Archiv des Autors: Anatol Stefanowitsch

Über Anatol Stefanowitsch

Anatol Stefanowitsch ist Professor für die Struktur des heutigen Englisch an der Freien Universität Berlin. Er beschäftigt sich derzeit mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Sein aktuelles Buch „Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ ist 2018 im Dudenverlag erschienen.

Sprachbewahrer Reloaded

Von Anatol Stefanowitsch

Mir fällt in let­zter Zeit immer häu­figer ein neuer Typ des Anglizis­men­jägers auf, der sich vom alten Typ lei­der nicht etwa durch mehr Sachken­nt­nis oder wenig­stens durch mehr gesun­den Men­schen­ver­stand unter­schei­det, son­dern auss­chließlich dadurch, dass er mit dem Anglizis­men­jäger alten Typs nichts zu tun haben will, sich aber trotz­dem mit dessen verquas­ten Mei­n­un­gen schmück­en will.

So zum Beispiel Jens Jessen in der gestri­gen ZEIT (von der ich bis­lang annahm, sie sei der let­zte Hort feuil­leton­is­tis­ch­er Ver­nun­ft). Weit­er­lesen

A Tale of Translation

Von Anatol Stefanowitsch

Vor ein paar Wochen haben die Oberöster­re­ichis­chen Nachricht­en über einen Graz­er Kün­stler, Folke Teget­thoff, berichtet, der in ein­er „visu­al­isierten Klang­wolke“ erzählt, „wie das Dorf zur Welt und die Welt zum Dorf wurde“. Davon kann man hal­ten, was man will. Inter­es­sant ist aber diese Diskus­sion um den Titel der Instal­la­tion, Six Tales of Time:

Warum ver­wen­den Sie als deutschsprachiger Erzäh­ler einen englis­chen Titel?“, fragten die OÖN. [Teget­thoff antwortet:] „An sich bin ich gegen Anglizis­men und gegen die Ver­hun­zung unser­er sehr schö­nen, poet­is­chen Sprache, aber ‚Sechs Geschicht­en über die Zeit‘ klingt tech­nis­ch­er und holpriger.“

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Statt einer Presseschau

Von Anatol Stefanowitsch

Ich komme ger­ade von der Inter­na­tion­al Cog­ni­tive Lin­guis­tics Con­fer­ence in Krakau wieder. Dort gab es nur einen sehr sparsamen Zugang zum Inter­net und ich war ohne­hin voll mit dem Kon­feren­zgeschehen beschäftigt, so dass das Bre­mer Sprach­blog eine Zwanspause ein­le­gen musste.

Die Kon­ferenz war extrem anre­gend und hat meine vom Endse­mes­ter­stress gedrück­te schlechte Laune voll­ständig wegge­blasen. Allerd­ings habe ich seit ein­er durchgemacht­en Don­ner­sta­gnacht mit einem wun­der­schö­nen Son­nenauf­gang über der Karmelic­ka in der Krakauer Innen­stadt nicht sehr viel geschlafen. Ich bin deshalb zu milde ges­timmt und viel zu müde, um mich auf die Suche nach kom­men­tierungswürdi­gen Press­es­tim­men zu machen. Weit­er­lesen

Presseschau

Von Anatol Stefanowitsch

Für mich ist das Sprechen ein Sport und der Zun­gen­brech­er das Turngerät“, zitiert der Focus den Wet­ten-Dass-Kan­di­dat­en Georg Win­ter. Der Mann ist auf ein­er Mis­sion: er will jun­gen Men­schen das Sprechen beib­rin­gen. Denn

[d]ie jugendliche Umgangssprache ist meist alles andere als deut­lich: Nuscheln ist cool – und nicht nur das, gerne lassen die Teenag­er auch mal ganze Wörter weg oder sprechen sie nur in Teilen aus: „Hey Mann, geh’n wir Bahn­hof?“ heißt es dann. Um diese sprach­lichen Ver­hun­zun­gen einzu­gren­zen will Win­ter den sportlichen Ehrgeiz der Kinder weck­en. „Stimm­bän­der sind genau wie der Bizeps Muskeln, die trainiert wer­den kön­nen,“ meint der Ham­burg­er. Er ist überzeugt, dass das „Sprechen“ an deutschen Schulen sys­tem­a­tisch ver­nach­läs­sigt wird.

