Hen, wirf Hirn vom Himmel

Von Susanne Flach

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG berichtete vorgestern davon, dass die Sven­s­ka Akademien in der neuen Auflage des von ihr her­aus­gegebe­nen Wörter­buchs der schwedis­chen Sprache das geschlecht­sneu­trale Pronomen hen aufnehmen wird, das das Pronom­i­nal­sys­tem in der drit­ten Per­son Sin­gu­lar neben hon ‚sie‘ und han ‚er‘ ergänzen soll–, nein, ergänzen wird–, hm, ergänzen muss–, ja, was denn nun?

Die Ver­wirrung um was da genau ver­meldet wurde hat einen Grund. Und der liegt im (Un)Verständnis für Zus­tandekom­men und Auf­gaben von Lexi­ka, dem Wesen gener­isch­er Beze­ich­nun­gen und dem Mythos von insti­tu­tionellen Vorschriften. Ver­ste­hen Sie das hier also als kom­men­tierten Hin­weis auf einen Artikel, den wir son­st ver­mut­lich im Spek­tro­gramm ver­linkt hät­ten, mit Bauch­schmerzen, weil wir sowas nicht unkom­men­tiert lassen wollen.

Der FAZ-Artikel ist mit „Schwe­den führt geschlecht­sneu­trales Per­son­al­pronomen ein“ betitelt, im Teas­er heißt es: ((Nun ist nicht ganz nachzu­vol­lziehen, auf welche Quelle sich FAZ-Autorin Amelie Pers­son genau beruft, wenn sie schreibt, die Akademie habe „ver­laut­en“ lassen (die Seite der Akademie ließ zulet­zt vor drei Wochen ver­laut­en, dass sie zwis­chen dem 14. Juli und 3. August geschlossen bleibt), edit: laut Quel­len­ver­weis in der englis­chen Wikipedia kam die Ver­laut­barung per Radioin­t­er­view.))

Die schwedis­chen Sprache erhält neben den Wörtern für „er“ und „sie“ ein geschlecht­sneu­trales per­sön­lich­es Für­wort. „Hen“ kann etwa eine trans­sex­uelle Per­son beschreiben. Doch die Neuerung ist umstritten.

Das — und der Duk­tus des ganzen Artikels — ist extrem irreführend, passt aber gut ins verz­er­rte Bild, das die Öffentlichkeit von der Arbeit von Lexikograf/innen hat (oder wer wem was vorschreibt). Schwe­den „erhält“ hen nicht. Schwe­den „führt“ hen nicht „ein“. Schwedisch hat es. Denn Wörter­büch­er bilden den Sprachge­brauch ab, sie schreiben ihn  nicht vor (dieser Vor­wurf ist unaus­rot­tbar). Es ist eben nicht so wie mit Energieab­gaben oder Vergnü­gungss­teuern, die gestern nicht da waren und dann heute verpflich­t­end für alle einge­führt wer­den. Lexi­ka nehmen Wörter wer­tungs­frei auf, die im all­ge­meinen Sprachge­brauch etabliert sind — was also ganz offen­sichtlich für hen gilt. Deshalb ist es schon fast iro­nisch, dass FAZ-Autorin Amelie Pers­son ihren Artikel mit dem Satz begin­nt: „Im all­ge­meinen Sprachge­brauch hat es [hen] sich schon längst durchgesetzt“.

Nun ist es eine Bin­sen­weisheit, dass Zünd­stoff drin­steckt, wo gerechte Sprache drauf ste­ht. Auch in Schwe­den wird kon­tro­vers disku­tiert und der Chefher­aus­ge­ber des Wörter­buchs, Sven-Göran Malm­gren, Lin­guist an der Uni­ver­sität Göte­borg (aber kein Mit­glied der Akademie), wird in THE LOCAL mit der Aus­sage zitiert, dass die Akdademie bei der Auf­nahme „gezögert“ habe. Aber laut Artikel wird die Ver­wen­dung eines neu­tralen Pronomens seit den 1960ern disku­tiert, die Fre­quenz nimmt seit Jahren deut­lich zu — ein immer größer wer­den­der Teil der Sprachge­mein­schaft wird hen also ein­fach benutzt und damit ver­bre­it­et und gefes­tigt haben.

