Spähmetaphorik und ihre Grenzen [re:publica]

Von Anatol Stefanowitsch

Auch auf der re:publica wurde natür­lich viel disku­tiert über die Überwachung des Inter­nets durch die Geheim­di­en­ste (diskur­siv immer vertreten durch die NSA) und die Apathie, mit der die über­wälti­gende Mehrheit der Bevölkerung auf diese Überwachung reagiert. Ich sage „natür­lich“, weil dieses The­ma für die Net­zge­meinde seit vie­len Monat­en beherrschend ist, nicht, weil es zwin­gend beson­ders dringlich ein­er Lösung durch die Net­zge­meinde har­rt. ((Wom­it ich nicht sagen will, dass sie kein­er Lösung bedarf, aber es stellt sich natür­lich die Frage, ob es eine solche Lösung über­haupt gibt und ob es, wenn es eine solche Lösung gibt, die Net­zge­meinde oder ihre net­zpoli­tis­chen Organ­i­sa­tio­nen sind, die sie find­en wer­den. Es stellt sich weit­er­hin die Frage, ob das Prob­lem der Überwachung durch Geheim­di­en­ste das dringlich­ste zu lösende Prob­lem der Net­zpoli­tik ist. Ich sage das alles nicht, weil ich gerne überwacht werde oder Überwachung grund­sät­zlich für harm­los halte, son­dern, weil das Fra­gen sind, die meines Wis­sens bis­lang wenig disku­tiert wor­den sind.))

Auch Sascha Lobo hat sich in seinem Vor­trag zur Lage der Net­zge­meinde mit diesem The­ma beschäftigt und dabei inter­es­sante Über­legun­gen dazu angestellt, ob ein Teil der Apathie eventuell auf ungeeignete Begrif­flichkeit­en für die Überwachung­sprob­lematik zurück­zuführen ist und welche tre­f­fend­eren Begrif­flichkeit­en wir stattdessen ver­wen­den kön­nten (hier ein direk­ter Link auf die entsprechende Pas­sage). Er schlägt unter anderem vor, die Wörter Affäre und Skan­dal zu ver­mei­den, und stattdessen von einem Spähangriff oder ein­er Spitze­lat­tacke zu sprechen. Damit will Sascha stärk­er auf die Aggres­siv­ität der Überwach­er hinweisen.

Dieser ANGRIFFs-Frame ((Dazu, was ich hier mit „Frame“ meine, siehe diesen Vor­trag von mir oder diesen Text des Sprach­wis­senschaftlers George Lakoff)) passt gut in eine inner­halb und außer­halb der Net­zge­meinde gut ver­ankerte Metaphorik, die das Inter­net als einen Ort betra­chtet (zur Ortsmeta­pher siehe meinen Vor­trag auf der Open­Mind 2013). In ein­er Orts- oder Ter­ri­to­rial­meta­pher kön­nen wir den Geg­n­er als Angreifer darstellen, der in unsere Lebenswelt (und Merkels „Neu­land“) ein­dringt und gegen den wir uns wehren kön­nen und müssen.

Ich stimme Sascha zu, dass Begrif­flichkeit­en und vor allem die dahin­ter­ste­hen­den Bedeu­tungssys­teme für die Ver­mit­tlung von poli­tis­chen (und anderen) Inhal­ten wichtig ist, aber ich glaube nicht, dass der ANGRIFFS- oder ATTACK­EN-Frame funk­tion­ieren würde.

Das Prob­lem ist näm­lich, dass sich das Aus­ge­späht-Wer­den eben nicht wie ein Angriff oder eine Attacke anfühlt: Es fühlt sich über­haupt nicht an – das ist ja genau das Prob­lem. Sascha bringt an ander­er Stelle im Vor­trag das Bild eines Tyran­nosaurus Rex auf Speed, der plöt­zlich im Raum ste­he, während sich alle vom kleinen bun­ten Pudel ablenken lassen, der auch da ist. Die Sache ist doch aber: Wenn die uns ausspähen­den Geheim­di­en­ste ein Tyran­nosaurus Rex auf Speed ist, dann ste­ht der nicht erst seit eben im Zim­mer, son­dern war die ganze Zeit schon da, ohne das wir ihn bemerkt haben. Es ist also ein unsicht­bar­er Tyran­nosaurus Rex auf Speed, der bish­er auch nie­man­dem von uns konkret etwas getan hat.

