Israel und die Hamas im Spiegel deutscher Schlagzeilen

Von Anatol Stefanowitsch

Hin­weis: Eine neuere Ver­sion des unten ste­hen­den Textes mit ein­er umfassenderen Analyse auf ein­er bre­it­eren Daten­grund­lage ist hier erschienen.

Die Presse­berichte der let­zten Tage aus Israel und dem Gaza­s­treifen haben viele Men­schen in meinen sozialen Net­zw­erken als unaus­ge­wogen emp­fun­den: viele waren der Ansicht, die deutsche Presse berichte nicht angemessen über den soge­nan­nten „Nahost-Kon­flikt“ son­dern bew­erte die israelis­che Seite über­mäßig neg­a­tiv und inter­essiere sich haupt­säch­lich für Angriffe Israels auf Ziele im Gaza­s­treifen, aber nicht für Angriffe der Hamas auf Israel. Da mir dieser Vor­wurf im Zusam­men­hang mit der Israel-Berichter­stat­tung nicht zum ersten Mal begeg­net, habe mich gefragt, ob dieser Ein­druck stimmt, oder ob er das Ergeb­nis selek­tiv­er Wahrnehmung ist – die wenig­sten von uns analysieren ja sys­tem­a­tisch die Berichter­stat­tung tage­sak­tueller Ereignisse, und die eigene Per­spek­tive kann sich deshalb ja leicht zu einem falschen Gesamtein­druck verfestigen.

Um das zu über­prüfen, habe ich heute mor­gen auf Google News die Such­be­griffe Israel und Hamas eingegeben, und die Über­schriften der jew­eils 25 ersten Tre­f­fer analysiert (da einige Mel­dun­gen natür­lich bei bei­den Such­be­grif­f­en auf­taucht­en, waren das 37 Über­schriften; sie sind alle am Ende des Beitrags aufge­lis­tet). Ich konzen­triere mich auf die Über­schriften, weil sie erstens der Teil der Presse­berichte sind, der am stärk­sten Wahrgenom­men wird (vor allem in sozialen Net­zw­erken, wo außer Über­schriften häu­fig nicht viel gele­sen wird), und weil sie zweit­ens die Per­spek­tive oder den Frame verdeut­lichen, die ein bes­timmtes Medi­um uns auf die Ereignisse ver­mit­teln will.

Die Ereignisse, um die es in den Bericht­en geht, sind grob gesagt fol­gende: Die Hamas hat Städte in Israel (vor allem Tel Aviv und Jerusalem) mit Raketen ange­grif­f­en (und tut das noch), die israelis­che Armee hat daraufhin Ziele im Gaza­s­treifen bom­bardiert und bere­it­et den Ein­marsch von Boden­trup­pen vor. Es wäre zu erwarten, dass die israelis­che Armee und die Hamas in den Über­schriften min­destens zu gle­ichen Teilen als aktiv han­del­nde Kräfte dargestellt wer­den – wenn es ein Ungle­ichgewicht geben sollte, wäre zu erwarten, das die Hamas häu­figer genan­nt wird, da sie die aktuellen Ereignisse durch ihre Rake­te­nan­griffe aus­gelöst hat (dabei spielt es im konkreten Fall keine Rolle, wie der Kon­flikt ins­ge­samt zu bew­erten ist und wem man zu welchen Teilen Ver­ant­wor­tung für diesen Kon­flikt zuweist).

Tat­säch­lich ist es aber umgekehrt: In den 37 Schlagzeilen wird Israel 14 Mal expliz­it als aktiv han­del­nde Kraft benan­nt, die Hamas 10 Mal. Das scheint zahlen­mäßig zunächst kein sehr großer Unter­schied zu sein, auch wenn er nicht in die eigentlich erwart­bare Rich­tung aus­fällt. Dass die deutsche Presse ins­ge­samt Israel eine stärkere Ver­ant­wor­tung zuschreibt, wird aber deut­lich, wenn wir die sprach­lichen Struk­turen betra­cht­en, die dabei ver­wen­det wer­den. In 13 der 14 Fälle in denen Israel als han­del­nde Kraft benan­nt wird, ste­ht Israel (oder israelische/s Armee/Militär oder Netanyahu) in der Sub­jek­t­po­si­tion des Satzes, die Prädikate sind eine Offen­sive vor­bere­it­en/s­tarten/­fort­set­zen/sich-rüsten (6 Mal), (Groß)einsatz vor­bere­it­en/sich-ein­stellen (2 Mal), töten, Angriffe fliegen, bom­bardieren, mit Mil­itärschlä­gen dro­hen, und Samthand­schuhe ausziehen (je 1 Mal). Die Hamas wird als han­del­nde Kraft nur sechs Mal in Sub­jek­t­po­si­tion genan­nt, mit den Prädikat­en Raketen­hagel auf Israel abfeuern/feuern/schießen (5 Mal) und bom­bardieren (1 Mal). In den übri­gen Beispie­len wird die Hamas an weniger promi­nen­ter Stelle, näm­lich als Teil von zusam­menge­set­zten Sub­stan­tiv­en genan­nt (Hamas-Angriffe, Hamas-Raketen).

Das ist nicht nur ein zahlen­mäßiges Ungle­ichgewicht, die For­mulierun­gen zeich­nen auch unter­schiedliche Bilder: Israel wird nicht nur als mil­itärisch über­legen dargestellt (was ja objek­tiv richtig ist), son­dern mit For­mulierun­gen wie Offen­sive, Angriff, mit Mil­itärschlag dro­hen als Angreifer. Weniger als die Hälfte der For­mulierun­gen sind bezüglich Angriff/Verteidigung neu­tral (töten, bom­bardieren, Ein­satz vor­bere­it­en), keine einzige enthält eine Bew­er­tung als Vertei­di­gung­shand­lung (über­haupt wird nur ein einziges Mal durch die Über­schrift Reak­tion auf Hamas-Angriffe darauf hingewiesen, dass die israelis­che Mil­itär­op­er­a­tion eine Reak­tion auf etwas ist, in eini­gen weit­eren Fällen wird das angedeutet, indem in der Raketenbeschuss erwäh­nt wird (z.B. Nach Raketenbeschuss aus dem Gaza­s­treifen: Israel startet Offen­sive gegen die Hamas). Die Aktio­nen der Hamas wer­den dage­gen mit der For­mulierung Raketen abfeuern/schießen grund­sät­zlich nicht als Angriff oder Vertei­di­gung bewertet.

Der Unwille, die Hamas als Angreifer darzustellen, zeigt sich auch darin, dass selb­st in der Mehrzahl der Fälle, in denen der Raketenbeschuss expliz­it genan­nt wird, die Hamas uner­wäh­nt bleibt: in 13 Sätzen ste­hen Rakete/n, Raketenbeschuss und ähn­liche Wörter in der Sub­jek­t­po­si­tion, in keinem einzi­gen Fall wird gesagt, wer diese Raketen abge­feuert hat (vage angedeutet wird das in zwei Fällen durch die Ort­sangabe Raketen(beschuss) aus dem Gaza­s­treifen).

Die Ver­ant­wor­tung für die aktuellen Ereignisse (die meis­tens als Eskala­tion und manch­mal als Kon­flikt beze­ich­net wer­den), wird also entwed­er (durch die oben beschriebe­nen Mit­tel) Israel zugewiesen, oder all­ge­mein Raketen, die ihrer­seits wie eine Naturge­walt ohne Ver­ant­wortlichen dargestellt wer­den). Schließlich gibt es noch einige Fälle, in denen Israel und die Hamas oder die Palästi­nenser als ein­er all­ge­meinen Sit­u­a­tion aus­geliefert dargestellt wer­den (Israel und Hamas im Sog der Gewalt, Gewalt zwis­chen Israel und den Palästi­nensern eskaliert). Das ist, wenn wir das größere Bild betra­cht­en, vielle­icht gar nicht so falsch, ignori­ert aber natür­lich den konkreten Aus­lös­er der aktuellen Ereignisse.

Abschließend ist noch inter­es­sant, dass die Aktio­nen der israelis­chen Regierung und des israelis­chen Mil­itärs durchgängig dem ganzen Land zugeschrieben wer­den – es heißt fast auss­chließlich Israel tue dieses oder jenes, während die Hand­lun­gen der Hamas, grund­sät­zlich der Hamas zugeschrieben wer­den, und nicht den Palesti­nensern, oder Gaza.

