Schneeschleudern

Von Anatol Stefanowitsch

Im Lan­guage Log, der Mut­ter aller Sprach­blogs, kämpft man seit vie­len Jahren gegen den Mythos von den vie­len (50, 100, 200, 500, …) Eski­mo-Wörtern für Schnee, den ich im Bre­mer Sprach­blog auch schon ein paar Mal behan­delt habe. Obwohl die Kol­le­gen in Dutzen­den von Beiträ­gen ver­sucht haben, den Mythos zu entkräften, find­et sich fast jede Woche jemand, der ihn an sicht­bar­er Stelle in den Medi­en wiederholt.

Es ist deshalb sich­er ver­ständlich, dass die Autoren des Lan­guage Log mit­tler­weile auf die bloße Erwäh­nung von Schnee­vok­ab­u­lar gereizt reagieren. Trotz­dem finde ich, dass Lan­guage Log­ger Ben Zim­mer in seinem jüng­sten Beitrag zum The­ma etwas überempfind­lich wirkt. The­ma des Beitrags ist fol­gen­des Wer­be­plakat des isländis­chen Bek­lei­dung­sh­er­stellers 66° North:

Werbeplakat des isländischen Bekleidungsherstellers 66° North

Wer­be­plakat des isländis­chen Bek­lei­dung­sh­er­stellers 66° North

Falls der Slo­gan nicht gut les­bar ist, hier nochmal eine Vergrößerung:

Werbeslogan des isländischen Bekleidungsherstellers 66° North

Werbeslo­gan des isländis­chen Bek­lei­dung­sh­er­stellers 66° North

Zim­mer wun­dert sich kurz über die Über­tra­gung des Eski­mo-Mythos auf Island und übt abschließend Kri­tik an der Preis­poli­tik von 66° North. Auf den Wahrheit­ge­halt der Behaup­tung geht er gar nicht ein, zu offen­sichtlich erscheint es ihm, dass das Isländis­che unmöglich 100 Wörter für Schnee haben kann.

Ich sehe die Angele­gen­heit in diesem Fall etwas gelassen­er, und zwar aus zwei Grün­den: Erstens sind die Klei­dungsstücke der Fir­ma nach allem, was ich sehen kann, jeden Cent wert. Wenn alle Win­ter­sachen so stil­voll wären wie das, was 66° North her­stellt, würde ich mir glatt noch einen Win­ter wie den let­zten her­bei­wün­schen. Zweit­ens, und näher am eigentlichen The­ma, ist das Plakat Teil ein­er Serie von Anzeigen, auf der Klis­cheevorstel­lun­gen über Island auf die Schippe genom­men wer­den. Das Plakat soll den Mythos also nicht weit­er­ver­bre­it­en, es macht sich über ihn (und über das isländis­che Wet­ter) lustig.

Vor allem finde ich es schade, dass Zim­mer kein Wort darüber ver­liert, wieviele Wörter für Schnee das Isländis­che denn tat­säch­lich hat. Es ist klar, dass es wahrschein­lich keine hun­dert sind, aber ein Mythos lässt sich mit Fak­ten bess­er wider­legen als mit Plausibilitätsargumenten.

Ich habe mich deshalb kundig gemacht und ver­sucht, ein Schnee­vok­ab­u­lar des Isländis­chen zusam­men­zustellen. Ich kann kein Isländisch und habe deshalb zunächst im Inter­net alle Wörter gesucht, von denen irgend­je­mand behauptet, es seien isländis­che Wörter für Schnee. Die habe ich dann in Wörter­büch­ern und Glos­saren nachgeschla­gen (haupt­säch­lich in diesem hier).

Dabei bin ich immer­hin auf 16 ein­fache (nicht zusam­menge­set­zte) Wörter gekom­men (17, wenn man das Wort für „Hagel“ mitzählt): bylur („Schneesturm“), drí­fa („Schneewe­he“), fjúk („Schneewe­he, Treib­schnee“), él („plöt­zlich­er heftiger Schnee- oder Hagelfall“), fönn („ver­we­hter Schnee; Schnee, der im Som­mer nicht schmilzt“), hagl („Hagel, Hagelko­rn“), hál­ka („rutschiger/s Schnee/Eis“), hjarn („Schneekruste; Schnee, der im Som­mer nicht schmilzt“), hríð („Schneesturm“), kafald („dichter Schneefall“), krap („Schneematsch“), kóf („dichter Schneefall, Schneewe­he“), mjöll („Neuschnee“), sly­d­da („Schneere­gen“), snjór („Schnee“), snær („Schnee“), und snævi („Schnee“).