Mir kon­nte lei­der auf die Schnelle nie­mand eine Ein­führung in die Ver­wen­dungssys­tem­atik und Gebrauch­sen­twick­lung um hen nen­nen, deshalb müssen wir uns hier vor­erst mit den Wider­sprüchen der Sprachkon­ser­ven­dosen­fab­rik zufrieden geben (Tre­f­fen mit wis­senden Men­schen im Kom­men­tarz­im­mer im Anschluss an diesen Beitrag). Der Ein­druck ist: die For­mulierun­gen im FAZ-Artikel, dass hen ver­wen­det wer­den kann, „wenn das Geschlecht des Genan­nten von kein­er Bedeu­tung ist“ bzw. „als drittes Geschlecht“, sind von den meis­ten Kommentator/innen als „für Trans­sex­uelle“ inter­pretiert und, nun­ja, abgelehnt wor­den. Naja, hen scheint neben dieser wichti­gen Funk­tion auch das zu sein, was viele Genderskeptiker/innen mit „alle sind mit­ge­meint“ meinen, wenn sie „gener­isches Maskulinum“ sagen — nur halt in neu­tral, as in gener­isch. Es kann offen­bar auch so einge­set­zt wer­den, wie im Englis­chen das soge­nan­nte sin­gu­lar they, in Sit­u­a­tio­nen, in denen man gar nicht auf irgendwen ref­eren­ziert („unbekan­nt“). Es ist etwas, was wir fürs Deutsche bish­er nicht zur Ver­fü­gung haben, deshalb nicht Gefahr läuft, vom DUDEN vor der „Ein­führung“ zu ste­hen oder von ein­er Insti­tu­tion vorgeschrieben zu werden.

Wie dem auch sei: ich werde das nie ver­ste­hen. Bei­d­nen­nung (er und sie) umständlich, Schrägstrich­vari­anten (er/sie) unäs­thetisch, Binnen‑I (Stu­denIn­nen) abar­tig, Par­tizip­for­men unsin­nig (Studierende) oder kom­plet­ter Voll­murks (Zu Fuß Gehende), Plu­ral­for­men für Einzelper­so­n­en ungram­ma­tisch (they), Sprach„vorschriften“ voll richtig scheiße. Aber wenn dann eine Sprachge­mein­schaft kommt und ohne insti­tu­tionellen Zwang, aber ganz offen­sichtlich erfol­gre­ich aus der Mitte der Sprachge­mein­schaft eine kurze, neu­trale, präg­nante, bin­nen­ma­juskel­freie, schrägstrichlose und so all­ge­mein-ästhetisch nicht zu bean­standende Lösung für ein sprach­lich­es Gle­ich­stel­lung­sprob­lem etabliert, wird ihr dafür eine Tol­er­anzneu­rose ((Kom­men­tar unter dem Artikel)) bescheinigt?

Na klar sind wir alle ja aber schon so irgend­wie natür­lich eigentlich voll für Gle­ich­berech­ti­gung und so. Nur halt im richti­gen Leben.

34 Gedanken zu „Hen, wirf Hirn vom Himmel

  1. Dierk

    Eine gewisse Ähn­lichkeit zu Pronomen in anderen Ger­man­is­chen Sprachen ist nicht vorhan­den? Ich wun­dere mich — as in ‘Ich würde gerne wis­sen’ — wo der Unter­schied zum Englis­chen [he/she/it] oder Deutschen [er/sie/es] liegt und warum das Schwedis­che bish­er keine geschlech­lecht­slose dritte “Per­son” kannte.

    Oder schlafe ich noch?

