion „Kul­tur in Deutsch­land“. Die hat sich im Jan­u­ar mit der Arbeit der Ver­w­er­tungs­ge­sellschaften beschäftigt (gebracht hat das, angesichts der ger­ade ver­ab­schiede­ten Nov­el­le des Urhe­ber­rechts ja schein­bar nichts) und im März mit der Stärkung der „Kul­tur- und Kreativwirtschaft“ (was auch immer das ist). Mehr find­et sich nicht auf der Web­seite der Kom­mis­sion.

Aber laut Ham­burg­er Abend­blatt will die Kom­mis­sion jet­zt die deutsche Sprache ret­ten — natür­lich auf höch­stem Niveau: Weit­er­lesen

Schreibtische und schmutzige Bomben

Von Anatol Stefanowitsch

Ein­er der vie­len Vorteile ein­er plu­ral­is­tis­chen, demokratis­chen Gesellschaft wie unser­er ist es, dass ein öffentlich­er Min­i­malkon­sens über poli­tis­che Entschei­dun­gen auch dann hergestellt wer­den muss, wenn ger­ade keine Wahlen anste­hen. Poli­tis­che Entschei­dungsträger wis­sen, dass bei der näch­sten Gele­gen­heit abgewählt wer­den, wenn sie gegen die öffentliche Mei­n­ung han­deln ohne sich aus­re­ichend zu erklären.

Wer an den Schalt­stellen der Macht sitzt muss also ver­suchen, die Öffentlichkeit auf seine Seite zu brin­gen. In ein­er besseren Welt als der unseren würde das duch aus­führliche ratio­nale Debat­ten geschehen, bei denen das Für und Wider ein­er Entschei­dung unter Ein­beziehung ein­er wohlin­formierten und inter­essierten Öffentlichkeit sorgsam abge­wogen und aus­disku­tiert wird (Kapi­tel 4 in Post­mans Amus­ing Our­selves to Death ist da nach wie vor eine lohnende Lek­türe). In der Welt, in der wir nun ein­mal tat­säch­lich leben, zählen stattdessen kurze, grif­fige Aus­sagen, in denen für Argu­mente nicht viel Platz ist. Weit­er­lesen

Unwissenheit ist Stärke

Von Anatol Stefanowitsch

Fran­co Frat­ti­ni ist der Vizepräsi­dent der Europäis­chen Union. „Ich bin ver­ant­wortlich für Frei­heit, Sicher­heit und Recht“, teilt er den Besuch­ern sein­er Web­seite mit. Allerd­ings scheint er es mit seinem jüng­sten Vorschlag wed­er mit der Frei­heit noch mit dem Recht beson­ders ernst zu meinen — und mit der Sicher­heit eigentlich auch nicht. Weit­er­lesen