Es wäre über­trieben, zu behaupten, dass die Mehrheit der deutschen Presse grund­sät­zlich israelfeindlich berichtet. In den Artikeln selb­st erfol­gt ja meis­tens eine etwas dif­feren­ziert­ere Darstel­lung aller Ereignisse und ihrer ursäch­lichen Beziehun­gen. Aber die Über­schriften zeigen, dass die deutsche Presse sich mit der Benen­nung manch­er Aspek­te des Kon­flik­ts tat­säch­lich schw­er­er zu tun scheint als mit anderen. Es scheint ihr schw­er zu fall­en, die Hamas über­haupt zu erwäh­nen, vor allem an promi­nen­ter Stelle. Noch schw­er­er scheint es ihr zu fall­en, der Hamas eine Ver­ant­wor­tung (oder auch nur Mitver­ant­wor­tung) für die Ereignisse zuzuschreiben. Der „Raketen­hagel“ (um die For­mulierung ein­er Über­schrift der Bild zu ver­wen­den), wird oft tat­säch­lich wie eine Art Hagel behan­delt – eine Wet­terkatas­tro­phe, die natür­lich schlimm ist, für die aber nie­mand etwas kann. Entsprechend ste­hen die israelis­chen Mil­itär­op­er­a­tio­nen selb­st dort ten­den­ziell als zusam­men­hangslose Aggres­sion da, wo sie mit neu­tralen Wörtern beschrieben wer­den; erst recht ist das dort der Fall, wo Wörter wie Offen­sive und Angriff gewählt werden.

Dass die aktuellen Ereignisse im Zusam­men­hang ein­er lan­gen, sehr kom­plex­en Geschichte ste­hen, ist keine Frage, und diese Geschichte lässt sich in Schlagzeilen natür­lich schw­er unter­brin­gen. Aber das erk­lärt für mich nicht die sys­tem­a­tis­che Asym­me­trie in der Darstel­lung der Akteure.

Nach­trag 1 (10.7.14, 9:23). Eine mit einem Hin­weis ver­bun­dene Bitte: Hier geht es nicht darum, wer für welche Aspek­te des Kon­flik­ts ver­ant­wortlich ist, son­dern darum, wie diese Ver­ant­wortlichkeit­en in den Über­schriften deutsch­er Medi­en verteilt wer­den. Ich bitte deshalb darum, in den Kom­mentaren nur auf das eigentliche The­ma einzuge­hen und weise darauf hin, dass ich Kom­mentare, die sich ohne Bezug zur medi­alen Berichter­stat­tung mit dem Kon­flikt an sich befassen, löschen bzw. nicht freis­chal­ten werde.

Nach­trag 2 (10.7.14, 9:51). Da in den Kom­mentaren die Möglichkeit geäußert wurde, dass das Ergeb­nis nur zufäl­lig mit der gestern früh herrschen­den Infor­ma­tion­slage zusam­men­hängt, habe ich es in verkürzter Form heute früh wieder­holt (siehe Kom­men­tar unten).

Dat­en
Eskala­tion in Nahost | Israel rüstet sich für Bode­nof­fen­sive [tagesschau.de]
Nach Raketenbeschuss aus dem Gaza­s­treifen: Israel startet Offen­sive gegen die Hamas [tagesschau.de]
Luftan­griffe auf Gaza­s­treifen: Israel tötet Extrem­is­ten­führer bei Vergel­tungss­chlag [spiegel.de]
Eskala­tion in Nahost: Der Raketenkrieg kehrt zurück nach Israel [spiegel.de]
ESKALATION IN NAHOST | Israel stellt sich auf Ein­satz von Boden­trup­pen ein [welt.de]
Haus in Jerusalem bom­bardiert: Naher Osten ste­ht vor neuem Gaza-Krieg [focus.de]
Nahost-Kon­flikt: Jerusalem unter Raketenbeschuss [spiegel.de]
Eskala­tion im Nahen Osten: Hamas schießt Raketen auf Israel [tagesschau.de]
Eskala­tion im Nahen Osten | Raketen schla­gen in Jerusalem und Tel Aviv ein [faz.net]
Eskala­tion in Nahost | Israel unter ständi­gem Raketenbeschuss [stern.de]
Gewalt zwis­chen Israel und den Palästi­nensern eskaliert [dw.de]
RAKETEN TREFFEN JERUSALEM | Israel set­zt Mil­itärof­fen­sive fort [handelsblatt.com]
Reservis­ten wer­den mobil­isiert | Israel bere­it­et Bode­nof­fen­sive vor [n‑tv.de]
Angst vor neuem Krieg in Nahost | Angriffe auf Jerusalem und Tel Aviv [stern.de]
ESKALATION IN ISRAEL | Raketen-Infer­no im Nahen Osten [bild.de]
Hamas feuert Raketen auf Jerusalem ab [welt.de]
Eskala­tion im Nahost-Kon­flikt: Netan­jahu dro­ht Hamas mit harten Mil­itärschlä­gen [spiegel.de]
Offen­sive im Gaza­s­treifen: Israel und Hamas im Sog der Gewalt [weser-kurier.de]
Reak­tion auf Hamas-Angriffe: Israel fliegt Dutzende Angriffe auf Gaza­s­treifen [spiegel.de]
Israelis­che Armee bom­bardiert 160 Ziele im Gaza­s­treifen [zeit.de]
Israel und Hamas im Sog der Gewalt [dw.de]
Hamas feuert Raketen­hagel auf Israel [faz.net]
Die Hamas ist geschwächt – und unberechen­bar [welt.de]
Gaza-Krise | Rakete­nalarm in Tel Aviv und Jerusalem [stuttgarter-zeitung.de]
NAHOST-KONFLIKT | Hamas feuert Dutzende Raketen auf Israel ab [zeit.de]
Mas­sive Angriffe der Hamas | Israels Süden unter Beschuss [faz.net]
KRIEG IN NAHOST? | Hamas feuert weit­er Raketen auf Israel — Luftan­griffe auf Gaza [augsburger-allgemeine.de]
Rakete trifft Haus in Jerusalem [berliner-zeitung.de]
Raketen aus dem Gaza­s­treifen | Hamas nimmt Jerusalem unter Beschuss [n24.de]
Reak­tion auf Hamas-Raketen | Israel startet neue Mil­itärof­fen­sive [taz.de]
Hamas bom­bardiert Israel | Jerusalem bere­it­et Großein­satz vor [n24.de]
ESKALATION IN ISRAEL | Schon wieder Lufta­larm in Tel Aviv [bild.de]
Gaza-Kon­flikt | Israels Mil­itär soll „die Samthand­schuhe ausziehen“ [faz.net]
Eskala­tion in Israel [welt.de]
Krise in Nahost | Min­destens 25 Palästi­nenser ster­ben bei israelis­chen Angrif­f­en [rp-online.de]
NAHOSTKONFLIKT | Israel bere­it­et Offen­sive vor — Raketen auf Jerusalem [derwesten.de]
Kon­flikt in Israel | Ste­ht die Region vor dem näch­sten Gaza­krieg? [tagesspiegel.de]

59 Gedanken zu „Israel und die Hamas im Spiegel deutscher Schlagzeilen

  1. Dok

    Ich denke es ist legit­im, auf der einen Seite von “Israel” zu sprechen, und auf der anderen Seite von der Hamas und nicht von “Palästi­na” oder den Palästi­nensern. Schließlich ist der Staat Israel ein ein­deutiger Akteur, während Palästi­na fak­tisch immer noch in den Hamas-regierten Gaza-Streifen und das West­jor­dan­land getren­nt ist. Darüber hin­aus ist Israel ein demokratis­ch­er Staat, während sich die Hamas qua­si an die Macht geputscht hat.
    Die Ten­denz in den Schlagzeilen stimmt allerd­ings dur­chaus sehr nachdenklich.

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  2. Nicolai Levin

    Dieses Missver­hält­nis kann ein­mal daran liegen, dass die Jour­nal­is­ten der Hamas-Seite eher gewogen sind als der israelischen.

    Es kön­nte aber auch daran liegen, dass die Berichter­stat­tung die Asym­me­trie der Kriegführung wider­spiegelt. Die israelis­che Seite kämpft mit offen­em Visi­er, ste­ht mit Press­esprech­ern und Hoheitsabze­ichen zu ihrem Tun. Die Raketen aus Gaza hinge­gen kom­men unmarkiert, nie­mand sieht, wer sie abfeuert, die Schützen ver­ber­gen sich in der Mitte der palästi­nen­sichen Bevölkerung. Es ist schon ein Ereig­nis, wenn die Hamas über­haupt zugibt, etwas mit den Raketen zu tun zu haben. Ein vor­sichtiger Jour­nal­ist wird sich hüten, vor­eilig jeman­dem die Schuld zu geben, wenn dies nicht ein­wand­frei bewiesen ist.

