Sprachkritiker-Spießer

Von Anatol Stefanowitsch

Wie ich von ein­er Sprach­blogle­serin der ersten Stunde erfahren habe, hat sich der Stern in sein­er let­zten Aus­gabe mit dem „neuen deutschen Spießer“ beschäftigt und dabei unter anderem fol­gen­den Typ identifiziert:

Der Sprachkri­tik­er-Spießer

Ideelle Ober­stu­di­en­räte vom Schlage Bas­t­ian Sick, die es immer noch für orig­inell hal­ten, schwachsin­niges Denglisch oder falsch geset­zte Apos­tro­phe zu geißeln. Sprach­block­warte, die noch den drei­hun­dert­sten „Zeit“-Artikel über die Rechtschreibre­form ver­schlin­gen, als hinge davon die west­liche Zivil­i­sa­tion ab. Grün­den mit anderen Schlaumeiern Vere­ine zur Pflege der deutschen Sprache und fordern Quoten für deutschsprachige Musik in den Sendern. Wenn sie nicht Heinz Rudolf Kun­ze heißen, sehen sie zumin­d­est so aus. (Stern Nr. 48, 2007/11, Seite 81)

Der Stern-Autor Wolf­gang Röhl ist mit dieser Kri­tik aber auch in dieser Woche nur eine ein­same Stimme in der deutschen Pres­se­land­schaft. Die Berlin­er Mor­gen­post, zum Beispiel, berichtet voller atem­los­er Bewun­derung über einen Vor­trag, den Bas­t­ian Sick für Abon­nen­ten der Zeitung hielt. Der Autor, Michael Mielke, ist merk­lich hin­geris­sen, obwohl Sick offen­sichtlich nur alt­bekan­nte und äußerst lahme Witzchen zum Besten gegeben hat:

Die abhängig vom jew­eili­gen Land­strich sehr willkür­lich gewählten Prä­po­si­tio­nen sind für Sick auch son­st ein dankbares The­ma. Er erzählt den Witz von dem Türken und dem Opel-Man­ta-Fahrer: Let­zter­er bremst neben dem Türken und fragt: „Wo geht es denn hier nach Aldi?“ „Zu Aldi“, verbessert der Türke. Der Man­ta-Fahrer guckt ver­dutzt: „Watt denn, hat der jet­zt schon geschlossen?“ In anderen Gegen­den, sagt Sick im Ruhrpott-Slang, „geht man nicht zu oder nach, son­dern bei Aldi“. Manch ein­er gehe sog­ar „nach dem Aldi hin“.

Das ist so lang­weilig, dass es schw­er fällt, wach zu bleiben.

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

27 Gedanken zu „Sprachkritiker-Spießer

  1. Christian

    Ich bin sehr froh, dass es ihren Blog gibt. Ich habe mich seit Jahren gefragt, wieso es kein Forum zu geben scheint, an dem sprach­wis­senschaftlich fundiert disku­tiert wird. Jet­zt gibt es einen.

    Danke dafür,

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  2. Wolfgang Hömig-Groß

    Ha! Dieser Ein­trag und auch der (gegen­wär­tig) einzige Kom­men­tar erlauben mir, endlich ein­mal etwas zu the­ma­tisieren, das mich schon einige Zeit umtreibt und für das ich son­st einen kom­pliziert­eren Weg hätte wählen müssen.

    Zunächst: Ich bekenne, auch ich habe früher Sick gele­sen. Heute noch liegt alle drei Bände bei mir auf dem Klo – ein Ort, an dem stets Bedarf an kurz­er, unter­halt­samer und anspruch­slos­er Lek­türe be-ste­ht. Schon vor langer Zeit – lange bevor ich hier regelmäßiger Le-ser wurde – miss­fie­len mir seine Werke zuse­hends. Das war, nach-dem ich darauf gekom­men war, mir die Frage „Was will der eigentlich erre­ichen?“ zu stellen. Seine eige­nen Fehler, die ja auch hier immer wieder The­ma sind, mal außen vor gelassen, kon­nte das in meinen Augen nichts Gutes sein – eher meinte ich, eine Dien­stleis­tung für Besser­wiss­er und die Nährung unguter Über­legen­heits­ge­füh­le zu erken­nen. Andere Sprachkri­tik­er – zum Beispiel Wolf Schnei­der – machen das intel­li­gen­ter oder haben hehrere Ziele. Schnei­der zum Beispiel geht es weniger um Form als um Inhalt und damit um die Frage, mit welch­er Sprache und mit welchem Stil man sich am besten ver­ständi­gen kann. Dann kam mein – ama­teurhaftes – Inter­esse an Sprach­wis­senschaft. Da haben mich neben Lehrbüch­ern vor allem die Büch­er eines anderen Ama­teurs in dieser Sache – Dieter E. Zim-mer – sehr beein­druckt, min­destens durch Mate­ri­al­re­ich­tum und Spektrum.

