Geschlechtergerechte Sprache und Lebensentscheidungen

Von Anatol Stefanowitsch

Das soge­nan­nte „gener­ische“ Maskulinum und die Tat­sache, dass es nicht wirk­lich gener­isch ist, haben wir im Sprachlog ja schon des Öfteren disku­tiert. Eine inter­es­sante neue Studie bietet einen Anlass dazu, das The­ma wieder ein­mal aufzugreifen.

Im Deutschen hat jedes Sub­stan­tiv ein gram­ma­tis­ches Geschlecht: Maskulinum (z.B. der Stuhl, der Dill), Fem­i­ninum (z.B. die Bank, die Peter­silie) und Neu­trum (z.B. das Sofa, das Schnit­t­lauchdas Basi­likum). Das gram­ma­tis­che Geschlecht ist dabei nicht völ­lig beliebig verteilt (ein The­ma für einen anderen Tag), aber es hat nichts mit dem biologischen/sozialen Geschlecht der beze­ich­neten Dinge zu tun (Sitzgele­gen­heit­en und Küchenkräuter sind ja wed­er männlich, noch weib­lich, son­dern besten­falls alle sächlich).

Das ist anders bei Per­so­n­en­beze­ich­nun­gen: Hier kor­re­liert das gram­ma­tis­che Geschlecht bis auf wenige Aus­nah­men (z.B. Men­sch, Per­son) mit dem biologischen/sozialen Geschlecht des beze­ich­neten Indi­vidu­ums: Mann, Brud­er, Mönch und Knecht sind z.B. gram­ma­tisch maskulin und biologisch/sozial männlich, Frau, Schwest­er, Nonne und Magd sind dage­gen gram­ma­tisch fem­i­nin und biologisch/sozial weib­lich. Bei den meis­ten Per­so­n­en­beze­ich­nun­gen kommt dazu, dass die weib­liche Form durch die Nach­silbe -in aus der männlichen Form abgeleit­et ist: der Chefdie Chefin, der Polizistdie Polizistin, der Bäck­erdie Bäck­erin.

Das wird spätestens dann ein Prob­lem, wenn wir gemis­chte Grup­pen tat­säch­lich­er Per­so­n­en (z.B. eine Hun­dertschaft der Polizei, die aus Män­nern und Frauen beste­ht) benen­nen oder uns auf eine Beruf­s­gruppe im Abstrak­ten (also ohne bes­timmte Per­so­n­en im Kopf) beziehen wollen. Dann gibt es zwei Möglichkeit­en: Wir nen­nen die männliche und die weib­liche Form (Mit voller Ein­satz­mon­tur begleit­eten Polizistin­nen und Polizis­ten einen Demon­stra­tionszug) oder wir ver­wen­den das soge­nan­nte „gener­ische“ Maskulinum – was nichts anderes heißt, als dass wir die männliche Form ver­wen­den und uns darauf ver­lassen, dass unsere Zuhörer/innen sich denken wer­den, dass wir damit auch Frauen meinen (wie die Mit­tel­bay­erische, die in ein­er Bil­dun­ter­schrift eines Fotos von Män­nern und Frauen in Kamp­fanzü­gen schreibt: Mit voller Ein­satz­mon­tur begleit­eten Polizis­ten einen Demon­stra­tionszug).

Das Prob­lem am gener­ischen Maskulinum ist natür­lich, dass es ein ganz nor­males Maskulinum ist, dass also nie klar ist, ob nur Män­ner oder eben Män­ner und Frauen gemeint sind, und die psy­cholin­guis­tis­che Forschung zeigt, dass es zwar „gener­isch“ ver­standen wer­den kann, dass Ver­suchsper­so­n­en aber zunächst an Män­ner denken und erst nach einem mess­baren Zeitraum zu ein­er Inter­pre­ta­tion kom­men, die Frauen mit einschließt.

Es ist nun eine inter­es­sante Frage, ob die Tat­sache, dass wir bei einem gener­ischen Maskulinum zunächst an Män­ner denken, nur im Ver­such­sla­bor mess­bar ist, oder ob sie auch eine Rolle in der echt­en Welt spielt. Und zur Beant­wor­tung genau dieser Frage trägt eine Studie mein­er FU-Kol­le­gin Bet­ti­na Han­nover und ihres ehe­ma­li­gen Dok­toran­den Dries Verveck­en bei, die vor eini­gen Monat­en erschienen ist und nun dank ein­er Pressemel­dung der Deutschen Gesellschaft für Psy­cholo­gie öffentliche Aufmerk­samkeit erhält. ((Siehe Verveck­en, D., & Han­nover, B. (2015). Yes I can! Effects of gen­der fair job descrip­tions on children’s per­cep­tions of job sta­tus, job dif­fi­cul­ty, and voca­tion­al self-effi­ca­cy. Social Psy­chol­o­gy, 46, 76–92.))

In dieser Studie legten die Autor/innen Schulkindern im Alter von 6–12 Jahren dreizehn Berufs­beze­ich­nun­gen vor, die entwed­er stereo­typ männlich waren (Astronaut/in, Lastwagenfahrer/in, Geschäfts­man­n/-frau, Erfinder/in, Bürgermeister/in, Maurer/in, Feuer­wehrman­n/-frau und Automechaniker/in), oder die stereo­typ weib­lich waren (Blumenverkäufer/in, Babysitter/in, Zahnarzthelfer/in, Raumpfleger/in und Kosmetiker/in). Jed­er dieser Berufe wurde den Kindern vorge­le­sen und kurz definiert, wobei eine Gruppe Paar­for­men zu hören bekam (z.B. „Feuer­wehrfrauen und Feuer­wehrmän­ner sind Per­so­n­en, die Feuer löschen“), und eine Gruppe das „gener­ische“ Maskulinum (z.B. „Feuer­wehrmän­ner sind Per­so­n­en, die Feuer löschen“). Zu jedem Beruf mussten die Kinder vier Fra­gen beantworten:

  1. Wie wichtig ist es, ___ zu sein?
  2. Wie schw­er ist es, den Beruf ___ auszuüben?
  3. Wie schw­er ist es, den Beruf ___ zu erler­nen? und
  4. Was glaub­st du, wie viel Geld ___ verdienen?

Aus den Antworten ergaben sich durch eine Fak­tore­n­analyse zwei Fak­toren: Sta­tus (Frage 1 und 4) und Zugänglichkeit (Frage 2 und 3).

Bei den stereo­typ männlichen Berufen wur­den bei­de Fak­toren durch die Art der Präsen­ta­tion (Paar­formel oder „gener­isches“ Maskulinum“) bee­in­flusst: Im gener­ischen Maskulinum schrieben die Kinder den Berufen erstens einen höheren Sta­tus zu und hiel­ten sie zweit­ens für schw­er­er zugänglich als wenn sie in der Paar­form präsen­tiert wur­den. Bei den stereo­typ weib­lichen Berufen gab es keinen solchen Effekt.

