Bastian Sick und die Schirie-Pfeifin

Von Susanne Flach

Die Sports­chau fragte am Fre­itag in einem Inter­view den aus­gewiese­nen Sprachge­brauch­sex­perten Bas­t­ian Sick, welchen Her­aus­forderun­gen die medi­ale Öffentlichkeit während der laufend­en Fußball-WM im Bezug auf den Sprachge­brauch aus­ge­set­zt ist. Ich bin keine Exper­tin für Fem­i­nis­tis­che Lin­guis­tik und ich kann hier auch keine Empfehlung zu Alter­na­tiv­en für Mannschaft geben. Doch keine Sorge! Wo ein Sick auf­taucht, bleibt noch jede Menge ander­er Blödsinn im dig­i­tal­en Raum stehen.

Das Prob­lem liegt ja schon darin — “unter­halt­same” Sprachkri­tik hin oder her -, dass man den Ein­druck bekom­men kön­nte, Sick möchte ernst genom­men wer­den. Er begin­nt aber gle­ich mit einem ziem­lich däm­lichen, wenn nicht sog­ar sehr abw­er­tenden Wort­spiel zu Bir­git Prinz: “Selb­stver­ständlich ist sie eine ‘Kapitänin’, auch wenn sie ‘Prinz’ heißt und nicht ‘Prinzessin’ ”.

Wenn jet­zt alle Gehirn­win­dun­gen fürs Fremd­schä­men entspan­nt sind und sich die Fußnägel wieder geglät­tet haben, kann es weit­er gehen:

Sick: Wenn es schon gelun­gen ist, einen Män­ner- und Machosport wie Fußball mit Frauen zu beset­zen, dürfte die sprach­liche Angle­ichung ein Leicht­es sein. Es gibt ja für fast alles eine weib­liche Form, selb­st dort, wo das Grund­wort nicht ein­mal männlich ist! So wer­den heute schon Ein­ladun­gen an die “Mit­gliederin­nen und Mit­glieder” ver­schickt, und in Anzeigen wer­den “Erzieher/in und Krankenschwester/in” gesucht.

Woher er die Krankenschwester/in jen­seits von “Kün­stler­na­men”, Ver­ball­hor­nun­gen oder bil­li­gen Job­börsen mit automa­tisiertem Tag­ging bei Berufs­beze­ich­nun­gen hat, wird sein Geheim­nis bleiben. Er macht aber hier und im ganzen Inter­view den Fehler, dass er biol­o­gis­ches (natür­lich­es) Geschlecht und gram­ma­tis­ches Genus gle­ich­set­zt. Mit der Ver­wirrung ist er aber nicht allein: Man mock­iert sich da schon mal über die Kätzin, find­et die Schied­srichterpfeife aber auch in der Män­ner­bun­desli­ga normal.

Natür­lich ist Deutsch eine Sprache, in das gener­ische Maskulinum und männliche Überbleib­sel in Begrif­f­en dominieren, die bei­de Geschlechter beze­ich­nen sollen — was eine echte Her­aus­forderung an gle­ich­berechtige Sprache darstellt. In den meis­ten Fällen helfen wir uns mit einem -in/-innen, in anderen mit einem nom­i­nal­isierten Par­tizip in -ende (z.B. Studierende). Bei Wörtern, die ein mann- oder -herr- im Stamm tra­gen (z.B. Mannschaft, Herrschaften) fällt uns das schon schw­er­er. Oft ist der “männliche” Part aber schon so weit dese­man­tisiert, dass wir ihn gar nicht als geschlechtsspez­i­fisch erken­nen und Schirmher­rin sagen kön­nen, ohne uns ein­er Stil­blüte schuldig zu machen. Wie gesagt, diese Frage lasse ich hier bewusst offen und freue mich über Kom­mentare dazu!