Also nur ganz kurz: Weit­er­lesen

Plappermäuler

Von Anatol Stefanowitsch

Bish­er haben wir hier im Blog eine Geschichte behar­rlich ignori­ert, die seit bes­timmt einem Jahr durch die Medi­en geis­tert: die amerikanis­che Psy­cha­terin Louann Brizen­dine behauptet in ihrem Buch The Female Brain neben ein­er Menge anderem Unfug auch, dass Frauen viel geschwätziger seien als Män­ner. Zwanzig­tausend Wörter gäben Frauen pro Tag von sich, während Män­ner es ger­ade ein­mal auf sieben­tausend brächten.

Mein Kol­lege Mark Liber­man, der mit dem Lan­guage Log das Mut­ter­schiff aller Sprach­blogs kom­mandiert, hat oft und aus­führlich darauf hingewiesen, dass es für diese Behaup­tung nicht den ger­ing­sten Beleg gibt. Außer­dem hat er einen großen Teil der Forschungslit­er­atur aufgear­beit­et und gezeigt, dass es, ganz im Gegen­teil, gute Gründe für die Annahme gibt, dass Män­ner und Frauen in etwa gle­ich viel reden. Weit­er­lesen

Happy Hour

Von Anatol Stefanowitsch

Die „Aktion Lebendi­ges Deutsch“ bit­tet jeden Monat um Vorschläge zur Erset­zung von Lehn­wörtern durch Wörter mit anstand­s­los deutschem Stamm­baum. Natür­lich sind die Wörter des Anstoßes auss­chließlich englis­ch­er Herkun­ft, aber trotz­dem kommt die Aktion etwas weniger aufgeregt daher als viele andere Sprach­be­wahrer. So kann ich mir immer wieder einre­den, dass die Aktion beina­he ein Beispiel für einen „guten“ sprach­nor­ma­tiv­en Diskurs abgeben kön­nte. Aber diese Illu­sion wird jedes Mal durch die völ­lige Inkom­pe­tenz zunichte gemacht, die die Juroren der Aktion zeigen, wenn am Monat­sende die besten Vorschläge gekürt wer­den. So auch dieses Mal: Weit­er­lesen

Lange Wörter

Von Anatol Stefanowitsch

Ines Bal­cik fragt in ihrem Sprach­blog stel­lvertre­tend für Ania Dorn­heim, die wiederum im Auf­trag ein­er Hil­fe­suchen­den in ihrem Sprach­ber­atungs­fo­rum fragt, ob jemand ein tat­säch­lich ver­wen­detes Wort ken­nt, das länger ist als das sagenum­wobene Donau­dampfschif­fahrts-elek­triz­itäten­haupt­be­trieb­swerk­bauunter­beamtenge­sellschaft.

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Presseschau

Von Anatol Stefanowitsch

Vor ein paar Wochen haben wir uns mit der „Bibel in gerechter Sprache“ beschäftigt, die beim Über­set­zen gle­ich eine mod­erne Geschlechterg­erechtigkeit in den Orig­inal­text hineindichtet. Ich habe meine Mei­n­ung geäußert, dass es „die Auf­gabe des Über­set­zers [ist], einen ziel­sprach­lichen Text zu schaf­fen, der den Inhalt des Orig­i­nals möglichst genau wiedergibt“. Das hat man im Vatikan wohl zum Anlass genom­men, über die Über­set­zung­sprob­lematik noch ein­mal grund­sät­zlich nachzu­denken, und dabei hat man zu ein­er radikalen Lösung gefun­den: Weit­er­lesen