Soweit bestätigt das Exper­i­ment aus lin­guis­tis­ch­er Per­spek­tive auf eine sehr inter­es­sante Weise den seman­tis­chen Effekt des gener­ischen Maskulinums – dies wird offen­sichtlich als „männlich“ inter­pretiert, woraus sich die stereo­type Zuschrei­bung eines höheren Sta­tus und eines höheren Schwierigkeits­grades ergibt. Eine Wech­sel­wirkung zwis­chen Gram­matik und gesellschaftlichen Stereo­typen (dass der Effekt nur bei stereo­typ männlichen Berufen sta­tis­tisch sig­nifikant wird) lässt sich auch in anderen Stu­di­en beobachten.

Beson­ders inter­es­sant wird die Studie aber dadurch, dass die Autor/innen die Kinder zusät­zlich fragten, ob sie sich selb­st den jew­eili­gen Beruf zutraut­en. Auch hier zeigte sich ein Effekt der jew­eili­gen sprach­lichen Bedin­gung dergestalt, dass sich Kinder bei­der­lei Geschlechts einen Beruf eher zutrauen, wenn er in der Paar­formel präsen­tiert wird als wenn er im „gener­ischen“ Maskulinum präsen­tiert wird. Außer­dem zeigte sich, dass sich Jun­gen stereo­typ männliche Berufe unab­hängig von der Art der Präsen­ta­tion eher zutrauen als Mädchen.

Die Autor/innen zeigen dann, dass dieser Effekt durch den ver­meintlichen Schwierigkeits­grad des Berufs her­vorgerufen wird (der sein­er­seits durch die Art der Präsen­ta­tion bed­ingt ist).

Kurz zusam­menge­fasst: Wird ein Beruf im „gener­ischen“ Maskulinum präsen­tiert, wird er von den Kindern als schw­er­er zugänglich wahrgenom­men, was ihre Ein­schätzung, den Beruf selb­st ausüben zu kön­nen, neg­a­tiv bee­in­flusst. Bei den Jun­gen wird diese neg­a­tive Ein­schätzung dadurch ein Stück weit aus­geglichen, dass die gesellschaftliche Stereo­typ­isierung dieser Berufe als „männlich“ es ihnen nahelegt, dass sie diese Berufe trotz­dem ausüben können.

Mit anderen Worten: Die Art, in der wir über stereo­typ männliche Berufe reden, hat vor allem einen Ein­fluss darauf, ob Mäd­chen sich diesen Beruf zutrauen. Die kon­se­quente Ver­wen­dung von Paar­formeln kann dazu führen, dass sie den Beruf als zugänglich­er bew­erten und ihn für sich selb­st als real­is­tis­che Beruf­swahl einschätzen.

Ich höre immer wieder das Argu­ment, man solle doch anstelle des Sprachge­brauchs lieber die gesellschaftliche Wirk­lichkeit ändern. Aber gesellschaftliche Wirk­lichkeit ändert sich eben (auch) über den Sprachgebrauch.

tl;dr Paar­formeln wie „Astro­nautin­nen und Astro­naut­en“ führen dazu, dass Kinder den Beruf für leichter zugänglich hal­ten als wenn nur von „Astro­naut­en“ die Rede ist. Ger­ade bei stereo­typ männlichen Berufen bee­in­flusst das, ob Mäd­chen sich den betr­e­f­fend­en Beruf über­haupt zutrauen.

69 Gedanken zu „Geschlechtergerechte Sprache und Lebensentscheidungen

  1. ths

    Abge­se­hen davon, dass Sie über eine ganz inter­es­sante Unter­suchung bericht­en, sind mir zwei Sachen aufge­fall­en: es heißt doch “der Schnit­t­lauch” und nicht “das Schnittlauch”.

    Außer­dem ist die Mehrzahl von “Feuer­wehrmann” m.E. “Feuer­wehrleute” genau wie beim “Haupt­mann” in der Armee die Mehrzahl “Hauptleute” heißt und nicht “Haupt­män­ner”. Das ist zumin­d­est der offizielle Sprachge­brauch, der in der Bun­deswehr gelehrt wurde, als ich wehrpflichtig war.

    Antworten
  2. Paulwitz

    Was ist so schlimm daran, daß es in bes­timmten Berufen mehr Män­ner als Frauen, und daß es in anderen Berufen mehr Frauen als Män­ner gibt? Was ist so schlimm daran, daß eine sprach­liche Gehirn­wäsche gerecht­fer­tigt erscheinen soll?

    Antworten
  3. Ospero

    @Paulwitz: “Sprach­liche Gehirn­wäsche”? Eine oder zwölf Num­mern klein­er haben wirs ger­ade nicht? Was ist denn an den Effek­ten des soge­nan­nten gener­ischen Maskulinums weniger eine “Gehirn­wäsche”? Sprache existiert nicht im Vaku­um, und der Unter­schied zwis­chen “es gibt in diesem Beruf mehr Män­ner” und “Frauen/Mädchen trauen sich diesen Beruf generell nicht zu” sollte eigentlich klar genug sein.

    Antworten
  4. blandula

    Wer sprach­liche Gle­ich­berech­ti­gung als Gehirn­wäsche beze­ich­net, pflegt ein­deutig eine patri­achalis­che Sprach­poli­tik, die sowohl antiquiert als auch kleingeistig ist.

    Antworten
  5. Shhhhh

    Inter­es­sant. Ich hat­te das Empfind­en selb­st schon und kon­nte es nicht beschreiben, obwohl ich selb­st sog­ar Astro­naut hätte wer­den können.

    Antworten
  6. flux

    Es ist nicht unbe­d­ingt schlimm, dass es in manchen Berufen mehr Män­ner und in manchen mehr Frauen gibt, aber es ist schlimm, dass, wie dieser Ver­such zeigt, dass ungerechte Sprache offen­bar einen Ein­fluss darauf hat, was Mäd­chen sich (nicht) zutrauen

    Antworten
  7. Roland Lichti

    Ich bin Ver­fechter dafür, die Sprachkon­struk­te nicht “von oben” zu ver­biegen. Aber was spricht dage­gen, mal 100 Jahre (oder 3 Gen­er­a­tio­nen) mal das Gener­ische Fem­i­ninum zu nutzen?

    Antworten
  8. j.

    Ich wider­spreche: Küchenkräuter, bzw. Pflanzen all­ge­mein, sind natür­lich auch geschlechtlich, auch wenn viele bei­de Geschlechter zur sel­ben Zeit an ver­schiede­nen Blüten haben (Monözie oder Ein­häusigkeit). Getren­nt­geschlechtliche Pflanzen (z.B. Feigen) sind dage­gen entwed­er männlich oder weib­lich (Diözie, Zwei­häusigkeit). (Küchen)kräuter sind also sehr wohl männlich oder weib­lich, häu­fig aber auch männlich UND weiblich.

    Außer­dem ist Ihnen eine Floskel in Ihren anson­sten sehr inter­es­san­ten Artikel gerutscht: “ein Stück weit”.