Hinzu kom­men natür­lich Dutzende von zusam­menge­set­zten Wörtern, einige der häu­fig­sten sind fannko­ma („Schneefall“), hraglan­di („Schneere­gen“), hund­slap­padrí­fa („schw­er­er Schneefall mit großen Flock­en bei ruhi­gen Wet­ter“), lausamjöll („Pul­ver­schnee“), nýs­nævi („Neuschnee“), ofan­by­lur („Schneefall bei Wind“), skaflar („Schneewe­he“), skafren­ningur („treiben­der Schnee“), snjóko­ma („Schneefall“), snjó­mug­ga („Schneeschauer“).

Die zusam­menge­set­zten Wörter sind weniger inter­es­sant als die ein­fachen, denn da sich zusam­menge­set­zte Wörter fast beliebig bilden lassen, gibt es hier keine Ober­gren­ze, wed­er im Isländis­chen noch in irgend ein­er anderen Sprache. Aber die hier genan­nten Wörter sind keine spon­ta­nen Neu­bil­dun­gen son­dern im Wortschatz des Isländis­chen etabliert.

Ob das für die fol­gen­den 41 Wörter auch gilt, kann ich nicht beurteilen. Auf jeden Fall sind viele von ihnen klar zusam­menge­set­zte Wörter, die die oben aufge­lis­teten Wort­stämme enthal­ten. Und da ich sie im Wörter­buch nicht gefun­den habe, kön­nten sog­ar ein paar dabei sein, die sich nicht auf Schnee son­dern auf Eis oder Reif beziehen (vielle­icht gibt es ja des Isländis­chen mächtige Leser/innen, die hier weit­er­helfen kön­nen): bley­tukafald, bley­tus­lag, blotahríð, blotas­njór, bro­ta, fastalæs­ing, fjúk­burður, fukt, fýlin­gur, hjal­dur, hund­slap­padrí­fa, kafalds­by­lur, kafald­sh­jas­tur, kafald­shríð, kafaldsmyglin­gur, kaf­s­njór, kaskahríð, kless­ing, lenjuhríð, logn­drí­fa, lognkafald, mold­by­lur, moldél, neðan­by­lur, ofanhríð, ofanko­ma, skafald, skaf­by­lur, skafhríð, skaf­mold, skafningur, skari, skæðadrí­fa, slyt­ting, snjóbör­lin­gur, snjó­drif, snjó­fok, snjó­gan­gur, snjóhraglan­di, stor­mur, und sviðrings­by­lur.

Zim­mer hat also Recht. Das Isländis­che hat nicht hun­dert, son­dern nur etwa 17 (ein­fache) Wörter für Schnee. Damit hat es aber deut­lich mehr Wort­stämme für Arten von Schnee als die Eski­mo­sprachen Yupik und West­grön­ländisch, die jew­eils nur zwei bis, großzügig gerech­net, vier oder fünf solch­er Wort­stämme haben. Im Großen und Ganzen würde ich deshalb sagen, wenn man schon Mythen über Schneewörter braucht, dann ist das Isländis­che dafür sehr viel bess­er geeignet, als die Sprachen der Eskimos.

[Dieser Beitrag erschien ursprünglich im alten Sprachlog auf den SciLogs. Die hier erschienene Ver­sion enthält möglicher­weise Kor­rek­turen und Aktu­al­isierun­gen. Auch die Kom­mentare wur­den möglicher­weise nicht voll­ständig übernommen.]

15 Gedanken zu „Schneeschleudern

  1. Dierk

    Also, nach deinen Über­set­zun­gen zu urteilen, hat das Isländis­che ger­ade mal 2 Wörter für ‘Schnee’: snjor und snaer. Die Ähn­lichkeit bei­der, stärk­er wohl noch in der Aussprache, lässt mich ver­muten, dass es dialek­tis­che Vari­anten sind.
    Richtig hinge­gen ist — immer geurteilt nach dein­er Liste oben — , dass im Isländis­chen Grund­wörter für diverse Win­ter­be­griffe gibt, die bei uns oft [aber auch nicht immer] als Kom­posi­ta real­isiert wer­den. Inter­es­sant ist daran doch nur die Frage, woran diese unter­schiedliche Pro­duk­tiv­ität liegt, warum set­zen wir Vorhan­denes zusam­men, während Islän­der anscheinend ein­fache Grund­wörter entwickelten?