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  3. Stefan

    Die Über­schrift »Israelis­che Armee bom­bardiert 160 Ziele im Gaza­s­treifen [zeit.de]« ist entwed­er geän­dert wor­den oder der Link ist beim Ver­fassen des Artikels ver­rutscht. Der Link ver­weist aktuell jeden­falls auf die Überschrift: 

    »Hamas set­zt Beschuss von Tel Aviv fort«

    http://www.zeit.de/politik/2014–07/israel-gaza-hamas-raketen-jerusalem

    Inter­es­sant ist in dem Artikel die fol­gende Bildunterschrift:

    Die israelis­che Luft­waffe flog bin­nen 24 Stun­den mehr als 100 Angriffe. Doch auch die israelis­che Stadt Tel Aviv war Ziel palästi­nen­sis­ch­er Raketenangriffe.

    Dort wird sug­geriert, dass der palästi­nen­sis­che Rake­ten­ter­ror »auch so« stat­tfände, während die israelis­che Luft­waffe 100 Angriffe pro Tag fliegt.

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    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      Es ist gut möglich, dass die Über­schrift oder sog­ar der ganze Artikel geän­dert wor­den ist – in der Liste sind mehrere solche Fälle, weil die Online-Medi­en die ein­mal ver­bre­it­ete URL gerne beibehal­ten, wenn sie aktu­al­isierte Artikel (inkl. aktu­al­isiert­er Über­schriften) nachre­ichen. Manch­mal erken­nt man das noch an den URLs:

      Eskala­tion in Nahost: Der Raketenkrieg kehrt zurück nach Israel war ursprünglich „Hamas feuert Raketen auf Israel ab“ [spiegel.de]
      Haus in Jerusalem bom­bardiert: Naher Osten ste­ht vor neuem Gaza-Krieg war ursprünglich: „Israel bere­it­et sich auf Schlacht gegen Hamas vor“ [focus.de]
      Nahost-Kon­flikt: Jerusalem unter Raketenbeschuss war ursprünglich „Israel bere­it­et Großof­fen­sive im Gaza­s­treifen vor“ [spiegel.de]

      Die Über­schriften in mein­er Analyse entsprechen dem Stan von heute früh, ca. 9:00 Uhr.

      (Die zitierte Bil­dun­ter­schrift ist in der Tat sehr bezeichnend.)

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  4. Tim

    Hinzu kommt noch, daß deutschen Medi­en oft nicht bericht­en, wenn es eigentlich doch etwas zu bericht­en gäbe. Die regelmäßi­gen Rake­te­nan­griffe auf Israel wer­den näm­lich fast nie promi­nent bzw. über­haupt erwäh­nt. Meist geht die Berichter­stat­tung erst los, wenn Israel reagiert.

    Eine Über­sicht gibt es hier.

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  5. Mitdenker

    DOK “während sich die Hamas qua­si an die Macht geputscht hat” eine sehr eurozen­tris­tis­che Sichtweise und sie hat nichts mit der Wirk­lichkeit zu tun. Es gab Wahlen, ein­fach mal im “Neu­land” suchen.…

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  6. Jens Best

    Worüber in deutschen Medi­en auch nicht berichtet wird:

    - ständi­ge Price Tag-Gewalt (inkl. Angriffe auf Men­schen) seit­ens radikal-israelis­chen Siedlern
    — per­ma­nente ras­sis­tis­che Aus­fälle führen­der gewählter Volksvertreter in Knes­set und in der Regierung
    — die alltägliche Gewalt der israelis­chen “Sicherheits“-Kräfte (6 tote Palästi­nenser, darunter ein Kind, allein bei den “Ermit­tlun­gen“ wegen den drei ver­schwun­de­nen israelis­chen Jun­gen (die dann tot aufge­fun­den wurden).

    Wenn man also das Spek­trum der deutschen Berichter­stat­tung zum Kon­flikt betra­cht­en will, sollte man auch beacht­en über welche Gewalt und welche Toten nicht berichtet wird.

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  7. Benjamin Küchenhoff

    Eine sehr inter­es­sante Analyse. Auch ich empfinde die Israel-Berichter­stat­tung deutsch­er Medi­en häu­fig als ein­seit­ig, zu Las­ten Israels. Die unter­schiedliche Betra­ch­tung der Akteure kön­nte in diesem konkreten Fall aber auch andere Ursachen haben:

    1. Eine asym­metrische Nachricht­en­lage. Die Israelis betreiben in diesem Kon­flikt – darauf hat Nico­lai Levin in den Kom­mentaren bere­its hingewiesen – eine umfan­gre­iche Öffentlichkeit­sar­beit. Während wir von der Hamas kaum mehr wis­sen, als dass sie eben Raketen nach Israel abfeuern, gibt die israelis­che Seite Infor­ma­tio­nen über ihr eigenes Han­deln, Sprechen und Pla­nen an die Presse. Über die Fol­gen der Raketenein­schläge in Tel Aviv, Jerusalem und ander­swo hat Israel hinge­gen gestern eine Nachricht­ensperre ver­hängt. Die Medi­en wis­sen also viel mehr über die Hand­lun­gen Israels als über die der Hamas.

    2. Eine größere Ver­bun­den­heit mit Israel: Die Hand­lun­gen eines plu­ral­is­tis­chen, demokratis­chen und weit­ge­hend nach West­en ori­en­tierten Staates wie Israel wer­den möglicher­weise genauer betra­chtet und auch kri­tis­ch­er bew­ertet als die ein­er Organ­i­sa­tion, die Ter­ro­ran­schläge verübt und deren Ziele unmissver­ständlich, unum­stößlich und auch schw­er­er nachvol­lziehbar sind. Manche eine/r mag „die Palästi­nenser“ sog­ar ins­ge­heim für „Wilde“ hal­ten, die nicht anders kön­nen, so dass die Hamas gar nicht als ver­ant­wortlich han­del­nder Akteur wahrgenom­men wird, son­dern als eine Art Naturge­walt. Eine Wet­terkatas­tro­phe, wie Sie geschrieben haben. Dahin­ter steckt meines Eracht­ens weniger Sym­pa­thie als Geringschätzung.

    3. Der Zeit­punkt: Die Analyse haben Sie „heute mor­gen“ vorgenom­men, an ein­er bes­timmten Stelle des news cycle also. Da war die Infor­ma­tion über die israelis­chen Luftan­griffe aktueller als jene zu den Hamas-Raketen. Nachricht­en­sub­jekt ist nun mal, wer als let­zter gehan­delt hat (gestern Nacht: „Die deutsche Mannschaft schießt 7 Tore“, heute mor­gen: „Alle Welt grat­uliert der Mannschaft“). Es wäre inter­es­sant, diese Analyse (zu Hamas/Israel) zu einem anderen Zeit­punkt zu wieder­holen. Wobei ich es vorziehen würde, wenn die Hamas zur Inak­tiv­ität zurück fände und gar keine Schlagzeilen mehr produzierte.

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  8. Jens Best

    @Anatol 14:06

    Du hast recht. Wenn da im führen­den innerdeutschen Medi­um, also dem deutschen Aus­landsmedi­um DW, ein­mal über radikale Siedler kom­pakt Bericht wird, ist der Aufk­lärung genüge getan.

    Gle­ich­es gilt für die Erwäh­nung von sechs Toten in einem Satz im 15. Absatz in einem FOCUS-Artikel, der über etwas völ­lig anderes im Kern berichtet.

    Und wie kön­nte ich nur denken, dass die Vergif­tung des öffentlichen israelis­chen Diskurs­es durch die per­ma­nen­ten ras­sis­tis­chen Aus­fälle von Lieber­man (Außen­min­is­ter) und Ben­nett (Wirtschaftsmin­is­ter) in deutschen Medi­en Nieder­schlag find­en soll­ten, wenn selb­st die regelmäs­si­gen Aufrufe zum Genozid von israelis­chen Par­la­men­tari­er nicht erwäh­nt werden.
    Lieber Ana­tol, deine “Analyse“ ist in kein­ster Weise objek­tiv, son­dern durch­drun­gen von ein­er klar erkennbaren Absicht. Damit entwertest du deine bekan­nte Kom­pe­tenz in diesem Bere­ich. Das fast schon hil­flose Ver­linken von drei hastig und schlecht aus­ge­sucht­en Artikeln ret­tet da wenig.

