Homöopathische Sprachfallen und wie GEO sie nicht vermeidet

Von Anatol Stefanowitsch

Die aktuelle GEO-Titelgeschichte „Die neue Heilkun­st“ sorgt in der Skep­tik- und Wis­senschafts­blog­com­mu­ni­ty schon seit ein paar Wochen für Unmut, denn in dieser Geschichte geht es nicht um eine neue Heilkun­st, son­dern um die Schar­la­taner­ie, die unter dem Namen „Alter­na­tivmedi­zin“ fir­miert. Dieser Unmut hat sich in den let­zten Tagen verdichtet, nach­dem die GEO-Redak­tion in ein­er Diskus­sion auf der GEO-Face­book­seite zunächst gar nicht, dann abwedel­nd und dann pseu­doein­sichtig auf Kri­tik an der Geschichte einge­gan­gen ist.

Ich will mich mit dem GEO-Artikel selb­st nicht weit­er aufhal­ten (das ist z.B. hier in her­vor­ra­gen­der Weise geschehen, der Artikel ist hier online ver­füg­bar, sodass sich alle selb­st ihr Bild davon machen kön­nen). Ich will auch nicht die Frage stellen, warum ein (wenig­stens früher ein­mal) hoch ange­se­henes Wis­sens­magazin wie GEO eine Titelgeschichte über ein medi­zinis­ches The­ma nicht von jeman­dem schreiben lässt, der sich mit Medi­zin ausken­nt, son­dern von ein­er Poli­tik­wis­senschaft­lerin — oder warum diese Poli­tik­wis­senschaft­lerin sich auch auf Focus Online als medi­zinis­che Exper­tin gerieren darf (das ist z.B. hier behan­delt wor­den). Ich will mich auch nicht im Detail mit dem Ver­hal­ten der GEO-Redak­tion im betr­e­f­fend­en Diskus­sion­sstrang auf GEOs Face­book­seite beschäfti­gen (am besten, man liest sich den Strang selb­st durch).

Stattdessen will ich mich — wir sind ja im Sprachlog — mit eini­gen sprach­lichen Aspek­ten der Antwort der GEO-Redak­tion befassen, die für solche Debat­ten auch all­ge­mein typ­isch sind und die zeigen, dass der Ver­fass­er, der stel­lvertre­tende Chefredak­teur Jens Schröder, tief in der sprach­lichen Welt der pseudomedi­zinis­chen Eso­terik ver­haftet ist (wom­it ich übri­gens, darauf weise ich aus­drück­lich hin, kein­er­lei Aus­sage darüber machen will, ob er auch gedanklich in dieser Welt ver­haftet ist). Mein Beitrag ist im Prinzip eine etwas länger aus­for­mulierte Fas­sung eines Kom­men­tars, den ich in der Diskus­sion auf der Face­book­seite von GEO abgegeben habe, er erhebt keinen Anspruch auf Sys­tem­atik oder Vollständigkeit.

Anfan­gen möchte ich mit dem abscheulichen Begriff­s­paar Schulmedizin/Alternativmedizin. Das Wort Medi­zin beze­ich­net all­ge­mein die „Wis­senschaft vom gesun­den und kranken Organ­is­mus des Men­schen, von seinen Krankheit­en, ihrer Ver­hü­tung und Heilung“ (duden.de). Mit dem Wort­paar Schulmedizin/Alternativmedizin wird dieser Bedeu­tungs­bere­ich schein­bar aus­d­if­feren­ziert, es wird so getan, als gebe es zwei Sorten von Medi­zin, die einan­der gle­ich­w­er­tig gegenüber­ste­hen. Das ist aber nicht der Fall: Entwed­er, eine Behand­lungsmeth­ode kann erwiesen­er­maßen Krankheit­en und/oder deren Symp­tome ver­hüten oder heilen, dann fällt sie in den Bedeu­tungs­bere­ich des Wortes Medi­zin; oder sie kann das nicht, dann fällt sie nicht in diesen Bedeu­tungs­bere­ich und kann nicht mit dem Wort Medi­zin beze­ich­net wer­den. Die Unter­schei­dung in der realen Welt ist also die zwis­chen Medi­zin und Nicht-Medi­zin; das wird durch die sprach­liche Unter­schei­dung in Schulmedizin/Alternativmedizin verdeckt.

Auch die Wörter selb­st kon­stru­ieren eine verz­er­rte Per­spek­tive auf die Medi­zin. Das Wort Schul­medi­zin soll in Anlehnung an das Wort Schul­weisheit sig­nal­isieren, dass es sich hier um eine begren­zte, verkopft-ver­staubte und längst über­holte Tra­di­tion han­delt. Das Kom­posi­tum Alter­na­tivmedi­zin legt dage­gen durch das Erst­glied Alter­na­tiv- einen frisch-unver­stell­ten und unkon­ven­tionellen Blick auf das Heilen von Krankheit­en nahe. Das Wort Schul­medi­zin ist von den Alter­na­tivmedi­zin­ern (die eben keine Medi­zin­er sind) genau zu diesem Zweck erfun­den wor­den. Es gibt aber keine Schul­medi­zin, es gibt nur Medi­zin, und die ist keineswegs ver­staubt und über­holt, son­dern wird in einem atem­ber­auben­den Tem­po weit­er­en­twick­elt. Wenn etwas ver­staubt ist, dann das Her­auskra­men und Fes­thal­ten an den aber­gläu­bis­chen Tra­di­tio­nen der „Alter­na­tivmedi­zin“, die eben nicht forscht und weit­er­en­twick­elt, son­dern im Gegeteil stolz darauf ist, sich auf Autoritäten zu berufen, die vor hun­derten oder tausenden von Jahren gelebt haben.

In der irri­gen Mei­n­ung, die Autorin Petra Thor­bri­etz zu schützen, ver­steigt die GEO-Redak­tion sich übri­gens zu der Behaup­tung, diese „Begrif­flichkeit­en“ seien „im Rah­men der redak­tionellen Bear­beitung so gewählt wor­den“ und seien „daher aus­drück­lich kein Ver­schulden der Autorin“. Irrig deshalb, weil Frau Thor­bri­etz dieses Begriff­s­paar in ihrer Kolumne „Thor­bri­etz’ Diag­nosen“ auf Focus.de aus­giebig benutzt, wie man leicht fest­stellen kann. Es ist deshalb zu ver­muten, dass es auch im GEO-Artikel sehr wohl von ihr selb­st stammt und ihr nicht gegen ihren Willen von der Redak­tion aufgezwun­gen wer­den musste.

Weit­er geht es mit dem Wort Evi­denz-Kri­teri­um. Die GEO-Redak­tion will dieses kri­tisch hinterfragen:

Eben­so find­en wir es weit­er­hin richtig, über die ja nicht von der Hand zu weisenden Schwierigkeit­en des (ja: natür­lich wichti­gen, aber auch nicht all­heili­gen) Evi­denz-Kri­teri­ums nachzudenken. 

Mit „Evi­denz-Kri­teri­um“ ist nichts anderes gemeint, als dass eine Behand­lungsmeth­ode nach­weis­lich wirken muss, um als Behand­lungsmeth­ode zu gel­ten. Das sollte so offen­sichtlich sein, dass man darüber nicht weit­er reden muss, und Medi­zin­er tun es auch nicht (da wis­senschaftliche Forschung immer auf Evi­denz beruht und Medi­zin eben die „Wis­senschaft vom gesun­den und kranken Organ­is­mus des Men­schen, von seinen Krankheit­en, ihrer Ver­hü­tung und Heilung“ ist, ist Evi­denz ein nicht wegzu­denk­ender Aspekt von Medi­zin). Indem man aus diesem kon­sti­tu­tiv­en Aspekt ein Kri­teri­um macht, kann man es neben viele andere „Kri­te­rien“ stellen und so tun, als seien diese „Kri­te­rien“ gegeneinan­der abwägbar.

Wo wir bei der Evi­denz sind: Iro­nis­cher­weise ver­wen­det die GEO-Redak­tion in ihrer Antwort auch das Wort Erfahrungsmedi­zin als Syn­onym zur Alter­na­tivmedi­zin. Erfahrungsmedi­zin wäre aber in der eigentlichen Wortbe­deu­tung nichts anderes als die (wis­senschaftliche) Medi­zin, die als empirische Wis­senschaft zu hun­dert Prozent auf Erfahrung beruht — auf der sys­tem­a­tis­chen, objek­tiv­en und nachvol­lziehbaren und Erfahrung von Labortests und klin­is­chen Ver­such­srei­hen. Indem das Erst­glied Erfahrungs- aber stattdessen auf die anek­doten­hafte prak­tis­che Erfahrung von medi­zinis­chen und pseudomedi­zinis­chen Prak­tik­ern bezo­gen wird, betont man damit nochein­mal den ange­blich verkopften, ver­staubten und real­itäts­fer­nen Charak­ter der „Schul­medi­zin“.

Aber nichts dis­qual­i­fiziert die Antwort der GEO-Redak­tion so gründlich, wie diese Passage:

Wir sehen es aber als diskus­sions­fördernd, notwendig und jour­nal­is­tisch richtig an, die Grabenkämpfe inner­halb der medi­zinis­chen Weltan­schau­un­gen zu the­ma­tisieren. Und auch einige Brück­en­bauer vorzustellen, die alle­samt ange­se­hene medi­zinis­che Prak­tik­er sind. 

Das Wort Grabenkämpfe malt ein Bild von gle­ich­w­er­ti­gen Geg­n­ern, die sich in ihre Posi­tio­nen einge­graben haben und sich von dort aus bekriegen. Neben der Gle­ich­w­er­tigkeit wird damit außer­dem sug­geriert, dass bei­de Seit­en davon prof­i­tieren wür­den, mit dem Kämpfen aufzuhören und sich irgend­wo in der Mitte zu tre­f­fen. Die Brück­en­bauer sind diejeni­gen, die das einge­se­hen haben und die ver­bis­sen kämpfend­en Gegen­er zueinan­der führen wollen.

Aber natür­lich gibt es keine Grabenkämpfe: Es gibt die (wis­senschaftliche) Medi­zin, deren Ziel es ist, wirk­same Ther­a­pi­en zu entwick­eln und anzuwen­den, und es gibt nicht-medi­zinis­che Schar­la­tane, deren Ziel es ist, mit unwirk­samem Hokus-Pokus zu Geld und Anse­hen zu gelan­gen. Dass diese Schar­la­tane ständig die wis­senschaftliche Medi­zin angreifen, ist aus ihrer Sicht ver­ständlich, denn nichts bedro­ht einen Schar­la­tan mehr, als eine Wis­senschaft, die das liefern kann, was er verge­blich ver­spricht. Dass es Medi­zin­er gibt, die sich gegen diese Angriffe wehren, sollte uns alle dankbar stim­men, denn wenn die Schar­la­taner­ie sich weit­er durch­set­zt, fall­en wir schnell ins medi­zinis­che Mit­te­lal­ter zurück. Das ist aber kein Grabenkampf, genau­sowenig, wie es ein Grabenkampf wäre, wenn ich mich gegen eine lästige Mücke wehren würde.

Und natür­lich gibt es in der Medi­zin auch keine „Brück­en­bauer“. Entwed­er, man ste­ht als Medi­zin­er auf dem Boden der Wis­senschaft, oder man baut eine Brücke ins Nirgendwo.

 

Eine Lek­türeliste:

[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Ver­sion enthält möglicher­weise Kor­rek­turen und Aktu­al­isierun­gen. Auch die Kom­mentare wur­den möglicher­weise nicht voll­ständig übernommen.]

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Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

112 Gedanken zu „Homöopathische Sprachfallen und wie GEO sie nicht vermeidet

  1. ZOOM: das Sauerland und mehr

    Umleitung: Vom physikalis­chen Wis­sen religiös­er Fun­da­men­tal­is­ten bis zum Schützen­we­sen in Olpe… Homöopathis­che Sprachfallen …

  2. Sarah

    Ein exzel­len­ter Kom­men­tar, wie ich ihn mir viel häu­figer in der öffentlichen Debat­te wün­schen würde! Als Medi­ziner­in muss ich zwar anmerken, dass zwar bei Weit­em nicht alles, was wir im medi­zinis­chen All­t­ag tun, evi­denzbasiert ist, es sich aber, wie hier dargelegt, mein­er Vorstel­lung völ­lig entzieht, eine andere Maxime als Evi­denz anzuwenden.
    Dazu zäh­le ich selb­stver­ständlich kor­rekt designte Stu­di­en zu Kräuter­medi­zin und allem, dass sich der wis­senschaftlichen Voraus­set­zung ein­er Wirkung­shy­pothese unterord­nen lässt.

  3. Not quite like Beethoven

    Ich stimme der Stoßrich­tung des Artikels zu. Aber während method­isch nichts gegen den Aus­gang von ein­er Duden-Def­i­n­i­tion spricht, wäre ich vielle­icht mit der seman­tis­chen Gle­ich­set­zung von Wis­senschaft und Medi­zin vor­sichtig. Die Heilkun­st (im Sinne der klin­is­chen Prax­is der Medi­zin) zu ein­er Wis­senschaft zu machen oder auf größt­möglich-wis­senschaftlich­es Fun­da­ment zu stellen ist doch eher ein jün­geres, fort­dauern­des Projekt.

  4. Hermann

    Sprach­falle
    Die Über­schrift ist irreführend. Ich dachte erst, es geht um Orthographis­ches: homöOpathis­che Sprachfallen.
    Fre­undliche Grüße, Hermann