    Antworten
  2. Béla Járdányi

    Wort­bil­dung
    Aus der Rei­he tanzt doch hier eher Yup’ik mit seinen »zwei bis drei« Stäm­men. In der Ency­clo­pe­dia of the World’s Major Lan­guages ste­ht, es gebe nur 2000 Stämme über­haupt, also scheint Yup’ik hier noch ein­mal andere poly­syn­thetis­che Sprachen wie Inuk­ti­tut mit geschätzten 2700 Stäm­men (Spald­ing, Inuk­ti­tut: a Gram­mar of North Baf­fin Dialects) zu unter­bi­eten. Ich finde die Frage inter­es­sant: Wie ver­hält sich da der kog­ni­tive Aufwand fürs Ler­nen und Abrufen? Lei­der ist das gar nicht mein Gebi­et. Ger­ade für Erfind­er von Apri­ori-Sprachen oder Plansprachen über­haupt ist sich­er inter­es­sant, wie sys­tem­a­tisch und vorherse­hbar die Wurzeln miteinan­der verknüpft wer­den. Kann ein­er, der Deutsch nicht als Mut­ter­sprache gel­ernt hat, mit gutem Gewis­sen vom Schneematsch reden, wenn er dieses Wort nicht selb­st­ständig gel­ernt hat? Esperan­to ist nicht nur sehr pro­duk­tiv, son­dern geht auch über­aus tol­er­ant mit entle­generen Zusam­menset­zun­gen um, aber trotz­dem existieren Stig­ma­ta – sich­er eine sozi­ol­o­gis­che Frage: Hier ist es bes­timmt wichtig, nach dem »Feld der Esper­an­tis­ten« zu fra­gen. Um sich auf diesem Feld zu behaupten, muss man eben Wörter benutzen, die nicht nur möglich, son­dern auch üblich sind; das ist vielle­icht ein Mod­ell für ähn­liche Ver­hält­nisse in natür­lichen Sprachen. Yup’ik ver­fügt unge­fähr über 450 lex. Suf­fixe, aber ich kann nicht ein­schätzen, ob das viel ist, ob es also mit diesen Suf­fix­en regelmäßiger zuge­ht als im Deutschen – oder vielle­icht chao­tis­ch­er. Die englis­che Wikipedia spricht den Yup’ik-Sprachen eine größere Regelmäßigkeit zu als den Indoger­man­is­chen Sprachen, aber die Autoren schreiben aus anderen Wikipedia-Artikeln ab und machen Rechtschreibfehler, naja. Ein inter­es­san­ter Ein­trag! Ich ver­folge das Bre­mer Sprach­blog schon seit unge­fähr zwei Jahren, aber das hier ist mein erster Kommentar.

    Antworten
  3. Gareth

    Anscheinend kann man hier keine Links set­zen. Was ich eigentlich geschrieben hat­te, und was vom Blog geschluckt wurde:

    Also, nach deinen Über­set­zun­gen zu urteilen, hat das Isländis­che ger­ade mal 2 Wörter für ‘Schnee’: snjor und snaer. Die Ähn­lichkeit bei­der, stärk­er wohl noch in der Aussprache, lässt mich ver­muten, dass es dialek­tis­che Vari­anten sind.

    Das altisländisch-englis­che Wörter­buch von Cleas­by und Vig­fusson (zu find­en unter http://www.ling.upenn.edu/~kurisuto/germanic/oi_cleasbyvigfusson_about.html) gibt ihnen recht. Dort heißt es:
    SNÆR, m., this word has three dif­fer­ent forms, snær, snjár, snjór; […] of these snær is the old­est, snjár rare, snjór preva­lent in mod. usage […].