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    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      @ Jens: Hastig, naja, es ist ja eigentlich nett von mir dass ich über­haupt mit Bele­gen auf deine unbelegten Behaup­tun­gen antworte, wir sind offen­sichtlich unter­schiedlich­er Ansicht darüber, wer jet­zt an der Rei­he wäre, seine bekan­nte Kom­pe­tenz unter Beweis zu stellen (und das meine ich nicht iro­nisch, ich halte dich tat­säch­lich für kom­pe­tent). Ich habe halt drei Artikel aus großen Medi­en her­aus­ge­sucht, damit hin­ter­her nicht der Vor­wurf kommt, es wür­den nur in irgendwelchen rand­ständi­gen Medi­en bericht­en, die nie­mand liest. Dabei habe ein­fach jew­eils einen Tre­f­fer von der ersten Seite der Suchergeb­nisse genom­men, aber wenn du mehr Berichte willst, die find­est du für die Siedler (Such­wort: z.B. “radikale Siedler”) und die palästi­nen­sis­chen Toten völ­lig ohne Prob­leme. Was die Diskus­sio­nen und auch Aus­fälle im Knes­set bet­rifft, über die wird tat­säch­lich weniger aus­führlich berichtet – das gilt aber für die Berichter­stat­tung über aus­ländis­che Par­la­mente ganz all­ge­mein, es ist nichts, was speziell für die Israel-Berichter­stat­tung typ­isch wäre. Das bedeutet aber nicht, dass über Ben­net, Lieber­mann und andere nicht kri­tisch berichtet würde (eine Google-News-Suche nach “Hard­lin­er” hil­ft weiter).

      Ich habe nichts weit­er gemacht, als eine Stich­probe von Über­schriften darauf hin zu unter­suchen, wer dort als Akteur dargestellt wird und mit welchen sprach­lichen Mit­teln. Das ist eine sprach­wis­senschaftliche Analyse, auf die ich wed­er von dir noch von anderen ein beleg­bares Gege­nar­gu­ment gehört habe. Mir “Absicht­en” oder ver­steck­te Motive zu unter­stellen, ist eben nur das – eine Unterstellung.

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  9. Stefan

    Dage­gen ist Jens Bests Wendung

    »… wegen den drei ver­schwun­de­nen israelis­chen Jun­gen (die dann tot aufge­fun­den wurden).«

    völ­lig objek­tiv. Es stören nur zwei Details: Die drei Jun­gen sind nicht ver­schwun­den, son­dern sie wur­den bru­tal ent­führt. Und sie wur­den nicht ein­fach tot aufge­fun­den, son­dern ermordet.

    Antworten
    1. Jens Best

      Lieber Ste­fan,

      ich sehe was du ver­suchst, muss dies allerd­ings ablehnen.

      Zur Klarstel­lung: Ich schrieb dies so, um darzustellen, dass die sechs bei den israelis­chen Razz­ien umgekomme­nen Palästi­nenser star­ben, bevor (offiziell) bekan­nt war, dass die drei israelis­chen Jugendlichen ermordet wur­den. Deswe­gen schrieb ich “ver­schwun­den“ und erst in Klam­mern “tot aufge­fun­den“. Du hast hin­sichtlich des Sen­ti­ment recht — es wäre bess­er gewe­sen hier “ermordet aufge­fun­den“ zu schreiben. Dies nicht zu tun war keine Intention.

      Unan­hängig von dieser drama­tis­chen und furcht­baren Zus­pitzung der let­zten Wochen, galt mein ursprünglich­er Hin­weis auch der per­ma­nen­ten Ver­let­zung und Tötung von Palästi­nensern durch die israelis­chen Besatzungs- und Sicher­heit­skräfte in den let­zten Jahren, über die nie in deutschen Hauptme­di­en berichtet wird.

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  10. Dozer

    Danke, inter­es­sant zu lesen. Mich würde dabei auch noch inter­essieren, wie die dpa-Mel­dung + Über­schrift dazu lautete. Wenn da näm­lich alle Seit­en auf das gle­iche Aus­gangs­ma­te­r­i­al rekuri­eren, kön­nte der inhaltliche Bias möglicher­weise gar nicht bei den Redak­tio­nen selb­st lieben, son­dern im Aus­gangs­ma­te­r­i­al. Denn eine Kor­rek­tur eines solchen Bias durch bear­bei­t­ende Redak­tio­nen ist eher die Ausnahme.

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  11. Felix Reichert

    Soory, aber der gesamte Blog­post, eben­so wie viele der deutschen Medi­en­berichte, basiert auf ein­er falschen Annahme:

    Die Hamas hat Städte in Israel (vor allem Tel Aviv und Jerusalem) mit Raketen ange­grif­f­en (und tut das noch), die israelis­che Armee hat daraufhin Ziele im Gaza­s­treifen bom­bardiert und bere­it­et den Ein­marsch von Boden­trup­pen vor.”

    Stimmt nicht. Israel hat Ziele in Gaza bom­bardiert, nach­dem im West­jor­dan­land die drei jüdis­chen Teenag­er ent­führt wur­den, und es im Zuge des Mordes am palästi­nen­sis­chen Jugendlichen im West­jor­dan­land protestiert wurde. 

    Ja, es wur­den ein paar (im Ver­hält­nis zu früheren Eskala­tio­nen wenige) Raketen vorher auf Israel geballert. Diese kamen aber höchst­wahrschein­lich gar nicht von Hamas, was auch die israelis­chen Sicher­heit­skreise so sehen. 

    http://www.haaretz.com/news/diplomacy-defense/1.600970

    Israeli secu­ri­ty forces esti­mate that the Islam­ic Jihad is respon­si­ble for some of the launch­es in the past week and a half, while oth­ers were prob­a­bly car­ried out by orga­ni­za­tions that do not accept Hamas’ rule in the strip.

    The IDF has respond­ed to every inci­dent of rock­et fire from the Gaza Strip since the begin­ning of Oper­a­tion Brother’s Keep­er, with more than 20 tar­gets in Gaza bombed by the Israel Air Force.”

    Erst daraufhin hat die Hamas ange­fan­gen, selb­st Raketen zu ver­schießen. Die Fak­ten zeich­nen also ein genau umgekehrtes Bild (wenn wir schon sim­pli­fiziert nur über Hamas & israelis­che Armee/Regierung sprechen):

    Israel hat Gaza bom­bardiert. DARAUFHIN hat Hamas mit Raketen kläglich ver­sucht zurückzuschlagen.

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  12. Sarah

    Was ich in der Hin­sicht auch nicht ver­ste­he, ist warum auf palästi­nen­sis­ch­er Seite immer nur die Hamas als Aggres­sor genan­nt wird. Haben die deutschen Medi­en nicht erst vor ein Paar Wochen die neue “Ein­heit­sregierung” aus Hamas und Fatah gefeiert?

    Völ­lig kor­rekt müsste es daher heißen: “Palästi­nen­sis­che Regierung überzieht Israel mit Raketenhagel”. 

    Es wird in Israel ja auch kein Unter­schied gemacht, welche Regierungspartei etwas gesagt hat, ob eine Aus­sage offiziell ist oder vom radikalen Rand stammt.

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  13. Christian

    Die Berichter­stat­tung im Nahostkon­flikt ist defin­i­tiv sehr ten­den­z­iös. Es scheint mir, dass jede noch so kleine Aktion der israelis­chen Armee eine Schlagzeile wert ist. Auch im TV, ins­beson­dere in den Nachricht­ensendun­gen des ZDF, agiert zunächst immer Israel, erst gegen Ende der Beiträge wird der Grund für dieses Han­deln (per­ma­nen­ter Raketenbeschuss von palästi­nen­sis­ch­er Seite) genan­nt. Auf diese Weise wird der Ein­druck erweckt, die Palästi­nenser wären die Opfer und nicht die Täter, Israel der Treiber des Konflikts.

    Gle­ichzeit­ig habe ich den Ein­druck, dass das Vorge­hen Israels deut­lich höheren Stel­len­wert besitzt als das Grauen, das tagtäglich in den Anrain­er­staat­en stat­tfind­et – etwa der Bürg­erkrieg in Syrien oder die “Aktiv­itäten” der IS(IS)-Terroristen. Einen gewisse zwang­hafte und sehr ein­seit­ige Fix­ierung auf den Staat Israel kann man vie­len Vertretern der deutschen Presse also nicht absprechen, hier von Anti­semitismus zu sprechen, wäre wohl zuviel, trotz­dem ist die Berichter­stat­tung in Nahost alles andere als ausgeglichen.

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  14. antagonistin

    Danke für diese hil­fre­iche Darstel­lung, die meine Wahrnehmung bestätigt. Ich lese seit Tagen die inter­na­tionale Presse und aus Israel v.a. Haaretz, weil die Berichter­stat­tung in Deutsch­land über­wiegend ten­den­z­iös ist und vieles ohne­hin nicht the­ma­tisiert. Solange das so bleibt wird die Gle­ichzeit­igkeit des Lei­ds zweier Völk­er hier nicht sichtbar.

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  15. Dok

    @ Mit­denker: Auch wenn die Hamas bei den let­zten demokratis­chen Wahlen die Mehrheit der Stim­men errun­gen hat: Sie hat die Macht im Gaza­s­treifen mit Waf­fenge­walt errun­gen und poli­tis­che Geg­n­er ermordet. Seit­dem regiert sie dort autokratisch und abso­lut. Nach mein­er, meinetwe­gen europäis­chen Def­i­n­i­tion, hat das her­zlich wenig mit Demokratie zu tun.