  5. Rumo

    Eine Alter­na­tive für Alternativ-?
    Wenn man nun aber das Begriff­s­paar Schulmedizin/Alternativmedizin nicht ver­wen­den soll, was soll man dann verwenden?
    Soweit ich den Artikel ver­ste­he, ist ja der Begriff “Schul­medi­zin” eigentlich über­flüs­sig, da der von ihm beschriebene Fach­bere­ich sowieso schon die gesamte echte/wirksame/wissenschaftliche Medi­zin umfasst, und man sollte statt “Schul­medi­zin” ein­fach nur Medi­zin sagen, richtig? Sehe ich im Grunde genau­so und nach mein­er Erfahrung wird das ja auch all­ge­mein so gehandhabt.
    Sobald man aber (auch) über “Alter­na­tivmedi­zin” spricht/schreibt muss man hier aber eine Unter­schei­dung treffen.
    Ver­wen­det man weit­er “Medi­zin” für “Schul­medi­zin”, was soll man dann für die “Alter­na­tivmedi­zin” ver­wen­den? “Nicht-Medi­zin”? “unwis­senschatliche Medi­zin” (wobei das ja dann ein Wider­spruch in sich wäre)? …? Ist für mich alles nicht so recht überzeu­gend — warum also nicht die von den diese Form der — nun­ja — “Medi­zin” ausüben­den selb­st gewählte (das ist sie doch, oder?) Beze­ich­nung ver­wen­den? Ich per­sön­lich finde näm­lich auch nicht, dass das unbe­d­ingt über­mäßig pos­i­tiv klingt — für mich heißt das ein­fach nur, dass es sich hier­bei um eine Alter­na­tive zur (üblichen) Medi­zin han­delt. Ob das dann eine gute oder schlechte Alter­na­tive ist, ste­ht damit ja noch lange nicht fest.
    Man kön­nte es jet­zt vielle­icht bei dem Begriff­s­paar “Medizin”-“Alternativmedizin” (d.h. Alter­na­tive zur Medi­zin) belassen — für sich genom­men, dürfte das auch völ­lig aus­re­ichen, wenn aber bei­de Begriffe einan­der gegenübergestellt wer­den und mehrfach in einem Text auf­tauchen, dürfte das schnell missver­ständlich wer­den. In diesem Fall statt “Medi­zin” “Schul­medi­zin” zu ver­wen­den erscheint mir daher dur­chaus sinnvoll.
    Eine neg­a­tive Assozi­a­tion sehe ich bei diesem Begriff eigentlich auch. Die “Schul­medi­zin” ist halt die Form der Medi­zin, die in der Schule (bzw. eigentlich natür­lich der Uni­ver­sität) gelehrt wird, damit also die wis­senschaftlich anerkan­nte, “echte” Medizin.
    Wenn man tat­säch­lich den Zusatz “Schul-” als Her­ab­stu­fung ansieht, sollte man sich vielle­icht eher fra­gen, wie es sein kann, dass der Begriff Schule ein der­art schlecht­es Bild hat. Zumin­d­est in meinen Augen ist das sog­ar eher eine Aufwertung.
    Um diese Ver­mu­tun­gen zu prüfen, habe ich mal ver­sucht ein paar analoge Begriff­s­paare zu bilden:
    Wie wäre es zum Beispiel wenn ich in einem Buch­laden vor der Wahl zwis­chen zwei Büch­ern stünde, wovon das eine mit “Schul­math­e­matik” und das andere mit “Alter­na­tiv­math­e­matik” betitelt wäre? Bei ersterem würde ich wohl ohne Zögern zugreifen (natür­lich voraus­ge­set­zt ich kann davon aus­ge­hen, dass der Titel auch der Wahrheit entspricht), bei let­zterem wäre ich dage­gen eher skep­tisch (ich würde es evtl. trotz­dem kaufen — allerd­ings aus rein­er Neugi­er und ich würde es von vorn­here­in mit großer Skep­sis lesen).
    Was wäre, wenn ich vor die Wahl gestellt würde mit einem Flugzeug zu fliegen, das nach den Prinzip­i­en der “Schul­physik” gebaut wurde, und einem, das nach Prinzip­i­en ein­er “Alter­na­tiv­physik” gebaut wurde? Ich denke die Entschei­dung wäre klar…
    Das einzige Prob­lem bei diesen Paaren kön­nte sein, dass “Schulphysik/mathematik” ein wenig “zu ein­fach” klingt, weil es auch den Gegen­satz zur “hohen/iniver­sitäts-math­e­matik/­physik” bilden kön­nte — das Prob­lem aber gibt es bei der Medi­zin ja nicht, da diese nur an Uni­ver­sitäten unter­richtet wird und somit klar ist, dass “Schul-” hier für “Uni­ver­sitäts-” steht.
    Ein Begriff ist mir dann aber doch noch einge­fall­en, wo das etwas anders ist: Alter­na­tive Energien/Energiequellen/Energieerzeugung (allerd­ings ist dieser nicht ganz ana­log, da es hier nicht um eine Wis­senschaft, son­dern um eine Tech­nolo­gie geht und zudem das Prä­fix “Schul-” nicht funktioniert).
    Hier hat das Wort “alter­na­tiv” tat­säch­lich eine deut­lich pos­i­tive Kon­no­ta­tion (zumin­d­est für mich), was aber natür­lich daran liegt, dass ich der Überzeu­gung bin, dass die anderen (sozusagen nicht-alter­na­tive) Energiequellen keine Zukun­ft haben.
    Meine “The­o­rie” wäre daher, dass die Frage wie positiv/negativ man gegenüber etwas eingestellt ist, das sich selb­st als “Alter­na­tiv” beze­ich­net, stark davon abhängt, was man von dem hält, wozu dieses eine Alter­na­tive sein soll. Wenn ich also mit der “Schul­medi­zin” zufrieden bin und diese im Großen und Ganzen für etwas Gutes halte, wer­den ich eine “Alter­na­tivmedi­zin” erst mal skep­tisch sehen, wenn ich aber die “Schul­medi­zin” (warum auch immer) für etwas schlecht­es oder zumin­d­est nicht für gut genug halte, dann bin ich ver­mut­lich deut­lich aufgeschlossen­er für einen “Alter­na­tivmedi­zin”.
    Alles in allem sehe ich also kein echt­es Prob­lem bei der Ver­wen­dung dieses Begriff­s­paares. Zudem hat es sich halt inzwis­chen in dieser Bedeu­tung einge­bürg­ert (jeden­falls nach meinem sub­jek­tiv­en Sprachempfind­en) — warum sollte man es also nicht so verwenden?
    Anmerkung: Ich habe den GEO-Artikel nicht gele­sen (ich bin mit der Schul­medi­zin ganz zufrieden, habe daher kein­er­lei Bedarf nach ein­er Alter­na­tivmedi­zin und inter­essiere mich fol­glich nicht beson­ders dafür) und beziehe mich daher auss­chließlich auf den Artikel hier im Sprachlog.

  6. Mueller

    So berechtigt die Kri­tik an dem abw­er­tenden Begriff “Schul­medi­zin” ist, so aus­sicht­s­los ist es m. E., ihn generell durch “Medi­zin” erset­zen zu wollen. Was macht man mit der vor-neuzeitlichen und fer­östlichen Medi­zin, die in großen Teilen auch nicht empiriebasiert ist, zumin­d­est nicht im mod­er­nen Sinne? Sich­er, die alte “Medi­zin” hat zumeist mehr geschadet als genützt, doch sie heißt trotz­dem so. Fach­leute haben als neu­trale Alter­na­tive zu “Schul­medi­zin” Aus­drücke wie “empiriebasierte Medi­zin” vorgeschla­gen (weit­ere Möglichkeit­en siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Schulmedizin).

  7. Nachtwächter-Blah

    Nachtwächter… stel­lvertre­tende Chefredak­teur Jens Schröder tief in der sprach­lichen Welt der pseudomedi­zinis­chen Esoterik …

  8. Elias

    @Rumo (Benen­nung der Nichtmedizin)
    Mir fällt spon­tan das Wort “Quack­sal­berei” ein, das ich auch gern in meinem direk­ten Umfeld benutze, um die Machen­schaften aller­lei kostenpflichter Helfer und Heil­er mit ihren “ganzheitlichen”, “spir­ituellen” und “alter­na­tiv­en” Meth­o­d­en zusammenfassen.
    Obwohl dieses Wort aus der Mode gekom­men ist (es entspricht nicht der mod­er­nen Forderung, sich möglichst undeut­lich auszu­drück­en, damit auch ja kein­er ver­let­zt werde), wird es doch von jedem noch verstanden.

  9. Rumo

    @Patrick Schulz und @Elias
    Im Prinzip sind diese Begriffe zwar in der Tat recht tre­f­fend, aber sie sind natür­lich zugle­ich auch mit ein­er ein­deuti­gen Wer­tung verbunden.
    Ich denke halt, wenn man schon Begriffe wie “Schul-” und “Alter­na­tivmedi­zin” ablehnt, weil sie zu wer­tend sind (was ich, wie gesagt, nicht so empfinde), dann sollte man sie doch nur durch Begriffe erset­zen, die dann tat­säch­lich nicht wer­tend sind.
    Begriffe wie Quack­sal­berei und Pseudomedi­zin kann man dann zwar in der All­t­agssprache sich­er ver­wen­den, aber in einem Artikel, der sich wis­senschaftlich mit dem The­ma auseinan­der­set­zt, erschiene mir das dann doch ziem­lich unpassend (auch wenn ein solch­er Artikel am Schluss natür­lich mit Sicher­heit zu dem Ergeb­nis käme, dass diese Begriffe inhaltlich dur­chaus zutr­e­f­fend wären).

  10. Astrodicticum Simplex

    Deprim­ierend: GEO und dieSchlecht­en Jour­nal­is­mus muss man nicht lange suchen. Schlecht­en Wis­senschaft­sjour­nal­is­mus lei­der auch nicht. Ger­ade macht die Kri­tik am Wis­senschafts­magazin GEO die Runde, wo man sich beim The­ma “Alter­na­tivmedi­zin” ordentlich in die Nes­seln geset­zt hat. Ich habe lange über­legt, ob ich auch…

  11. Sheldon

    Statt Alter­na­tivmedi­zin…
    .. sollte man ein­fach Hokum sagen. Was anderes ist das näm­lich nicht. Alter­na­tiv­en (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Hokum)
    — Humbug
    — Schwindelei
    — Auf­schnei­derei (“alter­na­tive” Chirugie ;-))
    — Unsinn
    Oder man sagt ein­fach Verarsche.

  12. Anatol Stefanowitsch

    Begriff­salter­na­tiv­en
    Ich denke (wie Patrick Schulz), dass Pseudomedi­zin ein passendes Wort für alle aktuell prak­tizierten Tra­di­tio­nen der unwis­senschaftlichen „Heilkun­st“ ist (Homöopathie, Bach-Blüten, Schaman­is­mus, fer­nöstliche Tra­di­tio­nen wie Ayurve­da, Chi­ne­sis­che Medi­zin usw.). Das alles ist keine Medi­zin, tut aber so, und genau das drückt das Wort Pseudomedi­zin aus. Dass es wer­tend ist, ist klar, aber das ist ja wün­schenswert. In dem Moment, wo eine Tra­di­tion den Anspruch aufgibt, Medi­zin zu sein oder mit ihr zu konkur­ri­eren (z.B. wenn Ayurve­da als reine Wellnes-Dien­stleis­tung ange­boten wird), braucht sie sich dann auch nicht mehr Pseudomedi­zin nen­nen zu lassen, so wie wir ja eine Gurken­maske (gibt es sowas noch?) auch nicht als Pseudomedi­zin bezeichnen.
    Wenn man im his­torischen Zusam­men­hang über Tra­di­tio­nen spricht, die vor der Entste­hung der mod­er­nen (wis­senschaftlichen) Medi­zin prak­tiziert wur­den, bietet sich etwas wie vor­wis­senschaftliche Medi­zin an, wenn es um Tra­di­tio­nen geht, die auf die mod­erne Medi­zin hinge­führt haben, gin­ge auch Vor­läufer der Medi­zin.
    Wenn man über Dinge reden will, die nicht Medi­zin sind, aber trotz­dem einen Platz in der medi­zinis­chen All­t­agsprax­is haben sollen (falls es so etwas gibt), kön­nte man vielle­icht von Medi­z­inal­ter­na­tive sprechen. Ich bin mir sehr unsich­er, ob unwirk­same Behand­lungsmeth­o­d­en über­haupt einen solchen Platz haben soll­ten, weiß aber, dass viele prak­tizierende Ärzte das aus ver­schieden­sten Grün­den für wün­schenswert halten.

  13. Christian

    Ein wesentlich­er Grund für die Wahl…
    …der Worte beim “Brand­ing” von Schul- und Alter­na­tivmedi­zin scheint mir der im all­ge­meinen Sprachge­brauch fest ver­wurzelte Satz aus dem 1. Akt von “Ham­let” zu sein: “Es gibt mehr Ding’ im Him­mel und auf Erden, als Eure Schul­weisheit sich träumt, Hor­a­tio.” Oder nicht? So gese­hen ist “Schul­medi­zin” eine ziem­lich cle­vere Wortschöp­fung, impliziert sie doch (über die Brücke zu Ham­let) einen eng begren­zten Hor­i­zont (den die mod­erne Medi­zin ja nun wirk­lich nicht hat), während sie zugle­ich nichts direkt Neg­a­tives enthält, da die mod­erne Medi­zin die “schulis­che” Autorität — natür­lich — für sich beansprucht…

  14. Elias

    Noch ein Vorschlag…
    Wenn der Begriff nicht wer­tend sein soll, wie wäre es mit “Para­medi­zin”.
    Dieses Wörtchen drück­te tre­f­flich den eige­nen Anspruch der ganzen Quack­sal­ber aus, neben der “Schul­medi­zin” zu ste­hen oder gar “darüber hin­aus” zu gehen. Es läge auch nahe bei den “Parawis­senschaften”, die sich ja auch eher am Rande oder außer­halb der Wis­senschaften befind­en — und machte den­noch beim Hör­er des Wortes klar, wo die Unter­schiede sind. Schließlich wird ja auch nie­mand die Para­psy­cholo­gie mit der Psy­cholo­gie ver­wech­seln können.
    Je länger ich darüber nach­denke, desto bess­er gefällt mir dieses Wort.

  15. Jabroni

    Geschick­tes Marketing
    Aus mein­er Sicht ist die Wahl solch­er Begriffe kein Zufall. Es ist geschick­tes Mar­ket­ing. So geschickt, dass Geg­n­er der Quack­sal­berei manch­mal die gle­ichen Begriffe verwenden.
    Dazu etwas Satire:) http://businessjabroni.wordpress.com/…ivmedizin/

  16. Wentus

    Poli­tis­che Wortwahl
    Wenn Deutsche und Fran­zosen sich an einen Tisch set­zen, um beispiel­sweise über die Schuldenkrise zu sprechen, ist es unklug, sich gegen­seit­ig als “les boches” und “Froschfress­er” zu bezeichnen.
    Man ist also gezwun­gen, Wörter zu benutzen, die in bei­den Lagern akzep­tiert werden.
    Wir wer­den ständig mit bei­den Lagern der Medi­zin kon­fron­tiert. Ein gutes Beispiel wäre vielle­icht die “IGEL-Leis­tung” des Zah­n­medi­zin­ers, die Zähne zu ble­ichen. Er wird zugeben, dass es nicht der Zahn-Gesund­heit nützt, aber er wird wohl trotz­dem kaum das Wort “Quack­sal­berei” in den Mund nehmen. Er ver­di­ent näm­lich an den “Errun­gen­schaften” bei­der Lager.

  17. Dierk

    Missver­ständ­nis
    Ich glaube, hier liegt ein Missver­ständ­nis vor. Die Begriffe Schul­medi­zin und Alter­na­tivmedi­zin bzw. Naturmedi­zin sind von Hum­bugan­hängern gewählt wor­den, weil sie die eigentlich kor­rek­te Wer­tigkeit umdrehen. Schul­medi­zin wird kün­stlich neg­a­tiv belegt, Alter­na­tivmedi­zin pos­i­tiv, genau wie Ana­tol schreibt.
    Richtig ist, dass Medi­zin gut ist, Alter­na­tivmedi­zin aber eben Hum­bug. Ich sehe kein­er­lei vernün­fti­gen Grund, einen Begriff zu suchen, der snake oil bess­er daste­hen lässt, als es ist. Alter­na­tivmedi­zin ist Hum­bug, Quatsch, Betrug, Schweinerei und muss höch­stens der Präzi­sion hal­ber von anderem Dreck unter­schieden wer­den. Dafür eignet sich Pseudomedi­zin sehr gut, ken­nen wir doch bere­its den weit­er gefassten Begriff der Pseudowis­senschaft, zu der Homöopathie & Co. ohne Zweifel gehören.

  18. Stephan Schleim

    An der Ober­fläche geblieben
    Es wäre schön ein­fach, kön­nten wir in schwieri­gen Fra­gen ein­fach so der Duden-Redak­tion ver­trauen. Diese Def­i­n­i­tion ist aber nicht nur ein­fach, son­dern auch falsch – davon abge­se­hen, dass sie natür­lich nur neue schwierige Fra­gen aufwirft, wie z.B. “Was ist Wis­senschaft?”, “Was zählt als Evidenz?”
    Anders als die Duden-Redak­tion, wis­sen beispiel­sweise die Redak­tio­nen des New Oxford Amer­i­can Dic­tio­nary oder der Ency­clo­pe­dia Bri­tan­ni­ca, dass unsere Medi­zin nicht nur wis­senschaftliche Aspek­te hat, son­dern auch eine Prax­is ist – eine Prax­is des Helfens bei, Heilens und Vor­beu­gens von Krankheit. Siehe entsprechen die Selb­st­darstel­lung der Uni­ver­si­ty of Oxford.
    Umgekehrt, wenn wir schon beim Duden sind, hat man in der dor­ti­gen Redak­tion übri­gens keine Prob­leme, dem Begriff­s­paar “Schul­medi­zin” (= “Medi­zin, die an den Hochschulen gelehrt wird und all­ge­mein anerkan­nt ist”) und “Alter­na­tivmedi­zin” (= “Medi­zin, die als Alter­na­tive oder Ergänzung zu schul­medi­zinis­chen Behand­lungsmeth­o­d­en zu ver­ste­hen ist”) eine Bedeu­tung zu geben.

    Dass diese Schar­la­tane ständig die wis­senschaftliche Medi­zin angreifen, ist aus ihrer Sicht ver­ständlich, denn nichts bedro­ht einen Schar­la­tan mehr, als eine Wis­senschaft, die das liefern kann, was er verge­blich verspricht.

    Das sehen viele Medi­zin­er aber anders, weil sie beispiel­sweise selb­st alter­na­tive Meth­o­d­en ler­nen und anbi­eten oder an medi­zinis­chen Fakultäten sog­ar externes Know-How zum Unter­richt­en von Alter­na­tivmedi­zin einkaufen.
    Das hat­te ich übri­gens zum Anlass für einen Blog­beitrag genom­men (Gedanken zur Homöopathie) und in der Diskus­sion stellte es sich als kon­sens­fähig her­aus, dass die Alter­na­tivmedi­zin mit Blick auf das sub­jek­tive Lei­den eines Patien­ten manch­mal sog­ar mehr bieten kann als die Schulmedizin.