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    1. Susanne Flach Beitragsautor

      @Dierk: völ­lig ger­atene Erk­lärung wäre, dass es bei hen darum geht, nicht han oder hon sagen zu müssen, weniger darum, den/det (3.SG.COM/NEUT) nicht sagen zu kön­nen, die auf Unbelebtes referieren. hen ist offen­bar vom (vol­lkom­men) genus­losen Finnis­chen hän inspiri­ert. So gese­hen kön­nten wir im Deutschen oder Englis­chen natür­lich auch es/it benutzen. Aber ich grüße vom dün­nen Eis.

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  2. Daniel

    Sehr klug. Vie­len Dank. Nur eine Frage: Solle es im ersten Absatz nicht bess­er “Die Sven­s­ka Akademie” heißen?

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  3. Katinka Feinerbs

    Tol­er­anzneu­rose” — Mag ich!
    Es gäbe ja so viele kreative (und teil­weise sub­ver­sive) Vorschläge, wie man gewisse erkan­nte Prob­leme umge­hen kön­nte. Man muss sich nur trauen! Wobei sich manche mit der Zeit ganz von alleine ein­schle­icht­en und Ver­bre­itung find­en. Ein­fach weil sie prak­tisch und ökonomisch sind.
    Wisst Ihr beispiel­sweise was in der Schweiz gemeint ist, wenn eine “LP” (gesprochen: Ellpeh) von ihren “SuS” (gesprochen: Suhs) spricht?

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  4. Miriam

    @Dierk: Das schwedis­che hat schon ein drittes Pronomen (den bzw. det), das aber auss­chließlich auf unbelebtes referiert und nicht auf Men­schen angewen­det wird.
    Auf­grund der Nach­barschaft kön­nte ich mir vorstellen, dass das neue hen in Anlehnung an finnisch hän kreiert wurde, das im Finnis­chen das einzige Pronomen der 3. Per­son und somit inhärent geschlecht­sneu­tral ist. Ist aber nur eine Ver­mu­tung, die ich nicht bele­gen kann aus dem Stehgreif.

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  5. Susanne Flach Beitragsautor

    @Miriam, Dierk: wow. Abge­sprochen war das aber nicht…
    @Naneo: joa, nur wird ihn halt nie­mand lesen. Wie so vieles beim Ham­burg­er Abendblatt.

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  6. Sebastian

    Also. Ein paar Hin­weise zu den Fra­gen in den Kommentaren:
    1. Sven­s­ka Akademien ist natür­lich kor­rrekt (Wörtliche Über­set­zung “Die schwedis­che Akademie”, da der Artikel (i.d.R.) ange­hängt wird, eben als “(e)n” oder “(e)t”)

    2. “es” und “it” sind nicht wirk­lich ver­gle­ich­bar zu “hen”, da es sich dabei ja zumeist nicht auf Men­schen bezieht (außer: das Mäd­chen, das Kind, etc.). Ein solch­es “es” gibt es im Schwedis­chen. Je nach­dem, ob es sich um ein en- oder ett-Wort han­delt: den bzw. det (bei Mehrzahl ist es “de” (gesprochen: dom))

    3. Prob­lema­tisch ist weit­er­hin an “hen”, dass sich meines Wis­sens nach noch keine Objek­t­form her­aus­ge­bildet hat (das nahe­liegende “henne” ist schon die Objek­t­form von “hon”, während das dazu nahe­liegende “hon­om” die Objek­t­form zu “han” ist.) Außer­dem: Was soll das nicht-reflex­ive Pos­ses­sivpronomen zu “hen” sein? (han > hans, hon > hennes, den/det > dess; reflex­ive sind natür­lich sin/sitt/sina, aber das würde jet­zt auch zu weit führen.)
    4. Die obri­gen Prob­leme kön­nten durch eine Auf­nahme in die SAOL dur­chaus aufge­hoben wer­den, ste­hen darin doch für die meis­ten nicht-fach­sprach­lichen, nicht-dialek­tal­en Begriffe des Schwedis­chen genaue Angaben, wie etwa bei Sub­stan­tiv­en die Mehrzahl lautet, bei Pronomen die objekt- und reflex­iv­for­men, und bei eini­gen schwieri­gen Begrif­f­en auch eine kurze Erklärung.