Weshalb ich aber gram­ma­tis­ches Genus und natür­lich­es Geschlecht ins Spiel gebracht habe, liegt an Sicks Ver­gle­ich zwis­chen Deutsch, Englisch und Franzö­sisch und sein­er Ein­schätzung, dass das Deutsche

[…] in dieser Hin­sicht flex­i­bler als manche unser­er Nach­bar­sprachen [ist]. Im Englis­chen ist es nicht möglich, mith­il­fe eines Suf­fix­es eine weib­liche Form zu bilden; im Franzö­sis­chen kann man zwar zwis­chen “Sän­gerin” und “Sänger” (Chanteur/Chanteuse) und zwis­chen Kan­zler und Kan­z­lerin (Chancelier/Chancelière) unter­schei­den, nicht aber zwis­chen Arzt und Ärztin oder zwis­chen Präsi­dent und Präsi­dentin. Das franzö­sis­che Wort “homme” bedeutet sowohl “Men­sch” als auch “Mann”. Dage­gen erscheint mir die deutsche Sprache weit weniger mannbezogen.

Lassen wir mal außen vor, dass auch im Deutschen Men­sch und Mann ety­mol­o­gisch ver­wandt sind (Grimms Wörter­buch), Mary McAleese la prési­dente von Irland ist oder Kranke auch von la médicin geheilt wer­den. Möglicher­weise ist in roman­is­chen Sprachen das gener­ische Maskulinum häu­figer der Nor­mal­fall als bei uns. Diese Tat­sache macht Deutsch im Umkehrschluss aber nicht flex­i­bler — wir haben in dieser Hin­sicht ganz ähn­liche lin­guis­tis­che Prob­leme wie Fran­zosen, Ital­iener oder Spanier. Einem Roman­is­ten hätte das auf­fall­en können.

Aber dass Deutsch flex­i­bler sein soll, weil es im Englis­chen nicht möglich ist, weib­liche For­men zu bilden, ist kom­plet­ter Unsinn.

Ander­srum wird ein Schuh draus. Bis auf ein paar Aus­nah­men stellt sich das Prob­lem im Englis­chen über­haupt nicht. Im Englis­chen fehlt kein fem­i­ninieren­des Suf­fix, son­dern man hat den lin­guis­tis­chen Vorteil, dass Rol­len­beze­ich­nun­gen gen­derneu­tral inter­pretier­bar sind. Denn Englisch hat ein Genussys­tem, das auf natür­lichem Geschlecht, nicht auf gram­ma­tis­chem beruht. Zwar sind Schiffe gewöhn­lich fem­i­nin und für Aus­tralier ist das Auto schon mal eine ’sie’ (Tankstel­lenge­plänkel: “Fill her up.”). Aber generell gilt: was biol­o­gisch nicht klas­si­fizier­bar männlich oder weib­lich ist, ist Neu­trum. Es gibt natür­lich vere­inzelte Überbleib­sel ein­er Unter­schei­dung, beispiel­sweise bei actor/actress, waiter/waitress oder hero/heroine. Zusät­zlich gibt es Berufs­beze­ich­nun­gen, die eine tra­di­tionelle masku­line oder fem­i­nine Form haben, etwa bei chair­man oder stew­ardess. Hier haben sich im Sprachge­brauch aber chair(person) oder flight atten­dant durchge­set­zt; actress, wait­ress oder hero­ine ver­schwinden zunehmend und bewirken somit eine Art “Neu­tral­isierung” der ehe­mals männliche Per­so­n­en beze­ich­nende Begriffe actor, wait­er oder hero.

So schaut’s also aus: Englisch hat es lin­guis­tisch sog­ar deut­lich ein­fach­er, diese Gen­derneu­tral­ität in der Sprache herzustellen, als Sprachen mit einem gram­ma­tis­chen Genussys­tem. Wir haben es mit Deutsch da also wed­er beson­ders leicht, noch sind wir flex­i­bler, im Gegen­teil. Wir wer­den vielmehr mit dem Sys­tem des gram­ma­tis­chen Geschlechts dazu gezwun­gen, irgend­wo in der Kette Abstriche zu machen (Liber­man 2010 am Beispiel Spanisch und Ital­ienisch; siehe dazu auch die dor­tige [Kommentar-]Diskussion). Dass Englisch sprach­liche Bor­d­mit­tel mit­bringt, heißt aber nicht, dass dort nicht ähn­lich heftig um gen­derneu­tralen Sprachge­brauch gestrit­ten wird. Und der unmarkierte Fall ist auch dort weit­er­hin meist männlich, wie ein kleines, vielz­i­tiertes Rät­sel zeigt:

A father is dri­ving in a car with his son. They get into an acci­dent, the father is killed instant­ly, and the son is rushed to a hos­pi­tal. The doc­tor comes in and says, “I can­not oper­ate, this is my son.”

Erset­zte man hier father durch moth­er, würde ver­mut­lich nie­mand über die poten­tielle Unmöglichkeit der Sit­u­a­tion sin­nieren müssen. Ein neu­trales Genussys­tem bedeutet also nicht notwendi­ger­weise, dass weib­liche Per­so­n­en in der Diskus­sion auch automa­tisch ein­be­zo­gen sind. Es liegt also in der Gesellschaft­skul­tur, dass männliche Per­so­n­en in der Wahrnehmung immer noch den Nor­mal­fall darstellen.

Gehen wir auf konkrete Begriffe im Fußball ein. Neben seinem Vorschlag für die Schirie moniert Sick Keeperin und stellt fest — lei­dlich witzig -, dass Tor­frau und Tor­warts­frau unter­schiedliche Auf­gaben wahrnehmen [sick!]. Er find­et, Keeperin sei Aus­druck man­gel­nder Boden­ständigkeit und fehlen­dem Sprachge­fühl im Jour­nal­is­mus. Jaha! Dabei ist selb­st nach sein­er Flex­i­bil­ität­sar­gu­men­ta­tion Keep­erin doch völ­lig in Ordnung.

Aber ver­mut­lich ist seine Exper­tise auf diesem Gebi­et noch flex­i­bler, als uns lieb ist:

Als Teenag­er war ich ein Fan von Tom­mi Ohrn­er und habe alle Fol­gen der Serie “Man­ni, der Libero” gese­hen. Dass es dabei um Fußball ging, habe ich in Kauf genom­men. Wenn da aber statt Tom­mi Ohrn­er eine Manuela als “Man­ni, die Lib­era” ange­treten wäre, hätte mich die Serie ver­mut­lich nicht die Bohne inter­essiert. Aber nichts gegen das Wort “Lib­era”, das klingt doch hübsch!

Es ist in Wahrheit also alles viel schlim­mer: Sick out­et sich nicht nur sehr humor­be­fre­it als Chau­vin­ist, son­dern ger­adezu als Fußball­nich­t­ex­perte! Lib­era ist wed­er neu (es gibt sie auch beim Hock­ey und im Vol­ley­ball), noch lin­guis­tisch zu bean­standen. Natür­lich dürfte jet­zt die Frage erlaubt sein, ob es sich im Fußball der heuti­gen Zeit nicht um einen Anachro­nis­mus han­delt: Die Vorstopper/innen ste­hen längst nicht mehr hin­ter der Abwehr, son­dern als Verteidiger/innen in der Vier­erkette. Man­ndeck­ung und Libero/a ‘freier Mann/Frau’ als Konzepte des Spiels “Eins gegen Eins” ver­lieren in mod­er­nen Fußball­strate­gien gegenüber der Raumdeck­ung auch im Sprachge­brauch an Bedeutung.