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  16. K. W. Goebel

    Für einen naiv­en Leser in DE stellt sich die Kon­flik­t­si­t­u­a­tion ziem­lich ein­fach dar. Immer und immer wieder ist da ein “Nicht­staat” böswillig aktiv und stört die Demokratie Israel. Expliz­it wird nur über die humane, staats­ge­ord­nete, israelis­che Vertei­di­gung berichtet. Wen wun­dern dann Ergeb­nisse wie die obenstehenden…?

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  17. Sascha Pallenberg

    Ich lese seit Tagen die inter­na­tionale Presse und aus Israel v.a. Haaretz, weil die Berichter­stat­tung in Deutsch­land über­wiegend ten­den­z­iös ist und vieles ohne­hin nicht thematisiert.”

    Na dann bin ich ja beruhigt, dass du auf der­ar­tig objek­tive Quellen ausweichst

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  18. K. W. Goebel

    Lieber Chris­t­ian (v. 9.7.14) “…die Palästi­nenser wären die Täter…”
    Wer solche Fra­gen stellt, sollte die His­to­rie beachten.
    Es wäre für uns Deutsche ver­ständlich, wenn man annähme,vor ca. 65 Jahren hätte die Uno beschlossen, z. B. Baden- Würt­tem­berg wäre ab sofort der Staat Israel.
    Wer ist dann dort Täter? Wer Opfer?
    Die Berichter­stat­tung aus dem inzwis­chen mod­er­nen Israel ist mut­maßlich konsumgerechter…

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  19. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

    Ich habe heute früh keine Zeit für eine aus­führliche Analyse, deshalb nur schnell die dreißig aktuell­sten Schlagzeilen zur Suche “israel hamas” auf Google News heute um etwa 9 Uhr:

    – Israelis­che Aktio­nen wer­den 17 Mal erwäh­nt, davon wird in 9 Fällen Israel expliz­it als Akteur genannt.

    – Palästi­nen­sis­che Aktio­nen wer­den 9 Mal erwäh­nt, nur in drei Fällen wird ein expliziter Akteur genan­nt (2 Mal Hamas, 1 Mal Palästinenser).

    – In fast der Hälfte der Schlagzeilen find­en die Opfer Erwäh­nung (in der Stich­probe von Gestern nur vere­inzelt): Palästi­nen­sis­che Todes­opfer wer­den in 11 der Schlagzeilen erwäh­nt, die Prob­leme der palästi­nen­sis­chen Zivil­bevölkerung in zwei weiteren.

    Die Asym­me­trie in der Zuschrei­bung von Ver­ant­wortlichkeit ist also die selbe wie gestern, und der mehrfach auf Twit­ter (Beispiel) geäußerte Vor­wurf, die Presse würde sys­tem­a­tisch die Opfer aus­blenden, stimmt auch nicht.

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  20. Jens

    Wie schon erwäh­nt ist auch der Nahostkon­flikt mit­tler­weile ein Medi­enkrieg gewor­den, den vor allem Israel geschickt lenkt (mit Press­esprech­ern, Veröf­fentlichen der Videos ihrer Bomben­schläge etc), während von palästi­nen­sis­ch­er Seite sicher­lich geschickt mit den Bildern der Opfer gespielt wird. Es ist sehr schw­er, ein hier eine neu­trale Berichter­stat­tung zu find­en, so wie ich das ganze in ver­schiede­nen Medi­en wahrnehme sieht es nor­maler­weise so aus: Israel demon­stri­ert seine Mil­itär­ma­cht mit Videos von “präzisen” Bomben­schlä­gen. Auf der anderen Seite sieht man dann zer­störte Häuser und Leichen, die durch die Strasse getra­gen wer­den. Auf israelis­ch­er Seite kann man schein­bar immer nur zer­störte Autos oder Scheiben als Auswirkung der Raketen von palästi­nen­sis­ch­er Seite vor­weisen (oder nur diese Bilder wer­den in den Medi­en gezeigt). Also entwed­er die PR des israelis­chen Mil­itärs macht einen sehr schlecht­en Job und zeigt das wahre Aus­mass der Raketen nicht, das sich­er auch hier bei mehr Leuten als Legit­im­ität der Selb­stvertei­di­gung anerkan­nt wer­den würde. Oder die Auswirkun­gen sind wirk­lich “Tote und zer­störte Häuser” gegen “demolierte Autos / Scheiben”. Sollte dies der Fall sein ist es aus mein­er Sicht nicht ver­wun­der­lich, dass die israelis­che Seite mehr Aufmerk­samkeit erhält.

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  21. David

    Es wäre für uns Deutsche ver­ständlich, wenn man annähme,vor ca. 65 Jahren hätte die Uno beschlossen, z. B. Baden– Würt­tem­berg wäre ab sofort der Staat Israel.”

    Das wäre in der Tat sehr ver­ständlich. Hätte die UNO das doch gemacht.

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    1. K. W. Goebel

      Antwort: Sind Sie ein Spaßvo­gel oder ein ern­stzunehmender Diskutant?
      Im ersten Falle kön­nte ich die Zahl der beson­ders witzi­gen Ver­gle­ichs­beispiele noch erhöhen. Im zweit­en Falle passt Ihnen vielle­icht das Ems­land von Nord­horn bis zur Küste im Nor­den bis zur lot­gerechte Lin­ie von Bre­mer­haven nach Süden wegen des dor­ti­gen Reich­tums besser…

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  22. akbwl

    An dieser Stelle muss aber auch der Google-Algo­rit­mus hin­ter­fragt wer­den. Wenn stur die ersten 25 Schlagzeilen bzw. die entsprechen­den Texte aus­g­w­ertet wer­den, dann wurde hier eine (automa­tis­che) Vorauswahl von Google getrof­fen, die nicht neu­tral, Zen­sur- und Wer­tungs­frei ist.
    Die vorgenommene Auswer­tung kann nicht pauschal als Spiegel­bild der deutschen Presse gew­ertet werden.

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  23. Udo Stiehl

    Mal zurück zum Kern und zu Ana­tols Frage, warum Israel als ganzes Land oft zum Akteur “geschrieben” wird: In Über­schriften und auch in Lead­sätzen ist es ein­fach wesentlich kürz­er. Ich würde da keine tief­ere Bedeu­tung hinein interpretieren.
    Übri­gens entste­ht bei den For­mulierun­gen noch ein anderes Prob­lem, das nicht nur das Land, son­dern gle­ich seine gesamte Bevölkerung zu Akteuren macht. Ste­hen sich zwei Seit­en (z.B. in Ver­hand­lun­gen) gegenüber, greifen wir Redak­teure gerne zu den Län­der­na­men. “Deutsch­land forderte die USA auf…” funk­tion­iert. In der Nah-Ost-Berichter­stat­tung aber entste­ht häu­fig “Israelis und Palästi­nenser ver­han­del­ten…”, weil die Palästinen­er keinen offiziellen Staat und keinen Staat­sna­men haben. Auch das mag zu ein­er gewis­sen Verz­er­rung in der Wahrnehmung beitra­gen, weil die For­mulierung eben nicht die Län­der son­dern deren Bürg­er zu Akteuren macht.

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  24. karpatenhund

    Ich halte es für zu kurz gegrif­f­en zu behaupten, es wäre ten­den­z­iöse Berichter­stat­tung, wenn Israel als agierende und nicht als reagierende Partei beschrieben werde. Damit wird auch eine Bew­er­tung des Kon­flik­ts vorgenom­men: Israel reagiert auf Rake­te­nan­griffe, warum nicht radikale Palästi­nenser­grup­pen auf die Ermor­dung eines palästi­nen­sis­chen Jugendlichen? Der Nahostkon­flikt ist geprägt von Reak­tio­nen auf Pro­voka­tio­nen und aggres­siv­en Aktionen.
    Auch die Kri­tik daran, dass die Aktio­nen der Hamas nicht als Angriff­sakt gew­ertet wer­den, ist irreführend: Tat­säch­lich kön­nen die Rake­te­nan­griffe oft nicht mit Sicher­heit auf die Hamas zurück­ge­führt wer­den. Es ist unklar, ob sie von der Hamas geduldet wer­den, ob sie von ihr aus­ge­führt wer­den und wieviel Ein­fluss die Hamas auf diese Angriffe hat.
    Auch die Beze­ich­nung “Raketen­hagel” ist nicht ganz falsch. Es stimmt, dass die Raketen aus dem Gaza­s­treifen poten­tiell gefährlich sind. Fak­tisch stellen sie aber nur ein geringes Risiko dar, da ein Großteil abge­fan­gen wird (dank der aus­geze­ich­neten Abwehrsys­teme Israels) oder kaum Schä­den anrichtet. Per­so­n­en kom­men durch die Angriffe jeden­falls kaum zu Schaden, nur der psy­chol­o­gis­che Effekt auf die Israelis ist enorm.
    Zur Zuschrei­bung von Aktio­nen: Mil­itär­op­er­a­tio­nen Israel zuzuschreiben ist kor­rekt. Israel han­delt als Staat. Falsch wäre, die Aktio­nen allen israelis­chen Bürg­ern zuzuschreiben (“die Israelis”). Im Gegen­satz dazu wäre eine Zuschrei­bung der Rake­te­nan­griffe “den Palästi­nensern” falsch, weil die Angriffe nicht von allen Palästi­nensern getra­gen wer­den. “Gaza” kön­nte man die Angriffe zuschreiben; aber nur, wenn klar wäre, dass die Angriffe alle von der dor­ti­gen Regierung durchge­führt wer­den. Ob das so ist, ist aber unklar.