    Antworten
  4. Anatol Stefanowitsch

    @Dierk

    Also, nach deinen Über­set­zun­gen zu urteilen, hat das Isländis­che ger­ade mal 2 Wörter für ‘Schnee’: snjor und snaer

    Das kommt darauf an, was ein „Wort für Schnee“ ist. Nehmen wir fjúk. Ich habe es, den genan­nten Quellen fol­gend mit „Schneewe­he“ über­set­zt. Nun kön­nte man argu­men­tieren, das sei kein Wort für „Schnee“ son­dern für eine bes­timmte Art von „Wehe“. Aber das liegt nur an der Form des deutschen Wortes, bei der Wehe der Kopf ist. Alter­na­tiv kön­nte ich eine „Schneewe­he“ aber als vom Wind aufgetürmten Schnee beze­ich­nen, und dann wäre der Kopf Schnee und das ganze wäre eine Beze­ich­nung für eine Art von Schnee. Das Wort fjúk beste­ht aber, nach allem was ich weiß, aus einem einzi­gen Mor­phem, es hat also keinen Kopf (außer sich selb­st). Damit wird die Entschei­dung, ob es sich um eine Art Schnee oder eine Art Wehe han­delt, rein seman­tisch. Ana­log kann man auch bei allen anderen sim­plen (nicht-zusam­menge­set­zten) Wörtern argu­men­tieren. Bei den berühmten Eski­mowörtern (genauer gesagt, den west­grön­ländis­chen Wörtern) qanik und aput ist es genau­so. Das erste wird oft mit „Schnee in der Luft“ oder „fal­l­en­der Schnee“ über­set­zt, aber auch die Über­set­zung „Schneeflocke“ find­et sich. Das zweite wird oft mit „Schnee auf dem Boden“ oder „liegen­der Schnee“ über­set­zt, aber genau­sogut kön­nte ich es mit „Schneedecke“ über­set­zen. Wenn ich die jew­eils let­zt­ge­nan­nte Über­set­zung wäh­le, kön­nte ich argu­men­tieren, dass das West­grön­ländis­che gar kein Wort für Schnee hat, son­dern nur für Flock­en und Decken.

    Antworten
  5. Dierk

    Ich neige dazu, die Konzepte hin­ter den Wörtern zu betra­cht­en, dabei ist Schnee immer Schnee — eine Form gefrore­nen Wassers, das erst vom Him­mel fällt und sich dann unter­schiedlich am Boden [bzw. in Bäu­men etc.] sam­melt. Hin­ter ‘es gibt eine Menge x Wörter für den Gegen­stand A’ steckt immer der Ver­gle­ich mit ein­er ange­blich ärmeren Sprache.
    Beze­ich­net das Isländis­che tat­säch­lich ‘Schnee’ mit ein­er Menge x nicht-zusam­menge­set­zter Wörter? Ich behaupte mal ganz frech: Nö. Mag sein, dass die deutsche [oder Englis­che] Sprache mor­phol­o­gisch pro­duk­tiv­er ist, also aus bere­its vorhan­den­em Mate­r­i­al ein­fach neue Ter­mi­ni entwick­elt — Schneewe­he, Sandwe­he, Blät­ter­we­he -, während das Isländis­che halt in diesem Bere­ich rein lexikalisch vorge­ht und für diverse Phänomene kom­plett neue Worte find­et. Nur, eine Schneewe­he bleibt auch da eine Schneewe­he. Ein­fach­er Test: Mit ’nem Islän­der über Schnee unter­hal­ten und von dri­fa reden, wenn keine Wehe gemeint ist.
    Zim­mers Reak­tion, wie auch die von Liber­man oder Pul­lum in deren zurück liegen­den Beiträ­gen, ist genau deshalb ver­ständlich, weil jene Mul­ti­wort-Hyper so tun, als ob ‘Schneewe­he’ weniger wert sei als ‘dri­fa’.
    PS: Wie übri­gens der hagl [dtsch.: Hagel] in die Liste reinkommt, ist mir nicht klar, ich weiß, dass es in Lach­stadt hin und wieder hagelt, in Bre­men nicht? Hagel und Schnee sind so unter­schiedliche Phänomene, dass sog­ar wir in gemäßigteren Kli­ma­zo­nen dafür eigene Worte haben.