    Antworten
  9. Pingback: Geschlechtergerechte Sprache und Lebensentscheidungen | What's On My Screen

  10. mkzero

    Roland Lichti: Was dage­gen spricht, das gener­ische Fem­i­ninum zu benutzen? Nun, wenn ich so ueber­lege, wuerde ich spon­tan sagen, dass es genau­so wenig Gle­ich­berech­ti­gung waere, wie ein gener­isches Maskulinum. Man macht ein Unrecht nicht mit einem anderen Unrecht wett.

    Antworten
    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @ mkze­ro:

      Man macht ein Unrecht nicht mit einem anderen Unrecht wett.

      Ein beliebtes, aber falsches Argu­ment, das ich hier auseinan­dernehme (bzw., von dem ich zeige, wie Luise Pusch es auseinandernimmt).

      Antworten
  11. stonedkoala.de

    Inter­es­sant finde ich in ihrem Artikel, dass neben falsch ver­wen­de­ten Plu­ral­for­men (es heißt Feuer­wehrleute und Geschäft­sleute) auf das Phänomen der auf Fremd­sprachen beruhen­den Berufs­beze­ich­nun­gen wie Babysit­ter, die im englis­chen typ­isch weib­lich ist, zumin­d­est in der Form für bei­de Geschlechter ver­wen­det wird (wie auch Astro­naut, Pilot, Doc­tor), und die gezwun­gene Fem­i­nin­isierung im Deutschen nicht einge­gan­gen wird.
    Ich denke, dass Grund­schulkinder für solche Art “Beweise” natür­lichen Denkens schon zu sehr von ihrer Umwelt geprägt sind. Insofern wären Infor­ma­tio­nen zur (sozialen) Herkun­ft der befragten Kinder für die Inter­pre­ta­tion der Studie unerlässlich.

    Antworten
    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @ stoned­koala

      Inter­es­sant finde ich in ihrem Artikel, dass neben falsch ver­wen­de­ten Plu­ral­for­men (es heißt Feuer­wehrleute und Geschäftsleute)…

      Es heißt“ bei wem? „Falsch“ für wen? Die geschlecht­sneu­trale Form „Feuer­wehrleute“ mag häu­figer sein (im haupt­säch­lich aus Zeitung­s­tex­ten beste­hen­den Deutschen Ref­eren­zko­r­pus des Insti­tut für Deutsche Sprache kommt sie 67.867 Mal vor), aber selb­stver­ständlich gibt es auch die masku­line Form „Feuer­wehrmän­ner“ (die immer­hin 25.981 Mal vorkommt). Und dass in einem Exper­i­ment, in dem masku­line For­men mit Dop­pelformeln ver­glichen wer­den, die masku­line Form ver­wen­det wird, ist ja logisch.

      …auf das Phänomen der auf Fremd­sprachen beruhen­den Berufs­beze­ich­nun­gen wie Babysit­ter, die im englis­chen typ­isch weib­lich ist, zumin­d­est in der Form für bei­de Geschlechter ver­wen­det wird…

      Die Form „Babysit­ter“ ist „im Englis­chen“ nicht typ­isch weib­lich, da das Englis­che kein gram­ma­tis­ches Geschlecht hat. Dass es eine stereo­typ weib­liche Tätigkeit ist, ist klar – das ist ja der Grund, warum sie zum Ver­gle­ich herange­zo­gen wird. Die Form „Babysit­terin“ kommt im Deutschen Ref­eren­zko­r­pus 1.132 Mal vor (die Form Babysit­ter 5.988 Mal).

      … (wie auch Astro­naut, Pilot, Doctor)…

      Dass diese For­men im Englis­chen bei­de Geschlechter beze­ich­nen ist irrel­e­vant, denn das Englis­che hat, wie gesagt, kein gram­ma­tis­ches Geschlecht.

      …und die gezwun­gene Fem­i­nin­isierung im Deutschen nicht einge­gan­gen wird.

      Gezwun­gen?“

      Ich denke, dass Grund­schulkinder für solche Art “Beweise” natür­lichen Denkens schon zu sehr von ihrer Umwelt geprägt sind.

      Es geht im Exper­i­ment nicht um „natür­lich­es Denken“ (was auch immer das in Bezug auf Berufs­beze­ich­nun­gen sein sollte, son­dern es geht exakt darum, inwiefern das Sprachver­ständ­nis der Kinder „von ihrer Umwelt geprägt“ ist.

      Insofern wären Infor­ma­tio­nen zur (sozialen) Herkun­ft der befragten Kinder für die Inter­pre­ta­tion der Studie unerlässlich.

      Antworten
  12. Mycroft

    Eine Cou­sine meinte mal, dass sie froh sei, dass es im Kinder­garten ihrer Tochter (5) zwei Erzieher gäbe.
    Darauf die Tochter: “Es sind sog­ar drei!”
    Darauf die Mut­ter: “Ich meinte männliche Erzieher.”
    Anscheinend nehmen Kinder­gartenkinder das Maskulinum gener­isch wahr. Wenn das später anders ist, liegt das an uns Erwachsenen.

    Zum The­ma Feuer­wehr- und son­stige ‑leute: Wenn man die mit Geschlechtsstereo­typen verbindet, liegt dass aber nicht am Genus, son­dern an der schnö­den Empirie.
    Weib­liche Bergleute sind in Deutsch­land erst seit 2009 wieder erlaubt. Seit wann es weib­liche Hauptleute bei der Bun­deswehr gibt, müsste man recher­chieren. Weib­liche Zim­mer­leute: Wer weiß ohne Gool­geln wie die heißen?

    Antworten
    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @ Mycroft:

      Aus ein­er einzel­nen Anek­dote mit ein­er einzel­nen Berufs­beze­ich­nung zu schließen, dass Kinder­gartenkindern das Maskulinum gener­isch wahrnehmen, halte ich für gewagt.

      Was die Feuer­wehrleute bet­rifft: Diese Berufs­beze­ich­nung wurde (wie die anderen stereo­typ männlichen Berufs­beze­ich­nun­gen) genau deshalb für das Exper­i­ment aus­gewählt, weil sie einen Beruf mit einem extrem hohen Män­ner­an­teil beze­ich­net. Es geht nicht darum, dass die Geschlechter­stereo­type durch die sprach­liche Beze­ich­nung entste­hen, son­dern dass sie durch die Ver­wen­dung von Dop­pelformeln ein Stück weit reduziert wer­den können.

      Antworten
  13. Mycroft

    Ganz vergessen:
    Spargel ist dreigeschlechtlich, aber die männlichen Pflanzen brin­gen mehr Stan­gen als die zwit­tri­gen und weib­lichen, also ist das, was auf dem Teller kommt, tat­säch­lich nor­maler­weise männlich.

    Antworten
  14. Pingback: „Du kannst nur Kamerafrau werden” | Pia Ziefle | Autorin

  15. Leser

    Ein inter­es­santes Exper­i­ment, aber vielle­icht hätte man die Feuer­wehr- und Geschäftsmän­ner wirk­lich außen vor lassen sollen. Mir fällt es zumin­d­est schw­er, diese gener­isch zu interpretieren.
    Das Ergeb­nis erscheint mir trotz­dem plausibel.

