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Wörterwahl mit Freudentränen

Von Anatol Stefanowitsch

Die Entschei­dung der Oxford Dic­tio­nar­ies, ein Emo­ji zu ihrem Wort des Jahres zu machen, begrüße ich selb­stver­ständlich (schließlich bin ich ja zumin­d­est neben­beru­flich der „Emo­ji-Pro­fes­sor“, wie mich eine Jour­nal­istin des Berlin­er Kuri­er gestern am Tele­fon begrüßte). Emo­ji sind ein wichtiger Teil der Online-Kom­mu­nika­tion gewor­den, und wozu son­st sollte eine Wörter­wahl gut sein, wenn nicht dazu, auf der­ar­tige Entwick­lun­gen hinzuweisen.

Auch, dass die Oxford Dic­tio­nar­ies bei der Entschei­dung, welch­es Emo­ji es denn sein soll, nach der Ver­wen­dung­shäu­figkeit gehen und das Freuden­trä­nen-Emo­ji 😂 gewählt haben, ist nachvol­lziehbar. Dass man es dann aber bei der etwas abstrusen Begrün­dung belassen hat, dieses Emo­ji drücke in beson­der­er Weise die Stim­mungen und Gedanken des Jahres 2015 aus, ist schade. Denn erstens stimmt es nicht (oder kommt irgend­je­man­dem hier das Jahr 2015 beson­ders lustig vor?), und zweit­ens sollte eine Wörter­wahl dazu dienen, etwas über das gewählte Wort, und damit über Sprache all­ge­mein, zu lernen.

Es wäre also inter­es­sant gewe­sen, wenn die Oxford Dic­tio­nar­ies ihre lexiko­grafis­che Kom­pe­tenz dazu einge­set­zt hät­ten, uns etwas über den Gebrauch des Emo­ji 😂 und Emo­ji all­ge­mein zu erzählen.

Sie haben es nicht, und deshalb muss ich es tun. Ich habe mir also eine Stich­probe von 200 haupt­säch­lich englis­ch­er Tweets ange­se­hen, in denen das Emo­ji ver­wen­det wird. Hier die Ergeb­nisse mein­er Analyse, die vielle­icht dazu beitra­gen, zu ver­ste­hen, warum das 😂 das häu­fig­ste Emo­ji ist. Weit­er­lesen

Weil ist faszinierend, weil Sprachwandel

Von Anatol Stefanowitsch

Wie die Oxford Eng­lish Dic­tio­nar­ies wählt auch die Amer­i­can Dialect Soci­ety jedes Jahr ein englis­ches Wort des Jahres. Während erstere in diesem Jahr das eher offen­sichtliche Self­ie zum Sieger kürten, fiel die Wahl der Amer­i­can Dialect Soci­ety auf das zunächst befremdliche because. Geehrt wurde das Wort nicht, weil es 2013 neu ent­standen oder beson­ders häu­fig ver­wen­det wor­den wäre, son­dern, weil es eine inter­es­sante gram­ma­tis­che Entwick­lung durchläuft.

Because + X

Herkömm­licher­weise kann because im Englis­chen nur in zwei gram­ma­tis­chen Struk­turen ver­wen­det wer­den – als soge­nan­nte „sub­or­dinierende Kon­junk­tion“, die einen Neben­satz ein­leit­et (wie in [1]), oder als Teil des prä­po­si­tion­sar­ti­gen Wortkom­plex­es because of (wie in [2]):

  • (1) Joe stayed home because she was sick.
  • (2) Joe stayed home because of her headache.

Im ersten Fall entspricht because der deutschen Kon­junk­tion weil (vgl. Joe blieb zu hause, weil sie krank war.), ((Oder auch den Kon­junk­tio­nen da und denn, wobei im Deutschen inter­es­sant ist, dass auf da ein Neben­satz und auf denn ein Haupt­satz fol­gt (da sie krank war vs. denn sie war krank), während weil sowohl mit Haupt­sätzen (weil sie war krank) als auch mit Neben­sätzen (weil sie krank war) auftreten kann.)) im zweit­en Fall würde man im Deutschen typ­is­cher­weise wegen ver­wen­den (wegen ihrer Kopf­schmerzen).

Dass die Amer­i­can Dialect Soci­ety because zum Wort des Jahres gewählt hat, liegt daran, dass seine gram­ma­tis­chen Möglichkeit­en sich in den let­zen Jahren dahinge­hend verän­dert haben dass es (vor allem in Online-Sprache) inzwis­chen auch mit Sub­stan­tiv­en (vgl. [3]), Adjek­tiv­en (vgl. [4]) und sog­ar Ver­ben (vgl. [5]) und Inter­jek­tio­nen (vgl. [6]) auftritt: Weit­er­lesen