  19. Joachim

    Begriff­s­paare
    Ich denke, dass die Wahl der Begriff­s­paare stark davon abhängt, wen man erre­ichen möchte. Wenn ich in einem Text vor­rangig die Befür­worter der nicht medi­zinis­chen Meth­o­d­en erre­ichen möchte, dann halte ich mich an ihren Wortschatz:
    Schul­medi­zin Alternativmedizin
    Das Wort “Schul­medi­zin” wurde zwar von Hah­ne­mann als Kampf­be­griff in ein­deutig abw­er­tender Bedeu­tung einge­führt, es wird aber von vie­len Laien recht neu­tral ver­standen. Es gibt als dur­chaus überzeugte Schul­medi­zin­er, für die das Wort pos­i­tiv klingt.
    Wenn ich die Medi­zingeg­n­er ein biss­chen pie­sack­en möchte, nutze ich das Begriffspaar:
    Alter­na­tivmedi­zin richtige Medizin
    Und wenn ich die Alter­na­tiv­en ärg­ern möchte, ver­wende ich ein­deutige Begriffe, wie Pseudomedizin.
    Dinge wer­den nicht durch einen Wech­sel der Wörter bess­er oder schlechter. Ich kann einen Artikel gegen Schar­la­taner­ie schreiben, ohne dieses Wort zu benutzen. Der Vorteil dabei ist, dass das die Wahrschein­lichkeit erhöht, dass die Schar­la­tane die Kri­tik auch lesen.

  20. Joachim

    @Stephan Schleim
    “dass die Alter­na­tivmedi­zin mit Blick auf das sub­jek­tive Lei­den eines Patien­ten manch­mal sog­ar mehr bieten kann als die Schulmedizin.”
    Aber nur, weil die durch gute Lob­b­yarbeit bess­er bezahlt werden.

  21. Stephan Schleim

    @ Joachim: Was meinst du?
    Das Durch­schnitts­ge­halt eines Radi­olo­gen in Deutsch­land beträgt ca. EUR 400.000 im Jahr. Zugegeben, das ist die Spitze unter den Medi­zin­ern, den Durch­schnitt von allen habe ich nicht mehr im Kopf; der dürfte aber deut­lich höher liegen als der­jenige der Alternativmediziner.
    Geset­zliche und pri­vate Kranken­ver­sicherun­gen kämpfen ger­ade deshalb dafür, die Alter­na­tivmedi­zin im Leis­tungskat­a­log zu behal­ten, weil sie damit ordentlich Geld sparen können.
    Was meinst du also?

  22. Rumo

    Alter­na­tiven­suche
    @A.S.: Inhaltlich mag der Begriff “Pseudomedi­zin” ja völ­lig kor­rekt sein, ich finde aber trotz­dem, dass er nicht unbe­d­ingt geeignet ist für eine ern­sthafte Auseinan­der­set­zung mit dem The­ma. Denn wenn man so einen Artikel über “Pseudomedi­zin” schreibt, dann legt man damit im Grunde schon von Anfang an fest, was von dieser Form der “Medi­zin” zu hal­ten ist, obwohl das ja eigentlich das ist, was erst am Ende des Artikels als Ergeb­nis her­auskommt. Im “Nach­hinein” hat man dann mit sein­er Begriff­swahl zwar recht (und im Grunde hat man das natür­lich schon von vorn­here­in, weil man als — “vernün­ftiger” — Autor, das ja auch tat­säch­lich schon von Anfang an weiß), aber für den Leser klingt das dann doch so, als wäre man vor­ein­genom­men und wäre bere­its von Anfang an davon aus­ge­gan­gen, dass diese Medi­zin gar nicht nüt­zlich sein kann (also zu Beginn der Recherche über dieses The­ma bereits).
    Für den­jeni­gen Leser, der selb­st schon zuvor eben­falls dieser Mei­n­ung war, ist das natür­lich kein Prob­lem, für einen Leser, der der Alter­na­tivmedi­zin gegenüber aufgeschlossen ist, wirkt das aber evtl. eher so, als wäre der Autor ein­fach nur Ignorant/Arrogant gegenüber “neuem” und er wird die eigentliche Botschaft/Erkenntnis des Artikels ver­mut­lich gar nicht mehr ernst nehmen. Dabei dürften ja ger­ade solche Leute das Ziel eines (vernün­fti­gen) Artikels über Alter­na­tivmedi­zin sein (also Leute, die demge­genüber aufgeschlossen aber nicht fanatisch ver­fall­en sind und die man durch einen sach­lichen Artikel dazu über die Wahrheit über die Alter­na­tivmedi­zin “aufk­lären” kann).
    Und das klappt mMn wesentlich bess­er, wenn man ver­sucht eine möglichst wert­neu­trale Wort­wahl zu ver­wen­den und dem Leser das Gefühl zu geben, dass man dem The­ma zumin­d­est die “Chance” gegeben hat ernst genom­men zu wer­den (an den Fak­ten ändert sich dadurch ja nichts und ein guter Artikel sollte daher auch mit dieser Wort­wahl noch überzeu­gend sein).
    @Elias: “Para­medi­zin” finde ich gut — ist vielle­icht sog­ar noch etwas präzis­er als “Alter­na­tivmedi­zin”. Müsste man dann halt ver­mut­lich nur am Anfang eines Artikel erklären/definieren, da dieser Begriff — zumin­d­est nach meinem Sprachempfind­en — bei weit­em nicht so ver­bre­it­et ist, wie “Alter­na­tivmedi­zin”.
    @Dierk: Ist aber irgend­wie ein beden­klich­es Zeichen, wenn das so ein­fach geht: Denn eigentlich sollte das Prä­fix “Schul-” in diesem Zusam­men­hang doch ein­deutig pos­i­tiv wirken (und für mich ist das ja auch so). Wenn dem nicht so ist, müsste man sich mal fra­gen, warum (Schul-)bildung bei uns eine der­art neg­a­tive Kon­no­ta­tion hat…
    Edit: Im Grunde kann ich mich auch ein­fach Joachims Beitrag anschließen — dieser drückt (ein wenig ver­ständlich­er) eigentlich genau das aus, was ich sagen wollte…

  23. Statistiker

    Zur Doofheit eines Ste­fan S. sag ich mal nicHts.…. das ist selbstentlarvent.…
    Was ich eklig finde, ist fol­gende Aus­sage: “aber auch nicht all­heili­gen) Evidenz-Kriteriums”
    Doch. Nur die Evi­denz ist “all­heilig”. damit hat sich GEO als dum­m­dreist und blöd erwiesen.….

  24. chefarztfraulicher:beobachter

    Homöopathie: Die neue Schwatzkun­st bleibt die alte… Ana­tol Ste­fanow­itsch hat die Sprach- und Geis­tesver­let­zun­gen des Homöopathie-Opfers Jens Schröder in den SciLogs dokumentiert …

  25. Irene

    Entwed­er, eine Behand­lungsmeth­ode kann erwiesen­er­maßen Krankheit­en und/oder deren Symp­tome ver­hüten oder heilen, dann fällt sie in den Bedeu­tungs­bere­ich des Wortes Medi­zin; oder sie kann das nicht, dann fällt sie nicht in diesen Bedeu­tungs­bere­ich und kann nicht mit dem Wort Medi­zin beze­ich­net werden.
    Medi­zin ist heute vor allem das, was die Phar­main­dus­trie bestellt und bezahlt und mit PR begleit­et hat. Der Rest ist Erfahrungswis­sen oder Eso­terik (die Zuord­nung hängt hier nicht zulet­zt von per­sön­lichen Vor­lieben ab) und ein klein wenig unab­hängige Wissenschaft.
    Etliche zuge­lassene Anti­de­pres­si­va wirken auch nicht bess­er als Place­bos (ich meine, es bet­rifft die Gruppe der SSRI). Nur gibt es dazu keine empörten Kam­pag­nen so genan­nter Skep­tik­er (von denen übri­gens die wenig­sten ein natur­wis­senschaftlich­es oder medi­zinis­ches Fach studiert haben). Warum eigentlich nicht, wenn es doch ange­blich um die Wis­senschaftlichkeit in der Medi­zin geht (und nicht etwa um Selb­st­gerechtigkeit oder Populismus)?
    Zum insze­nierten Gegen­satz Schul­medi­zin — Alter­na­tivmedi­zin: Ich arbeite ger­ade an einem Patien­ten­rat­ge­ber, der möglicher­weise auch einen kleinen Abschnitt über Homöopathie enthal­ten wird. Dort kommt unter anderem fol­gende For­mulierung vor: “…homöopatis­ches X [Mit­tel­name] ist kein Ersatz für Y [Medika­ment], wed­er aus medi­zinis­ch­er noch aus homöopathis­ch­er Sicht”. Ich denke, ich werde das so belassen.
    (Belehrende Mails von wem auch immer, was ich in meinen Rat­ge­ber rein­schreiben soll, sind übri­gens zwecklos.)

  26. Stephan Schleim

    @ “Sta­tis­tik­er”
    Danke, das “Kom­pli­ment” gebe ich gerne zurück. Man braucht neben den fach­lichen Quellen und Wörter­büch­ern, die ich angegeben habe, nur mal eine Recherche in ein­er wis­senschaftlichen Daten­bank zu machen um zu sehen, dass es beispiel­sweise im ISI Web of Sci­ence >2.600 Artikel gibt, die allein im Titel den Aus­druck “alter­na­tive med­i­cine” führen.
    Wie viel “Evi­denz” muss man eigentlich noch liefern, um zu bele­gen, dass nicht nur der durch­schnit­tlich kom­pe­tente Sprech­er der deutschen Sprache den Unter­schied zwis­chen “Schul-” und “alter­na­tiv­er Medi­zin” ver­ste­ht, son­dern auch tausende von Fach­leuten tagtäglich damit arbeiten?
    Als “Sta­tis­tik­er” kön­nen Sie mir diese Frage ja ganz sich­er sach­lich beantworten.

  27. Irene

    Alter­na­tiv zum Medikamentenbudget
    Ich reiche noch eine nahe liegende Behaup­tung nach: Ärzte zück­en aus wirtschaftlichen Grün­den lieber den grü­nen als den roten Rezept­block. Viele Ärzte empfehlen ihren Kassen­pa­tien­ten erst mal was was mehr oder weniger Alter­na­tives, weil das ihr Bud­get schont.

  28. Kritisch gedacht

    GEOgate: eine Nach­le­seEigentlich hat­te ich mich nur über GEO geärg­ert: Zuerst wegen der Titelgeschichte, die auf­grund des CAM-fre­undlichen bias ihrer Autorin zur unkri­tis­chen Jube­lar­ie über die uralte “neue Heilkun­st” wurde. Und dann wegen der pubertär-belei­digten Reak­tion auf die Kri­tik, die der/die Moderator/in…

  29. topi

    Jet­zt lan­dete mein seit­en­langer Kom­men­tar im off.
    Also nur sehr kurz: Evi­denzbasierung ist keineswegs entschei­dend für die Hochschul­medi­zin, son­dern die Wis­senschaftlichkeit der aufgestell­ten The­o­rien über Methodenwirkungen.
    Die Evi­denz ist oft erschreck­end, Place­bo-Knie-OP, Spinalka­nal­spritzen, um nur mal ganz mod­erne Beispiele zu nennen.

  30. wirres.net

    links vom 28.08.2011… Homöopathis­che Sprach­fall­en und wie GEO sie nicht vermeidet …

  31. Mortimer

    @ Stephan: dün­ner gehts nümmer
    “Man braucht neben den fach­lichen Quellen und Wörter­büch­ern, die ich angegeben habe, nur mal eine Recherche in ein­er wis­senschaftlichen Daten­bank zu machen um zu sehen, dass es beispiel­sweise im ISI Web of Sci­ence >2.600 Artikel gibt, die allein im Titel den Aus­druck “alter­na­tive med­i­cine” führen.”
    Schau dir diese Artikel ein­fach mal an. (darunter sind übri­gens viele, die “Alter­na­tiv-Medi­zin” wis­sentschaftlich prüfen — und ent­lar­ven. Was soll deine “Zahl” (ohne Rela­tion zur “S‑Medizin” wohlge­merkt) aus­sagen oder gar belegen?)
    “Wie viel “Evi­denz” muss man eigentlich noch liefern, um zu bele­gen, dass nicht nur der durch­schnit­tlich kom­pe­tente Sprech­er der deutschen Sprache den Unter­schied zwis­chen “Schul-” und “alter­na­tiv­er Medi­zin” ver­ste­ht, son­dern auch tausende von Fach­leuten tagtäglich damit arbeiten?”
    Den Begriff ver­ste­hen ist das eine. Damit arbeit­en etwas anderes.
    Wer damit “arbeit­et”, ohne Evi­denz für Wirk­samkeit vor­legen zu kön­nen, ist ein Schar­la­tan. Wenn Evi­denz vor­liegt, ist es keine “A‑Medizin” mehr, son­dern “Schul-Medi­zin” (wenn man diese Begriffe über­haupt bemühen möchte, s. Artikel und Kommentare).

  32. Markus A. Dahlem

    Dass ISI Web of Sci­ence über 2.600 Artikel anführt mit den Aus­druck “alter­na­tive med­i­cine” im Titel oder auch die 5218 Artikel in PubMed (Suche im Titel und Abstrakt), deutet für mich zwar auf eine in der Fach­lit­er­atur schon erstaunlich geringe Nutzung des Terms hin. (Zum Ver­gle­ich: “acupunc­ture” (im gewis­sen Sinne eine Unter­menge) wird 16883 und “migraine” wird 24751 in PubMed gefun­den.) Allerd­ings doch hoch genug, um ihn nicht ein­fach unbeachtet lassen zu können.
    Ich habe also mal die Kom­bi­na­tion bei­der gesucht (“alter­na­tive med­i­cine” migraine) und mir die 31 gefun­de­nen Artikel angesehen.
    Fast immer fand ich die Kom­bi­na­tion “com­ple­men­tary and alter­na­tive med­i­cine” oder “complementary/alternative med­i­cine” was auch als “CAM” abgekürzt wird. Manch­mal, eher sel­ten, fand ich zur Gegenüber­stel­lung “con­ven­tion­al medicine”.
    Aus diesen weni­gen Artikeln kann ich nicht viel ableit­en, aber CAM scheint vor allem von dem Patien­ten gewün­scht zu sein. Ein Zitat
    Our find­ings sug­gest that headache clin­ic migraine patients, in their need of and quest for care, seek and explore both con­ven­tion­al and CAM approach­es. Physi­cians should be made aware of this patient-dri­ven change in the med­ical cli­mate in order to pre­vent mis­use of health­care resources
    Das trifft es wohl ganz gut. Stephan ver­weist ja auch auf die Selb­st­darstel­lung der Medi­zinis­chen Fakultät an der Uni­ver­si­ty of Oxford.
    Med­i­cine is an applied sci­ence, but it is equal­ly about deal­ing sym­pa­thet­i­cal­ly and effec­tive­ly with indi­vid­u­als, whether they be patients or colleagues.
    Es geht in der Prax­is um den Men­schen. Genau deswe­gen ist die Medi­zin dort und nur dort also in der Prax­is keine exak­te Wis­senschaft mehr und Alter­na­tiv­en kom­men ins Spiel — nicht zulet­zt um den Place­bo mit auszunutzen und den Selb­s­theilungskräften zunächst auch mal Zeit zu geben, wo ange­bracht. Vor allem aber, weil wir nicht am Men­schen vor­bei (be)handeln kön­nen. (Ger­ade das macht ja Aufk­lärung so wichtig und den GEO-Artikel zum Skandal).
    Das heißt aber sich­er nicht, dass die Medi­zin der Forschung, in klin­is­chen Stu­di­en, in den Hörsälen der Uni­ver­sitäten nicht doch eine ange­wandte Wis­senschaft ist, eine exak­te. Und an diesen Orten gibt es auch nur eine Medi­zin, eine die sich sehr wohl bewusst ist was Alter­na­tiv­en wann leisten.
    Deswe­gen halte ich den Begriff des Grabenkampfes auch in der Tat für völ­lig absurd, die Anwen­dung (und damit die Beze­ich­nung) “alter­na­tiv­er” oder “kom­ple­men­tär­er” Meth­o­d­en allerd­ings haben ihre Berech­ti­gung im Reper­toire des Mediziners.
    Wer damit arbeit­et muss keine Schar­la­tan sein.