    Zusam­men­fassend kann ich also sagen: Ich bin von Sick geheilt. Wovon ich allerd­ings nicht geheilt bin ist von, jet­zt komme ich endlich zur Sache, mein­er Sorge um Sprache. Unsere Sprache, die deutsche Sprache. Sorge ist jet­zt ein herbes Wort, aber ich suche mal nicht länger nach einem anderen. Ich greife statt dessen – pars pro toto – wahl­los einen ihrer Gegen­stände her­aus. Ich lese in let­zter Zeit im-mer häu­figer Sätze wie diesen: „Mach dir deinen eige­nen Bär“, gele-sen in einem Spiel­warengeschäft, in dem man sich Ted­dy­bären selb­st zusam­men­basteln kann. Falls es jemand jet­zt nicht so schnell mit­bekom­men hat: Es muss „Bären“ heißen. Diesen Fehler – ich nenn ihn mal: abge­broch­ene Flex­ion – sehe ich inzwis­chen Schritt auf Tritt. Wobei selb­st mir nicht klar ist, ob ich ihn ein­fach häu­figer sehe oder er häu­figer auf­taucht. Meine kluge und schöne Frau sagt, wenn ich ihr solche Beobach­tun­gen mit­teile, ganz lakonisch: In 10 Jahren sind diese For­men ganz weg. Da ist dann „Bär“ im Dativ und Akkusativ eben richtig. Nur der Gen­i­tiv sper­rt sich – „das Fell des Bär“ wird es wohl nie geben. Dafür ver­schwindet dann der ganze Genitiv.

    Was da passiert, ist mir vol­lkom­men klar: Ich ver­mute einen natür­li-chen Prozess in der Sprache zu ein­facheren For­men. Ich kann, als prak­tizieren­der Ama­teur der Sprach­wis­senschaft, auch hin­nehmen, dass Sprache nicht meinen oder Sicks Vor­lieben und Regeln fol­gen will, son­dern ihren eige­nen Weg geht, der qua Def­i­n­i­tion immer der rechte ist. Aber ich kann nicht anders: Ich betra­chte es als Ver­lust. Nicht als Über­frem­dung mein­er heili­gen deutschen Sprache, nicht als Sieg der Doofen, son­dern als Ver­lust an Klarheit und damit als Ver-lust an Ver­ständlichkeit. Das unscharfe Sprechen (vom Denken mal ganz zu schweigen) des Absenders erzwingt ein­fach mehr Arbeit beim Empfänger. Dafür sind diese For­men m.E. näm­lich ursprünglich ent­standen: als notwendi­ges Dif­feren­zierungsmerk­mal für unmissver-ständliche Kom­mu­nika­tion. Natür­lich geht es immer auch anders – es ist ganz erstaunlich, was men­sch noch ver­ste­hen kann, wenn er nur will. Aber ein­fach­er wird es dadurch nicht. Oder wenn, dann nur schein­bar (nicht: anscheinend).

    Was soll ich jet­zt machen? Wo irre ich? Wer hil­ft mir jet­zt, min­destens durch einen neuen Standpunkt?

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  3. schandhase

    Zum Beitrag von Wolf­gang Hönig-Groß: Dem Bären geht es schon länger ans Fell, eben­so wie dem Präsi­den­ten und Stu­den­ten. Das ist mein­er Ansicht nach nicht bekla­genswert, macht doch der Artikel in den aller­meis­ten Fällen die Funk­tion im Satz klar. Vor hun­dert Jahren hätte sich sich­er manch­er über Ihre Nach­läs­sigkeit beim Dativ geärg­ert. Schließlich heißt es “richtig”: “mit welchem Stile man sich am besten ver­ständi­gen kann” und “ich bin von Sicken geheilt”. Und natür­lich — Ihre Abla­tivschwäche ist ja erschüt­ternd! — “qua defi­ni­tione”.