Das erk­lärt, wieso er so leicht zu ignori­eren ist und warum der Frame eines Angriffs uns nicht weit­er­helfen wird. Wörter wie Spähangriff oder Spitze­lat­tacke passen nicht zu unser­er Wahrnehmung und führen höch­stens dazu, dass sich die Wörter Angriff und Attacke abnutzen.

Stattdessen bräucht­en wir einen Frame, der zu ein­er unsicht­baren Gefahr passt, die jahre­lang unbe­merkt und fol­gen­los bleiben und dann plöt­zlich akut wer­den kann. Mir fall­en spon­tan zwei solche Frames ein, die bei­de gut in deutschen Angst­diskursen ver­ankert sind: Der VERUN­REINI­GUNGS-Frame und der KRANKHEITS-Frame.

Im KRANKHEITs-Frame wür­den wir das Inter­net als schein­bar gesun­den Organ­is­mus darstellen, in dem sich aber unbe­merkt eine Krankheit oder ein Par­a­sit aus­bre­it­et – die überwachen­den Geheim­di­en­ste, die wir dann als Spähgeschwür oder Spitzel­par­a­siten

Ähn­lich­es gilt für den VERUN­REINI­GUNGS-Frame, der im Deutschen schon lange ein Denkmod­ell für alles mögliche liefert – die Diskus­sion um Naturschutz läuft in Deutsch­land haupt­säch­lich über diesen Frame (es wurde und wird viel über verun­reinigten („sauren“) Regen, verun­reinigte Flüsse, durch manip­ulierte Gene und Chemikalien verun­reinigtes Essen usw. disku­tiert). Sprach­wan­del in Form von Lehn­wörtern wird über diesen Frame als Verun­reini­gung dargestellt. Und (lei­der, weil der Frame dadurch weit­ge­hend unbe­nutzbar wird), wurde und wird auch dieser Frame ver­wen­det, um das „deutsche Volk“ als rein und diese Rein­heit („Blutrein­heit“) als etwas darzustellen, das von Verun­reini­gung bedro­ht ist.

Vielle­icht wäre ein Son­der­fall des VERUN­REINI­GUNGS-Frames denkbar: der RADIOAK­TIV­ITÄTS-Frame. Das Inter­net könne eine unberührte Land­schaft sein, in der sich unsicht­bare aber alles zer­set­zende radioak­tive Strahlen in Form von Überwachungs­maß­nah­men aus­bre­it­en. Allerd­ings ist Radioak­tiv­ität selb­st nur schw­er fass­bar, und Wörter wie Spähra­dioak­tiv­ität oder Spitzel­strahlung klin­gen deshalb sehr kon­stru­iert und unverständlich.

Vielle­icht hat ja jemand eine bessere Idee für einen Frame, der sowohl zu der (nicht vorhan­de­nen) Wahrnehmung der Überwachung durch die Geheim­di­en­ste als auch zu der von dieser aus­ge­hen­den Gefahr passt. Vielle­icht ist es aber auch ein Prob­lem, dass wir gar nicht genau erk­lären kön­nen, worin genau diese Gefahr eigentlich beste­ht. Es hat eben nie­mand wirk­lich Angst davor, von der NSA von der Straße weg ver­haftet zu wer­den und dass eine zukün­ftige dik­ta­torische Regierung uns mit unseren Dat­en erpresst, dürfte für die meis­ten auch sehr fern sein (was nicht heißen muss, dass sie unre­al­is­tisch ist).

Je genauer, je konkreter wir diese Gefahren beschreiben kön­nen, desto leichter wird es uns vielle­icht fall­en, einen geeigneten Frame zu finden.

Nach­trag:

Einen ersten Vorschlag für einen Frame hat Dierk Haa­sis auf Twit­ter gemacht: den RAUBTI­ER-Frame, mit Raubtieren, die sich „leise anschle­ichen, Opfer merkt nichts bis es zu spät ist“, z.B. Hyä­nen. Er schlägt auch das Bild von Geiern vor, die sich „laben … an den Über­resten unseres Lebens, den Dat­en, die wir hin­ter­lassen.“ Der RAUBTI­ER-Frame greift in gewiss­er Weise den Tyran­nosaurus Rex auf Speed auf, aber wenn wir ein unauf­fäl­liges, sich leise anschle­ichen­des Raubti­er wählen, passt er eben bess­er zu unser­er Nicht-Wahrnehmung der Gefahr. Der GEIER-Frame dage­gen ist prob­lema­tisch, weil die Geheim­di­en­ste unsere Dat­en ja nicht auf­fressen, son­dern nur kopieren (ganz all­ge­mein ist es deshalb auch keine Option, einen DIEB­STAHL-Frame zu nutzen, da die Net­zge­meinde ja sel­ber seit Jahren darauf beste­ht, dass das Kopieren von Dat­en kein Dieb­stahl sei, da die Orig­i­nal­datei ja noch vorhan­den sei).