    Antworten
  16. Ährisch

    Zu den Feuerwehrleuten/männern fällt mir eine schön absurde Anek­dote ein: Als wir mit unser­er Jugend­feuer­wehrgruppe soweit waren, in die aktive Wehr über­nom­men zu wer­den, haben wir alle Urkun­den bekom­men, auf denen irgend­was à la “Der Feuer­wehrmann $Name wird hier­mit in den aktiv­en Dienst erhoben” stand. Bei dem einzi­gen Mädel unser­er Gruppe stand “Die Feuer­wehrmän­nin…” auf der Urkunde. Kein Witz!

    Antworten
  17. Michael

    Das würde heis­sen das es in englis­chsprachi­gen Län­dern anders wäre. Also gibt es in den Berufen in englis­chsprachi­gen Län­dern 50 % Män­ner und 50 % Frauen? Mit­nicht­en. Es hat nichts mit der Sprache oder dem Geschlecht des Berufes zu tun ob es mehr Frauen oder mehr Män­ner in den jew­eili­gen Berufen gibt. Also warum das ändern wenn es den Effekt gar nicht gibt? Zeige mir ein­er einen Ver­gle­ich zwis­chen englis­chsprachi­gen Län­dern und Deutsch­land in dem sig­nifikant mehr Frauen in diesen “Män­ner­jobs” sind und umgekehrt. Dann glaube ich vielle­icht das das notwendig ist.

    Antworten
    1. Susanne Flach

      @Michael:

      Es hat nichts mit der Sprache oder dem Geschlecht des Berufes zu tun ob es mehr Frauen oder mehr Män­ner in den jew­eili­gen Berufen gibt.

      Das behauptet die Studie auch nicht. Soll heißen: die Studie macht keine Aus­sage darüber, ob Bei­d­nen­nung dazu führt, dass Mäd­chen (später) tat­säch­lich häu­figer diese Berufe ergreifen. Sie macht Aus­sagen darüber, ob sich Mäd­chen diese eher zutrauen in Abhängigkeit der Sprache.

      Deshalb erübrigt sich der Ruf nach ein­er ver­gle­ichen­den Studie in englis­chsprachi­gen Län­dern, da es auf­grund der unter­schiedlichen Sprach­struk­tur nicht ver­gle­ich­bar oper­a­tional­isier­bar wäre. Was man aber erwarten bzw. voraus­sagen dürfte, ist, dass die Schlussfol­gerung eine ähn­liche ist, würde man in englis­chsprachi­gen Län­dern mit gener­ischem „he“ vs. neu­tralem „they“ durch­führen (statt neu­tralen Berufsbezeichnungen).

      Antworten
    2. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @ Michael: Dass in englis­chsprachi­gen Län­dern der Anteil von Frauen in typ­is­chen Män­ner­berufen nicht sig­nifikant anders ist als in Deutsch­land ist ja nur eine Behaup­tung, die Sie erst ein­mal bele­gen müssten. Für Astronaut/innen stimmt es z.B. nicht (Deutsch­land: 0% weib­lich – USA: ca. 9% weib­lich), für die Berufs­feuer­wehr auch nicht (Deutsch­land: ca. 1,4% weib­lich – USA: 3,7% weib­lich) und für Lastwagenfahrer/innen eben­falls nicht (Deutsch­land: 1,6% weib­lich – USA: 6,9% weib­lich). Mit der hier dargestell­ten Studie hat das allerd­ings ohne­hin nichts zu tun.

      Antworten
  18. stonedkoala.de

    @ Ana­tol:
    “…son­dern es geht exakt darum, inwiefern das Sprachver­ständ­nis der Kinder „von ihrer Umwelt geprägt“ ist.”

    Sor­ry. das habe ich so nicht verstanden.

    @Susanne:
    “Deshalb erübrigt sich der Ruf nach ein­er ver­gle­ichen­den Studie in englis­chsprachi­gen Län­dern, da es auf­grund der unter­schiedlichen Sprach­struk­tur nicht ver­gle­ich­bar oper­a­tional­isier­bar wäre.”

    Ich fände genau das inter­es­sant und als Prüf­größe per­fekt geeignet. Was wenn doch ein ähn­lich­es Ergeb­nis her­aus käme?

    Was man aber erwarten bzw. voraus­sagen dürfte, ist, dass die Schlussfol­gerung eine ähn­liche ist, würde man in englis­chsprachi­gen Län­dern mit gener­ischem „he“ vs. neu­tralem „they“ durch­führen (statt neu­tralen Berufsbezeichnungen).”

    Was zu beweisen wäre.

    Antworten
    1. Susanne Flach

      Deshalb erübrigt sich der Ruf nach ein­er ver­gle­ichen­den Studie in englis­chsprachi­gen Län­dern, da es auf­grund der unter­schiedlichen Sprach­struk­tur nicht ver­gle­ich­bar oper­a­tional­isier­bar wäre.”

      Ich fände genau das inter­es­sant und als Prüf­größe per­fekt geeignet. Was wenn doch ein ähn­lich­es Ergeb­nis her­aus käme?

      Sie haben so aber keine Prüf­größe. Wenn die unab­hängige Vari­able (SPRACHFORM) nur eine Aus­prä­gung hat, kann man nicht sin­nvoll eine abhängige Vari­able (ZUTRAUEN) messen. Etwas anderes wäre es, das mit Pronomen (und deren Bei­d­nen­nung) zu machen, so gese­hen stimmt das natür­lich (und/oder wir haben aneinan­der vor­bei geschrieben, weil man da natür­lich ein ähn­lich­es Ergeb­nis erwarten würde).

      Antworten
  19. Daniel

    Das gram­ma­tis­che Geschlecht ist dabei nicht völ­lig beliebig verteilt (ein The­ma für einen anderen Tag) …”

    Das würde mich inter­essieren, wenn Sie mal darüber etwas schreiben könnten.

    Antworten
  20. Michael

    Naja wenn nun aber in englis­chsprachi­gen Län­dern her­auskommt das dort das Ver­hält­nis Frauen Män­nern in den Berufen genau gle­ich wie hier ist? Dann ist der Ein­fluss der Sprache vielle­icht nicht gle­ich auf Null zu set­zen, jedoch ist dann wohl der Ein­fluss viel klein­er als die Studie suggeriert.

    Antworten
    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @ Michael: Das kommt aber nicht her­aus (siehe meine Antwort auf Ihren Kom­men­tar weit­er oben). Dass Sie die Größe des Ein­flusses ken­nen, den den die Studie sug­geriert, wun­dert mich, denn ich habe über diese Größe nichts geschrieben.

      Antworten
  21. Mycroft

    Eine Anek­dote”, ja, stimmt schon.

    Da die Unter­suchung mit Kindern im schulpflichti­gen Alter durchge­führt wurde, macht sie aber keine Aus­sage über Kinder­gartenkinder. Wäre es nicht inter­es­sant zu wis­sen, in welchem Alter diese Stereo­typen begin­nen zu wirken?