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    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      Auch die Kri­tik daran, dass die Aktio­nen der Hamas nicht als Angriff­sakt gew­ertet wer­den, ist irreführend: Tat­säch­lich kön­nen die Rake­te­nan­griffe oft nicht mit Sicher­heit auf die Hamas zurück­ge­führt werden.

      Akku­ratesse in der Berichter­stat­tung ist sich­er wün­schenswert, aber wer sich auf die „Hamas“ nicht fes­tle­gen will (was in den Artikeln selb­st allerd­ings meis­tens erfol­gt, dem blieben (je nach poli­tis­ch­er Aus­rich­tung der Zeitung) immer noch die Beze­ich­nun­gen „palästi­nen­sis­che Terroristen/Saboteure/Partisanen/Freiheitskämpfer/usw.“.

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  25. Anubis

    »Es wäre für uns Deutsche ver­ständlich, wenn man annähme,vor ca. 65 Jahren hätte die Uno beschlossen, z. B. Baden– Würt­tem­berg wäre ab sofort der Staat Israel.
    Wer ist dann dort Täter? Wer Opfer?«

    Deutsch­land wäre der Täter, wie jed­er Men­sch, der schon ein­mal von der Schoa gehört hat, wis­sen sollte.

    Anson­sten hinkt der Ver­gle­ich, aber gewaltig. Deutsch­land war 1871–1945 – lei­der – ein Nation­al­staat. Das ehe­ma­lige Palästi­na (1920–1948) dage­gen nicht. Allerd­ings sind auf dem Gebi­et Palästi­nas sei­ther zwei Staat­en ent­standen: Jor­danien (1946) und Israel (1948). Und es ist zwar unwahrschein­lich, dass so etwas in abse­hbar­er Zeit passieren wird, aber völk­er­rechtlich spricht nichts dage­gen, dass dort (im West­jor­dan­land und im Gaza­s­treifen) irgend­wann noch ein drit­ter Staat entsteht.

    Die Behaup­tung, die UNO hätte vor 65 Jahren in Palästi­na Teile eines beste­hen­den Nation­al­staats ein­er anderen Bevölkerungs­gruppe über­lassen, ist reine Geschicht­sklit­terei. Übriggens hat der Völker­bund berits vor 90 Jahren die Errich­tung ein­er jüdis­chen Heim­stätte im cisjor­danis­chen Teil Palästi­nas beschlossen.

    »Wer solche Fra­gen stellt, sollte die His­to­rie beachten.«

    Indeed.

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    1. K. W. Goebel

      Ok. Schön, dass da mal jemand Fak­ten auf den Tisch legt.
      Die UNO, eine Organ­i­sa­tion von “Nation­al­staat­en”, und nur das (!!!!), hat sein­erzeit einen Beschluss mit Zus­tim­mung dieser “Nation­al­staat­en” gefasst. Eine der Ursachen für das Dra­ma ist doch ger­ade über Ihr Argu­ment zu begrün­den: “Palästi­nenser”, bzw. diejeni­gen, die das Ter­ri­to­ri­um auf ihre Bodeneigen­tum ver­nach­läs­si­gende Wüsten — Weise nutzten, waren Men­schen, die nie befragt wurden.
      Die Welt existiert real. Nation­al­staat­en kom­men und gehen. Wir derzeit­i­gen Gäste auf Erden sind nun schon annäh­ernd 70 Jahre mit diesem UNO — Fehler konfrontiert…und Israel ist bedroht.

      Antworten
  26. Anubis

    »Die Welt existiert real.«

    Nation­al­staat­en auch.

    »›Palästi­nenser‹, bzw. diejeni­gen, die das Ter­ri­to­ri­um auf ihre Bodeneigen­tum ver­nach­läs­si­gende Wüsten — Weise nutzten, waren Men­schen, die nie befragt wurden.«

    Sie wur­den gefragt, und zwar in Gestalt ihrer poli­tis­chen Vertre­tun­gen. Lei­der lehn­ten sowohl das Ara­bis­che Hohe Komi­tee (die Vertre­tung der ara­bis­chen Bevölkerung Palästi­nas) als auch die Ara­bis­che Liga den UN-Teilungs­plan von 1947 ab. Hät­ten sie zuges­timmt, dann wären jet­zt, wenn mich nicht alles täuscht, von den ca. 127.000 km² des Völker­bund­man­dats Palästi­na ca. 112.000 km² jor­danis­ches bzw. palästi­nen­sisch-ara­bis­ches Staatsgebiet.

    Stattdessen beschlossen sie noch vor der Grün­dung Israels, den jüdis­chen Staat anzu­greifen und zu ver­nicht­en. Glück­licher­weise hat­ten sie damit keinen Erfolg.

    Dass die palästi­nen­sisch-ara­bis­che Bevölkerung sich über­vorteilt fühlt, finde ich sehr ver­ständlich. Zu ver­danken hat sie ihre heutige Sit­u­a­tion vor allem den Orga­nen der Ara­bis­chen Liga und ihrer eige­nen poli­tis­chen Führung. Wed­er die UNO noch Israel hat diese gezwun­gen, sich so zu entschei­den, wie sie es getan haben.

    Antworten
  27. K. W. Goebel

    @anubis — Ich möchte keine Nach­hil­fe in His­to­rie, denn die völk­er­rechtliche Frag­würdigkeit der Legit­im­ität von “Vertretern” müsste umfassender aufgear­beit­et wer­den, soll in dieser Wel­tre­gion die bei­der­seit­ige Rechthaberei endlich aufhören. Sie lang­weilt nach so vie­len Jahren die Zeitgenossen…:-[[[
    Wie wäre es mit der nach­denkenswerten Spruchweisheit:”…und den­noch bin ich der Meinung…muss zer­stört werden…

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  30. Anubis

    »Ich möchte keine Nach­hil­fe in His­to­rie, denn die völk­er­rechtliche Frag­würdigkeit der Legit­im­ität von ›Vertretern‹ müsste umfassender aufgear­beit­et werden …«

    Dann wün­sche ich fro­hes Schaf­fen. Im Übri­gen (sic!) bin ich der Mei­n­ung, wer solche Fra­gen stellt, sollte die His­to­rie beacht­en. Auch keine alte Spruch­weisheit, aber nach­denkenswert. Wenn man es nicht nur als Floskel gebraucht.

    Antworten
  31. Doro

    Span­nende Analyse, aber ein Teil des Ergeb­niss­es liegt an der Eingabe, Israel (Staat) und Hamas (Partei). Andere Ergeb­nisse ergeben sich bei “Israel Palesti­na Raketen”. Ich habe nur ganz ober­fläch­lich ermit­telt Die ober­sten 20: 6 neu­tral, 13 Palesti­na als Akteur, 1 Israel als Akteur

    Antworten
    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      Den Such­be­griff „Raketen“ zu ver­wen­den, halte ich für frag­würdig, das wäre, als ob ich „Offen­sive“ oder „Bode­nof­fen­sive“ mit eingegeben hätte. Ich habe eben “Israel Palästi­na” eingegeben und bekomme: 8 Mal Israel als Akteur, zwei Mal Palästi­nenser. Wenn ich jet­zt ger­ade die all­ge­meinen Schlagzeilen für Nah­host durch­se­he (ohne Such­be­griff), erhalte ich sechs Erwäh­nun­gen israelis­ch­er Aktio­nen (davon drei mit expliziter Benen­nung von Israel als Akteur), und neun Erwäh­nun­gen der Rake­te­nan­griffe auf Israel, davon drei ohne Benen­nung eines Akteurs, zwei mit Nen­nung der Hamas, und vier mit Nen­nung des Libanon. Inter­es­san­ter­weise scheint also die Zurück­hal­tung weniger stark, den Libanon als Akteur darzustellen, was zeigt, dass die staatliche Ver­fass­theit eines Akteurs eine Rolle spie­len kön­nte. Allerd­ings sind die Schlagzeilen ins­ge­samt ger­ade sehr stark von Oba­mas Ver­mit­tlungsange­bot beherrscht, sodass die Stich­probe sehr klein ist.

