Schlagwort-Archive: Rassismus

Die Grenzen des Sagbaren

Von Anatol Stefanowitsch

Am 8. Mai 2018 habe ich anlässlich des 85. Jahrestages der Bücherver­bren­nung im Lit­er­aturhaus Berlin einen Vor­trag über die „Gren­zen des Sag­baren“ gehal­ten. Der Mitschnitt zu diesem Vor­trag ist nun auf Sound­cloud zum Nach­hören verfügbar.

Nafris (ein sprachwissenschaftliches Grünen-Seminar für Rainer Wendt)

Von Anatol Stefanowitsch

Das Wort Nafri sorgt für heftige Debat­ten, seit die Köl­ner Polizei in der Sil­vester­nacht 2016 über den Kurz­nachrich­t­en­di­enst Twit­ter fol­gende Beschrei­bung ihres Vorge­hens absetzte:

Die Diskus­sion wird, wie es in Deutsch­land lei­der üblich ist, wenn es um poten­ziell prob­lema­tis­che Sprache geht, sehr hitzig, fak­te­n­arm und wenig pro­duk­tiv geführt. Sie wird außer­dem ver­mis­cht mit der wichtigeren Diskus­sion um Racial Pro­fil­ing und öffentliche Sicher­heit, die mit dem Wort Nafri eher am Rande zu tun hat.

Eigentlich wollte ich mich deshalb aus der Diskus­sion her­aushal­ten, aber dann las ich fol­gende Aus­sage des Vor­sitzen­den der Deutschen Polizeigew­erkschaft, Rain­er Wendt:

Das ist eine Abkürzung, die wir im Ein­satz benutzen, beispiel­weise bei Funksprüchen oder wenn sich die Beamten etwas zurufen. Das braucht man nicht zu drama­tisieren. Das ist eben der Unter­schied zwis­chen einem sprach­wis­senschaftlichen Grü­nen-Sem­i­nar und einem Polizeiein­satz. (Rain­er Wendt in der Jun­gen Frei­heit, 2. Jan­u­ar 2017)

Ich bin zwar kein Grün­er, aber ein sprach­wis­senschaftlich­es Sem­i­nar kann ich liefern, und da die Kri­tik am Begriff „Nafri“ weit­ge­hend am eigentlichen Prob­lem vor­beige­ht, habe ich Wendts Her­aus­forderung dann doch angenom­men. Weit­er­lesen

Das Netz kann alles, außer Gender

Von Anatol Stefanowitsch

In den ver­gan­genen Tagen hat das Netz, wie man so schön sagt, viel gelacht, und zwar über einen Text der Fach­schaft Gen­der Stud­ies an der Hum­boldt-Uni­ver­sität zu Berlin. In dem Text, den Sie zum Ver­ständ­nis des Fol­gen­den kurz lesen soll­ten, falls Sie ihn noch nicht ken­nen, geht es um den Auss­chluss eines Mit­glieds der Fach­schaft auf­grund eines Kon­flik­ts, in dem es unter anderem um ras­sis­tis­che Äußerun­gen und Geschlecht­si­den­titäten ging. Der Text ist darüber hin­aus in ein­er (rel­a­tiv abgemilderten) Ver­sion ein­er Sprach­va­ri­etät abge­fasst, wie sie von ein­er bes­timmten Rich­tung der Gen­der Stud­ies und der Crit­i­cal White­ness Stud­ies ver­wen­det wird, und die u.a. durch geschlecht­sneu­trale For­mulierun­gen (z.B. durch die Ver­wen­dung von Unter­strichen) und durch explizite Ver­weise auf Kat­e­gorien gekennze­ich­net ist, die sich grob als „Geschlecht­si­den­tität/-zuschrei­bung“ und „eth­nis­che Identität/Zuschreibung“ charak­ter­isieren lassen.