    Was die …-leute bet­rifft: “Feuerwehr_leute_” wur­den ja gar nicht genan­nt. Entwed­er “Feuer­wehrfrauen und ‑män­ner” oder nur “Feuer­wehrmän­ner”. Umständlich oder maskulinistisch.
    Was hät­ten die Kinder denn bei “Feuer­wehrleuten” gesagt? Oder Berg‑, Kauf‑, Zim­mer- und Hauptleuten?
    Eine dritte Gruppe zu befra­gen war wohl zu aufwendig.

    Antworten
  22. blandula

    Genau­so begreife ich auch die Strate­gie Bei­d­nen­nung vor allem bei Ansprachen und Berufs­beze­ich­nun­gen. Um die Frau endlich sicht­bar zu machen über die Sprache und Sym­me­trie herzustellen. Schön, dass uns das zumin­d­est endlich im offizialen Sprachge­brauch gelingt.

    Antworten
  23. Statistiker

    Der Plur­al von “Haupt­mann” bei der Bun­deswehr (BW) war schon immer “Hauptleute”, dies ist und war in der BW per Vorschrift fest­gelegt (es gibt sog­ar eine Vorschrift für Abkürzun­gen). Und das lange Zeit, bevor Frauen bei der BW zum All­t­ag wurden.

    Nach der all­ge­meinen Zulas­sung von Frauen bei der BW wurde aus den “Ver­trauensmän­nern” sofort die “Ver­trauensper­so­n­en”. Geht doch, ist sim­pel und tut keinem weh.… hat sich bei der BW kein­er drüber drüber aufgeregt, es wurde nicht mal irgend­wie kon­tro­vers disku­tiert… darüber ärg­ern sich wohl nur masku­line Machtwahnige.…

    Ich gönne mir übri­gens gerne den Spaß, bei abstrak­ten Per­so­n­en die weib­liche Form zu benutzen, ob im Sin­gu­lar oder im Plur­al. Sobald ich dies mache, wird man komisch angeguckt und es kommt die Frage, warum man die weib­liche Form benutze. Wenn man dann nach­fragt, warum dies störe, bei Ver­wen­dung der männlichen Form käme wohl kaum eine Nach­frage, kom­men zumin­dens einige Genoosen ins Grübeln.….

    Antworten
  24. flexi

    Schade (aber wie erwartet), dass die zweite Erken­nt­nis der Studie kom­plett ver­schwiegen wird.
    Näm­lich, dass die Dop­pelt-Nen­nung in der Wahrnehmung der Kinder auch zu ein­er Abw­er­tung der Berufe führt, was selb­st die Autoren der Studie beden­klich finden.
    Ich fände es wichtiger zu über­legen, welch­er Aspekt gesellschaftlich mehr Rel­e­vanz besitzt und welche Mech­a­nis­men dabei wirken.

    Antworten
    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @ flexi: Dieses Ergeb­nis wird nicht ver­schwiegen, ich erwähne es im sel­ben Satz wie das Ergeb­nis bezüglich der Zugänglichkeit. Dass der Sta­tus eines Berufes umso niedriger ist, je eher er mit Frauen assozi­iert wird, ist in ein­er patri­ar­chal geprägten Gesellschaft ja auch nicht über­raschend. Der Mech­a­nis­mus, der dabei wirkt, nen­nt sich „Sex­is­mus“.

      Antworten
  25. Heidrun

    Fun­fact: In der DDR wurde nicht gegen­dert. Heute wer­den an den Uni­ver­sitäten grund­sät­zlich und über­all weib­liche For­men ver­wen­det. Ist die Zahl der Inge­nieurin­nen sei­ther gestiegen? Defin­i­tiv nicht. In der DDR studierten mehr Frauen Inge­nieur­wis­senschaften als heute.
    Was es in der DDR gab: Tech­nikun­ter­richt und eine rel­a­tiv nach­drück­liche Berufs­ber­atung, die Wert auf ver­w­ert­bare Berufe legte. Vielle­icht gibt es ja doch wichtigere Fak­toren als weib­liche Endungen.

    Antworten
    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @ Hei­drun: Dass in der DDR nicht gegen­dert wurde, stimmt nicht ganz, es war aber tat­säch­lich sehr viel weniger ver­bre­it­et, so, wie es auch in der alten BRD früher weniger üblich war. Zum Tech­nikun­ter­richt und der nach­drück­lichen Berufs­ber­atung kam natür­lich noch die kleine Tat­sache, dass es keine Frei­heit bei Stu­di­en- und Beruf­swahl gab. Ob das gegenüber ein­er gerechteren Sprache die bessere Lösung wäre, ist eine inter­es­sante Frage. Ver­mut­lich würde sie auf weniger Geschrei seit­ens der Anti-Gen­der-Frak­tion stoßen.

      Antworten
  26. AlexK

    […]Dann gibt es zwei Möglichkeit­en: Wir nen­nen die männliche und die weib­liche Form (Mit voller Ein­satz­mon­tur begleit­eten Polizistin­nen und Polizis­ten einen Demon­stra­tionszug) oder wir ver­wen­den das soge­nan­nte „gener­ische“ Maskulinum – was nichts anderes heißt, als dass wir die männliche Form ver­wen­den und uns darauf ver­lassen, dass unsere Zuhörer/innen sich denken wer­den, dass wir damit auch Frauen meinen (wie die Mit­tel­bay­erische, die in ein­er Bil­dun­ter­schrift eines Fotos von Män­nern und Frauen in Kamp­fanzü­gen schreibt: Mit voller Ein­satz­mon­tur begleit­eten Polizis­ten einen Demonstrationszug).[…]

    Die Polizei begleitete…
    Die Feuer­wehr löschte…
    Der San­itäts­di­enst half…
    Die Zim­merei baute…
    Der Straßen­di­enst räumte…

    Warum wird nicht die umfängliche Ein­rich­tung genan­nt, wenn nicht eine bes­timmte einzelne Per­son gemeint ist und diese aus­drück­lich Wert auf ihre Geschlecht­snen­nung/-bes­tim­mung legt?
    Somit sind doch alle Mitglieder(innen) der Organ­i­sa­tion benannt?

    Antworten
    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @ AlexK: In der Tat ist das eine der Strate­gien, die die meis­ten Leit­fä­den für gerechte Sprache vorschla­gen. Sie funk­tion­iert nicht über­all, aber oft lässt sich mit ihr eine geschlecht­sneu­trale For­mulierung erre­ichen. Geschlecht­sneu­trale For­mulierun­gen haben allerd­ings gegenüber expliz­it geschlechterg­erecht­en For­mulierun­gen den Nachteil, dass sie stereo­typen Vorstel­lun­gen nicht entgegenwirken.

      Antworten
  27. Christoph Päper

    In ein­er ergänzen­den Studie sollte man ein­er (Mädchen-)Gruppe die Berufe allein im Fem­i­ninum präsentieren.