Im Teas­er zum Sick-Inter­view wird von Man­ndeck­erin gesprochen und die Frage aufge­wor­fen, ob das nicht völ­liger Unsinn sei und was man stattdessen sagen sollte. Als Kor­pus muss hier das Fußball­magazin kicker.de her­hal­ten: Nun fällt die Diskus­sion um Man­ndeck­erin in die gle­iche Kat­e­gorie wie die über Mannschaft, aber mal davon abge­se­hen fiele mir sofort Vertei­di­gerin ein. So sieht es auch der Sprachge­brauch bei kicker.de: Für Man­ndeck­erin find­en sich keine Tre­f­fer, für Vertei­di­gerin immer­hin über 300. Das Ver­hält­nis von Man­ndeck­er zu Vertei­di­ger ist etwa 1:10, was mein Gefühl zu bestäti­gen scheint, dass Man­ndeck­er ein wenig archaisch anmutet (obwohl man natür­lich beacht­en muss, dass Vertei­di­ger einen größeren seman­tis­chen Bere­ich abdeckt, auch da die kicker.de-Suche nicht nach Innen-/Außen­vertei­di­ger oder Titelvertei­di­ger unter­schei­det).

Zugegeben — ich hat­te Mannschaft über­haupt nicht als ungelöste sprach­liche Falle auf dem Schirm. Ich störe mich nicht an Mannschaft, finde es aber einiger­maßen albern, die Alter­na­tive Frauschaft albern zu find­en. Wer sich mit Mannschaft schw­er tut: warum nicht Elf?

Oder Team? Ach nee, geht ja auch nicht.

[Update] Die Sprach­wis­senschaft­lerin Luise Pusch hat sich in einem lesenswerten Beitrag dem Inter­view von der Seite der fem­i­nis­tis­chen Sprachkri­tik genähert.

11 Gedanken zu „Bastian Sick und die Schirie-Pfeifin

  1. Ex-Libera

    Das Konzept ‘Libera/o’ ver­liert im mod­er­nen Fußball tat­säch­lich an Bedeu­tung, aber der Begriff war während der WM 2011 den­noch wichtig, da Brasilien (wenn auch als einziges Team) noch mit dieser “antiq­ui­tierten” Tak­tik spielte.

    Wie man in der Ver­wen­dung von “Keeperin” einen Man­gel an Boden­ständigkeit und Sprachge­fühl aus­machen kann, habe ich mich beim Lesen des Inter­views auch schon gefragt… Ich höre den Aus­druck regelmäßig auf Bolz- und Fußballplätzen — wenn das mal nicht ein Zeichen von Boden­ständigkeit ist.

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  2. Michael Allers

    Hmmm … fem­i­nis­tis­che Sprach­be­tra­ch­tung ist meine Sache nicht. Aber nein: Ich bin kein Chau­vi! Wenn ich “Kol­le­gen” sage, meine ich das gener­isch, und meine hochqual­i­fizierten und emanzip­ierten Kol­legin­nen stören sich auch nicht daran.

    Trotz­dem habe ich in mein­er WM-Kolumne 2011 nie “Mannschaft” (oder gar “Man­ndeck­erin”) geschrieben. Das klingt IMHO genau­so blöd wie das andere Extrem “Sturm­spitzin”. “Elf” funk­tion­iert nur bis zur ersten roten Karte. Bleibt also trotz VDS-Sprach­polizei nur das Team!

    Schiri (ohne e) und Assi sind völ­lig prob­lem­los. Als Alter­na­tive zu Tor­frau und Keeperin gibt es noch Goalie.

    Bis vor ca. zwei Jahren hieß es in Zeitungs­bericht­en über Frauen-Vol­ley­ball tat­säch­lich Lib­era. Aber seit­dem macht ihr der Libero Konkur­renz. Google:
    libera frauen vol­ley­ball site:de
    libero frauen vol­ley­ball site:de
    bringt annäh­ernd gle­ich viel Ergebnisse.

    Warum auch nicht? Warum nehmen wir uns in punc­to Gen­derneu­tral­ität nicht die englis­che Sprache zum Vor­bild? Bei Lehn­wörtern wie Fan kommt doch die Genus-Diskus­sion gar nicht auf — oder habe ich ‘Fanin verpasst?
    Let­ztlich entschei­det das Denken und nicht das gram­ma­tis­che Genus.