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  4. stw

    Ich halte Sprachkri­tik und auch ‑nörgelei nicht für Dinge des Teufels. Wie oft im Leben macht halt der Ton die Musik – beziehungsweise den Unter­schied zwis­chen gewitzter Kri­tik und ödem Spießertum.

    Und spätestens am Bücher­re­gal wird doch (fast) jed­er zum Sprachrichter, es sei denn, es inter­essieren ihn nur die enthal­te­nen Fak­ten. Den möchte ich mal sehen.

    Warum kauft man denn ein bes­timmtes Buch? Warum liest man diese Autorin immer wieder, jenen Autor aber nur ein­mal und dann nim­mer­mehr? Natür­lich wertet man. Daß einem der Stil, die Sprache gewiss­er Autoren gefällt, bedeutet ander­srum, daß man anderes eben nicht so dolle find­et. Und solche Wer­tun­gen auf die Kom­mu­nika­tion im All­t­ag zu über­tra­gen, ist aus mein­er Sicht nicht so ungewöhn­lich. Ein gewiss­es (sprach-)ästhetisches Empfind­en auszu­drück­en, auch nicht.

    (Anders als Herr Ste­fanow­itsch würde ich mich auch keines­falls als radikalen Deskrip­tivis­ten beze­ich­nen und wom­öglich mit dem Wür­fel­bech­er in die Buch­hand­lung marschieren, um mein näch­stes Druck­w­erk auszuknif­feln. Weil’s eh egal ist, ist doch alles gle­ich gut. Ist mir eben nicht egal. (Was nicht bedeutet, daß Herr Ste­fanow­itsch in Buch­lä­den wür­felt; ich weiß es nicht, aber ich gehe nicht davon aus.)

    Sprachdik­tieren­des und vorschreiben­des Gen­erve, das andere Extrem, bringt natür­lich auch keinen weiter.

    Aber es gibt ja irgend­was dazwis­chen. Hoffe ich.)

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  5. Wolfgang Hömig-Groß

    Tja, ich räume ein, dass ich mich hier auf einem Par­cours bewege, bei dem die Glashäuser gle­ich­sam von selb­st um mich herum entste­hen, wenn ich einen Stein in die Hand nehme. Aber gegen die Abla­tivschwäche ver­wahre ich mich — es ist eine Latein­schwäche. Damit ist das große D und das fehlende e gerechtfertigt.;-)

    Mein Beitrag war rel­a­tiv spon­tan, inzwis­chen inter­essiere ich mich auch mehr für den Prozess als für die Details. Unsere Sprache dif­feren­ziert (noch) sehr stark über Flex­ion, anders als z.B. das Englis­che, wo statt dessen der Syn­tax mehr Ver­ant­wor­tung zuwächst. Aber ver­ständi­gen kann man sich in bei­den. Wird unsere Sprache aber immer “englis­ch­er”? Eine Frage für die Titel­seite der Bildzeitung …

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  6. David Marjanović

    Und über­haupt… zum Aldi. Also über­haupt zum Hofer. (In Österreich.)

    Ich ver­mute einen natür­li-chen Prozess in der Sprache zu ein­facheren Formen.

    So ein­fach ist es nicht. Das Ungarische baut seit Jahrhun­derten Post­po­si­tio­nen in Fal­l­en­dun­gen um und ist je nach Zählweise bei bis zu 27 Fällen ange­langt… die franzö­sis­che nor­male Zukun­ft beste­ht his­torisch gese­hen aus der Nen­n­form + “haben”…

    Was soll ich jet­zt machen?

    Chi­ne­sisch ler­nen. Keine Dek­li­na­tion, keine Kon­ju­ga­tion, keine eige­nen Pos­ses­sivpronomen, Gen­i­tiv und Rel­a­tivpronomen wer­den durch dieselbe Par­tikel erset­zt, das man hin­ter Per­son­al­pronomen meis­tens weglässt…

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  7. Wolfgang Hömig-Groß

    @David M. ein bestechen­der Vorschlag.