    Außer­dem zeigte sich, dass sich Jun­gen stereo­typ männliche Berufe unab­hängig von der Art der Präsen­ta­tion eher zutrauen als Mädchen.

    Die Berufe sind ja auch nicht grund­los stereo­typ männlich. Eigentlich ist es sog­ar so, dass Berufs­bilder das soziale Geschlecht zu einem guten Teil mitkon­stru­ieren und Sprache bezieht sich auf soziale Kat­e­gorien und nur im Spezial­fall auf biologische. 

    Weg von der Lin­guis­tik: Wenn ein Beruf bes­timmte kör­per­liche Min­destanforderun­gen bspw. bzgl. Kraft und Größe stellt, kön­nen diese sig­nifikant mehr Mit­glieder eines biol­o­gis­chen Geschlechts erfüllen, weil es mehr große und starke Män­ner als Frauen gibt. (Son­st hät­ten wir ja auch keine Geschlechtertren­nung im Leis­tungss­port.) Es kann sog­ar passieren, dass die meis­ten Penisträger und nur wenige Uterushüllen für einen Job geeignet sind (oder ander­srum). Diese „masku­li­nen“ Frauen gel­ten damit genau­so als Aus­nah­men wie die zu schwachen oder zu kleinen „fem­i­ni­nen“ Män­ner und es gibt daher entsprechende Belei­di­gun­gen und ggf. Kom­pen­sa­tion­sef­fek­te. Bezüglich dieser physis­chen Para­me­ter ist das bre­it­er gesellschaftlich­er Kon­sens, aber wenn es um eher psy­chis­che wie Intel­li­genz, Sprachver­mö­gen, Empathie, Geschick­lichkeit oder auch nur Aus­dauer geht, sind etwaige Geschlecht­sun­ter­schiede im öffentlichen Diskurs weit­ge­hend tabuisiert, obwohl auch darin die Verteilung nicht beliebig ist: Es gibt bspw. bei der Intel­li­genz mehr und extremere männliche Aus­reißer nach unten und oben als weib­liche. Man geht bei vie­len dieser Eigen­schaften davon aus, dass sie etwa zur Hälfte erblich/genetisch bed­ingt sind, also kann man durch Train­ing und Erziehung nur diejeni­gen mit besseren Aus­gangsvo­raus­set­zun­gen über­flügeln, die nicht oder deut­lich weniger dafür tun, und die bestaus­ges­tat­teten wom­öglich nie.

    Eine Kon­se­quenz daraus ist, dass das Geschlecht (genau­so wie eine Behin­derung, das Alter etc.) allein nie ein Auss­chlusskri­teri­um bzw. umgekehrt eine Zugangs­be­din­gung sein sollte. Es ist aber auch wenig über­raschend, dass in der Sprache gesellschaftliche Real­itäten vere­in­facht abge­bildet wer­den und Aus­nah­men bei Bedarf expliz­it benan­nt wer­den müssen. Der Dis­sens beste­ht in der Frage, wann es diesen Bedarf gibt.

    Antworten
  28. Mycroft

    Da fällt mir ein:
    Im Englis­chen sind Berufs­beze­ich­nun­gen in der Regel neu­tral, “Fire_men_” aber genau nicht. Im Deutschen sind Berufs­beze­ich­nun­gen i.d.R. nicht neu­tral, “Feuerwehr_leute_” aber schon. Müsste dem­nach der Frauenan­teil bei Feuer­wehren in englis­chsprachi­gen Län­dern nicht eher klein­er als in D. sein?

    Auch Frauen waren in der DDR nicht direkt gezwun­gen, einen Inge­nieurstu­di­en­gang zu bele­gen, und man kön­nte natür­lich eine gen­derneu­tral­isierende Berufs­ber­atung anbi­eten, ohne an den Gren­zen gle­ich einen Schießbe­fehl zu erteilen. Aber gut, jed­er hat seine Lieblingsmethoden.
    Afk, Prak­tikan­tin beib­rin­gen, wie man Sta­tiken rech­net. (sic! keine Statistik)

    Antworten
    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @Mycroft: Im Englis­chen ist die geschlecht­sneu­trale Beze­ich­nung fire­fight­er im Sin­gu­lar etwa dop­pelt so häu­fig wie die männliche Beze­ich­nung fire­man, im Plur­al ist die geschlecht­sneu­trale Beze­ich­nung sog­ar dreiein­halb Mal so häu­fig. Das Englis­che ist hier sprach­lich also klar geschlecht­sneu­traler als das Deutsche, wo es im Sin­gu­lar über­haupt keine geschlecht­sneu­trale Form gibt und wo im Plur­al die geschlecht­sneu­trale Form Feuer­wehrleute nur zweiein­halb mal so häu­fig ist wie die männliche Form Feuer­wehrmän­ner.

      Antworten
  29. Segantini

    Der fragebe­d­ingte Fehler dieser Unter­suchung beste­ht mein­er Mei­n­ung nach darin, daß das Kind sich in einem Fall nur eine Per­son, im anderen Fall aber mehrere Per­so­n­en vorstellt. Was viele machen, kann nicht so schw­er sein. Auch dürfte ein Kind ziem­liche Prob­leme damit haben, bei Feuer­wehrMANN an eine Frau zu denken. Solche Wörter tau­gen ein­fach nicht für so einen Test.

    Antworten
  30. Peter

    Dass in der DDR nicht gegen­dert wurde, stimmt nicht ganz …”

    Wo und wann wurde in der DDR jemals “gen­dert”? Außer ein lau­niges “Liebe Kol­lechin­nen und Kol­lechen” zum Fraun­tag gab es schlicht nicht. Und das war auch gut so.

    Antworten
    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @ Peter
      Eine kleine Auswahl:

      Der Erfind­ergeist der Arbeit­er und Arbei­t­erin­nen, Tech­niker und Inge­nieure der großen volk­seige­nen Betriebe muß geweckt und für die Auf­gabe inter­essiert werden
      (Neues Deutsch­land, 13.4.1949)

      Beson­ders im Kampf mit dem Klas­sen­geg­n­er spürten die Bäuerin­nen und Bauern, daß sie in den Arbeit­ern des Horch-Werkes einen treuen Ver­bün­de­ten besitzen.
      (Neues Deutsch­land, 10.1.1954)

      Über 50000 junge Arbeit­er und Arbei­t­erin­nen aus Berlin­er Betrieben ste­hen gegen­wär­tig im Wet­tbe­werb um bessere Produktionserfolge.
      (Neues Deutsch­land, 10.8.1959)

      In der Vor­bere­itung des 20. Jahrestages wurde die große Wand­lung der Bäuerin­nen und Bauern sowie der Ver­hält­nisse im Dorf beson­ders deutlich.
      (Neues Deutsch­land, 13.9.1969)

      Zur Verkürzung der Qual­i­fizierungszeit der Arbei­t­erin­nen und Arbeit­er an der neuen Tech­nik für die Radi­al­reifen­fer­ti­gung und zur Her­an­führung des Kollek­tivs an die Leis­tun­gen der Besten führten wir Kowaljow-Stu­di­en durch.
      (Neues Deutsch­land, 16.11.1974)

      Antworten
  31. Mycroft

    @firefighter vs. fire­men: Ist das über­all im englis­chen so oder nur in bes­timmten Län­dern? Dann erk­lärt es das ver­mut­lich. Nun, wenn man neu­tral sein wollte, kön­nte man im Sin­gu­lar im Deutschen Feuer­wehrkraft sagen. Kam in der Unter­suchung auch nicht vor.