      Antworten
  32. Esurk

    Sehr inter­es­sante Diskus­sion — deren latent aggres­siv­er Unter­ton genau das Prob­lem wieder­spiegelt. In diesem Kon­flikt ist es schw­er, sich — bewusst oder unbe­wusst — nicht für eine Seite zu entschei­den. Ich selb­st habe als Schreiber­ling die Gegend besucht und in vie­len Jahren zahllose Über­schriften über den Nahost-Kon­flikt gemacht — und ja, Israel ist kürz­er als isre­alis­che Regierung, was oft nicht deck­ungs­gle­ich ist. Genau­so feuern nicht DIE Palästi­nenser ständig Raketen nach Israel. Ich per­sön­lich glaube: Bei­de Seit­en ver­ste­hen es blendend, poli­tisch unko­r­rekt gesagt, Arschlöch­er zu sein. Der Grund aber, warum Israel eher als Aggres­sor dargestellt wird, ist, dass es das stärkere, mächtigere Land ist, viele Deutsche aber zu den Schwächeren, den Palästi­nensern, hal­ten. Helfen tut das lei­der niemandem.

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  33. Askan Schenck

    Eine kleine Kor­rek­tur der chro­nol­o­gis­chen Dale­gung von Felix Reichert.
    Da wurde geschrieben: “Israel hat Gaza bom­bardiert. DARAUFHIN hat Hamas mit Raketen kläglich ver­sucht zurückzuschlagen.”
    Der Raketenbeschuss von Gaza auf Israel dauert doch schon seit Monat­en (allein von Jan­u­ar bis Apri 2014 waren es 100 Raketen) an und die Israelis­chen Luftschläge waren immer nur eine Reak­tion darauf, unab­hängig von der Sache mit den ermorde­ten Jugendlichen. Diese Angriffe gin­gen zwar auch häu­fig von mil­i­tan­ten Split­ter­grup­pen wie Islamis­che Jihad aus aber genau­so auch von Hamas Leuten die auch schon bei dem Ver­such Raketen auf Israel abzuschießen von Israelis­chen Luftschlä­gen getötet wurden.
    Ein Prob­lem der deutschen Berich­er­stat­tung ist das immer erst berichtet wird wenn Israel mal wieder auf den Beschuss reagiert. So sieht es häu­fig so aus als gehe die agres­sion von Israel aus. Es wird ständig geschrieben und gesagt dass das Prob­lem die “Extrem­is­ten auf bei­den Seit­en” sind — Gewalt­spi­rale usw. Das stimmt aber so nicht, denn let­zendlich hätte es nie mil­itärische Auseinen­der­set­zun­gen, geschweige denn eine Abriegelung von Gaza gegeben wenn Israel nicht ein­er vortwähren­den Agres­sion von dort aus­ge­set­zt gewe­sen wäre.

    Antworten
  34. Andreas

    1. Gedanken­spiel: Stellen wir uns eine Außerirdis­che vor, die zwar unsere Sprache ver­ste­ht und die gegen­wär­tige Berichter­stat­tung liest, aber keine Geschichts­büch­er ken­nt, also die größt­mögliche denkbare Neu­tral­ität oder Unvor­ein­genom­men­heit in diesem super kom­plex­en The­ma aufweist.
    Frage: Welchem Ein­druck würde so eine Rezip­i­entin von der Lage gewin­nen? Ich bin mir wirk­lich nicht sich­er, ob ein sig­nifikantes Übergewicht zu der einen oder anderen Seite für so eine Betra­ch­terin ables­bar wäre oder ob sich so ein ein­seit­iger Ein­druck (meinetwe­gen auch ‘unter­be­wusst’) ein­stellen würde. 

    2. Die Dat­en und ihre Auswer­tung finde ich sehr inter­es­sant. Ich hätte allerd­ings darauf verzichtet, Erwartun­gen zu for­mulieren: “[…] wenn es ein Ungle­ichgewicht geben sollte, wäre zu erwarten, das die Hamas häu­figer genan­nt wird, da sie die aktuellen Ereignisse durch ihre Rake­te­nan­griffe aus­gelöst hat […]”. Die Basis ein­er solchen Erwartun­gen ist ein mehr oder weniger willkür­lich geset­zter Anfangspunkt der Gewalt, an dem die eine oder die andere Seite (ich habe da kein­er­lei Vor­lieben) einen Gewal­takt bege­ht, ab dem alles Weit­ere Reak­tion darauf und somit irgend­wie legit­imiert ist. Weil die Gewalt in dieser Region aber schon so lange dauert, erscheint mir solch eine Inter­punk­tion (wenn man das so nenne kann), immer angreif­bar und auch unnötig.

    3. Ich finde, in den Kom­mentaren wird zu wenig lin­guis­tisch und zu viel poli­tisch argumentiert.

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  35. Go West

    Das ist eine sehr inter­ssante Diskus­sion, die mir sehr hil­ft. Seit Tagen hat­te ich schon den Ein­druck ein­er — ein­mal mehr — ein­seit­i­gen Bericht­enrstat­tung. Dieser Artikel und die Kom­mentare geben mir Fak­ten in die Hand.
    Ich habe z.B. auch nir­gends in der deutschen Presse davon gele­sen, welche Reak­tio­nen es von Israel aus auf den direk­ten Racheakt nach der Ermor­dung der drei jun­gen Israelis gegen hat. Da gab es grosse Zeichen von Men­schlichkeit und Mit­ge­fuehl. Umgekehrt hat es das von Gaza aus nicht gegeben.
    Es stimmt mich schon lange beden­klich, wie es Hamas und zuvor Fatah gelun­gen ist, den Nah-Ost-Kon­flikt qua­si Israel allein in die Schuhe zu schieben. Das geht ja bis in die UNO, in der die bestaendi­gen Attack­en auf die Zivil­bevoelkerung von Gaza aus, ignori­ert werden.
    Man muss nicht ein­mal mit der israelis­chen Poli­tik sym­pa­tisieren, um zu erken­nen, welche Chan­cen zum Frieden von den palaesti­nen­sis­chen Organ­i­sa­tio­nen wieder und wieder vergeben wer­den. Wuerde dort die selbe Energie, die in den Auf­bau von Hass und in Waf­fen investiert wird, in einen echt­en Frieden­sprozess und einen Auf­bau von Gaza und dem West-Jor­dan-Land einge­bracht, koen­nten dort laengst eben­solche blue­hen­den Land­schaften ent­standen sein, wie in Israel. Doch wenn man sich erin­nert, dass Arafat sein­er Frau 2 Mil­liar­den Dol­lar pri­vates Ver­moe­gen hin­ter­lassen hat, weiss man, wem solche Kon­flik­te let­ztlich nutzen.
    Und eines wird auch immer und ueber­all ver­schwiegen. Der wahre Feind der Palaesti­nenser sitzt nicht in Israel, son­dern in den ara­bis­chen “Brud­er­laen­dern”. Das belegt die Geschichte sehr eindruecklich.

    Antworten
  36. Inna Ligum

    Und wenn ich nicht immer ein­er Mei­n­ung mit Ihnen bin, verehrter Prof. Ste­fanow­itsch, finde ich Ihre Analyse nicht nur großar­tig son­dern ein­fach köstlich. Es zeigt wieder wieviel Sprengstoll die sach­liche Sprach­wis­senschaft in sich birgt… Und wieviel Sprengsätze vielle­icht genau dadurch entschärt wer­den könnten…

    Antworten
  37. Marvin Zeller

    Stimme Felix Reichert voll und ganz zu!

    Natür­lich gab es schon lange vere­inzel­ten Raketenbeschuss, genau­so wie es die hier schon ange­sproche “ständi­ge Price Tag-Gewalt seit­ens radikal-israelis­chen Siedler” und “die alltägliche Gewalt der israelis­chen “Sicherheits“-Kräfte” gibt.
    Den Kon­flikt der jet­zt ger­ade beste­ht hat aber Israel eskalieren lassen.
    Außer­dem geht es doch auch gar nicht nur darum wer ange­fan­gen hat wie es hier teil­weise klingt, son­dern auch in welchem Ver­hält­niss eine Reak­tion noch ste­ht. Und drei tote Jugendliche und einige abge­fan­gene Raketen recht­fer­ti­gen halt nicht 100te Tote (viele davon Zivilis­ten) auf der anderen Seite.
    Nicht umson­st sieht die UNO hier ver­stöße gegen das Völkerrecht!

    Ich empfinde die west­liche Berichter­stat­tung auf jeden Fall eher pro-israelisch als umgekehrt, denke aber dass sich das rel­a­tiv aus­geglichen vehält.