    Antworten
  6. Béla Járdányi

    @Dierk
    Das stimmt natür­lich, aber ganz geht es nicht auf. Man kann sich ja eine Sprache denken, die kein Wort für Schnee hat, sagen wir: eine Indi­an­er­sprache in ein­er war­men Kli­ma­zone fern vom Gebirge. In dieser Sprache ließe sich sehr wohl beschreiben, was Schnee ist, und wenn man dafür mehrere hun­dert Wörter nötig hätte. Der Satz »Am Straßen­rand liegt Schnee« wäre zu über­set­zen mit »Am Straßen­rand liegt das, was …«, und es wäre eine voll­gültige Über­set­zung. Würde man die Aus­dauer haben, jedes Mal, wenn es um Schnee geht, dieselbe umständliche Beschrei­bung zu bemühen, kön­nte man sog­ar darüber disku­tieren, ob es sich dabei um einen unhan­dlichen Ter­mi­nus tech­ni­cus han­delt; auf jeden Fall müsste man das, wenn in dieser Indi­an­er­sprache eine etwas über­sichtlichere Meta­pher ver­wen­det wird, ein Prozess, den man vor allem im alten Griechen­land beobacht­en kann, wenn Vor­sokratik­er und andere in ver­schiede­nen Bere­ichen sich vom Mythos lösend eine Sprache der Wis­senschaft neu erfind­en müssen.
    Also nein, die Kri­te­rien müssen andere sein, ich finde es gar nicht schlecht, sich über Stämme zu unter­hal­ten, denn dass es im Deutschen für »Schneewe­he« keinen eige­nen Stamm gibt, behin­dert uns zwar nicht stark, aber hat doch sich­er seine Gründe. Wie sieht es denn im Althochdeutschen aus? Ich finde keinen Beleg. Ich will aber damit Dierk nicht widersprechen.

    Antworten
  7. Christine A.

    Ich lerne ger­ade ein wenig isländisch, bin aber lei­der noch nicht ganz so weit, weit­er­helfen zu kön­nen. Ich gebe es ein­fach mal weit­er. Warum ich hier schreibe ist, um einen Irrtum auszuräumen..

    Also, nach deinen Über­set­zun­gen zu urteilen, hat das Isländis­che ger­ade mal 2 Wörter für ‘Schnee’: snjor und snaer. Die Ähn­lichkeit bei­der, stärk­er wohl noch in der Aussprache, lässt mich ver­muten, dass es dialek­tis­che Vari­anten sind.

    Das isländis­che hat keine Dialek­te. Ich weiß nicht wieso, da das Färöis­che mit noch weniger Ein­wohn­ern 4 Dialek­te hat, aber bis auf geringe Aussprachevari­anten gibt es im Isländis­chen keine Dialek­te. Daher ver­mute ich mal, dass bei­de Worte gle­ich­w­er­tig sind. Vielle­icht ein Zweifelsfall.

    Antworten
  8. Gerhard

    Dialek­te im Isländischen
    Dialek­te bilden sich im Laufe der Geschichte umso stärk­er aus, je mehr eine Gesellschaft gegliedert ist. Ich würde ver­muten, dass sich auf den Faröer die Dialek­te bess­er aus­bilden kon­nten, weil es sich um eine Gruppe von Inseln han­delte, zwis­chen denen die Kon­tak­te sicher­lich spär­lich­er waren als inner­halb Islands. Vielle­icht trug auch das Selb­stver­ständ­nis der Islän­der, einem gemein­samen Staat anzuge­hören, der sich im Alth­ing (ich hoffe, ich liege da richtig) Geset­ze gab und Recht sprach.

    Antworten
  9. Christine A,

    @ Ger­hard: Genau. Sowas in der Art dachte ich mir auch.
    Let­zten Endes war aber alles was ich aus­sagen wollte: Isländisch hat keine Dialek­te, also kann snaer und snjór, egal was es son­st so ist, keine Dialek­t­vari­a­tion sein. 🙂

    Antworten
  10. Dierk

    @Christine
    Danke für den Hin­weis. Zum Glück hat Gareth schon gefun­den, wie es wirk­lich ist — ob nun Dialekt, Sozi­olekt, his­torische Vari­ante, es ist das­selbe Wort mit ander­er Schreibung.

    Antworten
  11. Rushputin

    Keine Dialek­te” ist natür­lich aus streng lin­guis­tis­ch­er Sicht frag­würde, richtig ist aber, dass man das Isländis­che nur grob in zwei Vari­anten unterteilen kann, die sich auf den Nor­den und den Süden der Insel verteilen und sich, soweit ich weiss, haupt­säch­lich leicht in der Aussprache unterscheiden.
    Falls ich heute abend mal wieder meinen Isländisch-Kurs besuche kann ich der mut­ter­sprach­lichen Dozentin ja mal ein paar Fra­gen zum The­ma stellen. Obwohl Isländisch wahrschein­lich die erzkon­ser­v­a­tivste indoeu­ropäis­che Sprache ist, gibt es trotz­dem auch dort archais­che Wörter und Fach­be­griffe, die nicht jedem geläu­fig sein müssen.

