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[Spieltipp] Hör mal, wo der spricht

Von Kristin Kopf

Eben bin ich über ein kleines Spiel gestolpert, das ich schon ein­mal kan­nte, aber irgend­wie wieder vergessen habe. Weiß der Teufel warum, es ist näm­lich sehr cool! Bei Hör mal, wo der spricht (IdS) kann man sich stan­dard­deutsche Sprachauf­nah­men (die meis­ten von Ober­stufen­schü­lerIn­nen) anhören und dann ver­suchen, sie aus­gewählten Orten in Deutsch­land, Öster­re­ich und der Schweiz zuzuord­nen. Das ist teil­weise ganz schön knif­flig, vor allem, wenn man sich in einem Gebi­et kaum ausken­nt – ich hat­te zum Beispiel keine Ahnung, ob ich jeman­den, der nord­deutsch klang, nach Old­en­burg oder lieber nach Leer steck­en sollte.

Achtung: Man muss ein bißchen Zeit mit­brin­gen, in jed­er der sieben Run­den erhöht sich die Zahl der Beispiele. Wenn man zu viel Zeit hat, kann man gle­ich noch ein­mal spie­len, mit anderen Beispielen.

Mein Ergeb­nis: 107/119. Und ihr so?

Was macht eigentlich … leaken?

Von Kristin Kopf

Die Nominierungsphase für den Anglizis­mus des Jahres 2011 läuft (noch bis zum 31.12.!) – eine schöne Gele­gen­heit, mal besinnlich zu wer­den und nachzuschauen, wie es dem Gewin­ner von let­ztem Jahr ergan­gen ist: leak­en. Es gab damals zwei recht aus­führliche Analy­sen von suz und mir, denen aber für 2010 die Dat­en fehlten: Das Wort trat ja erst im Herb­st so richtig ans Licht der bre­it­en Öffentlichkeit, und das DeReKo (eine enorm große Samm­lung von Zeitung­s­tex­ten, zugänglich via Cos­mas II) umfasste damals nur die erste Jahreshälfte. Mit­tler­weile sind die Dat­en da und ich hab mal reingeschaut, allerd­ings mit ernüchtern­dem Ergeb­nis: Das Verb leak­en tritt 2010 grade mal zweimal auf, inklu­sive ein­er scherzhaften Verwendung:

  • Ulmen schlüpft in die Rolle sein­er Kun­st­fig­ur Uwe Wöll­ner und erk­lärt aktuelle Begriffe wie „Leak­ing“ („Wenn ich niese, zum Beispiel, leake ich meine Erkäl­tung“). (Mannheimer Mor­gen, 13.12.2010, S. 28)
  • Wiki leakt weit­er. Die «Rund­schau» reist nach Island zu Mit­stre­it­ern von Julian Assange. (St. Galler Tag­blatt, 15.12.2010, S. 12)

Im Jahr 2011 (erste Jahreshälfte) dann bish­er drei Tre­f­fer, ein­er scherzhaft:

  • Leak­en, das heisst etwas vor der Veröf­fentlichung ver­bre­it­en, sei «grund­sät­zlich ein anar­chis­tis­ch­er Akt». (St. Galler Tag­blatt, 28.01.2011, S. 9)
  • Merke: „Ein klein­er Wiki leakt in jedem von uns!“ (Nürn­berg­er Nachricht­en, 03.03.2011, S. 8)
  • Wohin der Weg eines trans­par­enteren Staates führen kön­nte, zeigte eine Äußerung des Bun­des­daten­schutzbeauf­tragten Peter Schaar: „Wenn Möglichkeit­en zur Freiga­be von Dat­en erle­ichtert wer­den, min­dert das den Druck, Dat­en zu leak­en.“ (Rhein-Zeitung, 18.04.2011, S. 32)

Für die Vor­jahre sieht das immer­hin noch schlechter aus, wie ich in meinem let­ztjähri­gen Artikel schon erwäh­nt habe (2005 gibt es drei Ver­wen­dun­gen für Computerspiele/Musik, die aus der Wikipedia stam­men, das war’s), aber Ten­den­zen kann man daraus nun wirk­lich keine ableiten.