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    1. suz Beitragsautor

      Ich bin auch nicht firm in der fem­i­nis­tis­chen Lin­guis­tik (schrieb ich ja). Aber es ist halt ein Unter­schied, gen­derneu­trale Sprache gle­ich abzu­tun (wie es ja viele, viele tun, nicht Sie!). Auch ich bin nicht frei von “Kol­le­gen” oder “Stu­den­ten” vor allem in der gesproch­enen Sprache, das Binnen‑I lässt sich ja nur sehr blöd aussprechen. All­ge­mein finde ich das Argu­ment “Die meis­ten Frauen stören sich nicht daran” wenig plau­si­bel. Ich habe auch mal so gedacht, aber je mehr man sich mit seinem eige­nen Sprachge­brauch kri­tisch auseinan­der­set­zt, kann man auch schon mal zum Ergeb­nis kom­men, dass da nicht alles “gle­ich” ist, was “gle­ich” gemeint ist. Mit Emanzi­pa­tion ist das m.M.n. auch nicht 1:1 gle­ichzuset­zen. Man kann eine hoche­manzip­ierte Gesellschaft haben und trotz­dem lin­guis­tis­che Ungle­ich­heit in der Sprache. Richtig ist aber wohl, dass eine gesellschaftliche Gle­ich­stel­lung den Nährbo­den für einen kri­tis­chen Sprachge­brauch bere­it­et und umgekehrt. 

      Sturm­spitzin (welch­es mir aber nie aufge­fall­en ist und ich habe einige blöde Kom­men­ta­toren während der WM ertra­gen!) kön­nte auch ein Fall von Analogie“falle” sein, d.h. man achtet auf das Fem­i­ninum, da kann das schon mal passieren.

      Elf ist hier aber als Syn­onym für das Team gemeint, d.h. es gilt für den Kreis der Spieler(innen), egal, ob da zwei, drei oder vier vom Platz fliegen. Immer­hin zählt es ja während eines Spiels für 14, wenn man ein­rech­net, dass drei Auswech­sel­spiel­er zum Ein­satz kom­men, bzw. sog­ar für bis zu 23, wenn man einen ganzen Spielt­ag- oder WM-Kad­er als Grund­lage nimmt. Also kein Grund, Elf nicht zu benutzen.

      Goalie ist ein wun­der­bar­er Anglizis­mus, der auch im Englis­chen so geschrieben wird, und kommt schon gen­derneu­tral zu uns. Fantastisch!

      Libero/Libera: Da ist Ihre Google­suche lei­der unpräzise. Natür­lich liefert die Suche nahezu gle­ich viele Ergebenisse für die bei­den Anfra­gen — aber eben auch solche, auf denen irgend­wo auf der Seite auch “Frauen” ste­ht. Lassen Sie “Frauen” aus der Suchan­frage weg, bleibt das Ergeb­nis sog­ar iden­tisch. Das wäre ein Hin­weis darauf, dass Lib­era auch weit­er­hin stark fre­quent und für Frauen benutzt wird.

      Wir kön­nen uns in der Gen­derneu­tral­ität eben nicht die englis­che Sprache zum Vor­bild nehmen, weil wir ein gram­ma­tis­ches Genus haben. Und ja, Sie haben auch recht, dass das Denken entschei­det, nicht das Genus: so ließen sich eben Kätzin oder Sturm­spitzin erk­lären, obwohl bei­de ja schon “weib­lich” sind. Bei Fan wäre es ana­log zum/r Goalie nur dann möglich, wenn die Sprachge­mein­schaft auch die Fan akzep­tiert. Das halte ich für unwahrschein­lich­er (aber nicht aus­geschlossen), als die Fänin. Bis es soweit ist, wird man ver­mut­lich gener­isch Fan benutzen oder auf Alter­na­tiv­en (Anhän­gerin etc.) ausweichen.

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  3. Michael Allers

    Tja, sprach­liche Gen­derneu­tral­ität ist ein weites Feld (3 Euro fürs Phrasenschwein).

    Vom Speziellen zum Allgemeinen:

    Elf:
    OK, da war ich zu pedantisch.

