Schlagwort-Archive: Sprachverwirrung

Sprachimperialistische Illusionen

Von Anatol Stefanowitsch

Aus den Zeitun­gen erfahren wir dieser Tage Erstaunlich­es: „Deutsch erobert die USA, melden z.B. die Nürn­berg­er Nachricht­en. „In Ameri­ka Ger­man­is­men auf dem Vor­marsch — Deutsch­er als Lehrmeis­ter im Internet“.

Da bin ich mal gespannt.

Gesund­heit“, wün­scht mir mein Bekan­nter Eddie, als sich ein­mal mehr das Kribbeln in mein­er Nase in ein­er mit­tel­starken Explo­sion entlädt. Eddie ist waschechter Amerikan­er: Tagsüber arbeit­et er in ein­er Pfan­dlei­he, wo rezes­sion­s­ge­plagte Bürg­er derzeit ihre Uhren und Eheringe in Bares ein­tauschen. Abends grillt er im Garten, wäscht seinen sprit­saufend­en SUV oder spielt mit sein­er Schusswaffen-Sammlung.

Das ist doch schon mal sehr ermuti­gend: Der Autor, Friede­mann Diederichs, verzichtet auf plat­te Stereo­typ­isierun­gen der amerikanis­chen Kul­tur. Das deutet auf einen feinsin­ni­gen Beobachter der men­schlichen Natur hin. Weit­er­lesen

Mehrheitsmeinungen zu Hohnlöhnen

Von Anatol Stefanowitsch

Jet­zt habe ich schon wieder überse­hen, dass die Aktion Lebendi­ges Deutsch ihre all­monatlichen Wortschöp­fun­gen bekan­nt gegeben hat:

Kampf dem Hohn­lohn! Den „Dump­ing-Preis“ kön­nten wir „Kampf­preis“ nen­nen — den „Dump­ing-Lohn“ aber (frech, doch tre­f­fend) „Hohn­lohn“ : Dies schlägt die Aktion „Lebendi­ges Deutsch“ vor, die seit mehr als drei Jahren Vorschläge für deutsche Wörter sam­melt, mit denen die töricht­en und schw­erver­ständlichen unter den Anglizis­men sich erset­zen ließen.

Ja, was sind sie frech und tre­f­fend, die vier alten Her­ren von der Aktion Lebendi­ges Deutsch. Schade nur, dass sie dabei wieder ein­mal das überse­hen, was ein Wort aus­macht: seine Bedeu­tungss­chat­tierun­gen, seine Ver­wen­dungszusam­men­hänge, seine Beziehun­gen zu anderen Wörtern in der Sprache (und in anderen Sprachen) und seine laut­liche Form. Weit­er­lesen

Von Dongeln und Deppen

Von Anatol Stefanowitsch

Wer dachte, nur die lang­weili­gen alten Män­ner vom VDS wür­den sich über neu­modis­che Anglizis­men aufre­gen, hat sich getäuscht: auch die lang­weili­gen alten Män­ner von der Britis­chen „Plain Eng­lish Cam­paign“ regen sich über Wörter auf, die sie nicht ver­ste­hen. Und die lang­weili­gen alten Män­ner von der BBC schreiben einen ver­wirrten Artikel darüber: Weit­er­lesen

Ferry Very Good

Von Anatol Stefanowitsch

Viele Jahre lang bin ich fast täglich mit dem Auto von Ham­burg nach Bre­men und zurück gefahren, so dass ich irgend­wann jeden Last­wa­gen kan­nte, der auf dieser Strecke verkehrt. Dabei haben es mir beson­ders die Fahrzeuge des nieder­ländis­chen Spedi­teurs Dalessi Inter­na­tion­aal Trans­port BV ange­tan. Nicht, weil die Fahrer häu­fig ver­suchen, mit 80,5 km/h ihren 80 km/h fahren­den Vor­der­mann zu über­holen, son­dern, weil Dalessi mit einem merk­würdi­gen Slo­gan wirbt: „fer­ry-very-good“.

Lastwagen der Firma Dalessi Internationaal Transport BV mit der Aufschrift "ferry-very-good"

Last­wa­gen der Fir­ma Dalessi Inter­na­tion­aal Trans­port BV

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Verstimmzettelt

Von Anatol Stefanowitsch

Ich habe gestern über den Vere­in „Pro Reli“ geschrieben, der in Berlin ver­sucht, per Volk­sentscheid das Pflicht­fach „Ethik“ zu einem Wahlpflicht­fach her­abzustufen und dafür den Reli­gion­sun­ter­richt, der in Berlin aus his­torischen Grün­den frei­willig ist, eben­falls zu einem Wahlpflicht­fach zu machen. Die Berlin­er Schüler/innen, die derzeit im Ethikun­ter­richt nach gemein­samen Werten suchen und sich darüber hin­aus im Reli­gion­sun­ter­richt mit der Reli­gion ihrer Wahl befassen kön­nen, müssten sich dann für einen der bei­den entscheiden.

Der Vere­in „Pro Reli“ ver­schweigt den derzeit­i­gen Stand der Dinge geschickt, und tut auf Plakat­en und Trans­par­enten so, als ob es in der Abstim­mung darum gin­ge, einen Reli­gion­sun­ter­richt über­haupt erst möglich zu machen. Und der Abstim­mung­s­text auf dem Stim­mzettel trägt entschei­dend dazu bei, dieses Missver­ständ­nis bei ober­fläch­lich informierten Wäh­lern zu ver­fes­ti­gen. Er lautet: Weit­er­lesen

Falsche falsche Freunde

Von Anatol Stefanowitsch

In der Fremd­sprachen­di­dak­tik beze­ich­net man mit dem Begriff „falsche Fre­unde“ zweis­prachige Wort­paare, die ähn­lich klin­gen oder ausse­hen, die aber völ­lig unter­schiedliche Bedeu­tun­gen haben. Lern­er, die das Wort in der Fremd­sprache sehen, glauben also, einem alten Fre­und zu begeg­nen, obwohl sie es mit einem völ­lig Frem­den zu tun haben. Ein typ­is­ches Beispiel ist das englis­che Wort become, das dem deutschen bekom­men ähn­lich sieht, aber „wer­den“ bedeutet. So kann es vorkom­men, dass der deutsche Gast, der in einem Lon­don­er Restau­rant arg­los fragt „Can I become a beef­steak, please?“, sich unverse­hens unter dem Mess­er des Chefkochs wiederfind­et. Falsche Fre­unde sind also gefährlich und die Fremd­sprachen­di­dak­tik­er nehmen sie deshalb sehr ernst (eine über­wälti­gende Liste falsch­er Fre­unde in zwanzig Sprachen find­et sich übri­gens in der Wikipedia, vielle­icht regt diese Liste ja den einen oder die andere Leser/in zum Posten von alber­nen Witzen an…). Weit­er­lesen