SpON produziert Parktickets

Von Kristin Kopf

Wenn sich Wörter im Deutschen und im Englis­chen for­mal sehr ähneln, führt das gele­gentlich dazu, dass man sie auch inhaltlich gle­ich­set­zt. Das ist mir bei Spiegel Online in den let­zten Tagen ein paar­mal aufgefallen:

Eve­lyn Bor­der, 56 Jahre alt, eine kleine runde Frau mit einem fre­undlichen run­den Gesicht, hat­te sich, so sagt sie es, stets bemüht, anständig durchs Leben zu gehen. Nicht mal ein Park­tick­et habe sie bekom­men, in 56 Jahren. (Quelle)

Unter einem Park­tick­et kann ich mir im Deutschen wenig vorstellen – wenn über­haupt, dann vielle­icht einen Parkschein. (High­light des Wikipedia-Ein­trags: “Eine Kon­trol­lkraft kann durch visuelle Prü­fung die Gültigkeit des Parkscheins prüfen” – mein Tag ist gerettet!)

Das kann park­ing tick­et übri­gens auch im Englis­chen bedeutet. Neben der qua­si ent­ge­genge­set­zen Bedeu­tung ‘Strafzettel (fürs Falsch­parken)’. Kurios. Stellt sich die Frage, ob ein und dieselbe Per­son das Wort in bei­den Bedeu­tun­gen benutzen kann? Ich tippe auf nein, kon­nte aber nichts genaueres rauskriegen.

Wikipedia ken­nt neben park­ing tick­et auch park­ing vio­la­tion, park­ing cita­tion und notice of ille­gal park­ing (auch ein guter Kan­di­dat für kreative Über­set­zun­gen, eine Par­kno­tiz) und sagt, die Wahl des Aus­drucks hänge von der Geset­zge­bung ab.

Wäre also span­nend zu erfahren, ob in Staat­en, in denen der Strafzettel offiziell park­ing tick­et heißt, ein ander­er Aus­druck für den Parkschein benutzt wird. (Mein Wörter­buch bietet z.B. car park tick­et (BE) oder park­ing lot tick­et (AE).)

Okay, zu ein­er anderen Art von Verkehr: Dem Fliegen. Ein Fehlalarm an einem US-Flughafen und die daraus resul­tieren­den sechsstündi­gen Ver­spä­tun­gen sind immer eine Mel­dung wert. In diesem Kon­text find­et sich:

Es ist nicht hin­nehm­bar, das die Flughafen­sicher­heits­be­hörde so lange gebraucht hat, um dieses Video zu pro­duzieren. Aber durch die Veröf­fentlichung haben wir die Möglichkeit, dieser großen Sicher­heitspanne auf den Grund zu gehen”, sagte Sen­a­tor Laut­en­berg. (Quelle)

Wer die ganze Geschichte liest, wird schnell merken, dass die Flughafen­sicher­heits­be­hörde das Video nicht zu langsam gedreht hat, son­dern nur sehr lange brauchte, um das bere­its von ein­er Sicher­heit­skam­era aufgenommene Video zu beschaffen.

Der Sen­a­tor hat zwar wirk­lich to pro­duce benutzt …

It is unac­cept­able that the Port Author­i­ty took so long to pro­duce this tape, but now that it is pub­lic we have a bet­ter chance of get­ting to the bot­tom of this major secu­ri­ty inci­dent. (Quelle)

… aber das hat im Englis­chen neben ‘her­stellen’ auch die hier gemeinte Bedeu­tung ‘vor­legen, herbeischaffen’.

Das ist übri­gens ein ganz witziges Mit­tel, um neue Wortbe­deu­tun­gen zu schaf­fen. Man nen­nt es, wenn es sich denn wirk­lich durch­set­zt, “Lehnbe­deu­tung”. Ein Wort hat neben ein­er gemein­samen Bedeu­tung in der Geber­sprache noch eine zusät­zliche Bedeu­tung, die die Nehmer­sprache nicht ken­nt. Diese zusät­zliche Bedeu­tung übern­immt die Nehmersprache.

Passiert ist das z.B. mit dem Verb real­isieren. Im Deutschen hieß es ursprünglich nur ‘umset­zen, ver­wirk­lichen’. Das heißt das englis­che to real­ize zwar auch, es hat aber auch die Bedeu­tung ‘sich über etwas bewusst wer­den’ – die haben wir uns geklaut, und sei­ther kön­nen wir auch real­isieren, dass uns jemand den Geld­beu­tel geklaut hat.

Man darf also ges­pan­nt sein, wie es mit pro­duzieren weit­erge­ht!

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