    Goalie:
    Ste­ht wie Team lei­der auch auf dem Index. Och! 😉

    Lib­era Libero:
    Ich habe über­haupt nichts gegen die Lib­era. Aber am konkreten, wen­ngle­ich nicht repräsen­ta­tiv­en Beispiel betra­chtet, geht es da in let­zter Zeit wild durcheinan­der (Schle­ich­wer­bung allen­falls für den VC Wiesbaden!):
    libero ‑lib­era “vc wies­baden” site:www.wiesbadener-kurier.de
    lib­era ‑libero “vc wies­baden” site:www.wiesbadener-kurier.de

    All­ge­mein finde ich das Argu­ment „Die meis­ten Frauen stören sich nicht daran“ wenig plausibel.

    Die meis­ten” habe ich nicht gemeint, son­dern solche, die wis­sen, das hin­ter ein­er ver­meintlich diskri­m­inieren­den Sprache nicht zwangsläu­fig ein eben­solch­es Denken ste­ht, z.B.:

    Ich (weib­lich) finde die Diskus­sion auch unnötig. … Vater­land — Mut­ter­sprache – muss man sich als Frau durch son­nen Quatsch wirk­lich unter­drückt fühlen? Also ich finde das nicht. Mich ärg­ert es, dass “Fem­i­nistin­nen” immer so generell sprechen, als würde das alle Frauen ner­ven. Das tut es doch gar nicht. Ich mag meine Sprache, so wie sie ist mit allen Eck­en und Kan­ten. Lasst das doch mal so! Gibt doch echt wichtigeres …

    (Kom­men­tar von Ky, 21.07., 12:57 im SprachLog, eben­falls ohne Anspruch auf Repräsentativität.)

    Wir kön­nen uns in der Gen­derneu­tral­ität eben nicht die englis­che Sprache zum Vor­bild nehmen, weil wir ein gram­ma­tis­ches Genus haben. Und ja, Sie haben auch recht, dass das Denken entschei­det, nicht das Genus: …

    Ja, lei­der haben wir das gram­ma­tis­che Genus, und als Nicht-Lin­guist erlaube ich mir die Wer­tung, dass es — außer bei Lebe­we­sen — für nichts gut ist und nicht nur die Gen­der-Diskus­sion, son­dern auch den Zweit­spracher­werb unnötig verkompliziert.

    Der gen­der­be­zo­gene Sprachge­brauch wird solange inkon­se­quent sein, wie es unsere Sprache selb­st ist. Warum gibt es das Fem­i­ninum ‘Besucherin’, aber nicht ‘Gästin’ (für let­zteres wurde ich mal von ein­er Fem­i­nistin ange­faucht)? Man kann sich bemühen, aber irgend­wo ist die per­sön­liche Schmerz­gren­ze erre­icht. Natür­lich spricht man im Sin­gu­lar von der “Kol­le­gin”, aber jedes Mal “Kol­legin­nen und Kol­le­gen” zu sagen ist IMHO zu lang und all­t­ag­sun­tauglich. Auch das Binnen‑I im Schriftverkehr wird oft ange­fein­det. Wie man es macht, ist es verkehrt.

    Deshalb soll­ten wir uns das englis­che Denken (schönes Beispiel: “The doc­tor …”) zum Vor­bild nehmen in der Hoff­nung, dass es sich eines fer­nen Tages in der Sprache nieder­schlägt. Ansätze gibt es doch bere­its. Täglich hört man in den Nachricht­en Sätze wie “Die Bun­desregierung vertei­digte seine Spar­poli­tik”. Müßig zu spekulieren, ob das Pos­ses­sivpronomen hier maskulin oder neu­tral gemeint ist — Haupt­sache: ein­heitlich. Meinetwe­gen kann es irgend­wann heißen: das Mann, das Frau.

