Namensgeber

Von Anatol Stefanowitsch

Ich kann mich nicht erin­nern, jemals einem Gegen­stand einen Namen gegeben zu haben. Selb­st mein alter Ted­dy­bär hieß immer nur „Ted­dy­bär“ und mein Auto nenne ich „mein Auto“. Aber viele Men­schen haben schein­bar einen engeren Bezug zu den unbelebten Objek­ten, die sie umgeben und verteilen Namen nicht nur an Kuscheltiere und Autos, son­dern auch an Haushaltsgegenstände.

Namensforsch­er an der Uni Regens­burg wollen her­aus­find­en, wie weit ver­bre­it­et diese Ange­wohn­heit ist und befra­gen dafür die Zuschauer des Bay­erischen Rund­funk und des Hes­sis­chen Rund­funk online.

Ob das Ganze ein ern­st­ge­meintes Forschung­spro­jekt oder eher Öffentlichkeit­sar­beit ist, kann ich nicht beurteilen. Auf der Web­seite der Forscher­gruppe find­et sich kein Hin­weis auf das Projekt.

Auf jeden Fall reichen erste Ergeb­nisse von erwart­bar bis skur­ril. Erwart­bar ist, dass Fahrzeuge zu den am häu­fig­sten mit Namen verse­henen All­t­ags­ge­gen­stän­den gehören:

Eine Sekretärin mit­tleren Alters etwa hat ihr Gefährt Paula getauft. „Weil ich es ein­fach schön­er finde zu sagen, ich war heute mit ‚Paula‘ unter­wegs, anstatt ich war heute mit dem Auto unter­wegs.“ Eine Bad Kötztinger Stu­dentin hat den Forsch­ern mit­geteilt, dass sie ihr Moped Gertrud nen­nt: „Mein Moped sieht aus wie eine alte Frau und der Name Gertrud passt dazu.“ [Mit­tel­bay­erische Zeitung]

Skur­ril ist, dass Men­schen Namen an Gegen­stände vergeben, um heim­liche Hass- und Macht­phan­tasien auszuleben:

So stießen die Forsch­er auf … zwei Kak­teen, die ein Jour­nal­ist nach zwei unfre­undlichen Ver­wandten „Eva und Chris­tine“ genan­nt hat und eine Spül­mas­chine namens Franz, die ihren Namen deshalb trägt, weil die Besitzerin es mag, wenn Män­ner für sie arbeit­en. [Mit­tel­bay­erische Zeitung]

Mir per­sön­lich wäre das alles zu riskant

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

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