Neben den Vorschlä­gen unten in den Kom­mentaren gab es noch Vorschläge über Face­book und Twit­ter, die ich nur kurz zusammenfasse/zitiere:
– [Face­book] Nico­las Buchele: „Man spricht ja vom unter­wan­dern (wo man nichts merkt bis der ver­meintlich sichere Boden ein­bricht). Koen­nte man einen Maulwurf- oder Ter­miten-Frame irgend­wie gebrauchen?“
– [Twit­ter] Mar­tin Bal­laschk (@gedankenabfall) „Ein Frame um einen “krankhaften Wahn”? #Spitzel­wahnsinn #Spähamok klin­gen aber sehr kon­stru­iert.“ Meine Antwort darauf war: „Ja es wurde ja noch „Kon­troll­sucht“ vorgeschla­gen, aber damit entlässt man die Geheim­di­en­ste aus ihrer Ver­ant­wor­tung.“, wom­it ich sagen wollte, dass wir Süchtige oder Men­schen mit Wah­n­vorstel­lun­gen ja im All­ge­meinen für ihre Hand­lun­gen nicht voll ver­ant­wortlich machen.
– [Twit­ter] (Geschützter Account): „Vielle­icht Rost oder Mate­ri­aler­mü­dung. Merkt eins auch erst, wenn es zu spät ist.“

16 Gedanken zu „Spähmetaphorik und ihre Grenzen [re:publica]

  1. Ferrer

    Gute Idee, wir brauchen den richti­gen Frame. Zunächst einige Vorbemerkungen:
    Es ist ein Krieg, das haben die NSA-ler und Co. sel­ber gesagt. Sie nen­nen es ¨Krieg gegen Ter­ror¨, aber bekämpfen tun sie uns. Wir sind die Opfer und das Ziel. Ich habe von kein­er erfol­gre­ichen Oper­a­tion gegen Ter­ror­is­ten gele­sen, kenne aber einige Fälle von falsche Beschuldigung.
    Coro­lar­i­um 1: Im Krieg ist alles erlaubt. Bei­den Seiten!
    Wir sind wie im Internet/Neuland wie Kinder. Wir sind arg­los, unbe­darft und ver­trauensselig. Das nutzen die Geheim­di­en­ste aus.
    Der Frame, der die meis­ten Men­schen aufzure­gen scheint, ist der Frame des Kindesmiss­brauchs. Das schliesse ich aus der Lek­türe ver­schieden­er Foren im Inter­net in ver­schiede­nen Län­dern (siehe neulich Edathy-Affäre).

    Daher schlage ich als Beze­ich­nung für das wahllose Sam­meln von Dat­en unbe­darfter und in der erdrück­enden Mehrheit unschuldiger Opfer den Begriff ¨Daten­pä­dophilie¨ vor, und für die Täter den Begriff ¨Daten­pä­do¨ bzw. ¨Daten­pä­dophiler¨.

    Alter­na­tiv, falls es jeman­den doch zu heftig vorkäme (aber das soll es ja ger­ade sein!), kön­nte man auch ¨Daten­stalk­ing¨ und ¨Daten­stalk­er¨ ver­wen­den. Stalk­er ver­fol­gen ihre Opfer eben­falls zunächst im Ver­bor­ge­nen, bis sie eine Schwach­stelle aus­machen und schla­gen dann aus dem Hin­ter­halt zu.

    Statt Dat­en- kann man bei bei­den Vorschlä­gen wahlweise auch Späh- bzw. Spitzel- als Prä­fix benutzen.

    Und wenn die Vorschläge auf keine Zus­tim­mung stossen, so dienen sie im Laufe des Brain­storm­ings vielle­icht anderen zur Anregung.