    So gese­hen klingt das, als wäre chi­ne­sisch ganz ein­fach zu ler­nen. Aber wenn wir Deutschen mit unser­er phonetisch so berechen­baren Sprache mit etwas schw­er tun, dann mit Bedeu­tungsaus­druck per Beto­nung. Davon kann ich aus meinem Hebräis­chunter­richt noch ein Lied singen .…

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  8. David Marjanović

    Bedeu­tungsaus­druck per Beto­nung gibt es im Englis­chen, wo oft das­selbe Wort vorne betont ein Nomen und hin­ten betont ein Verb ist. Im Chi­ne­sis­chen (…bzw. in den sini­tis­chen Sprachen*…) gibt es mehr oder weniger keine Beto­nung; stattdessen gibt es Töne, und die sind gewöh­nungs­bedürftig; z. B. sind die Chi­ne­sen Hàn (mit einge­bautem Rufze­ichen) und die Kore­an­er Hán (mit einge­bautem Frageze­ichen). Dann gibt es zwei (geschlossene hin­tere ungerun­dete) Vokale, die die meis­ten Europäer mit Gewürgtwer­den, aber nicht mit Sprechen assozi­ieren wür­den; wohlge­merkt nicht einen (wie auf Türkisch), son­dern zwei, also muss man sie auch noch unter­schei­den ler­nen. Die Kon­so­nan­ten sind auch nicht ganz triv­ial. Und schließlich führt das völ­lige Fehlen von Kon­ju­ga­tion, ein­schließlich Zeit­en, zu einem Aspek­t­sys­tem, das mit nicht immer leicht durch­schaubaren Par­tikeln arbeit­et. Ah ja, und die Zählwörter… sowas wie “ein Stück Kuchen” oder “ein Blatt Papi­er”, aber hin­ter jedem Zahlwort und Demon­stra­tivpronomen obligatorisch.

    Aber ins­ge­samt ist Man­darin zumin­d­est immer noch rel­a­tiv leicht — das heißt, die Sprache. Die Schrift ist eine unglaublich zeitraubende Auswendiglernerei.

    * Aus­nahme: der in Shànghǎi gesproch­ene Dialekt der Wú-Sprache, der einen musikalis­chen Akzent hat, wie Alt­griechisch, Schwedisch oder Japanisch: die betonte Silbe eines Wortes kann hoch oder tief sein, und die Ton­höhen der restlichen Sil­ben sind vorhersagbar.

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  9. Hans-Werner Link

    An die drö­gen und mißgün­sti­gen Nei­d­ham­mel oben, die sich über Bas­t­ian Sick kri­tisch aus­ge­lassen haben:

    Herr Sick hat einen Riesen­er­folg mit seinen Büch­ern und Ver­anstal­tun­gen und dieses auch wegen seines Humors. 

    Sog­ar Reich-Ran­itz­ki hat mehrfach betont, daß ein Buch dann ein gutes Buch ist, wenn es unter­halt­sam ist.

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  10. Wolfgang Hömig-Groß

    @Hans-Werner Link: Und Erfolg ist eine zwangsläu­fige Folge von Qual­ität? Qual­ität, und nur Qual­ität set­zt sich durch? Oder ist es bei den Men­schen nicht irgend­wie wie bei den Fliegen, dass das, was Mil­lio­nen (gerne) fressen auch Scheiße sein kann?

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  11. David Marjanović

    Lobt Sick und sagt “dröge” — dieses plattdeutsche Wort ist außer­halb Nord­deutsch­lands doch kom­plett unbekan­nt. Man muss schon von der hochdeutschen Lautver­schiebung eine Ahnung haben, um über­haupt draufzukom­men, dass es mit trock­en ver­wandt ist, geschweige denn, was es heißen soll (lang­weilig = fad? Habe ich richtig geraten?).

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  12. kreetrapper

    dröge” — dieses plattdeutsche Wort ist außer­halb Nord­deutsch­lands doch kom­plett unbekannt.

    Wirk­lich? Ich kenne es jeden­falls und ich glaube nicht, daß der Ruhrpott zu Nord­deutsch­land zählt. Hmmm, Google gibt auf den ersten Blick auch nicht so viele Tre­f­fer, die keine Eigen­na­men sind. Hätte ich nicht gedacht.

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  13. David Marjanović

    und ich glaube nicht, daß der Ruhrpott zu Nord­deutsch­land zählt.

    Von mir aus gese­hen tut er das 🙂

    Danke für die Bestätigung.