In mein­er Daten­not habe ich auf Google­News zurück­ge­grif­f­en. Das ist aus mehreren Grün­den keine beson­ders gute Idee, darunter z.B.:

  •  Man hat keine Ahnung, wieviele Tex­twörter ins­ge­samt durch­sucht wer­den. Da das von Jahr zu Jahr vari­ieren kann, kön­nte die rel­a­tive Vorkom­men­shäu­figkeit eine ganz andere sein, als die absolute nahelegt. Wenn man davon aus­ge­ht, dass die Textzahl jedes Jahr steigt, dann ist auch der Anstieg von leak­en nicht mehr so ungewöhnlich.
  • Die Datierung ist unzu­ver­läs­sig. Der Tre­f­fer, den ich für 2002 hat­te, bezieht sich z.B. anachro­nis­tis­cher­weise auf Wik­ileaks und stammt dann auch in Wirk­lichkeit von 2010. Wer weiß, wie viel da son­st noch im Argen liegt.

Nichts­destotrotz habe ich die Suche unter­nom­men, und zwar mit der Suchanfrage

leak­en” OR “leake” OR “leakst” OR “leakt” OR “leak­te” OR “leak­test” OR “leak­tet” OR “leak­ten” OR “geleakt” OR “geleak­te” OR “geleak­ten” OR “geleak­ter” OR “geleak­tes” OR “geleak­tem”

Die sollte so ziem­lich alle erwart­baren ver­balen und adjek­tivis­chen Vorkom­men abdeck­en. Für die let­zten zehn Jahre find­et man dann die fol­gen­den Ergeb­nisse in absoluten Zahlen (von mir bereinigt):


Einen Anstieg kann man daraus, wie bere­its bemerkt, nicht ableit­en, aber man kann sich das Ver­hält­nis der ver­schiede­nen Anwen­dungs­bere­iche zueinan­der anschauen. Die Ein­teilung ist recht grob, weil ich bei Fil­men, Musik und Tech­nik nicht sauber aus­sortiert habe, wann es sich um ein geleak­tes Pro­dukt han­delte und wann um Infor­ma­tio­nen dazu (sind auch teil­weise im roten Balken gelandet, aber nicht so furcht­bar sys­tem­a­tisch) – wenn jemand Zeit hat … Momen­tan sieht es so aus, als sei prozen­tu­al nur die Film-Musik-Tech­nik-Bedeu­tung etwas gestiegen (2010 56%, 2011 65%) und die Über­tra­gung auf die Infor­ma­tions­be­deu­tung ließe noch auf sich warten (falls sie jemals so richtig kommt; 2010 25%, 2011 24%). Vielle­icht tut sich aber, wie gesagt, etwas im Über­schnei­dungs­bere­ich “Infor­ma­tio­nen zu Fil­men, Musik, Technik”.

Ich fürchte, wir müssen in einem Jahr wieder nach­schauen, wie es dem Leak­en so geht.

[Werkzeug] Burnouts bei Cosmas II

Von Kristin Kopf

Ein Fre­und hat mich gefragt, ob die Ver­wen­dung des Begriffs Burnout seit den 1990ern in Zeitung­s­tex­ten zugenom­men habe und wie er das her­aus­find­en könne. Für eine medi­zinis­che Dok­torar­beit. Juhu, konkreter Nutzen für die Men­schheit involviert!

Nun gibt es elek­tro­n­is­che Textsamm­lun­gen, mit denen sich solche Abfra­gen machen lassen, aber oft sind sie für Laien schw­er zu durch­schauen. (Und ich will nicht behaupten, dass ich da den vollen Durch­blick hätte.) Eine davon ist das Deutsche Ref­eren­zko­r­pus, das man über Cos­mas II nutzen kann. Bei Beiträ­gen zum Anglizis­mus des Jahres 2010 kamen schon öfter Recherchen dazu vor, jet­zt will ich ein­mal exem­plar­isch zeigen, wie man an solche Fragestel­lun­gen herange­hen kann.

Ich benutze hier die Webober­fläche, aber man kann sich die Soft­ware auch instal­lieren. Zuerst braucht man aber (aus rechtlichen Grün­den) auf jeden Fall ein Nutzerkon­to. Lei­der ist die Nav­i­ga­tion der Ober­fläche sub­op­ti­mal, man muss ständig zwis­chen der hor­i­zon­tal­en Leiste und der linken Spalte hin- und her­sprin­gen. Zunächst ein­mal oben auf “Anmel­dung”, dann links auf “Login” und dann oben wieder auf “Recherche”. Und wieder links auf “Archiv”. Hier kann man jet­zt unter den fol­gen­den Archiv­en auswählen:

  • W — Archiv der geschriebe­nen Sprache
  • W‑ÜBRIG — Archiv der aus­sortierten geschriebe­nen Korpora
  • HIST — Archiv der his­torischen Korpora
  • GFDS — Kartei der Gesellschaft für deutsche Sprache
  • TAGGED — Archiv der mor­phosyn­tak­tisch annotierten Korpora
  • WK-PH — Archiv der phasen­gegliederten Wendekorpora
  • W‑TAGGED — Auswahl mit CONNEXOR getag­gter Korpora