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  2. Quark

    Inter­es­sante Über­legun­gen, die nicht von der Hand zu weisen sind. Aber ich habe einige Zweifel, dass die fehlende öffentliche Prob­lemwahrnehmung und darauf auf­bauend man­gelder Protest nur daher rühren, dass noch nicht der passende Frame zur Skan­dal­isierung gefun­den wurde. Es ist dur­chaus auch möglich, dass viele Leute tat­säch­lich kein Prob­lem damit haben, prinzip­iell überwacht zu wer­den (weil sie nach eigen­er Auf­fas­sung nichts zu ver­ber­gen haben, es für ein notwendi­ges Opfer im Dien­ste der Sicher­heit hal­ten, aus unerfind­lichen Grün­den Ver­trauen in staatliche Behör­den haben etc.). 

    @Ferrer: Es ist ziem­lich ekel­haft und ver­harm­losend, ein­fach eines der denkbar schlimm­sten Ver­brechen mit dem größen Empörungspo­ten­tial (Kindesmiss­brauch) zur Meta­pher zu machen. Den Geg­n­er ein­fach mit den schlimm­st­möglichen Attribut­en zu bele­gen ist m.E. nicht zielführend, zudem kommt es früher oder später zu Abnutzungser­schei­n­un­gen (siehe etwa die infla­tionäre Ver­wen­dung des Faschis­mus-Begriffes in linken Diskursen). Der Stalk­ing-Ver­gle­ich kön­nte es allerd­ings schon eher treffen.

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  3. Ferrer

    @Quark: Es soll ja ger­ade pro­vokant sein, aber ich ver­ste­he, dass man meinen ersten Vorschlag als zu heftig empfind­et. Das Prob­lem der Abnutzung sehe ich eben­falls, aber man hätte für einige Zeit den Vorteil des first movers. Wenn man es bis zur Abnutzung schafft, die Lage und die Geset­zge­bung zum Besseren zu verän­dern, wäre schon viel gewon­nen (nein, ich glaube nicht daran, aber wenn man es nicht ver­sucht, wird es sich­er nichts). Vor 40 Jahren war in manchen links/grünen Kreisen die Forderung nach Entkrim­i­nal­isierung der Pädophilie nicht ver­pönt, die Maßstäbe ändern sich immer wieder, Ihnen kommt mein Vorschlag ekel­haft und ver­harm­losend vor. Es ist nicht ein­fach. Ich bitte um Verzeihung.
    Es würde mich schon inter­essieren, was in 40 über die NSA u.ä. gedacht wird. Lei­der werde ich das kaum sel­ber erleben.

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    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @Ferrer: Ihr Ver­gle­ich ist nicht pro­vokant, son­dern in mehrfach­er Hin­sicht men­schen­ver­ach­t­end. Beim Find­en eines Frames geht es in Übri­gen nicht darum, „pro­vokant“ oder „heftig“ zu sein, son­dern darum, eine Bild­sprache zu find­en, die dem, über das gesprochen wird, inhaltlich angemessen ist und es gle­ichzeit­ig erfahrbar macht.

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  4. Dickbrettbohrer

    Der Man­gel an Reak­tion und Empörung ist mE nicht Ursache son­dern Symp­tom, und der fehlende Frame eben­so. Dazu muß ich etwas ausholen:

    Alice Miller hat die Fol­gen der frühkindlichen Ver­drän­gung von Man­gel­er­fahrun­gen bis bösar­ti­gen Erfahrun­gen (v.a. durch Eltern) und den Zwang zu ihrer Wieder­hol­ung in späteren sozialen Sit­u­a­tio­nen gut beschrieben (“Du sollst nicht merken”) und die Freud’sche Annahme es han­dele sich immer nur um Phan­tasien (und nicht Real­ität) bei ihren Patien­ten wider­legt gesehen. 

    Beim Erwach­se­nen man­i­festiert sich das Ver­drän­gen des als unerträglich Erlebten im Poli­tis­chen als “Betray­al Blind­ness” gegenüber Insti­tu­tio­nen (siehe zB: http://dynamic.uoregon.edu/jjf/institutionalbetrayal/). Welche Hal­tung for­muliert das Volk gegenüber “den Poli­tik­ern” oder “dem Staat” oder “Ameri­ka” bzw “der Sow­je­tu­nion”? (Schön­er aktueller Ein­blick hier ab Seite 2: http://www.zeit.de/2014/18/narzismuss-selbstwertgefuehl-politiker-waehler). (Im Pri­vat­en wirkt der Wieder­hol­ungszwang mit Ver­drän­gung ins Unbe­wußte in Part­ner­schaft, Fam­i­lie, und Arbeit­splatz, auch dort gibt es Betray­al Blind­ness, aber das ist hier nicht Thema.)