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  7. Manu

    @Susanne , Daniel: Sven­s­ka Akademien heisst bere­its “Die schwedis­che Akademie”, der bes­timmte Artikel wird im ‑a von Sven­s­ka und im ‑n von Akademien geformt. Es stellt sich die Frage, wie man mit dem Gemisch umge­hen möchte. Für mich als Schwedis­chsprechende wäre der deutsche Artikel wegzu­lassen, weil es ja son­st dop­pelt gemop­pelt ist. Bloss ist Schwedisch nicht so weit ver­bre­it­et wie z.B. Englisch und die meis­ten Leser wür­den den Artikel wiederum ver­mis­sen. Faz­it: Ich hätte den ganzen Aus­druck über­set­zt und “Die Schwedis­che Akademie” geschrieben.

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  8. Sebastian

    Ergänzung: Ich sehe ger­ade, es wird wohl “henom” (als Mis­chung aus “hon­om” und “henne”) als Objek­ts­form disku­tiert, aber auch “hen” (“de” und “dem” wird auch bei­des “dom” aus­ge­sprochen und bisweilen auch so geschrieben). Wird span­nend wer­den, wie sich Sven­s­ka Akademien entschei­den wird.

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  9. Carsten

    LP und SuS wird in der Schweiz so gebraucht? Wir benutzen das hier oben in Nord­deutsch­land im Kon­text eines Forschung­spro­jek­ts seit ein paar Monat­en. Lustig.

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  10. Daniel

    Das — und der Duk­tus des ganzen Artikels — ist extrem irreführend”

    Finde ich gar nicht. Den Titel und den Teas­er kann man kri­tisieren, weil irreführend, der FAZ-Artikel sel­ber aber beschreibt sehr neu­tral, wo das Wort gebraucht wird und wo nicht und zitiert einige Leute zu dem Thema.

    Im Gegen­teil ist der Artikel so, wie er sein sollte: Er informiert sach­lich, bew­ertet nicht, schlägt sich nicht auf die eine oder andere Seite (unter der Annahme, die Fak­ten darin stimmen).

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  11. VV

    @Daniel @Susanne: Sven­s­ka Akademien ist die bes­timmte Form, also “Die schwedis­che Akademie”. Bei der bes­timmten Form hängt man im Schwedis­chen den Artikel hin­ten dran. en hund (ein Hund), hun­den (der Hund).

    Bei der Über­set­zung von solchen Eigen­na­men ist es gängig, die bes­timmte Form ins Deutsche zu über nehmen, z

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  12. Christian Klepej

    Ad “Sven­s­ka Akademien” …

    Die Sven­s­ka Akademien würde(n) wohl schlicht und ver­ständlich “schwedis­che Akademie” bzw. “Schwedis­che Akademie” schreiben, they do it in eng­lish y en Inglés zumin­d­est. Aber was weiß die und erst ich schon 😉

    LG aus Graz, CK

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  13. Bernhard

    Re: finnis­chem hän, ich hab mal bei ein­er Mut­ter­sprach­lerin nachge­fragt. Es ist zwar in der Tat geschlecht­s­los (wie eben die ganze finnis­che Gram­matik), aber kann sich nur auf Men­schen beziehen; auch andere belebte Ref­er­enten kön­nen nicht mit hän beze­ich­net werden.
    Für Nicht-Men­schen gibt es das ’se’, das in der Umgangssprache allerd­ings dann wiederum das hän erset­zen kann (bzw aus­tauschbar ist, wobei ich nicht weit­er nachge­fragt hab, ob dafür dann son­stige Regeln existieren; ein Beispiel war ‘Se sanoi, että hän menee’ = ‘Er/sie sagt, dass er/sie geht’).