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  14. wakaranai

    Mir ist “dröge” bestens bekan­nt und ich stamme aus Ober­bay­ern. Ich hielt das eigentlich immer für ein etwas alt­modis­ches, aber recht geläu­figes Wort.

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  15. Nörgler

    Sprach­lich gehört der west­fälis­che und damit der größte Teil des Kohlen­potts zum plattdeutschen Sprachraum. Im angren­zen­den Rhein­land spricht man eine Über­gangsmundart zwis­chen Hoch- und Niederdeutsch.

    Geo­graphisch wür­den die meis­ten das Ruhrge­bi­et aber wohl nicht zu Nord­deutsch­land rech­nen. Es liegt ger­ade auf der Gren­ze zwis­chen den Mit­tel­ge­bir­gen und der nord­deutschen Tiefebene.

    Mir (als Kohlen­pot­tler) ist “dröge” auch dur­chaus in der Bedeu­tung von trocken/zäh/geschmacklos geläufig.

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  16. kreetrapper

    Sprach­lich gehört der west­fälis­che und damit der größte Teil des Kohlen­potts zum plattdeutschen Sprachraum.

    Ich meine mich zu erin­nern, daß wir irgend­wie so ein Gren­z­fall sind. Zumin­d­est was die typ­is­chen Nord-/Süd-Wort­paare (Bürgersteig/Gehweg etc.) ange­ht, glaube ich, daß in meinem Wortschatz mal das nördliche und mal das südliche Wort zu find­en war. Allerd­ings sind meine Eltern bei­de in Nord­deutsch­land geboren also bin ich ver­mut­lich nicht ger­ade der Ide­al­fall eines Ruhrgebietlers.

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  17. Nörgler

    @kreetrapper

    Was ist denn von Bürgersteig/Gehweg nördlich und was südlich?

    Ich ver­wende nur “Bürg­er­steig”. “Gehweg” habe ich immer für ein Wort der Amtssprache gehalten.

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  18. kreetrapper

    Was ist denn von Bürgersteig/Gehweg nördlich und was südlich?

    Wenn ich das bloß noch wüßte. Google ist mir lei­der auch keine große Hil­fe. Vielle­icht habe ich das auch falsch in Erinnerung. 

    Ich werde mir zuse­hends unsicherer. 

    Wird wirk­lich langsam mal Zeit für inten­sives Gedächtnistraining.

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  19. Wentus

    @ Wolf­gang Hömig-Groß

    Der Beitrag liegt zwar schon lange zurück, aber dadurch, dass sich die Sprachen ständig weit­er verän­dern, kommt man immer wieder auf dieselbe Frage: Wie sin­nvoll ist die jew­eilige Veränderung?

    Was die schwache Dek­li­na­tion anbe­langt (“Bär” statt “Bären”) gebe ich schand­hase recht: durch Artikel oder Adjek­tiv wird der Kasus doch aus­re­ichend bes­timmt (“deinen eige­nen Bär”). Auf der anderen Seite ver­ab­scheue ich die Erset­zung von “als” durch “wie”: “sie hat mehr gel­ernt wie er”. Bei diesem Satz kann man nicht erken­nen, ob vielle­icht bei­de mehr gel­ernt haben als andere, oder ob “als” gemeint war.

    Meine Frage bet­rifft eine weit­ere Errun­gen­schaft des Neudeutschen: die Unter­drück­ung des Kon­junk­tivs im Neben­satz eines Kon­di­tion­al­satzes. “ich würde mich freuen, wenn du kommst”. Ich habe eine ähn­liche Vere­in­fachung auch schon im Franzö­sis­chen gehört. Mir scheint, dass dadurch keine Infor­ma­tion ver­loren geht, oder find­et jemand ein Gegenargument?

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  20. wakaranai

    @Wentus: Was die Geschichte mit “als” und “wie” ange­ht, genau­sogut kön­nte man gegen “als” so argu­men­tieren, daß es bei dessen Ver­wen­dung eben zu anderen Zwei­deutigkeit­en kommt, beispiel­sweise zu folgender:

    Ich arbeite weniger als jemand mit ein­er Teilzeitstelle.”

    Ist damit gemeint, daß der Sprech­er selb­st eine Teizeit­stelle besitzt und in dieser weniger als jemand anders arbeit­et (der möglicher­weise ganz­tags beschäftigt ist), oder ist gemeint, daß er selb­st weniger als jemand anders arbeit­et, der eine Teilzeit­stelle besitzt?

