Schlagwort-Archive: Wikipedia

Wikipedia und die starken Männer

Von Anatol Stefanowitsch

Dass die Wikipedia ein Frauen­prob­lem hat (näm­lich: dass sie haupt­säch­lich, näm­lich zu etwa neun­zig Prozent von Män­nern edi­tiert wird), ist seit Jahren The­ma in den Medi­en. Für die Wiki­me­dia-Foun­da­tion ist es Anlass zur Sorge, die Lösung wird darin gese­hen, Frauen geziel­ter zu umwer­ben und Ange­bote zu schaf­fen, durch die sie sich sicher­er und willkommen­er fühlen.

Zwei deutsche Wikipedi­anutzer haben sich nun anscheinend Gedanken gemacht, wie sie ganz per­sön­lich bei der Lösung des Män­ner­prob­lems, und einem Vorschlag entwick­elt, über den ab heute Abend 18:00 Uhr ein Mei­n­ungs­bild einge­holt wer­den soll: Weit­er­lesen

Sprachschmuggler in der Wikipedia?

Von Anatol Stefanowitsch

In mein­er gestri­gen Lau­da­tio zum Anglizis­mus des Jahres 2012, Crowd­fund­ing, sprach ich meine Ver­mu­tung an, dass die vere­inzelt zu find­ende Ein­deutschung „Schwarm­fi­nanzierung“ eine Wortschöp­fung von Anglizis­muskri­tik­ern sei, die diese über den Wikipedia-Ein­trag zum Crowd­fund­ing zunächst in den jour­nal­is­tis­chen Sprachge­brauch eingeschleust hät­ten. Diese Ver­mu­tung stützt sich auf die Tat­sache, das die früh­este Ver­wen­dung, des Wortes, die ich find­en kann, eben aus diesem Wikipedia-Ein­trag, genauer, in der Artikelver­sion vom 23. März 2011 stammt. Einge­tra­gen wurde es von einem anony­men Nutzer, weshalb die Wikipedia-Soft­ware nur die IP-Adresse des Bear­beit­ers doku­men­tiert. Eine Über­prü­fung der Bear­beitun­gen, die unter dieser IP-Adresse im sel­ben Zeitraum vorgenom­men wur­den, zeigt, dass außer­dem das Schlag­wort „Schwarm­fi­nanzierung“ mit ein­er Weit­er­leitung auf den Artikel zu Crowd­fund­ing angelegt und das Wort Schwarm­fi­nanzierung in den Ein­trag zu ein­er bes­timmten Crowd­fund­ing­plat­tform hinein redigiert wur­den. Dass es sich bei dem anony­men Nutzer um einen Sprachkri­tik­er auf Sprach­säu­berungsmis­sion han­delte, schließe ich daraus, dass das Wort „Schwarm­fi­nanzierung“ im Anglizis­menin­dex des Vere­ins Deutsche Sprache ste­ht (dazu gle­ich mehr). Weit­er­lesen

Frauen ruhig beim Vornamen nennen?

Von Kristin Kopf

Nach ein­er Erwäh­nung bei Suz (sowieso lesenswert!) habe ich auf­grund ein­er akuten Wis­senslücke nach “Mol­ly Brown” gegoogelt und bin (eher aus Verse­hen) auf den deutschen Wikipedi­aein­trag gestoßen. Sein Auf­bau hat mich sowieso etwas irri­tiert, die gründliche Aufzäh­lung aller Geschwis­ter, Hal­bgeschwis­ter etc. ohne augen­schein­liche Rel­e­vanz, … aber naja. So richtig ges­tutzt habe ich aber, als ich an diese Stelle kam:

Mol­ly war sozial sehr engagiert und half zum Beispiel in der Sup­penküche der Mine­nar­beit­er von Leadville aus. Anfang der 1890er wurde James Brown zum lei­t­en­den Direk­tor der Ibex-Mine­nan­la­gen. 1893, als die Arbeit­slosigkeit in Leadville bei 90 % lag, begann Brown mit der Förderung von Gold in der Lit­tle Jon­ny Mine und avancierte zu einem der wohlhabend­sten Män­ner im Bun­desstaat. Weit­er­lesen

[Anglizismus des Jahres] ausrollen?

Von Kristin Kopf

aus­rollen in Bezug auf Tech­nik (z.B. ein Update) ist ein Kan­di­dat für den Anglizis­mus des Jahres 2010, der von vie­len Seit­en als schon lang etabliert kri­tisiert wurde. Das ist hier beson­ders schwierig her­auszubekom­men, weil das Wort in ein­er anderen, weniger metapho­rischen Bedeu­tung (Tep­pich, Teig), schon lange existiert. Wir haben es also mit ein­er Lehnbe­deu­tung zu tun: Ein Aspekt des englis­chen to roll out, näm­lich dieser technische/produktionsbezogene, wurde über­nom­men, aber einem deutschen Wort zugeschla­gen. Das passiert oft bei Wörtern, die sich for­mal oder inhaltlich gle­ichen, hier ist bei­des der Fall.

Was kann man alles ausrollen?