Der Text ist aus zwei ver­schiede­nen Per­spek­tiv­en kri­tisiert und/oder belacht wor­den: erstens aus ein­er inhaltlichen, in Bezug auf den berichteten Vor­fall und den Umgang der Fach­schaft mit diesem; zweit­ens aus ein­er for­malen, in Bezug auf die eben erwäh­nte Sprach­va­ri­etät. Weit­er­lesen

Laudatio für den Anglizismus des Jahres 2014: Blackfacing

Von Anatol Stefanowitsch

Anders als beim Wort des Jahres und beim Unwort des Jahres geht es bei unser­er Wörter­wahl nicht darum, ein Wort zu find­en, das das ver­gan­gene Jahr im pos­i­tiv­en oder neg­a­tiv­en Sinne charak­ter­isiert. Stattdessen wählen wir ein englis­ches Lehn­wort, das eine inter­es­sante Lücke im Wortschatz des Deutschen füllt und das sich (deshalb) mess­bar im all­ge­meinen Sprachge­brauch ver­bre­it­et hat. Solche Lück­en tun sich typ­is­cher­weise auf, weil die Sprachge­mein­schaft über neue tech­nis­che oder gesellschaftliche Entwick­lun­gen sprechen will, für die es bis­lang keine Wörter gibt. Unsere Anglizis­men des Jahres reflek­tieren diese Entwick­lun­gen und charak­ter­isieren so am Ende doch ein Stück weit das ver­gan­gene Jahr. Leak­en spiegelte 2010 die ger­ade erst begonnene Diskus­sion um ein neues Ver­hält­nis zwis­chen Staats­ge­heimnis­sen und öffentlichem Infor­ma­tion­sin­ter­esse wider, Shit­storm griff 2011 Verän­derun­gen in der öffentlichen Kom­mu­nika­tion­skul­tur auf, Crowd­fund­ing wies 2012 auf ein neu entste­hen­des Wirtschaftsmod­ell hin, und –gate ver­wies 2013 auf einen Triv­i­al­isierungsef­fekt im Umgang mit Skan­dalen, der unter anderem mit ein­er Gewöh­nung an die von leak­en und Shit­storm aufgezeigten Verän­derun­gen zusammenhängt.

Der diesjährige Anglizis­mus des Jahres set­zt diese Tra­di­tion fort: Black­fac­ing, eine eingedeutsche Form des englis­chen black­face. Diese Beze­ich­nung für die Darstel­lung schwarz­er Men­schen durch dunkel geschmink­te weiße Men­schen reflek­tiert einen Kon­flikt zwis­chen ein­er Mehrheit, die für sich eine uneingeschränk­te kul­turelle Deu­tung­shoheit in Anspruch nimmt, und ein­er (wach­senden) Min­der­heit, die das nicht mehr stillschweigend hinnimmt.

Das Wort stammt ursprünglich aus der US-amerikanis­chen Tra­di­tion der min­strel shows des 19. Jahrhun­derts, bei dem weiße Vari­etékün­stler mit schwarz geschmink­ten Gesichter (in black­face) Stereo­type von naiv­en, immer fröh­lichen Sklaven zur Schau stell­ten und die bru­tale Unter­drück­ung schwarz­er Men­schen damit unsicht­bar macht­en. Mit Bezug auf diese Tra­di­tion (die sich nach der Erfind­ung des Films darin fort­set­zte, schwarze Fig­uren durch weiße Schaus­piel­er dargestellt wur­den), find­et sich das Wort black­face ab dem Jahr 2000 vere­inzelt außer­halb der Fach­lit­er­atur. Zu diesem Zeit­punkt dürfte es dem größten Teil der Sprachge­mein­schaft aber noch nicht aufge­fall­en sein. Erst ab 2009 nimmt es in sein­er Häu­figkeit und Ver­bre­itung langsam zu, vor allem, weil es nun auch auf Ereignisse im deutschen Sprachraum angewen­det wird. Ein früh­es Beispiel ist die Kri­tik an Gün­ter Wall­raffs Film „Schwarz auf Weiß“, für dem er All­t­agsras­sis­mus doku­men­tieren wollte, indem er schwarz geschminkt durch Deutsch­land reiste – und damit genau wie die Min­strel­darsteller des 19. Jahrhun­derts seine ober­fläch­lich Darstel­lung über die Lebenswirk­lichkeit der schwarzen Men­schen stellte, die diesen Ras­sis­mus tat­säch­lich jeden Tag erleben. ((Noah Sow, Ein ange­mal­ter Weißer ist kein Schwarz­er, tagesschau.de, 20.10.2009; Cristi­na Nord und Daniel Bax, Ist Gün­ter Wall­raff ein Aufk­lär­er?, taz.de, 24.10.2009.))