Für unsere Zwecke brauchen wir das W‑Archiv, die anderen sind entwed­er zeitlich nicht rel­e­vant oder zu klein oder bei­des. Nach dem Klick darauf erscheint eine Über­sicht über alle “virtuellen Kor­po­ra”, die darin enthal­ten sind. Das sind haupt­säch­lich Zeitung­s­texte aus ganz ver­schiede­nen Jahren und ganz ver­schiede­nen Umfangs. Damit wir sich­er sagen kön­nen, dass es eine rel­a­tive Zunahme von Burnout gibt, müssen wir sich­er­stellen, dass wir für alle unter­sucht­en Jahre unge­fähr gle­iche Textmen­gen haben – wir brauchen also Zeitun­gen, die die gle­ichen Jahrgänge abdecken.

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1642: Das Jahr, da die teusch Sprach verderbt war

Von Kristin Kopf

Wusstet Ihr, dass das Deutsche schon kaputt ist? Ich bin mir auch nicht sich­er, wie es der wach­samen Öffentlichkeit ent­ge­hen kon­nte, aber im Jahr 1642 spätestens war alles ver­dor­ben. Warum und wie? Aber ja, die lei­di­gen Fremd­wörter haben die Sprache ver­saut und dafür gesorgt, dass man sich nicht mehr ver­ständi­gen kon­nte. So zu lesen in diesem wun­der­baren Gedicht auf Wik­isource. Es richtet sich

Wider alle Sprachverder­ber / Cor­ti­sa­nen / Con­cip­is­ten vnd Con­cel­lis­ten / welche die alte teuotsche Mut­ter­sprach mit aller­ley frem­b­den / Lateinis­chen / Welschen / Span­nis­chen vnd Frantzö­sis­chen Wörtern so vielfältig ver­mis­chen / verkehren vnd zer­stehren / daß Sie jhr sel­ber nicht mehr gle­ich sihet / vnd kaum hal­ber kan erkant werden.

Schlümm, schlümm.

Was haben wir noch?

Nach diversen Beschimp­fun­gen geht es dann in Stro­phe 6 los mit einem Fremd­wort-ABC. Ich habe mir mal den Spaß gemacht, die ver­has­sten Wörter zu extrahieren und zu schauen, wie es heute um sie ste­ht. Von 294 Fremd­wörtern und ‑wen­dun­gen haben wir (je nach zugrun­degelegter Wortliste1) etwas mehr als ein Drit­tel behal­ten (116 bzw. 111).

Welche Rolle spielen sie?

Die Über­leben­den sind zwar meist noch als Fremd­wörter zu erken­nen, haben sich aber heute super inte­gri­ert. (Teil­weise auch mit drastis­chen Bedeu­tungsverän­derun­gen.) Viele gehören in spez­i­fis­che Bere­iche, wie z.B. zum Mil­itär: Weit­er­lesen

Chaos mit “Zucchini”

Von Kristin Kopf

Kür­bisse vor Kürbissuppe

Ich habe mich diese Woche jahreszeitbe­d­ingt eine Menge mit Kür­bis­sen beschäftigt.1 Siehe rechts. Dabei spuk­te mir immer wieder im Kopf herum, dass ja auch Zuc­chi­ni Kür­bisse sind. Das ursprünglich ital­ienis­che Wort bedeutet in sein­er Herkun­ftssprache sog­ar ‘klein­er Kür­bis’, es ist von zuc­ca ‘Kür­bis’ abgeleitet.

Kurioser­weise kann das Wort sowohl im Ital­ienis­chen als auch im Deutschen maskulin und fem­i­nin sein. Weit­er­lesen

Wörter auf ‑nf

Von Kristin Kopf

Vor ein­er Weile kam jemand mit der Suchanfrage

wörter mit endung nf

hier­her. Offline kön­nte man so etwas mit einem soge­nan­nten “rück­läu­fi­gen Wörter­buch” her­aus­find­en. Aber was’n Stress!

Meine Online-Stan­dard­lö­sung in solchen Fällen ist canoo.net. Ging hier aber erst­mal nicht, denn da muss man min­destens drei Buch­staben eingeben. Die Anfrage *nf führt zu “Bitte seien Sie genauer: Wild­cards sind erst ab 3 Buch­staben erlaubt”. Wie nervig, es will ja kein­er tausend (= 30) Abfra­gen mit *anf, *bnf, … machen!