  33. Dierk

    @Rumo
    Da hast du recht, Schul­bil­dung sollte eigentlich pos­i­tiv belegt sein, und die Gründe, warum das nicht so ist, wären sich­er inter­es­sant [Tipp für stud. cand. divers­er Fäch­er]. Es wäre jet­zt ein Leicht­es, wieder ein­mal “die” Deutschen rauszupick­en, die von Schule und Experten nichts hal­ten, allerd­ings sehe ich auch in anderen Län­dern — z.B. den USA — einen starken Hang, Bauch­hirn über Kopfhirn zu stellen.
    Das bere­its ange­brachte Ham­let­z­i­tat ist allerd­ings tat­säch­lich ein Beispiel für Deutsche Roman­tik und Deutschen Ide­al­is­mus. Shake­speare schrieb von ‘your phi­los­o­phy’, was sich auf Hor­a­tios [eingeschränk­te] Welt­sicht bezieht. Von Schule ist da nir­gends die Rede, die kam erst in der Schlegel-Tieck’schen hinein — ein­er Über­set­zung, die den ide­al­is­tis­chen Vorstel­lun­gen Deutsch­er Roman­tik entstammte.
    Lei­der ist es auch nicht so, dass die pos­i­tiv­en wie neg­a­tiv­en Kon­no­ta­tio­nen von Wörtern auf ewig fest­gelegt wären, viel hängt auch davon ab, wer es benutzt, bei wem es ankommt und wie der spez­i­fis­che Kon­text ist.* Ein streng kon­ser­v­a­tiv eingestell­ter Men­sch wird ‘alter­na­tiv’ eher neg­a­tiv sehen, bis hin zur irri­gen Idee, dass eine Angele­gen­heit gut sein muss, wenn sie ‘alter­na­tiv­los’ ist.
    Wobei wir es in unserem Beispiel sog­ar mit Mod­i­fika­toren zu tun haben, die in ein Wech­sel­spiel mit dem zu mod­i­fizieren­den Wort treten.
    *Ein bald schon klas­sis­ches Beispiel ist der ‘Gut­men­sch’.

  34. Stephan Schleim

    @ Mor­timer: Bitte lesen
    Erstens lesen Sie bitte den Blog­post und wenn Sie ihn ver­ste­hen, dann ist Ihnen klar, dass es darin nicht nur um die Wirk­samkeit von alter­na­tiv­er Medi­zin geht, son­dern auch um die Bedeu­tung des Begriffs.
    Zweit­ens lesen Sie bitte meine Kom­mentare und wenn Sie diese ver­ste­hen, dann ist Ihnen klar, dass es darin entsprechend um die Bedeu­tungs­frage geht. Also ist es nicht dünn, auf den ver­bre­it­eten Sprachge­brauch hinzuweisen – in der all­ge­meinen sowie in der Fach­sprache –, son­dern der einzige Weg, der mir gang­bare Weg, die Frage zu beantworten.
    Wenn Sie ander­er Mei­n­ung sind, dann stellen Sie bitte Ihren eige­nen Lösungsweg vor, anstatt hier blind in die Runde zu behaupten; ins­beson­dere dann, wenn Sie für sich beanspruchen, wis­senschaftlich zu sein.

  35. Stephan Schleim

    @ Markus: Rech­nen, rechnen
    Natür­lich ver­mis­chst du die Suchkri­te­rien, wenn du ein­mal eine title und dann eine top­ic search machst und die Ergeb­nisse miteinan­der ver­gle­ichst – alle Titel sind im The­ma enthal­ten aber nicht umgekehrt. Für topic=“alternative med­i­cine” kommt ISI auf +6.500 Hits.
    Es geht hier doch allein um die Frage, welchen Sinn der Aus­druck hat.
    In etwa die gle­iche Anzahl find­et sich übri­gens für title=acupuncture. Für psy­chopa­thy sind es etwas mehr als tausend. In welch­er Hin­sicht sollen es also wenige Beiträge sein? Das leuchtet mir nicht ein.

  36. DrNI

    Bad Sci­ence und Schimpfwörter
    Zu diesem The­ma empfehle ich das Buch “Bad Sci­ence”. Nun gut, es hat eher polemisch wirk­ende Län­gen, aber alles in allem erk­lärt es recht gut, was Sache ist im Grabenkampf zwis­chen Medi­zin und, erm nun­ja, eben doch Nicht-Medizin.
    Doch zurück zu Worten und Sprache: Von eini­gen Anhängern des Homöopathie-Glaubens wird “Schul­medi­zin” wie ein Schimpf­wort gebraucht. Ein Wort, das man nur mit spitzen Fin­gern bzw. spitzer Zunge anfasst. Etwas ähn­lich­es habe ich auch schon bei einem Super­spießer erlebt, der “Musik­er” als Schimpf­wort führte. Es ist inter­es­sant, wie man rein über den Kon­text diese Verknüp­fung von einem han­del­süblichen Wort mit etwas neg­a­tivem her­stellen kann.
    (Mh, vielle­icht hätte ich nicht so viele von diesen Kügelchen nehmen sollen, ich denke ja schon ganz wirr!)

  37. Statistiker

    Danke
    @ Mor­timer. Das erspart mir eine weit­erge­hende Antwort. Dieser Ste­fan S. benutzt das Wort “Alter­na­tivmedi­zin”, ohne es zu ver­ste­hen, wie auch viele Fußball­fans “Abseits” brüllen, ohne zu wis­sen, was in den Regeln ste­ht. Naja, so sind sie halt, die Esoidiotiker.…

  38. Stephan Schleim

    *Gähn*
    Ist das eigentlich mein Fehler, dass ich davon aus­ge­gan­gen bin, zu ein­er akademis­chen Frage auf ein­er Plat­form über Wis­senschaft eine Diskus­sion führen zu kön­nen, in der Men­schen wenig­stens ver­suchen, ihre Mei­n­ung mit Argu­menten und Bele­gen zu begründen?
    Naja, es gibt zum Glück noch andere Foren. Vielle­icht sieht man sich dort demnächst.

  39. Klausi

    Ver­brä­men
    Ich neige auch nicht zum Quack­sal­ber­tum, aber ich bin auch kein kri­tik­los­er Anhänger der medi­zinis­chen Wis­senschaft oder gar der Ärzteschaft. In bei­den Fakultäten men­schelt es mir zu sehr.
    Was ist nicht schon alles für ein Blödsinn im Namen der Wis­senschaft verzapft wor­den! Jüng­stes Beispiel ist die Sache mit dem Kaf­feetrinken. Da wurde doch tat­säch­lich Jahre lang verkün­det, dass man beim Kaf­feekon­sum dem Kör­p­er mehr Wass­er entziehe, als man ihm beim Kaf­feetrinken zuführen könne. Erst jüngst wurde diese “wis­senschaftliche Erken­nt­nis” klein­laut wieder zurückgenom­men. Es soll nun doch mehr Wass­er verbleiben als gle­ichzeit­ig dem Kör­p­er ent­zo­gen würde.
    Der Beispiele sind so viele, dass man annehmen möchte, die Unter­schiede zwis­chen Wis­senschaft und Schar­la­taner­ie sind nicht beson­ders groß. Zumin­d­est sitzt man in Wis­senschaft und Medi­zin immer noch eit­el auf dem hohen Ross. Selb­stkri­tik ist so gut wie unbekan­nt. Und wer verkün­det schon laut, dass die gewonnenen Erken­nt­nisse immer als vor­läu­fige zu betra­cht­en sind und man schon mor­gen klüger sein kann?
    Zum The­ma Sprache zurück­zufind­en, ist leicht. Sprache soll oft genug etwas bagatel­lisieren, beschöni­gen, ide­al­isieren, schönen,
    ver­harm­losen oder ver­schleiern. In der Medi­zin dient dazu nach wie vor das Ärztelatein, in der Wiis­senschaft die soge­nan­nte Fach­sprache und in den Medi­en und in der Wer­bung sind es heutzu­tage die Anglizis­men, hin­ter denen sich diese Absicht­en verstecken.

  40. Stephan Schleim

    @ A.S. Begründungen
    Gehst du mit deinen Stu­den­ten eigentlich auch so um, wenn sie eine andere Mei­n­ung vertreten und nach Bele­gen für deine fra­gen, sich über sie lächer­lich zu machen und sie zu belei­di­gen? Fände ich ziem­lich schade für den Gedanken der Universität.
    Um in den Äußerun­gen “Mor­timers” oder “Sta­tis­tik­ers” ein Argu­ment zu find­en, müsste ich schon LSD nehmen und mit dem Mikroskop suchen. Ist bitte jemand so fre­undlich, mir eine E‑Mail zu schick­en, falls sich hier doch noch jemand die Mühe machen sollte? Eigentlich will ich das näm­lich nicht mehr lesen, son­dern lieber den Blick auf die See genießen.
    Grüße von der MS Friesland.

  41. Irene

    Noch was dazu:
    Das Wort “Schul­medi­zin” wurde zwar von Hah­ne­mann als Kampf­be­griff in ein­deutig abw­er­tender Bedeu­tung eingeführt …
    Ich habe es auch so in Erin­nerung, dass der Begriff von Hah­ne­mann stammt, hat­te aber gestern keinen Beleg parat und war mir nicht ganz sich­er. Dass er einen Kampf­be­griff ver­wandte, kann man ihm jeden­falls nicht ver­denken — damals haben Ärzte noch unverdün­ntes Arsen und Queck­sil­ber als Medika­mente einge­set­zt. Manche Homöopa­then haben für ihre Zeit schon recht wis­senschaftlich gear­beit­et, zum Beispiel der Arzt Con­stan­tin Hering.
    Mich erin­nert der Begriff Schul­medi­zin ein wenig an die For­mulierung “emi­nenzbasierte Medi­zin”, die von Markus Grill stammt oder von ihm ver­wen­det wird.
    Und das heutige Medi­zin­studi­um ist ja tat­säch­lich recht ver­schult, es geht vor allem darum, den Stoff für den näch­sten Mul­ti­ple-Choice-Test auswendig zu ler­nen. Wis­senschaftlich denken lernt man dabei nicht unbe­d­ingt, auch nicht unbe­d­ingt logisch denken. Manchen Ärzten fehlt das Bewusst­sein dafür, dass die Aus­sagen des geschätzten Pro­fes­sors von damals der Irrtum von heute sein könnte.

  42. Stefan Wagner

    Schul­medi­zin
    Die Schul­medi­zin wird sich als Kampf­be­griff lei­der schnell selb­st erledi­gen, wenn der Einzug der Para­medi­zin auf den Uni­ver­sitäten weit­erge­ht — ange­fan­gen hat es ja schon (Frankfurt/Oder, oder?).
    Dass die Unis ein blühen­der Kor­rup­tion­ssumpf sind hat sich ja lei­der in den let­zten Monat­en erwiesen.
    Der Pri­vatisierungs­druck hat die Unis weit­er gegenüber Ein­flüssen geöffnet, die höhere Inter­essen als Evi­denz, Wahrheit und Gutes ver­fol­gen, ohne gle­ichzeit­ig ein Gegengewicht, Kon­trol­linstanzen oder Ein­fluß­fak­toren zu schaffen.
    Mit from­men Wün­schen wird es nicht getan sein.
    Wenn nicht gehan­delt wird, wer­den die Skep­tik­er als Pausen­clowns ins Nacht­pro­gramm des ÖR-Fernse­hens abgeschoben, und Ruhe ist. Es ist ja ger­ade die geistige Elite, die die Pseudomedi­zin am stärk­sten nachfragt.

  43. Stephan Schleim

    P.S. eCAM
    Es gibt übri­gens seit 2004 sog­ar ein Jour­nal Evi­dence-Based Com­ple­men­tary and Alter­na­tive Med­i­cine.

    Evi­dence-Based Com­ple­men­tary and Alter­na­tive Med­i­cine (eCAM) is an inter­na­tion­al, peer-reviewed jour­nal that seeks to under­stand the sources and to encour­age rig­or­ous research in this new, yet ancient world of com­ple­men­tary and alter­na­tive medicine.

    ISI Impact Fac­tor = 2,96. Das dürfte höher sein als die meis­ten sprach­wis­senschaftlichen Jour­nals, oder? 😉

  44. Anna

    Falls der Begriff ‘Schul­medi­zin’ wirk­lich von Hah­ne­mann stammt, kön­nte er ihn in Analo­gie zum Begriff ‘Schul­philoso­phie’ gebildet haben, mit dem man die frühaufk­lärerische Philoso­phie vor allem Chris­t­ian Wolffs beze­ich­net hat, die dann vom späteren Kant und auch franzö­sis­chen Strö­mungen abgelöst wurde.

  45. Irene

    @ Anna: Ja, das wäre mal inter­es­sant, dem auf den Grund zu gehen. Wie war das vor 200 Jahren tat­säch­lich gemeint?

  46. Joachim

    @Stephan Schleim
    “Was meinst du also?”
    Ganz konkret:
    Das der Gebührenord­nung für Ärzte beträgt der ein­fache Gebühren­satz für eine Homöopathis­che Erstanam­nese 52,46€ der Gebühren­satz für eine Medi­zinis­che Unter­suchung zur Erhe­bung des Ganzkör­per­sta­tus beträgt nur 15,15€. Für die gut 37€ Dif­ferenz kön­nte sich auch der nicht-homöopathisch arbei­t­ende Arzt mehr Zeit für eine einge­hende Beratung nehmen. Zumal tat­säch­liche auch das 3,5‑fache abgerech­net wer­den kann.

  47. Markus A. Dahlem

    Wer Kom­pli­anz schafft, hat recht
    @Stephan: Ich hat­te ja im direk­ten Ver­gle­ich “acupunc­ture” mir angeguckt, was im gewis­sen Sinne eine Unter­menge der alter­na­tiv­en Meth­o­d­en ist und ins­ge­samt 16883 vorkommt. Rel­a­tiv dazu also sind es wenige Beiträge.
    Ich will mal all­ge­mein fol­gen­des zu bedenken geben, näm­lich dass selb­st die besten (natür­lich wis­senschaftlich begrün­de­ten) Behand­lungsmeth­o­d­en oft nur Teil­er­folge vor­weisen kön­nen, und leicht wegen dieses nur teil­weisen erfol­gten Erfolges gar nicht mehr richtig befol­gt werden.
    Das A und O jed­er Ther­a­pie ist deswe­gen die Kom­pli­anz des Patien­ten. Um diese zu erre­ichen und zu hal­ten, kom­men oft Alter­na­tiv­en, die kom­ple­men­tär zur begren­zten Ther­a­pi­en ange­boten wer­den, ins Spiel.
    Ein­fach­es Beispiel: Es gibt eine medika­men­töse Akut­ther­a­pie, bei der max­i­mal 2–3 Tablet­ten pro Monat gegen eine Anfall­skrankheit genom­men wer­den dür­fen, Anfälle aber 4–5 mal pro Monat auftreten.
    Der Patient kann nun ein­fach 4–5 mal das (rezept­freie) Medika­ment nehmen und bleibt völ­lig frei von Symp­tomen, riskiert aber später bleibende Schä­den. Das A und O dieser Ther­a­pie sind also die Kom­pli­anz des Patien­ten und — genau — die Alter­na­tiv­en die kom­ple­men­tär zur dieser medika­men­tösen Ther­a­pie ange­boten wer­den kön­nen, für die Anfälle, denen der Patient son­st mit leeren Hän­den da steht.
    Das kann, je nach Patient, ver­schiedenes sein, Yoga, Pro­gres­sive Muske­lentspan­nung, acht­samkeits­basierte Stressre­duk­tion, die Gurken­makse, die Wahrheit.
    Das sind Alter­na­tiv­en nicht im Sinne eines Ersatzes, son­dern eines Zusatzes.
    So prag­ma­tisch scheint mir die Bedeu­tung des Begriffs “alter­na­tive Medi­zin” oder “kom­ple­men­täre Medi­zin”, heute von vie­len Medi­zin­ern in der Prax­is ver­standen zu werden.

  48. Joachim

    Wie war das vor 200 Jahren tat­säch­lich gemeint?”
    Natür­lich bezog sich der Begriff vor 200 Jahren auf die dama­lige Quack­sal­berei und nicht auf mod­erne Medi­zin. Das ist his­torisch sich­er inter­es­sant, spricht aber für die heutige Ver­wen­dung des Begriffs keine Rolle mehr.

  49. Petra

    Mir fehlt hier der Begriff “Appa­ratemedi­zin” als Gegen­stück zur “Alter­na­tivmedi­zin”.
    Die alter­na­tive Medi­zin hat ja auch bei den “Schul“medizinern einen gewis­sen Stel­len­wert, sie ist nicht nur Hum­bug und Esotherik und soll eben im Gegen­satz zu der Schul­medi­zin mit den hochgerüsteten Appa­rat­en san­fter wirken.