Einige Jahre lang bezieht das Wort Blackface/Blackfacing (zur Form unten mehr) danach auch in deutschsprachi­gen Zusam­men­hän­gen auss­chließlich auf Film und The­ater. Bekan­nte Fälle sind zum Beispiel eine Insze­nierung des Stücks „Clybourne Park“ am Deutschen The­ater 2011, die dessen Autor Bruce Nor­ris unter­sagte, weil eine schwarze Fig­ur von ein­er weißen Schaus­pielerin gespielt wer­den sollte, ((Schwarz und weiß, Spiegel 51/2011.)) oder Dieter Haller­vor­dens Insze­nierung des Stücks „Ich bin nicht Rapa­port“, in dem der weiße Schaus­piel­er Joachim Bliese eben­falls eine schwarze Fig­ur spielte. ((Hadi­ja Haruna, Schwarz auf Weiß, tagesspiegel.de, 11.1.2012.)) Im Zuge der Diskus­sion um diese Insze­nierun­gen wurde die Plat­tform Büh­nen­watch gegrün­det, ((Nadia Schnei­der, Black­face in Ger­many — Eine kurze Geschichte der Igno­ranz oder der Anfang von Büh­nen­watch, buehnenwatch.com. 2.2012.)) die seit­dem Fälle von Black­face an deutschen The­atern doku­men­tiert und die durch Tagun­gen und Veröf­fentlichun­gen wertvolle Arbeit dabei leis­tet, den Begriff des Blackface/Blackfacing aus dem ursprünglichen amerikanis­chen Kon­text her­aus zu ver­all­ge­mein­ern und zu zeigen, wie und warum er auch auf das deutsche The­ater des 21. Jahrhun­derts Anwen­dung find­en muss. ((z.B. Black­face, White­ness and the Pow­er of Def­i­n­i­tion in Con­tem­po­rary Ger­man The­atre, Tex­tures, 2013/2014.)) Es mag in Deutsch­land keine Min­strel Shows gegeben haben, aber auch auf deutschen Büh­nen wird schwarzen Men­schen durch Black­face die Möglichkeit genom­men, sich selb­st zu repräsentieren.

Die Diskus­sion um Black­face auf deutschsprachi­gen The­ater­büh­nen wird bis heute inten­siv geführt. Für die Bedeu­tungs­geschichte des Wortes Blackface/Blackfacing ist aber entschei­dend, dass es sich spätestens seit Ende 2013 auch außer­halb von Diskus­sio­nen um Film und The­ater find­et. Entschei­dende Momente in dieser Ausweitung waren zum Beispiel: ein Auftritt des weißen Lit­er­aturkri­tik­ers Denis Scheck, der sich schwarz geschminkt über über die Ent­fer­nung ras­sis­tis­ch­er Sprache aus Kinder­büch­ern empörte ((Han­nah Pilar­czyk, Die Maske des Denis Scheck, Spiegel Online, 30.01.2013.)); eine Saal­wette bei der Fernsehsendung „Wet­ten, dass?…“, bei der Zuschauer/innen von Mod­er­a­tor Markus Lanz aufge­fordert wur­den, sich mit­tels „Schuhcreme, Kohle, was auch immer“ als Kinder­buch- und Pup­pen­spielfig­ur Jim Knopf zu verklei­den ((Marie-Sophie Adeoso, „Wet­ten, dass..?“ in Augs­burg; Ras­sis­tisch auf mehreren Ebe­nen. Frank­furter Rund­schau, 18.12.2013.)); ein Auftritt des weißen Radiomod­er­a­tors Chris Stephan, der sich schwarz geschminkt auf den Wiener Opern­ball begab und sich der amerikanis­chen Schaus­pielerin Kim Kar­dashi­an als deren dama­liger Ver­lobter (inzwis­chen Ehe­mann) Kanye West vorstellte ((Olja Alvir, Opern­ball: N‑Wort und Black­face, derStandard.at, 28. Feb­ru­ar 2014.)); ein Auftritt weißer deutsch­er Fußball­fans, die sich bei einem WM-Spiel der deutschen National­mannschaft schwarz geschminkt als Fans der geg­ner­ischen ghanais­chen National­mannschaft verklei­de­ten. ((Vera Kern, Zu viel WM-Patri­o­tismus in Deutsch­land?, DW, 25.6.2014.)) Neben diesen Einzel­ereignis­sen gab es auch Diskus­sio­nen um Black­fac­ing bei Sternsingern und im Karneval. ((Paul Wrusch, Ras­sis­tis­che Klis­chees im Karneval: Afro-Tuck­en und Zige­uner-Huren, taz.de, 5. Feb­ru­ar 2014.))

