Blogspektrogramm 17/2016

Von Susanne Flach

Guten Mor­gen, geneigte Leser­schaft — wir kom­men auch heute lei­der nicht ganz ohne Katas­tro­phen aus: Sprach­pflege, Spracht­ests und Erd­beben — okayokay, und ein biss­chen gerechte Sprache und Inter­net­di­alek­te. Einen zauber­haften Sofasonntag!

4 Gedanken zu „Blogspektrogramm 17/2016

  1. Lina

    Gibt es in all den Stu­di­en zur Wahrnehmung des gener­ischen Makulinums u. ä. eigentlich auch Erken­nt­nisse zu Grup­pen­be­grif­f­en wie “Leser­schaft”? Ern­st­ge­meinte Frage! Ich merke näm­lich selb­st, dass ich manch­mal Wörter dieser Bauart als ver­meintlich geschlecht­sneu­trale Alter­na­tive ver­wende und mich dann frage, ob sie nicht doch auch männlich ver­standen wird.

    Wenn diese Frage für einen Son­ntag zu kom­pliziert ist, freut euch ein­fach, dass jemand die Ein­leitung gele­sen hat! 😉

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    1. Susanne Flach Beitragsautor

      @Lina: wäre mir nicht bekan­nt. Ist aber anzunehmen, dass die auch ähn­lich inter­pretiert wer­den, wie „nor­male“ gener­ische Maskuli­na (warum sollte es plau­si­bel auch anders sein). Und meist würde ich hier auch Leser/innenschaft schreiben — das war also gen­uin so durchgerutscht in der Ein­leitung… Inter­es­sant ist natür­lich, dass hier, außer­halb sprach­lich sen­si­bil­isiert­er Kreise, auch keine „weib­liche“ Form benutzt zu wer­den scheint (Leserin­nen­schaft), wenn defin­i­tiv nur Frauen da sind (das wäre ja bei ein­er Gruppe von Stu­dentin­nen anders, da würde ich hof­fen, dass im All­ge­meinen die fem­i­nine Form ver­wen­det wird).

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  2. gnaddrig

    Man kön­nte natür­lich auch Lesenden­schaft schreiben, ana­log zu Studieren­den, Auszu­bilden­den usw. Aber das würde natür­lich einen Sturm der Entrüs­tung und lange Grabenkämpfe in den Feuil­letons nach sich ziehen…

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  3. wortigkeit

    Es bleibt Skep­sis, ob die benan­nte ele­gante Art der Sexus­neu­tral­isierung durch Par­tizip Präsens wirk­lich keine Änderung am Sprach­sys­tem erfordert. Es gibt die Ver­mu­tung, dass dieses Par­tizip eine stärkere Nuance [+okka­sionell] besitzt, während z.B. ‑er einen Per­so­n­en­be­griff mit fes­ten Merk­malen beze­ich­net, also z.B. pro­to­typ­isch Berufs­beze­ich­nun­gen (vgl. Fleis­ch­er, Wort­bil­dung S. 201f.: “Nur in den sel­tensten Fällen hat das kon­vertierte Par­tizip I einen ähn­lichen seman­tis­chen Charak­ter”). Schein­bare Gegen­beispiele sind als Lexikalisierun­gen (die bekan­nter­maßen höch­stens sprach­his­torisch betra­chtet über ihr Benen­nungsmo­tiv Auf­schluss über die Seman­tik der pro­duk­tiv­en Wort­bil­dungsregel geben kön­nen und damit sog­ar das Bild bestäti­gen: Reisender, Vor­sitzen­der) ver­ständlich bzw. kann eine seman­tis­che Dif­feren­zierung auf­grund der außer­sprach­lichen Wirk­lichkeit nicht sin­nvoll sein (Stu­dent = Studieren­der, was aber ohne­hin lexikalisiert ist). Soll ‑end aktiv bild­bar für alle Per­so­n­en­beze­ich­nun­gen sein, müsste es die Nuance [+okka­sionell] aufgeben.

    Im Weit­eren ist zudem zu fra­gen, inwiefern nicht bere­its ein klas­sis­ch­er Fall von “Hid­den hand” einge­treten ist und ‑end als Mark­er für geschlechterg­erechte Sprache reanalysiert (und damit unbrauch­bar für Sprachgerechtigkeit?) wurde, vgl. Bülow / Har­nisch in Jour­naLIPP, 4 (2015), S. 85–96.

    Span­nend sind die von Ana­tol ange­sproch­enen Bil­dun­gen “Flüchtlings­frauen” und “Flüchtlingskinder” und ihre Kon­se­quenz der Sex­u­al­isierung von “Flüchtling” – vielle­icht doch ein Indiz, dass die Sex­u­al­isierung der Gram­matik sekundär durch außer­sprach­liche Bedin­gun­gen in die Sprache hineinge­tra­gen wird?

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