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    1. suz Beitragsautor

      Dass der Sprachge­brauch hier wirk­lich kom­pliziert ist, zeigt ja die Diskus­sion. Und ich finde, solange die Diskus­sion von bei­den Seit­en anständig geführt wird, ist sie richtig und wichtig (so wie zwis­chen uns bei­den). Ich mag es genau­so wie Sie nicht, wenn sie von bei­den Extremen des Spek­trums allzu pedan­tisch geführt wird, die eine sin­nvolle Diskus­sion unmöglich machen. Die eine Seite ver­sucht, den Men­schen ihre Präferen­zen aufzu­drück­en, die andere tötet meist jegliche Diskus­sion mit ad hominem Angrif­f­en oder auswe­ichen­den Floskeln (“Es gibt wichtigeres”). Bei­de Argu­men­ta­tion­slin­ien führen ein­fach gar nir­gend­wo hin. Möglich ja, dass es viele Frauen nicht nervt — da spielt eben die Gewohn­heit eine Rolle. Das Argu­ment der Unsicht­bar­ma­chung des weib­lichen Bevölkerung in der Sprache ist zugegeben­er­maßen auch ein sehr Abstrak­tes, auf das man sich ein­lassen kön­nen muss (bzw. will).

      Ich war ja vor nicht allzu langer Zeit eben­falls der Mei­n­ung, dass z.B. Studierende zu unge­lenk sei. Zwei Jahre später “ertappte” ich mich selb­st dabei, dass ich es benutzte. Natür­lich muss man hier seine eige­nen Sprachge­wohn­heit­en kri­tisch über­denken und das erschreckt viele zunächst ein­mal. Mit­tler­weile hat sich das in meinem Sprachge­brauch aber fest­ge­set­zt und das scheint auf in der Sprachge­mein­schaft zuzunehmen.

      Keine Frage, wenn Sie den Ein­druck bekom­men, dass man es falsch macht, egal, was man macht: Das ist ja auch kein Wun­der ob der Vehe­menz, mit der einige die Debat­te führen.

      Die Bun­desregierung vertei­digte seine Spar­poli­tik”? Mag sein, dass es das gibt, vere­inzelt. Aber dann würde ich es tat­säch­lich als eine Art “Artiku­la­tions­fehler” ein­stufen. Oder schauen, in welch­er lin­guis­tis­chen Umge­bung es gefall­en ist (und sich eventuell sog­ar auf einen männlichen Min­is­ter bezieht). Noch ist es aus mein­er Sicht kein sys­tem­a­tisch auftre­tendes Phänomen, aber ich bin natür­lich für der­ar­tige Belege offen!

      Libera/o: Ist der VC Wies­baden ein rein­er Frauen­vol­ley­ball­club? Dann bliebe trotz­dem noch die Frage, ob es sich hin zur o‑Variante ver­schiebt oder umgekehrt. Und ob die o‑Variante bei einem Autor des Kuri­ers gehäuft auftritt (und wenn ja, warum).

      Warum wir ein Genus haben und wozu wir es brauchen — tja, da bleibt ein­fach die Antwort: Ist halt so. Das ist keine Kapit­u­la­tion­serk­lärung, aber manch­mal ist es eben nicht alles erk­lär­bar (bzw. die falsche Frage). Wir sind mit Deutsch ja auch nicht allein. Möglich, dass es irgend­wann ver­schwindet (im Englis­chen ist es ja auch recht flott ver­schwun­den, an der Gren­ze von Alt- zu Mittelenglisch).

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  4. Michael Allers

    Ich mag diese Diskus­sion eben­falls, und ich hätte zu den Studieren­den (Back­enden? Man­a­gen­den? Brief­tra­gen­den?) noch einiges zu sagen, aber:
    1. möchte ich Sie nicht zu sehr von den Dop­pelplur­al-Kek­sen abhalten,
    2. ist es m.E. let­ztlich doch — ‘tschuldigung, das schießt mir so durchs Vaku­um im Kopf — eine Diskus­sion um des Kaisers / der Kaiserin Bart. 😉

    Libera/o: Ist der VC Wies­baden ein rein­er Frauen­vol­ley­ball­club? Dann bliebe trotz­dem noch die Frage, ob es sich hin zur o‑Variante ver­schiebt oder umgekehrt. Und ob die o‑Variante bei einem Autor des Kuri­ers gehäuft auftritt (und wenn ja, warum).