    Die beste Analo­gie ist also wohl wirk­lich im Englis­chen s/he und (sin­gu­lar) they für han/hon und hen, sowie it als den/det — ‘it’ als geschlecht­sneu­tral für Men­schen zu beze­ich­nen, ist für das Englis­che äußerst prob­lema­tisch, da es noch viel stärk­er als im Deutschen ent­men­schlichend wirkt (und da transgender/transsexuelle Men­schen in diesen Diskus­sio­nen auch manch­mal erwäh­nt wer­den: ger­ade für sie wird ‘it’ im Englis­chen als absichtlich verachtendes/beleidigendes Pronomen verwendet).

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  14. Alex

    Wörter­büch­er bilden den Sprachge­brauch ab, sie schreiben ihn nicht vor (dieser Vor­wurf ist unausrottbar)”

    Nun­ja, ist ja noch nicht so lange her, da wurde per geset­zlich­er Reform hierzu­lande beschlossen, wie bes­timmte Wörter zu schreiben sind. Der Wet­tbe­werb um ein Gegen­teil von “durstig” seit­ens der Dudenredak­tion entsprang auch nicht ger­ade dem beste­hen­den, all­ge­meinen Sprachgebrauch.

    Das mag vielle­icht in anderen Län­dern anders ausse­hen, aber für Deutsch­land lehne ich mich ver­mut­lich nicht zu weit aus dem Fen­ster, wenn ich sage, der Duden ist stil­prä­gend, nicht nur stilbeschreibend. Der genan­nte “unaus­rot­tbare Vor­wurf” hat also schon eine Berech­ti­gung — oder habe ich da was missverstanden?

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  15. Susanne Flach Beitragsautor

    @Alex: naja, offen­bar beruhen unsere unter­schiedlichen Ein­schätzun­gen eben genau jen­em Missver­ständ­nis von der Arbeitsweise und der Funk­tion von Wöter­büch­ern. Deshalb noch mal meine, vielle­icht in etwas ander­er Form: Wenn der DUDEN vorgeben (und nicht abbilden) würde, bräuchte es nicht alle paar Jahre eine neue Auflage. Zu einem gewis­sen Grad sicher­lich richtig ist die Aus­sage zur „Stil­prä­gung“, das ist nicht von der Hand zu weisen, denn auch der DUDEN gibt Empfehlun­gen für gewisse Stilebe­nen, die sich ja an der Hochsprache ori­en­tieren. Das hat aber nichts mit Präskrip­tivis­mus zu tun, den viele in die Arbeit des DUDEN hinein­in­ter­pretieren (wollen).

    Mit der geset­zlichen Reform hat der DUDEN nur indi­rekt etwas zu tun. Maßge­blich fürs „Gesetz“ sind die Ergeb­nisse aus dem „Rat für deutsche Rechtschrei­bung“, die die amtliche Rechtschrei­bung vorgeben (also vor allem für offizielle/behördliche Doku­mente). Dass der DUDEN sich dann in seinen Empfehlun­gen daran ori­en­tiert, ist nicht ver­wun­der­lich — man will den Nutzer/innen von schriftlich­er Sprache natür­lich auch etwas an die Hand geben. Aber welche Wörter in ein Wörter­buch aufgenom­men wer­den (und vor allem darum ging es hier), hat mit amtlich­er Rechtschrei­bung nichts zu tun.

    Zuguter­let­zt: die Sache mit dem Gegen­teil von „durstig“ war eher so ein recht mis­s­raten­er PR-Gag — und sog­ar ein Ihrer Argu­men­ta­tion wider­sprechen­des Lehrbuch­beispiel dafür, dass der Sprachge­mein­schaft meist rel­a­tiv schnurz ist, wenn man ihr was „vorgibt“.