    Ob “als” oder “wie”, let­ztlich räumt erst der Kon­text viele poten­zielle Mißver­ständ­nisse aus.

    Ich halte von dieser ganzen Art zu argu­men­tieren allerd­ings ins­ge­samt recht wenig, weil da sprach­liche Änderun­gen völ­lig her­aus­geris­sen und isoliert betra­chtet werden.

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  21. Wentus

    @ wakaranai

    Dass man statt “wie” auch nicht “als” ein­set­zen sollte, ist klar. Die deutsche Sprache sollte an dieser Stelle eben nicht vere­in­facht wer­den, son­dern wir müssen bei­de Wörter so weit­er nutzen, wie es im Hochdeutschen bish­er kor­rekt ist. An anderen Stellen, wie vielle­icht in Kon­di­tion­al­sätzen, kön­nten wir aber vere­in­fachen, so wie es das Neudeutsche schon tut, oder?

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  22. Patrick Schulz

    Ich bezwei­fle mal per­sön­lich, dass es in ein­er echt­en Sprech­si­t­u­a­tion zu Missver­ständ­nis­sen kommt, egal, ob man „wie“, „als“ oder bei­des, Kon­junk­tiv oder Indika­tiv, oder „wegen dem“ oder „wegen des“ ver­wen­det. Man ver­ste­ht sich stets auch so (mir zumin­d­est ist noch nie­mand begeg­net, der mich nicht ver­standen hätte, wenn ich mal „als“ statt „wie“ ver­wen­det hab, oder ähn­lich­es). Ich glaube, das einzig­ste, wo es wichtig ist, ist Lit­er­atur und Rechtssprechung, also alle­samt kün­stliche Sprachver­wen­dung. Das ist aber m.E.n. nichts, mit dem sich die all­ge­meine Lin­guis­tik beschäftigt.

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  23. Hans-Werner Link

    Wolf­gang Hömig-Groß hat geschrieben:

    @Hans-Werner Link: Und Erfolg ist eine zwangsläu­fige Folge von Qual­ität? Qual­ität, und nur Qual­ität set­zt sich durch? Oder ist es bei den Men­schen nicht irgend­wie wie bei den Fliegen, dass das, was Mil­lio­nen (gerne) fressen auch Scheiße sein kann?

    Kom­men­tar: Was will uns das A.… sor­ry, der Autor mit dem ätzen­den neudeutschen Dop­pel­na­men hier anderes sagen, außer, daß er so toll und gebildet ist, daß er sog­ar den banalen und abge­drosch­enen Fliegen­ver­gle­ich kennt?

    Was soll denn Lit­er­atur dem Leser anderes bewirken als

    a) ihn entwed­er zu unter­hal­ten oder 

    b) etwas zum Ler­nen zu bieten?

    Antworten
  24. Makri

    Das Prob­lem, dass Sick sich aber allzu oft den Anstrich gibt, b) zu bieten, was er nicht tut. Seine Büch­er fall­en unter a), sind in dieser Kat­e­gorie aber sehr frag­würdig, weil sie eigentlich nur daraus beste­hen, Leute als Dep­pen darzustellen, die gar keine sind. Wenn die Sachver­halte nur als sprachgeschichtliche Ereignisse dargestellt wür­den, dann wür­den das bes­timmt viel weniger Leute lustig find­en; aber nur so kön­nte der zu miss­bil­li­gende b)-Anschein ver­mieden werden.

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  25. Makri

    Das Prob­lem ist, dass sich Sick allzu oft den Anstrich gibt, b) zu bieten, oder wenig­stens so rüberkommt. Seine Büch­er fall­en aber in die Kat­e­gorie a); allerd­ings ist ihr Sta­tus auch dort nicht gefes­tigt: Sie sind, wenn sie es denn sind, lustig, weil sie Leute als Dep­pen hin­stellen, die gar keine Dep­pen sind. Das ist aber für den nor­malen Leser nicht durch­sichtig, der glaubt dann, dass diese Leute wirk­lich Dep­pen sind. Das ist nicht begrüßenswert. Außer­dem sind etliche Aus­sagen in Sick-Büch­ern ein­fach sach­lich falsch, was genau­so wenig markiert wurde (warum auch…).

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