    Nach den Ent­behrungser­fahrun­gen der Vorkriegs- (“abhärten!”), Kriegs- (“durch­hal­ten!”) und Nachkriegs- (“Auf­bauen”!) ‑kinder bei gle­ichzeit­iger Ide­al­isierung (von Mut­ter, Vater, Organ­i­sa­tion, Volk) ist es nur fol­gerichtig dass sie bis heute nicht in der Lage sind, als wohlmeinend dargestellte Per­so­n­en oder Insti­tu­tio­nen anzuk­la­gen. Die wenig­sten sind durchs Feuer der Aufar­beitung ihrer Erleb­nisse gegan­gen und haben stattdessen das Erlebte an ihren Kindern aus­gelebt und so weitergeben. 

    Die beklagte poli­tis­che Lethargie hat tiefenpsy­chol­o­gisch die Funk­tion uns vor dem indi­vidu­ellen Wieder­erleben von extremen Gefühlen von Ohn­macht, Beschä­mung, Schmerz, Ver­raten­sein zu schützen. Sie wird sich durch einen schö­nen neuen Frame nicht abschüt­teln lassen, solange dieser machtvolle Grund für ihre Aufrechter­hal­tung besteht.

    So erk­lärt sich übri­gens auch warum in der Poli­tik der Haß auf den Whistle­blow­er (oder Aussteiger) oft stärk­er ist als der Haß auf den Geg­n­er: Weil Erster­er dem Ver­drän­gen­den näher/ähnlicher ist und damit sein Anders-Agieren die Ver­drän­gungs­bar­riere stärk­er bedroht. 

    So plump-skan­dal­isierend der Pädophilie-Frame auch wäre, er hat die Ursache immer­hin gestreift.

    Einen passenderen Frame find­et man in Märchen: die Böse Stiefmutter.

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  5. Lothar Lemnitzer

    M.E. ist der “Gift-” bzw. “Vergif­tungs­frame” gut geeignet. Er schließt (in der Umwelt-Lseart) an die Meta­pher des Ortes an, Vergif­tun­gen kön­nen schle­ichend geschehen, die Opfer kön­nen bzw. müssen den Ort wech­seln, der durch die Vergif­tung unwirtlich wird. Es gibt auch die Meta­pher “die Atmo­sphäre vergiften”. Nachteil ist der Anklang an bzw. Bezug auf die unselige Geschicht des Ver­dachts der Brun­nen­vergif­tung (heute zum Glück nur noch im über­tra­ge­nen Sinn).

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  6. Markus Dahlem

    Lei­der haben wir in der deutschen Sprache nichts ähn­lich­es wir den “Ele­phant in the room”, oder doch? Noch mehr gefällt mir der “800 pound goril­la” (“Where does an 800 lb. goril­la sit?” Antwort: “Any­where it wants to.”)

    Das geht in die Rich­tung von Dierk Haa­sis RAUBTI­ER-Frame sowie dem T‑Rex. Wobei der Ele­fant lange unsicht­bar — weil absichtlich überse­hen — ist.

