Katalanische Wochen(tage)

Von Kristin Kopf

Anfang Sep­tem­ber war ich auf ein­er Kon­ferenz in Barcelona, wo ja Kata­lanisch regionale Amtssprache ist, eine roman­is­che Klein­sprache. Eine lustige Ent­deck­ung für mich waren die kata­lanis­chen Wochen­tags­beze­ich­nun­gen, wie auf diesem Parkhausöff­nungszeit­en­schild zu sehen:

In die richtige Rei­hen­folge gebracht und im Sin­gu­lar laut­en sie:

dil­luns ‘Mon­tag’, dimarts, dime­cres, dijous, diven­dres, diss­abte, diu­menge

Eine schöne Rei­he, es geht immer mit di los, und wer andere roman­is­che Sprachen spricht, erken­nt schnell, dass das wohl ‘Tag’ bedeutet. Aber …

Katalanisch

Französisch

Spanisch

Vulgärlateinisch

dilluns lundi lunes die lūnis ‘Tag des Mondes’
dimarts mardi martes die Mar­tis ‘Tag des Mars’
dimecres mer­credi miér­coles die Mer­coris ‘Tag des Merkur’
dijous jeudi jueves die Iovis ‘Tag des Jupiter’
diven­dres ven­dredi viernes die Vener­is ‘Tag der Venus’
dissabte samedi sába­do die sab­bati ‘Tag des Sabbats’
diu­menge dimanche domin­go die dominicu ‘Tag des Herrn’

… beim Son­ntag gerät man ins Stolpern:

Von dido zu diu

diu­menge kann man nicht ein­fach in *di und *umenge aufteilen, denn das Wort geht auf lateinisch domini­cus ‘herrschaftlich, zum Her­rn gehörig’ zurück, was man auch am spanis­chen domin­go noch schön sieht. Die Form muss ein­mal dido­minicu gelautet haben, hat aber schon früh ein d ver­loren – möglicher­weise wegen zu großer Ähn­lichkeit der bei­den Sil­ben, die dadurch fast gestot­tert klan­gen. Einen solchen Vor­gang nen­nt man »Dis­sim­i­la­tion«, also »Unähn­lich­machung«, oder gar, wenn eine kom­plette Silbe ver­schwindet, »Hap­lolo­gie« (ja, ern­sthaft mit lolo!).

Wie man sieht, ist das sowohl im Kata­lanis­chen als auch im Franzö­sis­chen passiert, im Spanis­chen hinge­gen ist der ‘Tag’ kom­plett weggefallen.

di-lluns vs. lun-di

Eine ganz skur­rile Sache ist das nachgestellte di im Franzö­sis­chen. Laut TLFi vari­ierte die Wort­stel­lung von Gen­i­tiv (lunis, Mar­tis, …) und Bezugswort (die) schon im Vul­gär­lateinis­chen, aus dem sich die mod­er­nen roman­is­chen Sprachen entwick­elt haben. Es gab also neben die lunis auch lunis die, was die Basis für die franzö­sis­chen Wörter bildete und über luns­di (belegt im Jahr 1119) schließlich zu lun­di (belegt ab ca. 1160) etc. wurde.

Im Fall von dimanche hinge­gen haben wir es mit ein­er anderen Bil­dung zu tun: domini­cus ist nicht der Gen­i­tiv von domi­nus ‘Herr’, son­dern ein Adjek­tiv. Damit unter­liegt es anderen Stel­lungsregeln als die Gen­i­tive der übri­gen Wochen­t­age. Fragt mich aber nicht, welchen, selb­st ein Besuch in der Roman­is­tik­bib­lio­thek war gän­zlich unerhellend.

Der gefakte Genitiv

Aufmerk­same Lateinkön­ner­In­nen haben eben wahrschein­lich die Nase gerümpft, als ich lunis als Gen­i­tiv von luna ‘Mond’ beze­ich­net habe. Das war auch ein bißchen gel­o­gen, aber ich kann alles erklären! 

luna gehört zur a-Dek­li­na­tion und bildete daher den Gen­i­tiv auf ae: dies lunae. Genau­so wie Mer­curius zur o-Dek­li­na­tion gehörte und daher dies Mer­curii bildete. Im Vul­gär­lateinis­chen scherte man sich darum allerd­ings nicht weit­er: lunae und Mer­curii wur­den nach dem Muster von Mar­tis, Iovis und Vener­is be-is-t, das nen­nt man »Analo­gie«. Mar­tis endete übri­gens als Ange­höriger der kon­so­nan­tis­chen Dek­li­na­tion ganz legit­im auf -is.

Lit­er­atur:

10 Gedanken zu „Katalanische Wochen(tage)