    @alle re „Sven­s­ka Akademien“ — es ist rat­sam, und daran habe ich mich gehal­ten, Namen von Insti­tu­tio­nen im Orig­i­nal zu belassen, sie also als das zu behan­deln, was sie sind (Eigen­na­men). Dass das hier etwas schräg aussieht, liegt natür­lich daran, dass der def­i­nite Plur­al Sin­gu­lar Akademien aussieht wie ein deutsch­er Plur­al (und weniger, weil Schwedischsprecher/innen es als „dop­pel­ge­mop­pelt“ wahrnehmen). Das wiederum wäre aber ein schlechter Grund, den deutschen Artikel wegzu­lassen (die Sven­s­ka Akademien hat…), weil der Eigen­name eigentlich schon einen Definitheits­mark­er hat (es würde den deutschen Satz ungram­ma­tisch machen). Natür­lich wäre Schwedis­che Akademie auch gegangen.

    @alle re „han/hän“ und Objek­t­pronomen­prob­lematik: Danke, sehr auf­schlussre­ich! Wegen der Objek­t­pronomen kön­nte die „Vor­gabe“ des SAOL aber genau deshalb prob­lema­tisch sein, weil solche Vor­gaben in der Regel ver­puffen, wenn sie keine Entsprechung im Sprachge­brauch haben (sie hät­ten eine rel­a­tiv geringe Durchsetzungswahrscheinlichkeit).

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  16. Susanne Flach Beitragsautor

    @Daniel: Ich habe auch nicht gesagt, dass der Artikel unsach­lich oder wer­tend wäre, son­dern, dass er irreführend ist. Und wie irreführend, das zeigt diese Ver­linkung (gut, das ist eine ganz spezielle Gruppe von Sprachkon­ser­v­a­tiv­en, aber trotz­dem — abge­se­hen natür­lich davon, dass der Kom­men­tar zum Link natür­lich genau den gle­ichen Fehler macht, dass da Behör­den oder Uni­ver­sitäten was „ein­führen“, → Sprachge­brauch). Mein Vor­wurf deshalb: der Artikel stellt nicht klar genug her­aus, dass hen eben nicht nur ein Pronomen für Trans­sex­uelle ist, son­dern vor allem auch (und Men­schen auf Twit­ter haben mir das bestätigt, dass das die weit häu­figere Ver­wen­dung ist) das sprach­liche Prob­lem löst, das das „gener­ische Maskulinum“ ange­blich lösen will: die Ref­erenz auf Per­so­n­en, wo Geschlecht „nicht bekan­nt oder rel­e­vant“ ist — aber eben nicht (nur) im Sinne von Trans­gen­der, son­dern beson­ders dort, wo wir bei Wenn jemand anruft, sag ihm/ihr, er/sie soll später noch mal anrufen. in pronom­i­nale Schwierigkeit­en geraten.

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  17. gnaddrig

    @ Alex: Ergänzend zu Susanne möchte ich noch anmerken, dass die Rechtschrei­bung nicht das­selbe ist wie Sprachge­brauch. Wer Rechtschrei­bung regelt, schreibt dadurch keinen bes­timmten Sprachge­brauch vor. Eine Regelung der Schreib­weise dient dazu, Geschriebenes leichter les­bar zu machen. Welche Wörter man aber benutzt, um zu sagen, was man sagen will, wird davon nicht berührt.

    Außer­dem zwingt der Duden nie­man­den, sich an die Regeln zu hal­ten. Das tun hochstens andere, Behör­den etwa für ihren offiziellen Schriftverkehr (man kann immer noch falschgeschriebene Eingaben machen, die wer­den trotz­dem bearbeitet!).

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  18. Daniel

    Danke für die Erk­lärung, aber ich habe den Ein­druck, Sie übertreiben etwas. Wenn man will, kann man alles falsch ver­ste­hen, auch ohne dass es (extrem) irreführend wäre. Der Artikel beschreibt rudi­men­tär, wie hen gebraucht wird. Ich kann darin nichts Irreführen­des erkennen. 

    Nach mein­er Erfahrung ist es gar nicht möglich, absichtliche Missver­ständ­nisse zu ver­mei­den. Wer missver­ste­hen will, find­et immer eine Möglichkeit.