  50. Irene

    @ Petra: Appa­ratemedi­zin und Alter­na­tivmedi­zin ist auch ein Scheingegensatz.
    Die oben erwäh­n­ten Radi­olo­gen ver­di­enen mit ihren Appa­rat­en deshalb so gut, weil sie wie am Fließband arbeit­en und z.B. viele unnötige Szinti­grafien machen, ohne den Patien­ten vorher gesprochen zu haben. Die Indika­tion beschränkt sich nicht sel­ten darauf, dass der Hausarzt eine Über­weisung ausstellt und die Arzthelferin des Radi­olo­gen bei der Ter­min­ver­gabe gle­ich eine Szinti­grafie ein­plant (oft mit der Anweisung, die Medika­mente abzuset­zen), weil nun mal das das Kerngeschäft der Prax­is ist. Der Gegen­satz wäre aber nicht Alter­na­tivmedi­zin, son­dern z.B. ärztliche Ver­ant­wor­tung. Die Verän­derung wird aber eher von den Patien­ten aus­ge­hen, die sich mit­tler­weile via Inter­net selb­st über Unter­suchun­gen kundig machen kön­nen, anstatt sich untertänig in irgen­deinen üblichen Ablauf einzufügen.
    Hier übri­gens ein Artikel, in dem “Appa­ratemedi­zin” vorkommt:
    http://www.brandeins.de/…el/sanfte-rebellen.html

  51. Stephan Schleim

    Geschichte
    @ Joachim, das sind inter­es­sante Zahlen. Mein­er Erin­nerung nach wur­den alter­na­tive Meth­o­d­en aber doch erst in jün­ger­er Zeit in die Leis­tungskat­a­loge von Kranken­ver­sicherun­gen aufgenom­men. Mir scheint daher, dass die Schul­medi­zin lange genug Zeit gehabt hätte, diesen Ser­vice ohne die Konkur­renz zu bieten. Dass sich umgekehrt diese Leis­tun­gen in jün­ger­er Zeit insti­tu­tionell etabliert haben, scheint mir dafür zu sprechen, dass sie eben auch eine bes­timmte Nach­frage der Patien­ten ansprechen und für kosten­ef­fizient gehal­ten werden.
    Im Übri­gen stimme ich dir aber zu und warne ich ins­beson­dere vor einem geneal­o­gis­chen Fehlschluss: Woher ein Wort kommt, das kann manch­mal infor­ma­tiv sein, liefert aber keine endgültige Antwort auf die Frage sein­er Bedeutung.
    @ Markus: Inter­es­santes Gedanken­fut­ter. Mein­er Ein­schätzung nach – und tat­säch­lich habe ich in mehreren Papers unter­stützende Aus­sagen gefun­den – sind es (in unseren Kul­turkreisen) vor allem chro­nisch Kranke, denen von Schul­medi­zin­ern nicht oder nur teil­weise geholfen wer­den kann, die dann alter­na­tive Heil­meth­o­d­en ausprobieren.

  52. Irene

    Im Übri­gen stimme ich dir aber zu und warne ich ins­beson­dere vor einem geneal­o­gis­chen Fehlschluss: Woher ein Wort kommt, das kann manch­mal infor­ma­tiv sein, liefert aber keine endgültige Antwort auf die Frage sein­er Bedeutung.
    Das hat ja auch nie­mand erwartet.
    (Dass Anna und ich Frauen sind, heißt nicht, dass jet­zt ein Mann nach dem anderen den belehren­den Zeigefin­ger reck­en muss.)

  53. Stephan Schleim

    @ Irene
    Sor­ry, natür­lich ist die Frage his­torisch inter­es­sant, auch wenn sie dann nur noch wenig mit der These Ste­fanow­itschs zu tun hat, und den geneal­o­gis­chen Fehlschluss habe ich keinem von Ihnen unterstellt.
    Wenn Sie die anderen Kom­mentare gese­hen haben, dann ist Ihnen vielle­icht aufge­fall­en, dass hier dur­chaus auch unter Män­nern belehrende Zeigefin­ger vorkommen. 🙂

  54. Anatol Stefanowitsch

    Appa­ratemedi­zin
    Appa­ratemedi­zin — noch so ein Wort, das nie­mand braucht, außer Schar­la­ta­nen, die damit ein Bild von der Kälte und See­len­losigkeit der (wis­senschaftlichen) Medi­zin malen wollen, neben dem sie selb­st dann warm und men­schlich wirken.

  55. Irene

    @ A.S.: Ein Prob­lem ist es schon, dass für das Gespräch mit den Patien­ten rel­a­tiv wenig Geld da ist. Manche Ärzte gehen nur noch nach objek­tiv­en Befun­den und fra­gen erst gar nicht nach dem Befind­en. Vielle­icht fehlt das auch in der Aus­bil­dung, sodass Ärzte mit sub­jek­tiv­en Aus­sagen nicht mehr umge­hen können?
    Nur auf die Alter­na­tivmedi­zin zu schimpfen, sodass der etablierte Bere­ich ver­gle­ich­sweise gut daste­ht, ist jeden­falls nicht die Lösung für die vie­len Schwächen der emi­nenzbasieren Medi­zin. Es ist eher eine gute PR-Strate­gie für deren Inter­essen — aber warum macht das jemand für lau?

  56. Wolfgang

    Die böse Pharmaindustrie
    Irene schrieb: “Medi­zin ist heute vor allem das, was die Phar­main­dus­trie bestellt und bezahlt und mit PR begleit­et hat. Der Rest ist Erfahrungswis­sen oder Eso­terik (die Zuord­nung hängt hier nicht zulet­zt von per­sön­lichen Vor­lieben ab) und ein klein wenig unab­hängige Wissenschaft.”
    Vielle­icht soll­test du dich (bevor du deinen Rat­ge­ber her­aus gib­st) auch noch ein wenig all­ge­mein mit medi­zinis­ch­er und biol­o­gis­ch­er Wis­senschaft und auch Din­gen wie dem Arzneimit­tel­recht beschäfti­gen. Denn aus diesen Grün­den wäre der neg­a­tive Schat­ten, den du hier auf die Phar­main­dus­trie wer­fen willst, nur mit Ver­schwörungs­the­o­rien erklärbar.
    Laut Arzneimit­tel­recht müssen Arzneimit­tel streng­ste Richtlin­ien, zu denen klin­is­che Stu­di­en gehören, durch­laufen. Wenn du nun weit­er unter­stellen willst, dass diese pub­lizierten und über­prüf­baren Stu­di­en gefälscht wer­den, befind­en wir uns im Reich der Ver­schwörungs­the­o­rien, da dies ein­fache Struk­turen annehmen würde, wie sie nicht vorhan­den sind. Es wird immer wieder mal vorkom­men, dass eine Studie (egal woher) gefälschte Dat­en enthält… son­st wären sie nicht von Men­schen ver­fasst. Dies kommt aber auf­grund der wis­senschaftlichen Vorge­hensweise äußerst sel­ten vor (auch wenn sie von der bösen Phar­main­dus­trie ver­fasst sind) und wenn es vor kommt, hat die wis­senschaftlichen Vorge­hensweise so an sich, dass es noch öfter auffliegt.
    Bitte nicht als Belei­di­gung auf­fassen, aber ich fände es sehr wichtig, dass sich eine Jour­nal­istin sehr genau Gedanken macht, was berechtigte Vor­würfe sind und was bere­its Ver­schwörungs­the­o­rien sind. Als gerecht­fer­tigten Kri­tikpunkt würde ich etwa noch gel­ten lassen, dass es mehr unab­hängige medi­zinis­che Wis­senschaft geben sollte. Wobei man auch hier vor­sichtig sein muss, denn die medi­zinis­che Grund­la­gen­forschung (aus der ich komme) ist fast auss­chließlich völ­lig unab­hängig von der Pharmaindustrie.
    In der Hoff­nung, dass dies als Anre­gung und nicht als Angriff aufge­fasst wird…
    Wolfgang

  57. Irene

    Wolf­gang, Du unter­stellst mir wegen ein­er pointierten Bemerkung, dass ich pauschal einen neg­a­tiv­en Schat­ten auf die Phar­main­dus­trie wer­fen will. Das ist gar nicht der Fall, und das wichtig­ste Medika­ment bei meinem The­ma nehme ich ohne­hin selbst.
    Ich brauche wirk­lich keine Belehrun­gen von oben herab und will mich auch nicht dauernd recht­fer­ti­gen, nur weil notorische Skep­tik­er alle Frauen für Esos halten.

  58. Irene

    Ich wüsste eh nicht, wie man einen “neg­a­tiv­en Schat­ten” wirft, hihi.
    (Der musste sein, wir befind­en uns immer­hin in einem Sprachblog.)

  59. David

    @Wolfgang
    Die Behaup­tung, daß sys­tem­a­tisch Dat­en gefälscht wür­den, kann ich in dem, was Irene schrieb, nicht erken­nen. Ich ver­ste­he die Behaup­tung so, daß die medi­zinis­che Wis­senschaft zum großen Teil ihr Forschungsin­ter­esse nach den Inter­essen der Phar­main­dus­trie richte, weil diese in großem Umfang Mit­tel bere­it­stellt. Damit wäre es dann u.a. denkbar, daß zu Ther­a­pi­en, die möglicher­weise wirk­sam wären, die aber keinen großen Gewinn ver­sprechen (etwa wegen man­gel­nder Paten­tier­barkeit), ver­gle­ich­sweise wenig geforscht wird.
    Das mag nun zutr­e­f­fen oder nicht, ist aber noch keine Verschwörungtheorie.

  60. Stephan Schleim

    @ Wolf­gang: lesen bildet
    Erstens möchte ich hier kurz etwas zum ver­bre­it­eten Ver­schwörungs­the­o­rie-Argu­ment sagen: Damit dieses Argu­ment all­ge­mein gel­ten kann, müssten wir davon aus­ge­hen, dass es keine Ver­schwörun­gen gibt. Da aber bere­its eine ober­fläch­liche Ken­nt­nis der Geschichte aus­re­icht, um zu wis­sen, dass es sehr wohl Ver­schwörun­gen gibt, wis­sen wir, dass das Argu­ment nicht all­ge­mein gel­ten kann.
    Es ist Aus­druck ein­er beque­men geisti­gen Hal­tung, sich eine unbe­queme geistige Hal­tung vom Leib zu hal­ten. Davon abge­se­hen zeugt es von ein­er Unken­nt­nis der Zeit­geschichte, wenn die zahlre­ichen jüngst aufgedeck­ten Korruptions‑, Abhör‑, Fälschungsskan­dale usw. spur­los an einem vor­bei gegan­gen sind; aber das waren wohl auch nur Verschwörungstheorien.
    Zweit­ens kann ich Ihnen nur erwidern: Lesen bildet. In den let­zten Jahren haben mehr als genug Redak­teure ange­se­hen­er medi­zinis­ch­er Fachzeitschriften deut­lich gemacht, dass sie selb­st der Forschung, die sie in let­zter Instanz pub­lizieren, nicht mehr trauen kön­nen. Hier nur zwei Beispiele:
    Erstens Fiona Godlee, seit 2005 Chefredak­teurin des British Med­ical Jour­nal (ISI Impact Fac­tor = 13,47), über “Doc­tors and the drug indus­try” (BMJ, 2008):

    On the face of it, this is a prag­mat­ic response to the world we live in. But looked at anoth­er way it’s an indict­ment of medicine’s cul­ture. The evi­dence that indus­try fund­ing bias­es the design and report­ing of clin­i­cal research is over­whelm­ing. So too is the evi­dence that paid opin­ion lead­ers increase pre­scrip­tion of the sponsor’s drug. Why else would indus­try pay them?

    Führende Ärzte und klin­is­che Forsch­er, die Geld von Phar­makonz­er­nen annehmen und danach deren Botschaften ver­bre­it­en? Ach was, alles Unsinn, Verschwörungstheorie!
    Zweit­ens, ihr Vorgänger, Richard Smith, 25 Jahre lang Redak­teur beim BMJ und 13 Jahre lang Chef der Pub­lish­ing Group, in “Med­ical Jour­nals Are an Exten­sion of the Mar­ket­ing Arm of Phar­ma­ceu­ti­cal Com­pa­nies” in PLoS Med­i­cine (Impact Fac­tor = 15,62).
    Warum haben Redak­teure medi­zinis­ch­er Fachzeitschriften den Ein­druck, die Mar­ket­ing-Arbeit von Phar­mafir­men zu machen? Warum kriegen die Fir­men die Ergeb­nisse, die sie wollen? Alles Ver­schwörungs­the­o­rie? In dem Artikel sowie weit­eren darin zitierten Quellen (The Lancet, New Eng­land Jour­nal of Med­i­cine) find­en Sie ein paar antworten.
    BMJ, PLoS Med­i­cine, Lancet, NEJM, das sind keine Außen­seit­er, sie sind das Herz medi­zinis­chen Pub­lizierens; und wir kön­nten hier noch stun­den­lang weit­er­ma­chen mit bericht­en aus anderen Quellen, beispiel­sweise Jour­nal of the Amer­i­can Med­ical Association.
    Lesen ist tat­säch­lich manch­mal unbe­quem; aber es bildet.

  61. Irene

    Danke für die Beispiele.
    Hinzu kommt noch, dass auch Ärzte-Fort­bil­dun­gen über­wiegend von Phar­maun­ternehmen ange­boten wer­den. Zu manchen The­men gibt es anscheinend kaum unab­hängige Infor­ma­tion­squellen. Und manche der unab­hängi­gen Ange­bote wer­den nicht mal gut genutzt — bei ein­er Fort­bil­dung der Uni gibt es ja kein Sechs-Gänge-Menü auf Kosten des Haus­es, son­dern man muss auf eigene Rech­nung ins Lokal gehen oder am Käse­brot nagen.
    Ich frage mich ern­sthaft, wieso die Risiken wirtschaftlich­er Abhängigkeit­en und Ein­flussnah­men in der Medi­zin beson­ders hart­näck­ig geleugnet wer­den. Weil Ärzte in der Gesellschaft so hohes Anse­hen haben? Wenn der Com­put­ertest in ein­er Zeitschrift vom Her­steller bezahlt wird, hat das einen etwas unser­iösen Beigeschmack und ist bei den teur­eren Mag­a­zi­nen ein No-Go. In der Medi­zin ist das anscheinend nicht so.

  62. Daniel

    Schade
    Die eigentlich nicht unin­ter­es­sante sprach­liche Betra­ch­tung des Artikels wird durch die Ver­brä­mung mit der Pri­vat­mei­n­ung des Autors zum The­ma “Pseudomedi­zin” lei­der weit­ge­hend entwertet.
    Das Wort “Evi­den­zkri­teri­um” ist in der Tat ein schönes Beispiel für manip­u­la­tiv­en Sprachgebrauch.
    Scahde aber dass von diesem Vor­wurf nach­her nur übrig bliebt, dass GEO nicht in die “richtige” Rich­tung manip­ulieren würde (wie es das Wort “Pseudomedi­zin” täte.
    Ich glaube auch nicht dass eine so kom­plexe The­matik wie Medi­zin und ihre (Pseudo)Alternativen hier richtig aufge­hoben sind, erst recht nicht wenn man inhaltilich nur mit eher stammtis­char­tig gehal­te­nen Parolen in frem­den Wis­sens­ge­bi­eten wildert.
    Alleine über das The­ma “Evi­denz” in der Medi­zin kön­nte man sich lange aus­lassen, ein paar Anstösse ste­hen ja schon in den Kommentaren.
    Daneben sollte man berück­sichti­gen, dass “Medi­zin” nicht auss­chliesslich eine wis­senschaftliche Diszi­plin beschreibt, son­dern umgangssprach­lich auch das, “was der Arzt macht”, also z.b. auch jede Art von Diag­nos­tik und Therapie.
    Jemand der dies­bezüglich schlechte Erfahrun­gen gemacht hat, hat ggf. auch ohne Sym­pa­thie Quack­sal­ber und Eso­terik­er einen Bedarf für Wörter wie Apparatemedizin.

  63. Stephan Schleim

    Geld und/oder Qualität
    @ Irene: Sehen Sie, so gerecht ist die Welt. Die kriegen auf ihren Ärztekon­feren­zen so viel Fre­ic­ock­tails wie sie wollen und mir bezahlt nicht mal jemand meinen Muf­fin für eins­fün­fzig (Und wer bezahlt für Inter­net-Inhalte?).
    Ich kann aber ver­ste­hen (@ Video), dass es für einen Arzt eine Belei­di­gung ist, für eine Gefäl­ligkeit nur eine Kaf­feemas­chine zu bekom­men; das ist ja so wie das Kaf­feeser­vice von WMF für die Frauen­fußball­na­tional­mannschaft anno dazumal.
    @ Daniel: Ich sehe das so wie Sie aber kann Ihnen den dif­feren­ziert­eren Post (“Schul­medi­zin” und Naturheilkunde in der GEO) meines Blog­gerkol­le­gen empfehlen. Die Diskus­sion da scheint mir auch glück­lich­er gelaufen.