Aber elexiko vom Insti­tut für Deutsche Sprache ist koop­er­a­tiv, es spuckt 15 Tre­f­fer aus. Sucht man sich davon nur die ein­fachen Wörter aus, schnur­rt die Zahl der­er auf -nf ganz schnell auf vier zusam­men: Hanf, Senf, fünf und der Eigen­name Genf. Sind das schon alle? Weit­er­lesen

Grammatik-Duden zu verschenken!

Von Kristin Kopf

Kür­zlich habe ich die neuste Auflage des Duden 4 (“Die Gram­matik”) geschenkt bekom­men. Damit habe ich jet­zt zwei Gram­matik­du­den. Und keinen Platz im Regal. Da ich sowieso nie hin­sitzen und die Unter­schiede ver­gle­ichen werde, habe ich beschlossen, mich von der let­zten Auflage (das ist die 7., also schon nach der Kom­plet­tüber­ar­beitung) zu tren­nen. Und da auch diese ein Geschenk war – warum nicht weiterverschenken?

Ein Wort der War­nung: Der Gram­matik­du­den ist schwere Kost und eigentlich nicht für Laien geeignet. (Er ist auch im wörtlichen Sinne schw­er … *puh*) Ich würde ihn daher gerne in treue Hände abgeben, die die Ver­ant­wor­tung zu schätzen wissen.

Wer gram­matik­lieb ist und ein staubfreies Regal mit fre­undlichen Büch­ern hat, kön­nte schon bald mit der Vor­mund­schaft für Auflage 7 betraut wer­den. Bess­er als bei mir geht es ihm bei Euch sicher:

8 vs. 7

Inter­esse ein­fach in den Kom­mentaren bekunden!

Geliebtes Deutsch

Von Kristin Kopf

Das Insti­tut für Deutsche Sprache in Mannheim hat let­ztes Jahr eine Studie zu Sprache­in­stel­lun­gen zum Deutschen gemacht. Die Studie (bzw. Teile von ihr) gibt’s zum Mit­machen auch noch online.

Ein paar inter­es­sante Ergebnisse:

47% der Befragten (darunter auch Nicht-Mut­ter­sprach­ler) empfind­en der deutschen Sprache gegenüber Liebe, 56% Stolz.

60% der Befragten gaben an, einen Dialekt zu sprechen. Da habe ich aber so meine Zweifel und frage mich, ob das nicht vielle­icht eher region­al gefärbte Umgangssprachen sind. Die Beze­ich­nung “Dialekt” wird ja im All­ge­meinen recht bre­it aufge­fasst. Beson­ders bei “Am sym­pa­this­chsten wird der nord­deutsche Dialekt emp­fun­den (24%), gefol­gt von Bairisch (20%) und Ale­man­nisch (13%)” frage ich mich, was genau hier unter Nord­deutsch ver­standen wurde – Niederdeutsch, oder Hochdeutsch mit nord­deutschem Ein­schlag wie das S‑tolpern über den beliebten s‑pitzen S‑tein? Und ist das gute Abschnei­den von Bairisch und Ale­man­nisch nicht vor allem darauf zurück­zuführen, dass die meis­ten Dialek­t­sprech­er der Studie aus Süd­deutsch­land kamen?

großes Inter­esse an der Pflege der deutschen Sprache” hat­ten 1997/98 13% der Befragten, heute sind es 35% – das Bas­t­ian-Sick-Phänomen, würde ich mal sagen. Eher froh macht mich allerd­ings fol­gen­des Ergebnis:

Die Mehrheit der Befragten betra­chtet die Entwick­lung der deutschen Sprache mit gemis­cht­en Gefühlen oder sog­ar mit Sorge. Auf die Frage, ob die Verän­derung der deutschen Sprache pos­i­tiv oder neg­a­tiv zu bew­erten sei, antwortet mehr als die Hälfte der Befragten (53%) unentsch­ieden. 30% sind der Ansicht, die Entwick­lung sei „eher besorgnis­er­re­gend“ oder „sehr besorgnis­er­re­gend“. 16% der in Deutsch­land leben­den Bevölkerung find­et die Verän­derun­gen „eher erfreulich“ bzw. „sehr erfreulich“. Ein­wan­der­er bew­erten die Entwick­lung der deutschen Sprache deut­lich pos­i­tiv­er als Mut­ter­sprach­ler.

30% ewige Nör­gler vs. 16% Opti­mis­ten kommt mir gar nicht so krass vor, gefühlt sind es viel mehr Schwarzmaler.