Wörter auf ‑nf

Von Kristin Kopf

Vor ein­er Weile kam jemand mit der Suchanfrage

wörter mit endung nf

hier­her. Offline kön­nte man so etwas mit einem soge­nan­nten “rück­läu­fi­gen Wörter­buch” her­aus­find­en. Aber was’n Stress!

Meine Online-Stan­dard­lö­sung in solchen Fällen ist canoo.net. Ging hier aber erst­mal nicht, denn da muss man min­destens drei Buch­staben eingeben. Die Anfrage *nf führt zu “Bitte seien Sie genauer: Wild­cards sind erst ab 3 Buch­staben erlaubt”. Wie nervig, es will ja kein­er tausend (= 30) Abfra­gen mit *anf, *bnf, … machen!

Aber elexiko vom Insti­tut für Deutsche Sprache ist koop­er­a­tiv, es spuckt 15 Tre­f­fer aus. Sucht man sich davon nur die ein­fachen Wörter aus, schnur­rt die Zahl der­er auf -nf ganz schnell auf vier zusam­men: Hanf, Senf, fünf und der Eigen­name Genf. Sind das schon alle? 

Die Arbeitsver­weigerung von canoo.net hat mich her­aus­ge­fordert und ich hab’s schließlich geschafft, die Such­funk­tion reinzule­gen – mit **nf. Da gibt’s dann 16 Tre­f­fer, und auch die lassen sich auf die genan­nten vier runterbrechen.

Die Lautkom­bi­na­tion scheint im Aus­laut deutsch­er Wörter also extrem sel­ten zu sein. Ich habe mir mal die Entste­hungs­geschicht­en der vier in Kluges ety­mol­o­gis­chem Wörter­buch angeschaut:

  • Hanf haben wir wohl entlehnt und es ist mit griechisch kánnabis ver­wandt. (Die Schritte waren so unge­fähr idg. *kanab > germ. *xanap (<x> gesprochen wie ch in Bach) > ahd. hanaf > mhd. hanef > Hanf.)  Welche Sprache es uns genau beschert hat, ist unklar, aber es muss noch ganz früh, näm­lich in der indoger­man­is­chen Sprach­pe­ri­ode, gewe­sen sein.
  • Senf kommt über das Lateinis­che (sinâpi) aus dem Griechis­chen (sínapi). Das Griechis­che hat es wiederum aus ein­er unbekan­nten Sprache. (Im Ahd. lautete es schon senef, später wurde es dann zu Senf.)
  • fünf ist aus­nahm­sweise nicht entlehnt, es geht auf indoger­man­isch *pen­qwe zurück, lautete im Ger­man­is­chen *femf(e), im Althochdeutschen fimf und im Mit­tel­hochdeutschen vünf. Also viel Hin und Her mit dem m/n.
  • Genf ist ein Ort­sname und ste­ht damit nicht im Kluge. Es scheint aber auch keinen deutschen Ursprung zu haben.

fünf­blät­triges Senfhanfblatt

Damit sieht es so aus, als gebe es aus­lau­t­en­des -nf in ererbten Wörtern über­haupt nicht, mit der Aus­nahme fünf, was aber ver­schlun­gene laut­geschichtliche Pfade began­gen hat.

Eine wertvolle Infor­ma­tion für das näch­ste Galgenmännchenspiel!

14 Gedanken zu „Wörter auf ‑nf

  1. Sebastian

    Wie stellt man denn fest, dass ein Lex­em in die Pro­to-Sprache entlehnt wurde? Man kann ja da nicht damit argu­men­tieren, dass es keine Kog­nate gibt. Oder habe ich etwas ver­passt und das sind schon alles uralte Erken­nt­nisse der Nos­tratik (oder Nostrasisitk?)?

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    1. Kristin Beitragsautor

      Ja, das habe ich mich auch gefragt … so ganz naiv würde man ja denken, dass alles, was vor der 1. LV schon da war, per Def­i­n­i­tion nativ ist.

      Vielle­icht sind’s außer­sprach­liche Gründe? Pflanze nicht in der Urheimat (wo auch immer die liegen mag!) behei­matet, also muss der Name entlehnt sein?
      Oder die laut­liche Struk­tur ist so “komisch”, dass sie nicht zum restlichen idg. Wortschatz passt? (Auf let­zteres deutet Wikipedia hin.)

      Hanf stammt wohl aus Zen­tralasien. Kluge ver­weist darauf, dass Herodot Skythisch für die Geber­sprache hält — was nach heutiger Def­i­n­i­tion wohl eine idg. Sprache wäre, aber damals kon­nte das wohl einen ganzen Haufen Bar­baren bezeichnen …
      Außer­dem ver­weist er auf die sumerische Form kunibu, aber ohne genauer zu ela­bori­eren, in welchem Zusam­men­hang sie mit unser­er ste­hen könnte.