    Ist es eigentlich nicht “logisch”, dass man einen Beruf für umso weniger zugänglich hält, je pres­tigeträchtiger man ihn hält? Auch ohne Gen­der­stereo­typen? Warum sollte ein leicht zugänglich­er Beruf Pres­tige haben?
    Ich halte den Ansatz mit ein­er geziel­ten Berufs­ber­atung auch deshalb für zielführen­der: ob jemand gut in Mathe oder Sprachen ist, wird ja wed­er durch das Geschlecht deter­miniert, noch durch den per­sön­lichen Ehrgeiz, aber andr­er­seits sind nicht alle Men­schen für alle Berufe gle­ich geeignet.
    Und “jedes Kind” weiß, was die Feuer­wehr ist; Sta­tik­er ken­nen aber noch nicht ein­mal alle Erwachsenen.

    Antworten
    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @ Mycroft: Hier die Werte für die wichtig­sten englis­chsprachi­gen Län­der (die Zahl gibt jew­eils an, wie viel häu­figer fire­fight­ers gegenüber fire­men ist):

      • USA: 4
      • Kana­da: 6,2
      • Großbri­tan­nien: 2,3
      • Repub­lik Irland: 1
      • Aus­tralien: 3,3
      • Neusee­land: 3,8
      • Indi­en: 1,8
      • Südafri­ka: 2
      Antworten
  32. Regina Frey

    Die empirische Studie, die den Zusam­men­hang zwis­chen Sprache und Gle­ich­stel­lung unter­sucht gibt es (111 Länder):

    The Gen­der­ing of Lan­guage: A Com­par­i­son of Gen­der Equal­i­ty in Coun­tries with Gen­dered, Nat­ur­al Gen­der, and Gen­der­less Languages
    Jen­nifer L. Pre­witt-Freili­no & T. Andrew Caswell & Emmi K. Laak­so, in Sex Roles (2011)
    Aus dem abstract: “coun­tries where nat­ur­al gen­der lan­guages are spo­ken demon­strate greater gen­der equal­i­ty, which may be due to the ease of cre­at­ing gen­der sym­met­ric revi­sions to instances of sex­ist language.”
    Vorschlag: Lesen, dann weiterdiskutieren?

    Antworten
  33. Mycroft

    Als nicht-englisch-Mut­ter­sprach­ler, der das Buch nicht ken­nt, sei mir die Frage ges­tat­tet, was der Unter­schied zwis­chen ein­er “gen­dered lan­guage” und ein­er “nat­ur­al gen­der lan­guage” ist.

    Ich kenne “natür­lich­es Geschlecht” im Unter­schied zum Genus (“die Drohne ist männlich”), aber ist das gemeint?

    Antworten
    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @ Mycroft: „Nat­ur­al gen­der“ bedeutet in der Sprach­wis­senschaft, dass es gram­ma­tis­che Kat­e­gorien gibt, die sich auf das biologische/soziale Geschlecht von Men­schen (und manch­mal Tieren) beziehen, dass es aber kein gram­ma­tis­ches Geschlecht gibt, bei dem alle Sub­stan­tive (auch unbelebte) in Kat­e­gorien wie „maskulin“, „fem­i­nin“ und ggf. noch „neu­trum“ eingeteilt wer­den. Im Englis­chen beziehen sich die Pronomen der drit­ten Per­son Sin­gu­lar (he und she) auf das biologische/soziale Geschlecht von Per­so­n­en, aber es gibt keine anderen gram­ma­tis­chen Kat­e­gorien, die das tun. „Gen­dered lan­guage“ bedeutet, dass es ein gram­ma­tis­ches Geschlecht gibt und nor­maler­weise auch, dass Per­so­n­en­beze­ich­nun­gen anhand des biologischen/sozialen Geschlechts in die Kat­e­gorien des gram­ma­tis­chen Geschlechts ein­sortiert wer­den. Wo es gram­ma­tis­che Kat­e­gorien gibt, die nicht mit dem biologischen/sozialen Geschlecht zusam­men­hän­gen, spricht man eher von „Nom­i­nalk­lassen“ (z.B. in den Ban­tu-Sprachen) als von „gram­ma­tis­chem Geschlecht“.

      Antworten
  34. Pingback: Augenspiegel 24-15: Forscherinnen und Forscher - Augenspiegel

  35. Mycroft

    Ah, danke.
    Ein gram­ma­tis­ches Geschlecht hat aber auch Vorteile.
    Beispiel:
    “The end of the world as we know it.” kann im Dt. heißen: “Das Ende der Welt, wie wir es ken­nen”, oder “Das Ende der Welt, wie wir sie ken­nen.” Unter­schiedliche Gen­era erle­ichtern oder ermöglichen über­haupt die Zuord­nung von Fürwörtern.

    Antworten
  36. Pingback: Wissenschaftlerinnen als #girlswithtoys, #distractinglysexy › RELATIV EINFACH › SciLogs - Wissenschaftsblogs

  37. Mycroft

    Zu der Liste der wichtig­sten englis­chsprachi­gen Län­der, warum ste­ht sie über meinem vor­let­zten Beitrag, obwohl sie später gepostet wurde? Ich lese mir nicht jedes­mal alle Kom­mentare neu durch und über­lese daher solche Sachen.

    Aber trotz­dem danke für die Mühe, dem­nach kön­nte man ja sta­tis­tisch auswerten, ob das Ver­hält­nis “firefighter/fireman” mit dem Feuer­wehrfrauenan­teil in den jew­eili­gen Län­der kor­re­spondiert, oder?
    Nur Indi­en würde ich da raus­nehmen. Zitat Wiki über Indi­en: “Über die Beibehal­tung des Sta­tus des Englis­chen als Amtssprache wird alle 15 Jahre neu entsch­ieden. Englisch gilt weit­er­hin als Pres­tige-Sprache und wird nur von ein­er priv­i­legierten Min­der­heit der Bevölkerung fließend gesprochen.”

    Antworten
  38. Statistiker

    Mycroft, wie oft nölen sie noch rum??? Man kann Ihnen ja 1.000-mal sagen, dass sie Unrecht haben, und was kommt? Ein *nöl*

    Sor­ry, aber das ist hochnot­pein­lich und asozial.….. *nöl*

    Aber irgend­wie ist nölen doch viel schön­er als ein­mal ein Argu­ment.… nur ein­mal.…. bitte.…. okay, dann nicht.….