    Antworten
  38. Stefan Wagner

    Ich kann der Argu­men­ta­tion nicht fol­gen. “Bom­bardieren” und “Raketen abfeuern” sind m.E. immer Angriff­shand­lun­gen. Wieso das neu­tral sein soll erschließt sich mir nicht. 

    Auch wird nicht erk­lärt inwiefern es von Bedeu­tung ist, ob die Hamas als Sub­jekt des Satzes auftritt oder als zusam­menge­set­ztes Sub­stan­tiv. “Raketen schla­gen in Jerusalem ein” dürfte auch fast alle Leser, die den Kon­flikt seit Jahrzehn­ten ver­fol­gen und auch in den let­zten Tagen ver­fol­gten nicht im Unklaren darüber belassen, wer der Akteur war. 

    Ich würde sog­ar damit rech­nen, dass man bei ein­er Befra­gung kurz nach Lek­türe des Artikels bei fast allen Lesern abfra­gen kann, welche Hand­lun­gen geschildert wer­den, aber bei qua­si nie­man­dem, wie dies gram­ma­tisch erre­icht wurde. Ob Israel oder die Hamas Sub­jekt des Satzes sind ist für die inhaltliche Darstel­lung m.E. vol­lkom­men wumpe und wird daher auch von nie­man­dem falsch rezipiert.

    Antworten
    1. Anatol Stefanowitsch Beitragsautor

      Bom­bardieren und Raketen abfeuern kann sprach­lich sowohl eine Angriffs- als auch eine Vertei­di­gung­shand­lung beschreiben, mit angreifen dage­gen wird eine Kampfhand­lung als Angriff dargestellt.

      Wer im Sub­jekt des Satzes auf­taucht ist deshalb wichtig, weil in der Sub­jek­t­po­si­tion typ­is­cher­weise Akteure genan­nt wer­den. Dass die Leser/innen nach der Lek­türe eines Textes dessen gram­ma­tis­che Struk­tur nicht beschreiben kön­nen (und ohne­hin meis­tens nicht in der Lage sind, gram­ma­tis­che Struk­turen über­haupt zu erken­nen), spielt keine Rolle für die Wirkung, die diese gram­ma­tis­chen Struk­turen haben.

      Raketen schla­gen in Jerusalem ein” dürfte auch fast alle Leser, die den Kon­flikt seit Jahrzehn­ten ver­fol­gen und auch in den let­zten Tagen ver­fol­gten nicht im Unklaren darüber belassen, wer der Akteur war.

      Das­selbe würde auch für die Schlagzeile „Ziele im Gaza-Streifen bom­bardiert“ gel­ten – auch hier wüssten die meis­ten wohl, wer das Bom­barde­ment durchge­führt hat. Trotz­dem wird Israel als Akteur pro­por­tion­al deut­lich häu­figer genannt.

      Antworten
  39. Christoph Deeg

    Hi all,

    ich finde den Blog­beitrag und die Diskus­sion sehr span­nend. Ich hätte noch einen anderen Gedanken beizutragen:

    Kann es sein, das ein Prob­lem eine Art “Event-Jour­nal­is­mus” ist? Der aktuelle Kon­flikt ist ja let­ztlich kein Kon­flikt der ger­ade aus­bricht. Es ist vielmehr eine eskalierende Momen­tauf­nahme eines Kon­flik­tes, der schon Jahrzehnte dauert. D.h. es geschehen dauernd Hand­lun­gen und Gegen­hand­lun­gen die zudem abhängig sind von den jew­eili­gen poli­tis­chen Ist-Zustän­den. Und auch die Berichter­stat­tung ist wiederum ein Prozess, der von vie­len Fak­toren abhängig ist. Oder sehe ich das falsch?

    Beste Grüße Christoph

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  40. K. W. Goebel

    Hi, ich ver­ste­he zwar einen Teil der Abhand­lun­gen als eine wohl in der west­lichen Pressear­beit notwendi­ge Bemühung um Suche nach “Objek­tiv­ität”.

    Mich wun­dert jedoch, wenn von der PR des Mil­itärs in einem Umfeld mit vie­len, vie­len Toten gesprochen wird und dann vom grü­nen Stick — Tisch aus naiv Objek­tiv­ität wie beim Kinder­garten­spiel oder den “Siedlern” oder Monop­oly infan­til erwartet wird. 

    Ihre Meth­o­d­en, bei der Suche nach Objek­tiv­ität in der Berichter­stat­tung sind doch nicht ernst zu nehmen. 

    Geht es den asym­metrischen Kriegstreibern darum, eine “schöne Presse” zu haben? Ich ver­mute das nach 65 Jahren nicht. Den Men­schen dort, und denen wollen Jour­nal­is­ten ange­blich “objek­tiv” dienen, helfen sie mit diesem Dilet­tan­tismus nicht. Sorry.

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  44. B.B.

    Ich habe auf einem Beitrag eines Blogs des Münch­n­er Gespräch­skreis­es der Nach­Denk­seit­en (“Blog des NDR Gespräch­skreis­es München”) mit dem Titel “Bei­hil­fe ist straf­bar” Auszüge aus Ihrer Unter­suchung — die ich her­vor­ra­gend finde und in jed­er Hin­sicht gelun­gen — zitiert und auf Ihren Blog als Urhe­ber hingewiesen, sowie Sie als Autor benannt.

    Hier der Beitrag “Bei­hil­fe ist straf­bar!” http://nachdenken-in-muenchen.de/?p=253#comment-23. Sie haben ja nur die ser­iösen Medi­en unter­sucht: ich möchte gar nicht wis­sen, wie Ihre Unter­suchung aus­fall­en würde, wenn sie nicht nur das Hellfeld FAZ, SZ und ZEIT unter­suchen wür­den, son­dern sich auch in deren Dunkelfeld umtun müssten.

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  46. Ludwig Malke

    Einen Apsekt dür­fen wir natür­lich bei der Frage, warum in den Medi­en bes­timmte sprach­liche Begriffe ver­wen­det wer­den, nicht ver­nach­läs­si­gen: Die (Nicht-)Existenz staatlich­er Strukturen.

    Mit Israel gibt es einen Staat mit ein­er Ver­fas­sung, mit Gewal­tenteilung, mit Demokratie und mit einem Rechtsstaat. “Wir” (der Main­strem der Medi­en und ihrer Leser) gehen davon aus, dass sich so ein Staat ratio­naler und nachvol­lziehbar­er ver­hält als “Ter­ror­is­ten”. “Wir” iden­ti­fizieren uns auch stärk­er mit ihm und den Men­schen, die in ihm Leben. Ver­mut­lich ver­gle­ichen wir wesentlich stärk­er unter dem Mot­to “Was wür­den wir Deutsche tun?” (auch wenn die Sit­u­a­tion natür­lich nicht so ver­gle­ich­bar ist, wie “wir” denken). Deshalb ist Israel “unser” Ansprech­part­ner, was sich auch in den Über­schriften widerspiegelt.

    Die “Hamas” ist dage­gen für uns ein ziem­lich unbekan­ntes Gebilde. Wer ken­nt sich wirk­lich aus mit den Unter­schieden zwis­chen Palästi­nensern und Arabern, Schi­iten und Sun­niten, mit Mus­lim­brüdern und Tal­iban, mit Islamis­ten und Ter­ror­is­ten, mit Fatah und PLO? Gibt es dort über­haupt eine Regierung? (Vergessen wir nicht, dass Israel Hamas-Führer gezielt getötet hat.) Sind die Rake­te­nan­griffe sys­tem­a­tisch-mil­itärisch? Sind es Verzwei­flungstat­en eines Unterlegenen?

    Auf der Seite Gaza/Hamas/Palästinenser gibt es also man­gels ein­er staatlichen Struk­tur viel zu viele Unbekan­nte, die es zuließen, hier ein­fache Ver­ant­wortlichkeit­en zu benen­nen. “Israel” ist dage­gen als Staat fest definiert. So wie im Satz “Die USA überwachen massen­haft das Inter­net.” Klar, das sind nicht alles US-Bürg­er. Es ist auch nicht der Präsi­dent. Es sind die staatlichen Strukturen.

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  47. Juliane House

    jen­seits der quan­ti­ta­tiv­en Analyse sollte auch eine qual­i­ta­tive Analyse durchge­führt wer­den. So wird Hamas nur als ‘die radikalis­lamis­che Hamas’ beze­ich­net, und die Kol­loka­tion mit ‘Ter­ror’ ist eben­so beze­ich­nend. Auch die Bilder soll­ten nicht vergessen wer­den: wenn israelis­che Bürg­er über eine kaputte Sauna weinen, ist das sich­er anders zu bew­erten als über nun fast 800 Tote weinende Palästi­nenser (die grosse Mehrheit Zivilisten)

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