    Antworten
  12. Christine A.

    Keine Dialek­te” ist natür­lich aus streng lin­guis­tis­ch­er Sicht frag­würde, richtig ist aber, dass man das Isländis­che nur grob in zwei Vari­anten unterteilen kann, die sich auf den Nor­den und den Süden der Insel verteilen und sich, soweit ich weiss, haupt­säch­lich leicht in der Aussprache unterscheiden.

    Da haben wir’s doch schon. Ich bin mir nicht sich­er, ob Aussprache­un­ter­schiede bere­its zur Qual­i­fizierung eines Dialek­tes aus­re­ichen. M.E. gehören dazu auch Unter­schiede in Gram­matik und Lexikon. Ich habe in all meinen lin­guis­tis­chen Ver­anstal­tun­gen einge­bläut bekom­men, es gebe keine Dialek­te, lasse mich natür­lich aber gerne eines Besseren belehren.

    Obwohl Isländisch wahrschein­lich die erzkon­ser­v­a­tivste indoeu­ropäis­che Sprache ist, gibt es trotz­dem auch dort archais­che Wörter und Fach­be­griffe, die nicht jedem geläu­fig sein müssen.

    Dem hinge­gen stimme ich zu. So wie in jed­er anderen Sprache halt auch. 😉

    Antworten
  13. Rushputin

    Gut, der Braun­müller (2007) sagt nach Árna­son 1987 “Voll­mundarten oder Ortsmundarten im Sinne der klas­sis­chen europäis­chen Dialek­tolo­gie gibt es auf Island jeden­falls nicht”. Anson­sten sehe die ein­heimis­che Sprach­wis­senschaft keine Dialek­te, und es wird darauf hingewiesen, dass es Flex­ion­s­mor­phol­o­gis­che Unter­schiede nur beim “Grossstadt­slang” in Reyk­javík gebe, wobei wir wieder beim The­ma Sozi­olek­te wären.
    Zum Schluss fällt mir noch eine Kleinigkeit ein: Ich weiss ger­ade nicht, wie es im mod­er­nen Isländis­chen ist, im Altisländis­che jeden­falls hat das Wort für “blau” oft auch die Bedeu­tung “schwarz”. Dementsprechend ist der dänis­che König Har­al­dr blátǫnn eigentlich “Har­ald Schwarz­zahn”. Aber “Black­tooth” ist vielle­icht kein so schön­er Name für ein Funknetzwerk.

    Antworten
  14. Christine A.

    @ Rush­putin: Danke für’s Nach­schla­gen und Verifizieren. 🙂
    Bzgl. Blátönn… vielle­icht ist das ja der Grund, warum das Net­zw­erk auf Isländisch immer noch so heißt: Man will sich nicht fes­tle­gen, ob er gute Herr nun ver­faulte oder ein­fach nur blaue Zähne hat­te. Aber ich schweife ab…
    Afaik ist es aber im Neuis­ländis­chen aufgeteilt.
    blár/blá/blátt ist nur noch blau, svartur/svört/svartt ist nun schwarz. Zumin­d­est ist mir ger­ade nichts Gegen­teiliges geläu­fig, obwohl wahrschein­lich deine mut­ter­sprach­liche Lehrerin dies­bezüglich bess­er Bescheid weiß. Es würde mich wirk­lich inter­essieren was sie dazu sagt. 🙂

    Antworten
  15. Béla Járdányi

    Indoger­man­is­che Farbbezeichnungen
    Laut Har­ald Haar­mann vol­lzieht sich bei den Farbbeze­ich­nun­gen in den indoger­man­is­chen Sprachen seit der Zeit der Ursprache ein stetiger Wan­del: In der Steppe (gemäß Kur­gan-Hypothese) seien die einzel­nen Far­ben über den Tag hin­weg einem sich immer verän­dern­den Lichte­in­fall aus­ge­set­zt, in der rekon­stru­ierten Ursprache seien dem­nach nicht Farb­w­erte, son­dern Qual­itäten beze­ich­net wor­den: glänzend, matt, usw. Auch im Alt­griechis­chen hat man für dunkel­blau und schwarz das­selbe Wort. Im Pol­nis­chen heißt biały aber »weiß«.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Anatol Stefanowitsch Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.