    (Der Teas­er wurde übri­gens geändert.)

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    1. Susanne Flach Beitragsautor

      @Daniel: jet­zt missver­ste­hen Sie mich aber auch wil­lentlich (QED1). Und ja, absichtliche Missver­ständ­nisse lassen sich nie ver­mei­den. QED2, lesen Sie sich mal die Kom­mentare unter dem Artikel durch. Das war mein primäres Anliegen, das habe ich offen­sichtlich selb­st nicht klar genug gemacht (lässt sich nachträglich aber ganz gut durch den let­zten Absatz illustrieren).

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  20. Susanne

    Ich glaube, ich ver­ste­he die ganze Aufre­gung sowieso nicht. Wenn sich “hen” im Sprachge­brauch ohne­hin schon durchge­set­zt hat, was ja wohl an ver­schiede­nen Stellen bestätigt wird, ist doch die Auf­nahme in ein Wörter­buch nicht mehr der Rede wert, oder?

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  21. Monika

    Mein Stief­sohn, Stu­dent an der Uni­ver­sität Stock­holm und ger­ade hier zu Besuch, sagte auf Nach­frage (hey, eine Quelle, eine echte!) das “hen” eine Wortschöp­fung aus der fem­i­nis­tis­chen Ecke sein, dur­chaus schon älter und bekan­nt aber eher belächelt. Nie­mand benutze es. Er ist 22 Jahre alt, wusste sofort von was ich spreche als ich ihn um Auskun­ft über eine schwedis­che Wortschöp­fung bat ( ” “hen”, oder?”)…

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  22. der Bert

    Bis­si OT, da nicht schwedisch und kein Zeitungsbezug:
    Wir haben zuhause bish­er nur gute Erfahrun­gen mit “sier” fürs Deutsche gemacht.
    “Wenn jemand anruft, sag siem, sier soll später noch mal anrufen. Wir tre­f­fen sien dann morgen.”
    Nur der Possesiv/Genitiv ist unklar “sien/sienes” vs “sein/seines”.
    In Büro/Kiga/Schule ist das Ver­ständ­nis erwartungs­gemäß arg beschränkt, sodaß wir die “alten” For­men benutzen.

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  23. Tom

    @Dierk und all­ge­mein über Schweden:

    Bei SFI (Sven­s­ka för invan­dare) wurde mir beige­bracht dass das Schwedis­che bere­its vier Prono­mia für die dritte Per­son Sin­gu­lar hätte:
    ‑hon (sie)
    ‑han (er)
    ‑den (der/die)
    ‑det (das)

    Das mir den und det von mein­er Lehrerin als prono­mia ange­boten wur­den hat wohl damit zu tun dass sie zwar Artikel sind aber nur sel­ten gebraucht wer­den und meist durch eine Endung erset­zt werden.
    Die meis­ten Men­schen die ich getrof­fen habe haben übri­gens kein Prob­lem mit hen.

    Zu den ety­mol­o­gis­chen hintergründen:
    es gibt eine Ähn­lichkeit zum Deutschen. Man sagt zwar oft geschlecht­sein­deutig “hans hund” (sein Hund) oder “hennes hund” (ihr Hund) man kann aber auch “sin” (ihr/sein) verwenden.

    Emma gick hem igen, efter­som hon hade glömt sina nyck­lar.” (Emma gin­gen wieder heim, weil sie ihre Schlüs­sel vergessen hatte.)

    Antworten
    1. Susanne Flach Beitragsautor

      @Tom: den/det sind keine Artikel, das sind schon Pronom­i­na, die aber nur im Ver­weis auf Unbelebtes ver­wen­det werdet (wie im Deutschen es), siehe die vorheri­gen Kom­mentare & Erklärungen.

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  24. Stephan Fleischhauer

    Der Satz „Hen“ kann etwa eine trans­sex­uelle Per­son beschreiben. wurde aus dem Teas­er gestrichen.

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