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      1. Victor

        Woher stammt denn die Infor­ma­tion, dass dieses Wort schon in der idg. Zeit vorhan­den war? Vielle­icht ist auch das nur spo­radis­che Vorhan­den­seineines Wortes, welch­es auf *kanab- zurück­ge­ht, in den idg. Sprachen ein Zeichen dafür, dass es aus ein­er unbekan­nten Sprache in einige nach-indoeu­ropäis­che Sprachen entlehnt wurde!?‽

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        1. Kristin Beitragsautor

          Wie gesagt, die Indoger­man­is­tik ist nicht mein Fachge­bi­et. Es kön­nte sein, dass man sys­tem­a­tis­che Lautko­r­re­spon­den­zen in ver­schiede­nen idg. Sprachen beobacht­en kann, die nur dann möglich sind, wenn man eine gemein­same Grund­form zugrundelegt.

        2. Jan

          Hanf” ist natür­lich ein span­nen­des Wort, in viel­er­lei Hin­sicht. Das zitierte sumerische Wort kunibu habe ich mal nachgeschla­gen, es ste­ht in den Wörter­büch­ern als nicht näher bekan­nte (Heil-)Pflanze. Das Wort stimmt also im Kon­so­nan­tismus mit gr. kannabis gut übere­in, und auch seman­tisch liegt ein Zusam­men­hang nahe. Es han­delt sich dem­nach um ein altes Kul­tur­wort, das ver­mut­lich, zusam­men mit der Pflanze, aus dem Ori­ent stammt.

          Die Annahme, dass das Wort schon urindoger­man­isch vorhan­den war, scheint mir ent­behrlich. Diese Annahme ist wohl darauf begrün­det, dass das Wort im Griechis­chen belegt ist und zudem schon aufs Urg­er­man­is­che datiert. Kristin, wie kommst du auf die urg­er­man­is­che Form *xanap? Soweit ich weiß, hat das Wort in allen ger­man­is­chen Sprachen anlau­t­en­des h- (Hanf, engl. hemp, ndl. hen­nep), also wohl auch schon urg­erm. (vgl. lat. can­is neben dt. Hund).

        3. Kristin Beitragsautor

          Hey Jan,
          gute Frage — das ist so im zweit­en Semes­ter erwor­benes und nie hin­ter­fragtes Wis­sen … Uns wurde beige­bracht, dass das Ver­schiebung­spro­dukt aus idg. k germ. χ ist, was dann zu h abgeschwächt wurde.
          Habe eben mal ein bißchen gesucht, so ste­ht es z.B. in Schweik­les Ger­man­isch-deutsch­er Sprachgeschichte im Überblick, in Bergmann/Pauly/Moulins Alt- und Mit­tel­hochdeutsch, in Braunes Gotis­ch­er Gram­matik und in Met­tkes Mit­tel­hochdeutsch­er Gram­matik.
          Woher man let­ztlich weiß, dass es zuerst ein χ war, wüsste ich auch gerne, ich halte mal die Augen offen!

  2. Achim

    Eve­lyn Kün­neke reimte nicht von unge­fähr: “Denn Theben ist für Mem­phis / das, was Lau­sanne für Genf ist”. Es heißt näm­lich auch Semf und fümf, wom­it nur der Hanf noch übrig­bleibt. Je offen­er der Vokal, desto leichter fällt die Aussprache von /nf/. Jeden­falls meine Einschätzung.

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        1. Kristin Beitragsautor

          Auch super! Diese t‑Antritte gibt’s ja in eini­gen deutschen Wörtern (Saft aus saf, Sekt aus sec), und dialek­tal müssen das ja nicht diesel­ben sein wie hochsprachlich.
          Ich bilde mir ein, dass ich Semft auch schon gehört habe, weiß aber nicht, wo.

  3. Eva Lacroix

    Hal­lo Kristin,
    mit dem Cor­pus­such­sys­tem Cos­mas II (IDS Mannheim) kann man rasch eine Liste für WÖrter erstellen, die auf “nf” enden. Man schreibt als Suchan­frage “*nf”. Die Ergeb­nisse brin­gen allerd­ings nichts Neues im Ver­gle­ich zu Dein­er Liste, und es sind Abkürzun­gen dabei, die Du nicht recher­chieren wolltest.
    Link: https://cosmas2.ids-mannheim.de/cosmas2-web/

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