  64. gnaddrig

    @ Wen­tus („Poli­tis­che Wortwahl“)
    Der Zah­narzt verkauft das Zahn­ble­ichen aber auch nicht als medi­zinis­che Maß­nahme, son­dern, wenn er ehrlich ist, als rein kos­metis­che Angele­gen­heit. Er ver­di­ent also nicht an irgen­dein­er Form von Quack­sal­berei oder Pseudomedi­zin, son­dern wildert gewis­ser­maßen im Revi­er von Kos­metik­ern oder meinetwe­gen noch Schön­heitschirur­gen, von denen viele aber eben nicht Kranke oder Ver­let­zte behan­deln, son­dern sich auf rein lifestyle­be­zo­gene Behand­lun­gen spezial­isieren und so gese­hen allen­falls einen Rand­bere­ich der Medi­zin beack­ern, der zwar von der dafür erforder­lichen Qual­i­fika­tion her als „Medi­zin“ zu beze­ich­nen ist, in sein­er Zielset­zung aber mit Medi­zin nicht mehr so viel zu tun hat.
    Damit braucht man sich an dieser Stelle auch keine Gedanken zu machen, ob Quack­sal­berei hier zu abw­er­tend klingt. Zahn­ble­ichen ist keine Quack­sal­berei, son­dern Kos­metik, auch wenn ein Arzt es macht.
    Davon abge­se­hen sehe ich nicht, wieso man Quack­sal­berei nicht auch so nen­nen sollte. Immer­hin machen alle möglichen Leute alle möglichen Ver­sprechen und hal­ten ihre Patien­ten so oft davon ab, sich echte, eben medi­zinis­che, Hil­fe zu holen. Das kann schw­er­wiegende gesund­heitliche Fol­gen für die Patien­ten haben und ist abso­lut verwerflich.
    Dass etwa Homöopa­then in ander­er Hin­sicht einiges zu bieten haben, ist eine andere Sache. Die aus­führliche Beschäf­ti­gung mit dem Patien­ten und sein­er Sit­u­a­tion, die sorgfältige Erstel­lung der Anam­nese und ein behut­sames Her­an­tas­ten an die Ursachen von Symp­tomen sind Dinge, die Homöopa­then (hört man jeden­falls) sehr gut machen, und davon sollte sich der gemeine Hausarzt ein paar Scheiben abschnei­den (und die Kasse sollte ihm den Aufwand auch angemessen bezahlen, damit man von Hau­ruck-Diag­nosen und unnütz ver­schriebe­nen Medika­menten wegkommt). Das recht­fer­tigt aber nicht die Homöopathie an sich und ändert nichts daran, dass es Quack­sal­berei ist.

  65. Sebastian R.

    @Irene

    Ich frage mich ern­sthaft, wieso die Risiken wirtschaftlich­er Abhängigkeit­en und Ein­flussnah­men in der Medi­zin beson­ders hart­näck­ig geleugnet werden.

    Kön­nte ich da bitte konkrete Beispiele haben?! Ich denke eher, dass diese wirtschaftlichen Anhängigkeit­en ger­adezu offen­sichtlich sind!
    Ich möchte mich deswe­gen kurz auf die bio­medi­zinis­che Forschung beziehen: Bei bes­timmten Pro­jek­ten kommt man ganz klar nicht um eine Finanzierung/Unterstützung durch eine Phar­ma-/Biotech­fir­ma herum, da bes­timmte Entwick­lungsvorgänge ein­fach einen Haufen Geld kosten, welch­es durch den Staat nicht aufge­bracht wer­den kann bzw. welch­es er in seinem Bud­get für Forschung&Entwicklung nicht vor­sieht. Solche Forschungsko­op­er­a­tio­nen sind mein­er Erfahrung nach allerd­ings immer für Jed­er­mann ersichtlich. Sei es auf der Home­page der jew­eili­gen Arbeits­grup­pen (wie z.B. hier im zweit­en Punkt, XVir Ther­a­peu­tics GmbH), die mit der Fir­ma kooperieren, auf den Pub­lika­tio­nen, die veröf­fentlicht wer­den (wie z.B. hier, Phar­ma Research and Ear­ly Devel­op­ment, Roche Diag­nos­tics GmbH) oder eben bei Kon­gressen und Tagun­gen, die von Phar­ma-/Biotechunternehmen bezahlt wer­den (wie z.B. hier, spon­sored by life tech­nolo­gies). Man kann den Geldge­ber in den meis­ten Fällen nachvol­lziehen und weiß sofort wer sich wofür hergibt. Natür­lich darf dies aber kein Kri­teri­um sein, Pro­jek­te, Forschungstätigkeit­en und Tagun­gen von vorn­here­in zu verurteilen und davon auszuge­hen, dass dort auf irgen­deine Art und Weise manip­uliert wird. Manche mögen es nicht glauben, aber es gibt tat­säch­lich auch Wis­senschaftler, die mit ihrer Forschung einen medi­zinis­chen Fortschritt möglich machen möcht­en. Manch­mal glaube ich aber, dass diese Leute sofort in irgendwelche Schubladen sortiert wer­den, nur weil sie mit einem wirtschaftlich ori­en­tierten Unternehmen zu tun haben. Das darf man schlichtweg nicht machen, da es näm­lich möglich ist, dass sowohl Patien­ten als auch Wis­senschaftler als auch Fir­men von einem Vorhaben profitieren.

  66. Stephan Schleim

    @ Sebas­t­ian: Out­sourc­ing in der Medizin
    Warte nur mal ab, wenn du gut und erfol­gre­ich bist und in entsprechende Funk­tio­nen auf­steigst, dann wirst du schon die richti­gen Ange­bote kriegen. 😉
    Wenn dir die Beispiele der Redak­teure, auf die ich oben ver­wiesen habe, noch nicht genü­gen, dann sind externe Fir­men, welche Auf­trags­forschung anbi­eten, die dann unter dem Namen von Wis­senschaftlern veröf­fentlicht wer­den sowie Ghostwriting/Plagiate in der klin­is­chen Pub­lika­tion­s­land­schaft noch ein Beispiel (hier in PLoS Med­i­cine aufge­grif­f­en und von mir auch in einem TELE­PO­LIS-Beitrag [Prof. Dr. Pla­giat] beschrieben).

  67. Irene

    Davon abge­se­hen sehe ich nicht, wieso man Quack­sal­berei nicht auch so nen­nen sollte. Immer­hin machen alle möglichen Leute alle möglichen Ver­sprechen und hal­ten ihre Patien­ten so oft davon ab, sich echte, eben medi­zinis­che, Hil­fe zu holen. 
    Das kann natür­lich vorkommen.
    Es kommt aber auch vor, dass die Leute schon beim Arzt oder bei mehreren Ärzten waren, und nichts gefun­den wurde (vielle­icht auch nur, weil an den Laborkosten ges­part wurde). Manch­er Arzt, der nichts find­et, behauptet dann ins Blaue, alles müsse psy­cho­so­ma­tisch sein — und dann gehen die einen resig­niert nach Hause, andere zur Psy­chother­a­pie und wieder andere zum Heilpraktiker.
    Wäre mal inter­es­sant, welche Patien­tenkar­riere wie häu­fig ist: Wie viele Klien­ten in alter­na­tiv­er Behand­lung haben vorher ver­sucht, ärztliche Hil­fe zu kriegen? Und wie viele lehnen die etablierte Medi­zin tat­säch­lich von vorn­here­in ab und gehen direkt zum Heilpraktiker?

  68. Irene

    Natür­lich darf dies aber kein Kri­teri­um sein, Pro­jek­te, Forschungstätigkeit­en und Tagun­gen von vorn­here­in zu verurteilen und davon auszuge­hen, dass dort auf irgen­deine Art und Weise manip­uliert wird. 
    @ Sebas­t­ian R.: Dass ständig manip­uliert wird, hat­te ja nicht ich behauptet, son­dern Wolf­gang hat­te mir unter­stellt, dass ich das denke und weit­er­ver­bre­it­en werde.
    Mein Punkt ist ein­fach, dass es nicht generell egal ist, wer was entschei­det und zahlt (etwa weil ja eh alles evi­denzbasiert ist und damit über Kri­tik erhaben).
    Anders gesagt: Die Ein­stel­lung, dass sich die Wis­senschaft für Abhängigkeit­en generell nicht zu recht­fer­ti­gen braucht, weil sie da drüber­ste­ht, ist mir zu expertokratisch.

  69. Sebastian R.

    @Stephan Schleim
    Habe deine Links dur­chaus zur Ken­nt­nis genom­men und danke dir für die näch­sten zwei! Ich möchte wirk­lich nie­man­den vertei­di­gen und auf heile Welt tun, Wet­tbe­werb­sverz­er­rung find­et natür­lich auch in der Wis­senschaft statt. Ich war bish­er allerd­ings der Mei­n­ung, dass dies eher die Aus­nahme ist, so langsam muss ich aber der Real­ität ins Auge sehen und mir eingeste­hen, es kommt häu­figer vor als ver­mutet — Leider!
    Ich denke daher, dass ger­ade aus diesem Grund Plat­tfor­men wie Wik­iLeaks oder auch Open­Leaks wichtig sind. Diese tun sich zur Zeit aber wirk­lich keinen Gefall­en durch die per­ma­nen­ten Negativschlagzeilen.

  70. Stephan Schleim

    @ Sebas­t­ian
    Das kann einen auch echt deprim­ieren, vor allem dann, wenn es um Medika­mente geht, die haupt­säch­lich Kindern und Jugendlichen ver­schrieben wer­den und die um jeden Preis durchge­boxt wer­den; lei­der ist das nur die Spitze des Eis­bergs. Wir kön­nen es aber auch hier­bei belassen. Meine Chefin emp­fiehlt es psy­chisch labilen Studieren­den tat­säch­lich, einen Teil des Mate­ri­als zu überspringen.
    Wir machen aber oft auch gute Erfahrun­gen und Studierende kom­men zu uns und sagen, dass sie es gut find­en das zu wis­sen und sie glauben, dadurch bess­er in der klin­is­chen Prax­is zu wer­den. Ger­ade let­zte Woche hörte ich es wieder von zwei Medi­zin­stu­dentin­nen, die es wichtig fan­den, diese The­men ihren Mit­studieren­den näher zu brin­gen. Mir ist es sog­ar lieber, wenn sie das selb­st machen an Stelle von uns.
    Es gibt sie aber wirk­lich, die Pro­fes­soren mit dem hochroten Kopf, wie in GEO beschrieben, auch wenn ich natür­lich nichts darüber sagen kann, ob Baum so ein­er ist oder nicht. Ich freue mich aber, das offen mit dir besprechen zu kön­nen. Mich hat dieser Blog­post zu einem Artikel inspiri­ert, den ich nach dem Erscheinen gerne mit dir disku­tieren würde.

  71. Stephan Schleim

    @ Sebas­t­ian: P.S. PLoS & Co.
    Im Übri­gens hast du völ­lig Recht und ist ger­ade aus dieser Frus­tra­tion her­aus beispiel­sweise die PLoS-Idee ent­standen, die ja enor­men erfolg hat. Ich habe auf ein­er Kon­ferenz in Ham­burg mal eine der Redak­teurin­nen ken­nen gel­ernt und das war eine sehr inspiri­erende Per­sön­lichkeit, sehr ide­al­is­tisch. Die neuen FRON­TIERS-Jour­nals sind ein anderes Beispiel, da habe ich auch schon pub­liziert. Ich denke, es tut sich echt ‘was.

  72. Sebastian R.

    @Stephan Schleim
    Ich finde es nicht richtig, psy­chisch labilen Studieren­den solche The­matiken vorzuen­thal­ten, da sie so oder so früher oder später damit kon­fron­tiert wer­den und dann ist es bess­er, wenn sie schon ein­mal Umgang mit solch einem “heik­lem The­ma” hat­ten. Denn drum­rum kommt man als ange­hen­der Mediziner/biomedizinischer Wis­senschaftler ein­fach nicht. Ich lehne mich mal ein bis­chen weit­er aus dem Fen­ster und sage, dass dies vielle­icht ein­er der Gründe sein kön­nte, die dazu beitra­gen, dass man hin­sichtlich solch ein­er The­matik evtl. nicht sen­si­bel genug ist und den Ernst solch eines Prob­lems nicht richtig einzuschätzen weiß. Vielle­icht sollte man ger­ade hier den Stu­den­ten etwas mehr zutrauen und hin­sichtlich dessen früh aufk­lären, denn immer wieder beobachte ich Men­schen mit unter­schiedlich­sten Haltungen:
    — hal­ten Forschung und Wis­senschaft für die ulti­ma­tive Wahrheit und lehnen jede Kri­tik ab
    — erken­nen Kri­tik an Wirk­samkeit­snach­weisen und Stu­di­en an, kön­nen sie aber nicht wirk­lich nachvollziehen
    — erken­nen Kri­tik an Wirk­samkeit­snach­weisen und Stu­di­en an und kön­nen sie auch nachvollziehen
    — wis­sen, dass auch in der Forschung und Wis­senschaft manip­uliert wird und wür­den auch so etwas tun
    — wis­sen, dass auch in der Forschung und Wis­senschaft manip­uliert wird und wür­den so etwas niemals tun
    — lehnen ab, dass in der Forschung und Wis­senschaft manip­uliert wird
    etc.
    Irgend­wie müssen diese Hal­tun­gen ja zus­tande kom­men und sicher­lich haben per­sön­liche Erfahrun­gen, Ide­alo­gien, aber auch der Umgang damit an der Uni ihren Anteil daran und wie man jeman­dem so etwas in frühen Aus­bil­dungs­jahren näher bringt. Es kann z.B. den Prof. geben der seinen Stu­den­ten sagt “ach ja Stu­di­en kann man nicht fälschen und unwirk­same Medika­mente entwick­eln? So etwas gibt es nicht!” oder den, der seinen Stu­den­ten sagt “man muss immer auf­passen und sich bewusst sein, dass Stu­di­en und Wirk­samkeit­snach­weise auch gefälscht wer­den kön­nen, daher immer hin­ter­fra­gen! Die Welt ist nicht nur schwarz und weiss”. So etwas bleibt in den Köpfen der Stu­den­ten hän­gen und kann sie in ihrem zukün­ftigem Han­deln und Denken beeinflussen.

    Es gibt sie aber wirk­lich, die Pro­fes­soren mit dem hochroten Kopf, wie in GEO beschrieben […]

    Klar gibt es sie und oft­mals hängt es m.E. damit zusam­men, dass durch jed­wegliche Kri­tik an ihrer Arbeit oder ihrem Forschungs­feld sie sich nicht wert­geschätzt genug fühlen. Ger­ade Professoren/Wissenschaftler/Mediziner haben einen unge­heuren Stolz wenn es um ihre Arbeit geht und dieser wird oft­mals ver­let­zt, wenn z.B. Dinge passieren, wie es auf der Kon­ferenz mit Michael Baum war. Aus dem Inter­view mit Richard Dawkins ken­nt man ihn wirk­lich ganz anders. Wer weiß, vielle­icht hat­te er ein­fach einen schlecht­en Tag oder es satt, mal wieder so etwas “vorge­set­zt” zu bekommen.

    Mich hat dieser Blog­post zu einem Artikel inspiri­ert, den ich nach dem Erscheinen gerne mit dir disku­tieren würde.

    Super und gerne!
    Die neuen FRON­TIERS-Jour­nals kenne ich gar­nicht. Mag daran liegen, dass ich nicht vom Fach bin. Inwiefern unter­schei­den sie sich denn zu anderen Journals?

  73. flux

    die Sprachge­mein­schaft hat recht
    …sagen die empirischen Lin­guis­ten und meinen damit, dass, wenn ein Großteil der Sprech­er bspw. „gewunken“ sagen statt „gewinkt“, wie es im Duden ste­ht, „gewunken“ eben auch richtig ist.
    Wenn nun ein­er bes­timmten Anzahl von Men­schen bspw. durch Homöopathie geholfen wird, auch ohne, dass das mit heutzu­tage zur Ver­fü­gung ste­hen­den wis­senschaftlichen Meth­o­d­en erk­lärt wer­den kann, dann gilt in diesen Fällen eben der Satz: „Wer heilt, hat recht“
    … sprich – ein wenig hinkt zwar der Ver­gle­ich- die soge­nan­nte „alter­na­tive“ Medi­zin hat neben der soge­nan­nten „Schul­medi­zin“ genau­so , wie das „gewunken“ neben dem „gewinkt“ ihre Daseinsberechtigung.
    Wer kurz­er­hand, wie Daniel es sehr tre­f­fend aus­drück­te “in Stammtis­chmanier“ alle soge­nan­nten „alter­na­tiv­en“ Heil­meth­o­d­en über einen Kamm scherend, als Pseudomedi­zin, Schar­la­taner­ie und Quack­sal­berei ver­teufelt, ver­hält sich, mit Ver­laub, nicht viel anders als der Sprach­nör­gler, der nur akzeptiert,was im Duden steht.

