Die Aktion Lebendiges Deutsch will ja vorgeblich zur Aufhübschung des deutschen Wortschatzes beitragen, in dem sie Alternativen für englische Lehnwörter sucht. Aber ab und zu verweigert die Aktion sich ihrer selbst gestellten Aufgabe und dann merkt man, worum es eigentlich geht.
Im Dezember 2006 wollten die Aktionäre von den Lesern zunächst eine Eindeutschung des Begriffs Anti-Aging haben, fanden dann aber: „Was da stattfindet, ist nichts, was einer Benennung bedarf, in welcher Sprache auch immer“.
Diesen Monat war es wieder soweit: im Februar hatte man nach einer Übersetzung für die Hotline gesucht (und zumindest die Leser/innen des Bremer Sprachblogs haben mit Schnellauskunft, Telefonseelsorge, Kundentelefon, Dienstleistungsnummer, Telefonhilfe und Heißer Draht auch jede Menge schöner Alternativen gefunden). Aber die Aktion fand: „Die ‚Hotline‘ ist einfach eine Telefonnummer, die sich wichtig macht.“
Und das ist das Problem: die Vier finden einfach, dass früher alles besser war und dass man so neumodischen Kram wie telefonische Beratung und Alterungsvermeidungskosmetik einfach nicht braucht.
Außerdem machen sie, wie jeden Monat, einen eigenen Vorschlag für ein weiteres ungeliebtes Wort:
Das Angebot des Monats März: Das „give-away“ ist natürlich ein „Werbegeschenk“.
Da stimme ich den Aktionären ausnahmsweise mal wieder zu. Google sieht das auch so und findet fünfmal mehr Treffer für Werbegeschenk als für Give-Away. Manchmal hat man den Eindruck, die Fremdwortjäger machen selbst erstmal ordentlich Werbung für die Wörter, die sie dann bekämpfen wollen.
Sie machen auf ein paar kritische Punkte der Aktion aufmerksam. Erstens geht es natürlich nicht, daß man zuerst nach einer Entsprechung sucht und dann keine anbietet. Welchen Sinn hat es dann noch, an der Aktion teilzunehmen? Ich hoffe, die Aktion bessert noch nach. Antiaging ist „Altershemmung“ und, wenn man es nicht ganz wörtlich nimmt, „Verjüngung“.
Zweitens besteht natürlich das Risiko, daß mit der Aktion Anglizismen bekanntgemacht werden, die vielleicht schon auf dem Weg waren, sich aus der Alltagssprache wieder zu verabschieden. Hier müssen die vier Männer jeden Einzelfall sorgfältig abwägen.
“Give-away” wird m. E. treffender durch “Streuartikel” übersetzt, weil diese eben steuerlich nicht aufzeichnungspflichtig (“Centartikel”)sind im Gegensatz zu “Werbegeschenken”, die einige Euro kosten dürfen (ich meine, bis zu 40 EUR gestattet das Finanzamt hier pro Kunde/Jahr).
Vielleicht haben sie es nicht ganz verstanden und verhalten sich daher eher wie Re-Aktionäre.
(Konnotativ) scheint mir give-away eine andere Bedeutung zu haben als (Werbe-)Geschenkt; der Begriff ist entlarvend, da wird etwas weggegeben.
So etwas muss man im Deutschen belassen. Ich finde es immer sehr angenehm, wenn die Marketingfutzies sich selber bloßstellen.
@Krimileser: sowas finde ich auch immer sehr schön. Heute habe ich im Vorbeigehen (an einer Kiste Jever?) gesehen, dass gerade eine “Promoaktion” stattfindet. Wer soll das verstehen? Das ist ja noch nicht mal der “Fachausdruck”, sondern nur dessen interne Verhohnepiepelung. Und die Jungs (und zunehmend Mädels) halten ihren Slang offensichtlich für wirkliche Sprache. Wie distanzlos …
Wenn ein Wort und ein Kopf zusammenstoßen und es klingt hohl, ist dass dann allemal im Wort?
Der Ärger über die vermeintlich ach so bösen Anglizismen ist doch eigentlich ein Ärger über die dummdreist sich anbiedernden Menschen, die sich mit solchen Wörtern wichtig machen wollen.
@Krimileser
Demnach wäre “Mitgibsel” die korrekte Entsprechung.
Heute bei Bernd Röthlingshöfer gefunden, der es wohl von Robert Basic hat:
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T‑Mobile hat gedichtet:
“Als Datengeräte stehen der web’n’walk Stick und die web’n’walk ExpressCard IV zur Auswahl. Beide kosten jeweils einen Euro im Tarif web’n’walk Plus. Die Optionen web’n’walk DayFlat, M und L sind zu den Datentarifen web’n’walk Connect und web’n’walk Plus zubuchbar. web’n’walk M und L können auch zu allen aktuell vermarkteten Sprachtarifen zugebucht werden. Kunden, die für das mobile Laptop-Surfen keinen Vertrag abschließen wollen, bietet T‑Mobile die web’n’walk DayFlat auch als Prepaid-Variante an. Unbegrenztes mobiles Internetsurfen per Notebook kostet mit der Xtra web’n’walk DayFlat 7,95 Euro pro Tag. Während einer Promotionphase bis 30. April 2008 beträgt der Tagespreis 4,95 Euro. T‑Mobile bietet ein XtraPac an, in dem der web’n’walk Stick (USB-Modem) sowie eine XtraCard mit der DayFlat enthalten sind. Das XtraPac kostet einmalig 99,95 Euro. In dem Preis ist ein Startguthaben von zehn Euro inklusive.”
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Alles klar? Ich meine: Rad ab!
Die Aktion hat nun nachgebessert und schlägt für Hotline „Teledienst“ vor, siehe: http://www.vds-ev.de/presse/pressemitteilungen/archiv/2008_03_02.php
Ja nee, is klar. „Tele“ ist ja eines der ursprünglichsten deutschen Wörter überhaupt. Direkt nach Hip-Hop.
Im „Wortarchiv“ der Aktion steht allerdings nicht „Teledienst“, sondern schlicht „Telefonnummer“, siehe http://www.aktionlebendigesdeutsch.de/wortarchiv.php. Was gilt jetzt?
@ 7: Ja, “Mitgibsel” ist fast so gut wie Weggibsel” — oder nicht?