    Zur ersten Frage: ja, Frauen-Vol­ley­ball-BuLi. Män­ner sind in dem Vere­in zulet­zt nur dadurch aufge­fall­en, dass sie ihn fast in die Pleite gerit­ten hätten. 😀

    In Zeitungs­bericht­en las ich Mitte der 90-er erst­mals ‘Lib­era’. Macht Sinn, akzep­tiert. Aber die Ten­denz geht ein­deutig Rich­tung o‑Variante. Die Suchergebnisse
    libero ‑lib­era “vc wiesbaden”
    stam­men alle aus 2009 — 2011 und sind gem. Stich­proben von ver­schiede­nen männlichen Redak­teuren. Diesel­ben Redak­teure benutzen aber auch in 2011 dur­chaus noch die a‑Variante. Hmmm …

    Die Bun­desregierung vertei­digte seine Spar­poli­tik“? Mag sein, dass es das gibt, vere­inzelt. Aber dann würde ich es tat­säch­lich als eine Art „Artiku­la­tions­fehler“ ein­stufen. Oder schauen, in welch­er lin­guis­tis­chen Umge­bung es gefall­en ist (und sich eventuell sog­ar auf einen männlichen Min­is­ter bezieht). Noch ist es aus mein­er Sicht kein sys­tem­a­tisch auftre­tendes Phänomen, aber ich bin natür­lich für der­ar­tige Belege offen!

    Sor­ry, Belege kann ich nicht liefern, denn das Phänomen habe ich bish­er nur gehört, nicht gele­sen. Google:
    “bundesregierung|kanzlerin verteidigte|erläuterte * seine”
    macht keinen Sinn, denn die Ergeb­nisse beziehen sich in der Tat auf männliche Poli­tik­er. Ohne * keine Ergebnisse.

    Aber auf n‑tv und N24 (nicht bei ARD und ZDF) höre ich sowas nicht immer, aber immer wieder. Es begann vor ca. einem Jahr mit Sätzen wie (fik­tives Beispiel):
    “Die Bun­desregierung, die nach der Som­mer­pause erst­mals usw. blabla, vertei­digte seine Hal­tung zur …”
    OK, das Pronomen war weit ent­fer­nt vom bezo­ge­nen Sub­stan­tiv. Ver­mu­tung: Da hat­te wohl jemand nur den Überblick verloren. 

    Vor ein paar Monat­en hörte ich dann wirk­lich einen ver­gle­ich­bar kurzen Satz wie eben „Die Bun­desregierung vertei­digte seine Spar­poli­tik“. Die ersten drei Male klappten mir die Fußnägel hoch. Mit­tler­weile denke ich “Warum eigentlich nicht? Weit­er so!” Ich werde ver­suchen, mir kün­ftige Exem­plare wörtlich zu merken und lasse Sie Ihnen gern zukommen.

    Warum wir ein Genus haben und wozu wir es brauchen – tja, da bleibt ein­fach die Antwort: Ist halt so. Das ist keine Kapit­u­la­tion­serk­lärung, aber manch­mal ist es eben nicht alles erk­lär­bar (bzw. die falsche Frage). Wir sind mit Deutsch ja auch nicht allein.

    Schon klar. Aber extrem unprak­tisch finde ich es trotz­dem. Dazu für inter­essierte Lai(inn)en noch eine Linkempfehlung.

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  6. Freindel

    … humobe­fre­it” — das reicht mir denn doch. 

    Wenn man nicht Feinde/Feindinnen oder “kleine Fein­del” (s. Grimm!) weiß — braucht man Freinde, die man sich in den Kom­men­ta­toren suchen willen ist.

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  7. karl

    Ein BDSM-Sklave nen­nt seine Dom­i­na auch “Her­rin” statt “Herr”. Hat wohl was mit dem Lateinis­chen zu tun, von daher wun­dert mich “Schirmher­rin” eh nicht.

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