Zunächst ein­mal stellt sich die Frage, was das Wort über­haupt heißt. Ich lag mit mein­er Intu­ition z.B. ziem­lich daneben bzw. hat­te nur einen Teilaspekt erfasst. Glück­licher­weise gibt es einen Wikipedi­aein­trag für Roll­out (seit Juni 2004), aus dem sich die fol­gen­den Bedeu­tun­gen des­til­lieren lassen (fast wörtlich übernommen!):

teilw. syn­onym: Mark­te­in­führung, Ein­führung

  1. Flugzeug­bau: erst­ma­liges Her­aus­rollen des Flugzeugs aus sein­er Baustätte (oft mit Fes­takt verbunden)
  2. Soft­ware 1: Veröf­fentlichen und Verteilen von Soft­ware­pro­duk­ten auf entsprechende Clients (auch Soft­ware-Dis­tri­b­u­tion) – wird durch zen­trales Host­ing zunehmend obsolet
  3. Soft­ware 2: organ­isatorische Pro­jekt-The­men (z.B. Infor­ma­tions­dis­tri­b­u­tion über Organ­i­sa­tion­sein­heit­en, Mar­ket­ing, Soft­ware- und Prozess-Train­ing, Mon­i­tor­ing und Report­ing über den Rollout-Verlauf)
  4. Hard­ware: Aus­tausch sämtlich­er Com­put­er­hard­ware bei einem Gen­er­a­tionswech­sel der Com­put­er eines Unternehmens

1, 2 und 4 sind mir klar, aber … 3? Hä? Hinzuge­fügt wurde die entsprechende Pas­sage im Novem­ber 2006, lei­der ohne Erk­lärung in den Diskus­sion­s­seit­en. Weit­er­lesen

Wie man unnötig lange Vulkannamen zurechtstutzen kann …

Von Kristin Kopf

Schon seit Beginn des Aschewolk­endra­mas schreibt FAZ.net (nicht als einzige) ziem­lich kon­se­quent vom Eyjaf­jal­la. Eine Miniauswahl:

Zu Beginn des ganzen Dra­mas schrieb man zuweilen noch vom Eyjaf­jal­la-Gletsch­er und dem Aus­bruch des isländis­chen Vulka­ns am Eyjafal­la-Gletsch­er, aber auch schon vom Eyjaf­jal­la-Vulkan.

Gletscher = Berg = Vulkan?

Ich habe hin- und herg­erät­selt warum, denn wirk­lich Sinn ergibt das für mich nicht. Ich erin­nere: Eyjaf­jal­la­jökull heißt ‘Insel(n)bergegletscher’. Der Gletsch­er heißt so und der Vulkan unter dem Gletsch­er heißt auch so, sagt die deutsche Wikipedia.

Wenn man den ‘Gletsch­er’ weglässt, wie die FAZ das tut, erhält man also nicht den “echt­en” Namen des Vulkans.

Die Hart­näck­igkeit der FAZ hat mich dann aber doch verun­sichert, und so zog ich aus zu klären, ob das Wort auch wirk­lich den gesamten Berg inklu­sive Vulkan beze­ich­net. Weit­er­lesen

Impotente Vokale: Die Umlautunfähigkeit

Von Kristin Kopf

Ich bin mal wieder zufäl­lig in die ale­man­nis­che Wikipedia gelangt, auf der Suche nach Lit­er­atur zur e- und n-Apokope. Es wäre ein­fach zu niedlich, wenn das zitier­fähig wäre 😉 Und wo ich schon mal dabei war, habe ich auch gle­ich geschaut, was sie so zu meinem The­ma, der Plu­ral­bil­dung, zu sagen haben. So weit ganz ordentlich, allerd­ings teil­weise unnötig kom­pliziert. Es wer­den z.B. zwei ver­schiedene Plu­ralarten auf -er genan­nt (Her­vorhe­bung von mir):

  • dur Umlut un Ändung ‑er: Huus (Hous, Hüüs)/Hiiser (Hejser/Hüüser/Hüser), Dach/Dächer (Dech­er), Blatt (Blett)/Bletter usw.
  • dur d Ändung ‑er: Näscht/Näschter, Liächt/Liächter, Fäscht (Fescht)/Fäschter (näbe Fes­cht)

Wenn man sich die Beispiele näher anschaut, bei denen nur -er antritt, aber kein Umlaut durchge­führt wird, fällt schnell etwas auf … die Fälle ohne Umlaut kön­nten auch beim besten Willen keinen besitzen. Sie sind näm­lich “umlau­tun­fähig”.

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Beitragsersuche und selbsterfüllende Wikipediaeinträge

Von Anatol Stefanowitsch

Ein sehr merk­würdi­ges Wort geis­tert durch meine Bitte um eine deutsche Alter­na­tive zum Call for Papers: das Wort Beitragser­such. Es stammt aus der Wikipedia, wo es im Ein­trag zu Call for Papers als deutsche Über­set­zung angegeben wird.

Anders als viele mein­er Kol­le­gen bin ich der Mei­n­ung, dass die deutschsprachige Wikipedia grund­sät­zlich eine zuver­läs­sige Quelle darstellt. Fehler wer­den schnell kor­rigiert und wenn mal ein Artikel über­lebt, der inhaltlich nichts taugt, erken­nt man den nor­maler­weise auf den ersten Blick an for­malen Mängeln.

Aber in diesem Fall hat jemand die Wikipedia manip­uliert: Weit­er­lesen