    Antworten
  39. Pingback: die ennomane » Links der Woche

  40. Pingback: Zuckersüß 162 | Zuckerbäckerei

  41. Pingback: Linktipp am Sonntag - Pop und Protest

  42. Mycroft

    @Statistiker: inwiefern war mein let­zter Beitrag sach­lich falsch?
    Oder inwiefern die davor?
    Ich hat­te Fra­gen zu dem The­ma, die sind mir beant­wortet worden.
    Ich war eigentlich auch der Ansicht, mich ein­er höflichen Aus­druck­sweise zu befleißi­gen, aber daran erken­nt man natür­lich Genöle.

    Dass ich die Wirk­samkeit von Geschlechter­bei­d­nen­nung zum Zwecke besser­er Lebensentschei­dun­gen gegenüber ein­er gescheit­en Berufs­ber­atung (oder all­ge­mein­er gesagt, ein­er “ergeb­nisof­fe­nen” Erziehung) für weniger ein­flussre­ich halte, möchte ich aber, da Sie so fre­undlich fra­gen, anhand fol­gen­der Argu­mente untermauern:

    - ich bin in der Tat _nicht_ der Ansicht, dass die Beruf­swahl geschlechtsab­hängig sein sollte, aber erst recht nicht, dass sie beliebig ist, von daher ist mMn eine geschlecht­sun­ab­hängige Berufs­ber­atung sowieso wichtiger, egal wie wichtig Bei­d­nen­nung ist
    — das Prob­lem, dass Bei­d­nen­nung mit “Pres­tigev­er­lust” ein­herge­ht, kön­nte durch Berufs­ber­atung auch umgan­gen werden
    — die Entschei­dung für einen Beruf wird meist erst nach dem 6–12 Leben­s­jahr getrof­fen, wie bee­in­fluss­bar demge­genüber Teenag­er sind, geht daraus nicht hervor
    — wie groß der Ein­fluss über­haupt ist, wird auch nicht aus­ge­sagt, nur, dass er vorhan­den ist

    Antworten
  43. Pingback: Da ist nicht Mann noch Frau | Pastorsandy

  44. kristof

    Zum Plur­al von Feuerwehrmann:
    Ich erin­nere mich, dass ich noch Feuer­wehrleute als Plu­ral­form gel­ernt habe.
    Eben­so: Schutz­mann, Schutzleute.

    ~mann -> ~män­ner war eher ein Sozi­olekt der Bildungsfernen.

    Besagter Zeitraum und Ort: 70er Jahre, München.

    Antworten
  45. Nicole delle Karth

    Das gram­ma­tis­che Geschlecht ist ein in meinen Augen unlös­bares Prob­lem: Ein­er­seits sind da die in der Studie aufgezeigten Effek­te, ander­er­seits füh­le ich als Frau mich durch die sprach­liche Zuweisung zu ein­er rein weib­lichen Gruppe sowohl ab- als auch aus­ge­gren­zt, u.a. eben auch weil die gesellschaftliche Real­ität Weib­lichkeit mit Min­der­w­er­tigkeit assozi­iert. Binnen‑I, Under­score oder ver­gle­ich­bare Gen­der­maß­nah­men denotieren diese Tren­nung deut­lich sicht­bar. Eine Abschaf­fung des gram­ma­tis­chen Geschlechts ist utopisch, also was tun?
    Meine aktuelle Strate­gie beste­ht darin, im von mir oft geschlecht­sun­ab­hängig benutzten Sin­gu­lar die weib­liche Form, im Plur­al die — von mir per­sön­lich nie so emp­fun­dene — männliche Form zu benutzen. Bei Titeln oder Funk­tions­beze­ich­nun­gen (Dok­tor, Insti­tutsvor­stand) neige ich zurzeit zur Auf­fas­sung, dass es sich dabei um ein rein gram­ma­tis­ches, nicht biol­o­gis­ches Geschlecht handelt.
    Jede Leserin eines mein­er Texte erfährt dergestalt eine ger­ingfügige Irri­ta­tion, ob sie, sofern sie männlich ist, wohl mit­ge­meint sei, ein aus mein­er Sicht amüsan­ter Effekt, der sich bish­er jedoch nicht neg­a­tiv auf die Les­barkeit aus­gewirkt hat — ein Aspekt, der für mich von nicht geringer Bedeu­tung ist. 😉

    Antworten
  46. Kennich

    Die 6–12-jährigen Kinder wis­sen also bere­its, Kom­pe­tenz und Schwierigkeit mit “männlich” zu verbinden und das Gegen­teil, näm­lich sim­pel und anspruch­s­los, mit “weib­lich”.

    Das und nichts anderes zeigt die Studie. Es ist in kein­ster Weise ein Erfolg, wenn Kinder zwis­chen 6 und 12 Jahren bere­its diese Stereo­type verin­ner­licht (bekom­men) haben.
    Noch weniger ist es “geschlechterg­erecht”, diese Stereo­type durch Sprachge­brauch zu verfestigen.

    Antworten
  47. Pingback: Vernetzt im Juni 2015 | Mama hat jetzt keine Zeit…

  48. Pingback: Grüne Bayern » Griechenland, Lesben, Frauenarbeit

  49. Lovis

    Ger­ade habe ich den fall in der kita mein­er jün­geren tochter, dass sie in den eltern­bericht­en auf meine kri­tik hin, dass alle grup­pen­na­men, bis auf die einzig homogen weib­lich beset­zte gruppe in gener­ischem maskulin beze­ich­net sind und die mäd­chen auch in den eltern­bericht­en aus­geklam­mert wer­den, den satzt: „Um diesem Brief nicht unnötig aufzublähen, ver­wen­den wir vor­wiegend das männliche Geschlecht und/ oder Grup­peneigen­na­men, was natür­lich auch das weib­liche Geschlecht mit einschließt.“
    Als antwort in jedem eltern­bericht stehen…
    Nun ist ein junge in die gruppe gekom­men, die weib­lich beze­ich­net war, sie haben sie darauf in die männliche var­ri­ante umbenannt(zb. Astro­nautin­nen in Astro­naut­en), ich empfinde das als unglaublich diskrimmenierend!

    https://lovisraeubermutter.wordpress.com/2016/06/19/kitaformulierungsschock-hilfe-ich-brauche-rat/

    https://lovisraeubermutter.wordpress.com/2016/08/17/hilfe-ich-brauche-einen-rat-kitaformulierungsschock-die-ii/

    Nun sitze ich an dem brief für die kitaleitung, ich weiß nicht, wie ich anfan­gen soll…

    Habt ihr einen tip für mich, ich bin so müde vom disku­tieren darum, ob wir unseren kindern ver­rat­en soll­ten, dass auch frauen feuer­wehrleute wer­den kön­nen und darum, ob wir den mäd­chen wirk­lich erzählen soll­ten, dass sie dazu gehörten…
    Lovis

    Antworten
  50. Pingback: Team DE — WordPress

  51. Pingback: Wir müssen über Sprache reden | Edition Flint

  52. Pingback: romantisch verklärt

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.