  74. David

    Wer heilt, hat recht

    Das ist schon ein wichtiger Punkt, und er wurde auch schon ange­bracht. Nur: Wenn die alter­na­tiv­en Mit­tel sich in ein­er Studie genau­so wirk­sam zeigen wie etwa Bäck­er­hefe, dann ist nicht davon auszuge­hen, daß die Heilung ihre Ursache im ein­genomme­nen Prä­parat hat, son­dern es müssen Aspek­te der Kon­sti­tu­tion des Patien­ten — vielle­icht etwa ein fes­ter Glaube an die Wirk­samkeit der Ther­a­pie — oder auch das Patient-Arzt-Ver­hält­nis eine Rolle spie­len. Für die Medi­zin als Heil­prax­is ist es natür­lich trotz­dem nicht verkehrt, im richti­gen Moment auf den (ja nach­weis­lich existieren­den) Pal­cebo-Effekt zu set­zen, für die Medi­zin als Wis­senschaft kann ein Mit­tel aber eben nur dann als Medika­ment durchge­hen, wenn es sich in sein­er Wirk­samkeit von der Bäck­er­hefe unter­schei­det — und nicht schon deshalb, weil es als Place­bo eben­so gut wie diese funktioniert.

  75. Stephan Schleim

    @ Sebas­t­ian: new publishing
    @ Sebas­t­ian: http://www.frontiersin.org; die sind neu, in den meis­ten Fällen m.E. ger­ade mal zwei Jahre alt oder noch jünger, und haben eine völ­lig andere pub­lish­ing policy.
    Beispiel­sweise wer­den bei der Veröf­fentlichung auch die Namen der peer review­ers genan­nt, die Autoren hal­ten 100% Copy­right an ihrem Text und kön­nen bei Nen­nung der Quelle alles damit machen, was sie wollen (zum Ver­gle­ich müssen bsp. Kol­le­gen bei der Ver­wen­dung ein­er Grafik aus einem AMA-Jour­nal schnell $1000 an Lizen­zge­bühren bezahlen — und zwar nicht an den Autoren der Grafik, son­dern an den Ver­lag), 100% open access und wenn man sich ansieht, wie viele namhafte Forsch­er da schon dabei sind und wie viele jour­nals es da schon gibt, das ist beeindruckend.
    Nachteil ist natür­lich, wie bei vie­len open access jour­nals, dass der Autor hier eine Pub­lika­tion­s­ge­bühr bezahlen muss. Das find­en viele ungerecht, denn schließlich hat man als Autor ja schon die ganze Arbeit; glob­al gese­hen ist es aber viel gerechter, wenn die Insti­tu­tion des Autors EINMAL eine Gebühr bezahlt (bei FRONTIERS m.E. ca. EUR 1000 mit Rabatt für ärmere Län­der und völ­lig kosten­los für arme Län­der) und dann die ganze Welt Zugriff hat als wenn die Bib­lio­theken auf der ganzen Welt mit teuren Abo-Verträ­gen geknebelt wer­den und man im Zweifels­fall dann doch keinen Zugriff kriegt und an den Autoren eine Bet­tel-E-Mail schick­en muss.
    Die FRON­TIERS-Redak­teure haben noch eine Rei­he weit­er­er neuer Ideen, sind z.B. auf der Suche nach Alter­na­tiv­en zum ISI Impact Fac­tor usw. aber wie ich ger­ade sehe, ist der von FINS ger­ade auf 1,94 gestiegen – also wieder zwei Impact Punk­te gesam­melt. Mein Paper von Ende 2009 wurde auch schon dreimal zitiert. 😉
    P.S. Du bist doch Medi­zin­er — also so über den Dau­men gepeilt gibt es dort an die 40?! Jour­nals in der Spalte für Medizin.

  76. Stephan Schleim

    @ David: Placebo-Medizin
    Genau und das macht m.E. auch den Fehler in der Argu­men­ta­tion deut­lich, Medi­zin sei reine Wis­senschaft und damit bas­ta. Denn wenn Patien­ten von Kon­tex­tef­fek­ten prof­i­tieren, wie hirn­ris­sig wäre es dann von einem Arzt, diesen Patien­ten nicht zu helfen, weil dieser Effekt nicht der wis­senschaftlichen Meth­ode entspricht?!
    Darf ich Ihnen dann auch meinen Artikel schicken? 😉

  77. David

    @Stefan Schleim
    Klar, gerne.
    Das Prob­lem der Anerken­nung der ‘alter­na­tiv­en Medi­zin’ als Medi­zin sehe ich jedoch schon. Darunter wer­den ja ziem­lich spez­i­fis­che, sich dezi­diert als (alter­na­tiv) medi­zinisch ver­ste­hende Dinge zusam­menge­faßt, mit Homöopathie als Parade­beispiel. Das sind aber nicht die einzi­gen Dinge, die einen Place­bo-Effekt her­vor­rufen kön­nen; da es ja auf das Mit­tel gar nicht ankommt, sollte unter den entsprechen­den Rah­menbe­din­gun­gen prak­tisch alles mit Place­bo-Erfol­gsrate heilen kön­nen. Dann wären plöt­zlich auch der Genuß von Fliege-Essenz (sowas wie protes­tantisch-eso­ter­isches Wei­h­wass­er, das Jür­gen Fliege vertreibt; echt), Exorzis­men oder Moor­bäder bei Voll­mond alter­na­tivmedi­zinis­che Mit­tel, die nur darum sel­tener zur Anwen­dung kämen, weil weniger Men­schen an sie glauben und damit eine der (ver­mut­lichen) Voraus­set­zun­gen des Place­bo-Effek­tes erfüllen. Der Begriff der alter­na­tiv­en Medi­zin wäre dann prak­tisch leer. Wenn er alles umfassen kann, umfaßt er gle­ichzeit­ig nichts mehr.
    Sin­nvoll disku­tieren kön­nte man sicher­lich ganz all­ge­mein über Ver­suche, den Place­bo-Effek­tes in geeigneten Sit­u­a­tio­nen auszunutzen. Die Wahl des nicht nach­weis­lich wirk­samen Mit­tels dürfte dabei aber keine Rolle spie­len. Entschei­dend wäre einzig, woran der Patient zu glauben bere­it ist.

  78. Joachim

    Place­bo Forte
    Es scheint hier noch immer die Ansicht ver­bre­it­et zu sein, der Place­boef­fekt sei typ­isch für Ater­na­tivmedi­zin und würde in der Schul­medi­zin nicht vorkom­men oder nicht ver­wen­det wer­den. Das ist (es wurde auch schon gesagt) ein Irrtum. Der Place­boef­fekt ist Teil der Schul­medi­zin und wird auch von Ärzten genutzt.
    Manche Ärzte ver­schreiben bewusst Homöopathi­ka Place­bos, wenn sie wis­sen, dass keine Medika­tion ange­bracht ist. Ich halte das für einen falschen Weg. Ver­mut­lich würde Ehrlichkeit und gutes Zure­den, “Diese Erkrankung heilt von selb­st, machen sie sich einen war­men Tee und ver­suchen Sie, sich zu entspan­nen”, ähn­lich gut helfen.

  79. Stephan Schleim

    @ Joachim: Placebo
    Das ist, was ich übri­gens hier in den Nieder­lan­den jedes Mal gesagt bekomme, wenn ich einen Ter­min vere­in­baren will: Bleiben Sie zuhause im Bett und wer­den Sie gesund! Geld haben die damit bei mir noch nicht ver­di­ent. Zum Ver­gle­ich: In Deutsch­land bekam ich sich­er zwei bis dreimal pro Jahr ein Antibi­otikum, in beina­he zwei Jahren Nieder­lande war ich noch nicht ein einziges Mal in ein­er Apotheke! Davon gibt es hier übri­gens auch weniger als in Deutsch­land (gefühlte Differenz).
    Aber zur Place­bo-Frage: In der wis­senschaftlichen Medi­zin wird im RCT (Ran­dom­ized Con­trolled Tri­al Par­a­digm) zwar Place­bo-Kon­trol­liert, das läuft im All­ge­meinen aber darauf hin­aus, die Verbesserung durch Place­bo unter den Tep­pich zu kehren, eben weil man sie nicht erk­lären kann (“unspez­i­fis­ch­er Effekt”).
    Tat­säch­lich wird in den meis­ten Stu­di­en auch nicht mit “keine Behand­lung” ver­glichen – das müsste man aber tun, um zu wis­sen, wie groß die Place­bo-Verbesserung ist.
    Dir muss ich den Artikel dann also auch schicken… 😉

  80. Plazeboalarm

    GEO: Warum eine Jahreszahl bei Stu­di­en so wichtig istSchon dass ich mich nach über einem hal­ben Jahr jet­zt endlich mal wieder melde, zeugt vielle­icht davon, wie ärg­er­lich ich das fol­gende finde. Und ich schicke gle­ich ein fettes “ ‘tschuldigung” an Ulrich Berg­er rüber, der (und all die anderen, Linklisten…

  81. Joachim

    @Stephan
    Wir soll­ten hier nicht medi­zinis­che Prax­is und klin­is­che Stu­di­en durcheinanderwerfen.
    In klin­is­chen Stu­di­en muss man die Kur mit einem Place­bo ver­gle­ichen, weil man ja wis­sen möchte, ob sie über den Place­boef­fekt hin­aus wirkt. Etwas anderes ist es, wenn man den Place­boef­fekt selb­st unter­suchen möchte. Auch das wird ja gemacht.
    In den medi­zinis­chen Prax­is möchte man nichts ver­gle­ichen, son­dern erstens die Krankheit heilen und zweit­ens die Symp­tome lin­dern. Ersteres geht nur mit wirk­samen Kuren (wenn diese fuer die Erkrankung existieren), let­zteres geht manch­mal nur mit Place­bos manch­mal mit ein­er Mis­chung aus Place­bo und wirk­samer Kur.
    “Dir muss ich den Artikel dann also auch schicken… ;-)”
    Musst du nicht, aber vielle­icht verbessert es unser blo­gnach­barschaftlich­es Ver­hält­nis, wenn ich endlich ver­ste­he, worauf du hin­aus willst.

  82. gnaddrig

    @ Irene (29.08.2011, 17:54)
    Die Frage nach den Patien­tenkar­ri­eren ist in der Tat inter­es­sant. Wenn Leute von Pon­tius zu Pila­tus ger­an­nt sind und kein (Schul-)Mediziner ihnen hat helfen kön­nen, lan­den sie vielle­icht wirk­lich bei Heil­prak­tik­ern der einen oder anderen Couleur. Und wenn man nichts mehr zu ver­lieren hat, weil der (Schul-)Mediziner auch nicht mehr weit­er weiß und einen im Prinzip zum Ster­ben nach Hause schickt, greift man natür­lich nach jedem echt­en oder ver­meintlichen Stro­hhalm. Das leuchtet mir unmit­tel­bar ein. Und natür­lich wird auch in der (Schul-)Medizin geblufft, gepok­ert und aufs Ger­ate­wohl herumpro­biert. Es gibt nicht auf alles eine Antwort, so bit­ter das für die Betrof­fe­nen ist.

  83. Mona

    @gnaddrig
    Sehe ich auch so! Man braucht aber nicht mal schw­erkrank zu sein um zur Alter­na­tivmedi­zin zu find­en, denn seit der Gesund­heit­sre­form wird dem gewöhn­lichen Kassen­pa­tien­ten bei leichteren Beschw­er­den nichts mehr ver­schrieben, also kaufen sich viele Leute freiverkäu­fliche “Alter­na­tivmedi­zin”. M.E. wurde auf diese Weise der nun beklagte Markt erst geschaffen.

  84. Stephan Schleim

    @ Joachim

    Musst du nicht, aber vielle­icht verbessert es unser blo­gnach­barschaftlich­es Ver­hält­nis, wenn ich endlich ver­ste­he, worauf du hin­aus willst.

    Tol­er­anz für andere Mei­n­un­gen? Ide­ol­o­gisch unvor­ein­genommene Diskus­sio­nen? His­torisch akku­rate Darstellungen?
    Wir wer­den ja sehen. 🙂

  85. Irene

    Stu­di­en ein biss­chen fälschen
    Noch ein Ein­wurf den gefälscht­en Stu­di­en: Da gibt es ja ver­schiedene Abstu­fun­gen. Ich arbeite nicht in der Forschung und schreibe auch nicht direkt über Medi­z­in­forschung. Ich erin­nere mich aber an ein Sta­tis­tik­sem­i­nar, in dem betont wurde, dass es wichtig sehr ist, wie eine Studie diejeni­gen Teil­nehmer ver­bucht, die aus der Studie aussteigen (weil sie krank wer­den, nicht mehr wollen…). Und das wäre eine dezente Manip­u­la­tion­s­möglichkeit, die wohl leichter fall­en dürfte als auf die ganz plumpe Tour Ver­suchsper­so­n­en und Labor­w­erte nach Bedarf zu erfinden.
    Außer­dem weiß kein Men­sch, was bei diversen Stu­di­en her­aus­gekom­men ist, die nicht so ver­liefen wie es der Auf­tragge­ber gern gehabt hätte. Die wer­den ja nur manch­mal pub­liziert. Dabei wäre “es existiert kein nach­weis­bar­er Zusam­men­hang / keine nach­weis­bare Wirkung” auch eine Erkenntnis.

  86. Balanus

    Ein biss­chen gefälschte Stu­di­en? /@Irene
    » Und das [wie eine Studie diejeni­gen Teil­nehmer ver­bucht, die aus der Studie aussteigen] wäre eine dezente Manip­u­la­tion­s­möglichkeit, die wohl leichter fall­en dürfte als auf die ganz plumpe Tour Ver­suchsper­so­n­en und Labor­w­erte nach Bedarf zu erfind­en. «
    Nein, wäre es nicht. Entwed­er, es wird wahrheits­gemäß berichtet, wie die Teil­nehmer sta­tis­tisch “ver­bucht” wur­den, dann ist es keine Manip­u­la­tion, auch keine dezente, oder eben nicht, dann ist es eine Fälschung.
    Dass alle Teil­nehmer, die behan­delt wur­den, auch in die sta­tis­tis­che Auswer­tung ein­be­zo­gen wer­den, ist schlicht und ergreifend ein Qual­itätsmerk­mal ein­er guten klin­is­chen Studie.

  87. Balanus

    Wo ich schon mal hier bin: Wie von vie­len bere­its ange­merkt, erschöpft sich die medi­zinis­che Prax­is, also das ärztliche Tun, nicht in der Anwen­dung medi­zinisch-wis­senschaftlich­er Befunde.
    Doch da es zu der wis­senschaftlichen Grund­lage der ärztlichen Prax­is keine Alter­na­tive gibt, ist auch der Begriff “Alter­na­tivmedi­zin” ganz und gar über­flüs­sig und irreführend. Es wird ihn aber so oder in ähn­lich­er Form wohl immer geben, ganz ein­fach deshalb, weil ein Gut­teil der Men­schheit an das Wirken über­natür­lich­er Kräfte und Mächte glaubt.
    Men­schen, die regelmäßig ver­suchen, mit “überem­pirischen Agen­ten” Kon­takt aufzunehmen, wer­den für soge­nan­nte “alter­na­tive” Heil­meth­o­d­en ver­mut­lich immer offen bleiben.
    Was wir bräucht­en, wäre gewis­ser­maßen eine Säku­lar­isierung der Medi­zin. Aber da ste­hen die Chan­cen wohl eben­so schlecht wie bei der durchgängi­gen Säku­lar­isierung der Gesellschaft.

  88. Sebastian R.

    @Stephan Schleim
    Danke für die Aufk­lärung! Solch eine Jour­nal-Philoso­phie kann ich nur begrüßen…und habe mir auch schon ein paar ganz bes­timmte Jour­nals raus­gepickt (ua.a. Can­cer Genet­ics, Drug Metab­o­lism and Transport)

    P.S. Du bist doch Medi­zin­er — also so über den Dau­men gepeilt gibt es dort an die 40?! Jour­nals in der Spalte für Medizin.

    Um Him­mels Willen, jet­zt gehe ich schon als Medi­zin­er durch 😉
    Nee nee, ich bin und bleibe Biologe, der aber auf­grund sein­er Schw­er­punk­te dur­chaus mit Medi­zin zu tun hat! Ich sehe schon…ich muss mal öfter über etwas mehr Biol­o­gis­ches bloggen ^^

  89. Irene

    Die Frage nach den Patien­tenkar­ri­eren ist in der Tat inter­es­sant. Wenn Leute von Pon­tius zu Pila­tus ger­an­nt sind und kein (Schul-)Mediziner ihnen hat helfen kön­nen, lan­den sie vielle­icht wirk­lich bei Heil­prak­tik­ern der einen oder anderen Couleur. Und wenn man nichts mehr zu ver­lieren hat, weil der (Schul-)Mediziner auch nicht mehr weit­er weiß und einen im Prinzip zum Ster­ben nach Hause schickt, greift man natür­lich nach jedem echt­en oder ver­meintlichen Strohhalm. 
    Mir ist es wichtig, dass das nicht nur unheil­bar Kranke bet­rifft (die wer­den ja oft ange­führt, um ihnen leicht von oben herab mit christlich-skep­tis­chen Milde den Besuch beim Heil­prak­tik­er zuzugeste­hen). Das Prob­lem bet­rifft auch etliche medi­zinisch gut behan­del­bare Krankheit­en, die aber nicht immer auf Anhieb erkan­nt werden.
    Von der evi­denzbasierten Medi­zin kann man erst prof­i­tieren, wenn die Diag­nose einiger­maßen stimmt. Und manche Leute wer­den vor­eilig in die Psy­cho­so­matik abgeschoben, obwohl sie eigentlich eine somatopsy­chis­che Erkrankung haben, das häuft sich bei manchen Krankheit­en. Heil­prak­tik­er punk­ten bei solchen Patien­ten damit, dass sie den Leuten wenig­stens glauben, dass ihnen irgend­was Kör­per­lich­es fehlt. Mir per­sön­lich würde dieses Ver­ständ­nis allein nicht reichen, um dafür Geld auszugeben, aber das ist halt Geschmackssache.