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  7. Daniel

    Ich halte den Raubti­er-Frame für unpassend, nahezu so unpassend wie die “Gift-” oder “krankheits-”-Rahmung. Wed­er Raubtiere, noch Gift, noch eine Krankheit ver­fol­gt eine böse Absicht bei dem, was sie tun. Und kein­er der drei ist in der Lage, sein ver­hal­ten an ein Opfer anzu­passen, um dieses zu scho­nen oder auf dessen See­len­befind­en Rück­sicht zu nehmen.
    Das ist auch der Grund, warum min­destens die von AS genan­nten Vorschläge poli­tisch — äh — vergiftet sind. Das “vergiften” des “Volk­skör­pers” ist Sprache des Nation­al­sozial­is­mus. Selb­st wenn es gute Gründe gäbe, etwas in der Rich­gung zu ver­wen­den, ich würde es nicht wollen.
    Stattdessen plädiere ich für den Stalker-Frame.
    Der erste Grund ist der, dass es die Bedro­hung per­onifiziert. Statt “den Dien­sten” sind es dann Per­so­n­en, die einen belauern.
    Der zweite Grund ist der, dass die Vertei­di­gung der Prax­is auch mit dem Argu­ment funk­tion­iert, dass nie­mand überwacht wird, son­dern nur Emails/Korrespondenz/Netzverhalten gespiegelt und dann per Suchrou­tine automa­tisch nach Stich­wörter über­prüft wird. Dieses Bild halte ich für falsch und irreführend, da es ver­schleiert, dass auch diese Vprgänge schon ein Überwachen und Beschnüf­feln sind. Die Stalk­er-Meta­pher macht es hof­fentlich schw­er­er, dieses “nur-ein-Computerprogramm-liest-Deine-Emails”-Argument zu entkräften.
    Der dritte grund ist der, dass auch das Stalk­ing oft im Grenzbere­ich zwis­chen Erlaubtem und Ille­galem abläuft. Lei­der ist nicht alles, was die Geheim­di­en­ste machen, ver­boten. Keine der anderen Fram­ing-Vorschläge greift dieses Prob­lem auf.
    Am Ende noch zwei Beispiele, warum ich das Stalk­er-Bild auch im komkreten Fall für gut anzuwen­den halte:

    http://www.theguardian.com/world/2014/feb/27/gchq-nsa-webcam-images-internet-yahoo

    und

    http://blog.fefe.de/?ts=ac5b083c

    Ich glaube das Argu­ment im zweit­en Link funk­tion­iert gefühlt deswe­gen nicht, weil die Überwachung durch die Geheim­di­en­ste nicht ein­er Per­son zuge­ord­net wer­den kann.

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  9. gnaddrig

    @ Daniel: Der Stalk­er-Frame kommt mir bish­er auch am Ein­leuch­t­end­sten vor. 

    Der Stalk­er sam­melt — wie die Geheim­di­en­ste — Infor­ma­tio­nen aller Art über sein Opfer. Dabei bedi­ent er sich ver­schieden­er Meth­o­d­en, die das ganze Spek­trum zwis­chen völ­lig legal und völ­lig ille­gal abdeck­en kön­nen. Der Stalk­er kann wie die Dien­ste argu­men­tieren, er bewege sich ja nur im öffentlichen Raum und sam­mele öffentlich zugängliche Infor­ma­tio­nen. Im Zweifels­fall sagt er, er mache ja gar nichts, schon gar nichts ver­botenes. Und sog­ar wenn man ihm das Gegen­teil nach­weist, küm­mert er sich nicht darum. Er muss let­ztlich hand­grei­flich davon abge­hal­ten wer­den, weiterzumachen.

    Der Stalk­er kann sein Wis­sen jed­erzeit zum Vor- oder Nachteil seines Opfers anwen­den, muss das aber nicht. Das Opfer hat keinen Ein­fluss darauf und — wenn der Stalk­er es geschickt anstellt — ist sich der Exis­tenz des Stalk­ers gar nicht erst bewusst. Der Stalk­er kann sich sehr weit­ge­hend jed­er Ver­fol­gung durch sein Opfer entziehen. Das Bild passt sehr gut, finde ich.

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  11. Chris

    Vielle­icht waere statt des Vergif­tungs­bildes das eines erstick­enden Gas­es wie Kohlen­monox­id ein­leuch­t­en­der? Es sam­melt sich ueber dem Boden, ist unsicht­bar, und wenn man sich arg­los hineinbegibt/hinlegt, ist es zu spaet?

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  15. nike

    Ja, ich bin “two years late to the par­ty”, aber dieser red­dit-thread (https://www.reddit.com/r/Showerthoughts/comments/4pxj1a/the_internet_uses_many_terms_relating_to_water_i/) hat mich wieder daran erinnert.
    Wenn wir für das Inter­net sowieso eine Wasser­metaphorik benutzen — zwar im Englis­chen mehr als im Deutschen -, bietet es sich vielle­icht an, densel­ben Frame auch für Bedro­hun­gen zu nutzen. Wass­er kann ver­schmutzt sein, ohne dass es zunächst zu erken­nen ist; ste­hende Gewäss­er kön­nen umkip­pen, Ströme abge­graben und umgeleit­et wer­den; es gibt ein the­o­retis­ches Recht auf Wass­er und trotz­dem ist es vielerorts knapp oder wird als Druck­mit­tel benutzt, …

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