  90. gnaddrig

    @ Irene
    Da haben Sie recht, deshalb sollte sich eben auch so manch­er Medi­zin­er von den Homöopa­then die Sorgfalt bei der Anam­nese abschauen und das behut­same Her­an­tas­ten an die Diag­nose, damit er die Erkrankung dann mit wirk­samen Meth­o­d­en ziel­gerichtet behan­deln kann.

  91. Jay

    Schule und Placebo
    Man muss wohl in Deutsch­land leben, dass man den Begriff “Schul“medizin als neg­a­tiv empfind­et. Wie soll man die Schul­medi­zin denn son­st nennen?
    Und zum The­ma Place­bo muss ich Ste­fan zus­tim­men. Wie hat man denn Place­bostu­di­en doppelverblindet?
    Das­selbe Prob­lem das bei Homöopathiedop­pel­blind­stu­di­en beste­ht, hat man auch bei Placebostudien.
    Wie kann man die dop­pel­blind kon­trol­lieren? Eine Gruppe wird nicht behan­delt, eine mit Place­bo und die Kon­troll­gruppe? Man hat ja auch Psy­chother­a­pi­en ver­sucht dop­pel­blind zu testen. Hat man ähn­liche Ver­fahren bei Place­bostu­di­en angewandt?
    Wenn z.B. Dopam­inauschüt­tung bei Parkin­son zu ein­er Verbesserung führt und diese durch Place­bo her­vorgerufen wird; gibt es nicht auch viele andere Aktiv­itäten, die das gle­iche Resul­tat haben. Z.B. Sport oder Ärg­er, Sex??? Eben­so bei Schmerzen, Depres­sio­nen usw…
    Wie kann Place­bo (anscheinend) so ausseror­dentlich gut wirken, wenn z.B. Aspirin oder Parac­eta­mol nur sehr sel­ten wirkt (z.B. bei Erkäl­tun­gen oder grossen Schmerzen).
    Und wieso wirkt Homöopathie für viele anscheinend bess­er als Aspirin?
    Mir erscheint diese Wis­senschaft des Place­bos manch­mal recht unwis­senschaftlich. Und nein ich glaube nicht an Homöopathie. Ich bin aber überzeugt, dass so manche Ther­a­pie erst alter­na­tiv war bevor sie zur Schul­medi­z­izin wurde. Also ist der Begriff m.E. gerechtfertigt.
    M.f.G.
    Jay

  92. Statistiker

    Ist der Schleim endlich weg? Sel­ten so einen Schleim erlebt…
    @ Jay
    “Man muss wohl in Deutsch­land leben, dass man den Begriff “Schul“medizin als neg­a­tiv empfindet.”
    Nein, nur in Deutsch­land wird der begriff von Idioten neg­a­tiv verleumdet.
    “Wie soll man die Schul­medi­zin denn son­st nennen?”
    Medizin
    “Und zum The­ma Place­bo muss ich Ste­fan zus­tim­men. Wie hat man denn Place­bostu­di­en doppelverblindet?”
    eben dop­pel­blind, wed­er Arzt noch Patient weiß, was er bekommt, ewas ist so schwierig dabei, wenn man es wis­sen WILL!
    Ich kotz gle­ich ab.

  93. Statistiker

    @ gnad­drig: Sie sagen “deshalb sollte sich eben auch so manch­er Medi­zin­er von den Homöopa­then die Sorgfalt bei der Anam­nese abschauen und das behut­same Her­an­tas­ten an die Diag­nose, damit er die Erkrankung dann mit wirk­samen Meth­o­d­en ziel­gerichtet behan­deln kann”
    Ich hoffe, Sie erkr­tanken mal an Krebs und pro­bieren dies dann aus. dann haben wir einen Sozialschmarotzer weniger.
    Gehen Sie dann lieber zu einem Arzt statt zu einem Quack­sal­ber! Nein, ich hab mich ver­sprochen. Ster­ben Sie lieber an ihren Homöo-schei**dreck.

  94. Statistiker

    @ gnad­drig: Sie sagen “deshalb sollte sich eben auch so manch­er Medi­zin­er von den Homöopa­then die Sorgfalt bei der Anam­nese abschauen und das behut­same Her­an­tas­ten an die Diag­nose, damit er die Erkrankung dann mit wirk­samen Meth­o­d­en ziel­gerichtet behan­deln kann”
    Ich hoffe, Sie erkr­tanken mal an Krebs und pro­bieren dies dann aus. dann haben wir einen Sozialschmarotzer weniger.
    Gehen Sie dann lieber zu einem Arzt statt zu einem Quack­sal­ber! Nein, ich hab mich ver­sprochen. Ster­ben Sie lieber an ihren Homöo-schei**dreck.

  95. Stephan Schleim

    @ Sta­tis­tik­er
    Sie plap­pern mal wieder nur Unsinn. Wür­den Sie sich auch nur die kle­in­ste Mühe machen, wis­senschaftlich zu argu­men­tieren, dann wür­den Sie schnell fest­stellen, dass pub­lizierten Stu­di­en zufolge 1) ins­beson­dere Kreb­spa­tien­ten sehr häu­fig zu alter­na­tiv­en Ver­fahren greifen und 2) darum aber nicht auf schul­medi­zinis­che Ver­fahren verzichten.
    Über­haupt ist es nur ein sehr geringer Teil (ca. drei bis vier Prozent) von Patien­ten, welch­er alter­na­tiv­en Ver­fahren die ober­ste Pri­or­ität einräumt.
    Näch­ste Woche erscheint ein Artikel von mir zum Thema.

    Ich kotz gle­ich ab.

    Aber nicht doch; Sie haben das Forum hier schon genug mit Ihrem Unsinn besudelt.

  96. Stephan Schleim

    His­torische Randnote
    Den “Aufgek­lärten” hier mit auf den Weg gegeben: Es waren übri­gens Katho­liken, die die erste Place­bo-Kon­trolle ein­führten. Mith­il­fe unechter rit­ueller Gegen­stände (heilige Kreuze usw.) sollte während eines exorzis­tis­chen Rit­u­als kon­trol­liert wer­den, ob ein (ange­blich) Besessen­er wirk­lich besessen war.
    Gedanke: Wird der Men­sch auch dann “geheilt”, wenn mit Pseudoreliquien gear­beit­et wird, dann war er offen­sichtlich ein Simulant.

  97. Mona

    Place­bo @Stephan Schleim
    “Den “Aufgek­lärten” hier mit auf den Weg gegeben: Es waren übri­gens Katho­liken, die die erste Place­bo-Kon­trolle ein­führten. Mith­il­fe unechter rit­ueller Gegen­stände (heilige Kreuze usw.) sollte während eines exorzis­tis­chen Rit­u­als kon­trol­liert wer­den, ob ein (ange­blich) Besessen­er wirk­lich besessen war.”
    Wenn schon eine his­torische Rand­note, dann eine richtige. Im 12. Jahrhun­dert wurde mit “Place­bo Domi­no in regione vivo­rum” (“Ich werde dem Her­rn gefall­en im Lande der Leben­den.”) die katholis­che Toten­messe ein­geleit­et. Da man aber bei ein­er Beerdi­gung über einen Ver­stor­be­nen nur Gutes sagen darf (also nicht die Wahrheit) wird die Gedenkrede am Grab als sub­stan­zlose Schme­ichelei betra­chtet. Noch heute ken­nt man in Bay­ern den Ausspruch “jeman­den ein Place­bo sin­gen”, wenn man sich ein­schme­icheln will.
    Auch in Eng­land ken­nt man die Redewen­dung “to sing a place­bo”, wenn jemand ein­er höhergestell­ten Per­son schme­icheln will. Der englis­che Autor Geof­frey Chaucer (ca. 1343–1400) z.B. benutzt in seinen Can­ter­bury Tales den Aus­druck “place­bo-singer” um damit einen Schmarotzer und Schme­ich­ler zu beschreiben.

  98. Stephan Schleim

    @ Mona, Einspruch
    Wür­den Sie mir bitte jet­zt noch erk­lären, inwiefern das, was ich schreibe, im Wider­spruch zu dem ste­ht, was Sie schreiben? Bei mir geht es um die ersten Beispiele für Place­bo-Ver­suche, bei Ihnen eher um die Herkun­ft des Begriffs “Place­bo”.

    Wenn schon eine his­torische Rand­note, dann eine richtige. (Mona)

    Sehr gerne. Die Zeile, die Sie zitieren, stammt aus dem 116. Psalm (neunte Zeile) und wurde vom Kirchen­vater Hierony­mus (347–420) falsch aus dem Hebräis­chen über­set­zt (“et’halekh liph­nay adon­ai b’artzot hakhay­im” –> “Place­bo Domi­no in regione vivorum”).
    Meinen Quellen zofolge kommt der Begriff Place­bo daher, dass Trauer­sänger im 13. Jahrhun­dert auf Beerdi­gun­gen diesen Psalm san­gen, um von den Hin­terbliebe­nen des Ver­stor­be­nen Almosen zu erhal­ten. Man nan­nte sie, in Anlehnung an den gesun­genen Psalm, “Place­bos”, und ver­wies damit auf ihre nur gespielte, falsche Trauer.
    Zur Ety­molo­gie von “Place­bo”: Aron­son, J. (1999). Please, please me. British Med­ical Jour­nal 318: 716.

  99. gnaddrig

    @ Sta­tis­tik­er, zu „kein Betr­e­ff“ vom 03.
    Warum wer­den Sie per­sön­lich? Lesen Sie meine Beiträge wenig­stens voll­ständig, bevor Sie anfan­gen zu geifern. Ich empfehle nie­man­dem, zum Homöopa­then zu gehen. Im Gegen­teil, ich habe deut­lich gemacht, dass ich von Homöopathie als Behand­lungsmeth­ode nichts halte (s. mein Kom­men­tar „@ Wen­tus („Poli­tis­che Wort­wahl“) vom 29.08.2011, 13:58:„Das recht­fer­tigt aber nicht die Homöopathie an sich und ändert nichts daran, dass es Quack­sal­berei ist.“).
    Was ich vorschlage ist, bei den Homöopa­then das abzuschauen, was viele von ihnen – soweit man hört – richtig machen (aus­führliche Anam­nese; keine Fließband­abfer­ti­gung von Patien­ten). Die beste (schul-)medizinische Behand­lung ist nut­z­los, wenn sie nur ein paar Symp­tome ange­ht, die eigentliche Erkrankung aber ver­fehlt und die Ursache der Erkrankung nicht behebt.
    Die wegen ver­schieden­er Mack­en unseres Gesund­heitssys­tems recht ver­bre­it­eten Schnellschuss-Diag­nosen dürften öfter als nötig daneben­liegen (ist in meinem Umfeld in let­zter Zeit zweimal vorgekom­men). Damit schadet man den Patien­ten, weil ihre Krankheit nicht angemessen behan­delt oder u. U. sog­ar ver­schlim­mert wird, man verun­sichert sie und treibt sie so noch am ehesten den Quack­sal­bern in die Arme. Diesen Effekt kön­nen Schul­medi­zin­er ver­mei­den oder wenig­stens ver­min­dern, indem sie sich bemühen, sorgfältiger und tre­ff­sicher­er zu diag­nos­tizieren, anstatt sich mit Schnellschüssen aus der Affäre zu ziehen.
    Zum Homöopa­then zu gehen, nach­dem die Schul­medi­zin alle ihre Karten aus­ge­spielt hat und nicht mehr weit­er­weiß (was ger­ade bei Krebs nicht sel­ten ist), ist etwas anderes, als auf echte medi­zinis­che Hil­fe von vorn­here­in zu verzicht­en und gle­ich zum Quack­sal­ber zu gehen. Wer das Erstere tut (s. mein Kom­men­tar @ Irene (29.08.2011, 17:54) vom 30.08.2011), stirbt nicht an irgendwelchem „Homöo-schei**dreck“, son­dern am Ver­sagen der Schul­medi­zin. Der Quack­sal­ber kann ihm danach zwar auch nicht mehr helfen, richtet aber auch keinen Schaden an.

  100. Mona

    Ergänzung @Stephan Schleim
    Über den Begriff herrscht anscheinend fast Einigkeit, da die von Ihnen beschriebe­nen Trauer­sänger ja auch “Place­bo- Sänger” waren und sie sich durch ihren Lobge­sang einen Vorteil (hier Ver­di­enst) ver­schaf­fen wollten.
    Ihren Ein­spruch kann ich allerd­ings nicht ganz stattgeben, da ich in dem was Sie oben schrieben keinen recht­en Sinn sehe. Hier nochmal: “Den “Aufgek­lärten” hier mit auf den Weg gegeben: Es waren übri­gens Katho­liken, die die erste Place­bo-Kon­trolle ein­führten. Mith­il­fe unechter rit­ueller Gegen­stände (heilige Kreuze usw.) sollte während eines exorzis­tis­chen Rit­u­als kon­trol­liert wer­den, ob ein (ange­blich) Besessen­er wirk­lich besessen war.
    Gedanke: Wird der Men­sch auch dann “geheilt”, wenn mit Pseudoreliquien gear­beit­et wird, dann war er offen­sichtlich ein Simulant.”
    Die Geschichte klingt zwar recht schön, mir ist aber keine solche “Place­bo-Kon­trolle” bekan­nt. Unechte heilige Kreuze etc. gibt es m.E. auch nicht. Zwar wer­den “Kult­ge­gen­stände” oft gewei­ht, aber ein Kreuz hat auch so eine starke Sym­bol­kraft für gläu­bige Katho­liken und ist daher immer “echt”. Lediglich mit Reliquien (Überbleib­sel von Heili­gen) kön­nte man trick­sen, da hier nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist ob der Gegen­stand echt ist.

  101. Stephan Schleim

    @ Mona
    Ihnen sind keine Fälle bekan­nt und deshalb gibt es sie nicht? Wenn Sie dafür keine Quellen find­en, warum fra­gen Sie mich nicht ein­fach danach?
    Ich bin fern­er kein Experte in spir­itueller Mytholo­gie aber ich denke, dass man sich leicht ein Bild davon machen kann, was mit unechten/gefälschten heili­gen Objek­ten gemeint ist.
    Kaptchuk, T. J., Kerr, C. E. & Zanger, A. (2009). The art of med­i­cine: Place­bo con­trols, exor­cisms, and the dev­il. The Lancet 374: 1234–1235.

  102. alter Jakob

    Dop­pel­blind­ver­such bei Teufelsaustreibug
    Na, da müssten ja beim Place­botest der Exorzis­ten für die kath. Kirche recht unbe­friedi­gende Ergeb­nisse raus­gekom­men sein. Genau genom­men müssten die Place­bokreuze exakt die gle­iche Wirkung haben, wie die geseg­neten Kreuze. Es macht ja auch wenig Sinn, ein Place­bo mit einem anderen zu Ver­gle­ichen. Die Ausrede beim Ver­sagen im “Echtkreuz“versuch wird allerd­ings wohl wohl gewe­sen sein, dass der Dämon so stark sei…

  103. Stephan Schleim

    @ alter Jakob: Nein
    Wie ich in meinem ersten Kom­men­tar mit Ver­weis auf diese “Place­bo-Kon­trolle” bere­its schrieb, zweifelte man nicht an der Kraft der heili­gen Gegen­stände, son­dern warf man jeman­dem eine Sim­u­la­tion vor, wenn er trotz Place­bo “geheilt” wurde.
    Wenn jemand trotz “echtem” Gegen­stand nicht “geheilt” wurde, dann dürfte man das wahrschein­lich in der Tat ad hoc (weg-)erklärt haben; aber sein wir doch mal ehrlich: Wie häu­fig kom­men denn ad hoc-Erk­lärun­gen in der Wis­senschaft vor?

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