Die Bedeu­tungsausweitung ist nicht nur inhaltlich und kul­turgeschichtlich inter­es­sant, son­dern eben auch – und darum geht es bei unserem Wet­tbe­werb ja – sprach­wis­senschaftlich. Sie zeigt, dass Lehn­wörter nicht, wie von Kri­tik­ern oft angenom­men, pas­siv und ohne Nachzu­denken über­nom­men wer­den, son­dern dass die entlehnende Sprachge­mein­schaft sie aktiv in ihre eige­nen Diskus­sion­szusam­men­hänge integriert.

Die zunehmende Inte­gra­tion des Wortes Black­fac­ing in die deutsche Sprache zeigt sich nicht nur an dieser Bedeu­tungsen­twick­lung, son­dern auch an der Ver­schiebung der Form weg vom ursprünglichen englis­chen black­face und hin zum (schein­bar) englis­chen Par­tizip Präsens Black­fac­ing. Diese Form kommt zwar auch im Englis­chen vere­inzelt vor, wird im Deutschen aber ab 2011 die dom­i­nante Form. Damit liefert das Wort Black­fac­ing ein Beispiel für die Beobach­tung, dass die Nach­silbe ‑ing im Deutschen zwar (noch) auf Stämme englis­chen Ursprungs beschränkt ist, aber dur­chaus pro­duk­tiv angewen­det wird. ((Peter Eisen­berg, Anglizis­men im Deutschen, 2013.)) Vor allem wird sie von den Sprecher/innen des Deutschen als Mit­tel zur Bil­dung von Sub­stan­tiv­en aus Ver­ben erkan­nt, was umgekehrt die Möglichkeit eröffnet, aus einem Sub­stan­tiv mit ‑ing ein Verb abzuleit­en. Genau dies ist im Falle von Black­fac­ing geschehen: Ab 2011 find­et sich immer öfter auch in stan­dard­sprach­lichen Tex­ten das Verb black­facen (z.B. „Deswe­gen wollen wir weit­er black­facen dür­fen…“, taz, Feb­ru­ar 2014). Hier­bei han­delt es sich um ein gen­uin deutsches Verb, zu dem es im Englis­chen keine direk­te Entsprechung gibt (hier ver­wen­det man statt eines ein­fachen Verbs kom­plexe Prädikate wie to per­form in black­face oder to wear black­face oder auch schlicht to black up).

Natür­lich zwingt uns die Exis­tenz des Lehn­wortes Black­fac­ing nicht dazu, seine Bedeut­samkeit als gesellschaftlich­es Phänomen auch in der deutschsprachi­gen Welt anzuerken­nen. Aber es eröffnet uns die Möglichkeit, darüber nachzu­denken und zu disku­tieren. Das Wort Black­fac­ing ist in gewiss­er Weise eine Hypothese: dass all diese Einzelfälle in all diesen schein­bar so unter­schiedlichen Zusam­men­hän­gen möglicher­weise Aus­for­mungen eines gemein­samen ras­sis­tis­chen Grundgedankens sind: Weiße Men­schen müssen nicht auf schwarze Men­schen hören, wenn es um deren Lebenswel­ten geht.

Das ist keine angenehme Hypothese und das Wort Black­fac­ing ist kein angenehmes Wort. Aber wie auch immer die Bew­er­tung dieser Hypothese im Einzelfall aus­ge­hen mag, es ist ein Wort, das die deutsche Sprachge­mein­schaft schon lange hätte gebrauchen kön­nen. Dank der Möglichkeit, Wörter – und damit ver­bun­dene Ideen – von anderen Sprachge­mein­schaften zu übernehmen, haben wir es jet­zt. Was wir daraus machen, liegt ganz bei uns.

[Zur Pressemel­dung der Aktion Anglizis­mus des Jahres]

Lek­türe zum The­ma Blackface/Blackfacing

 

Blackfacing (Kandidaten für den Anglizismus 2014)

Von Anatol Stefanowitsch

Das Wort Blackfacing/Blackface war 2012 schon ein­mal für den Anglizis­mus des Jahres nominiert. Die Beleglage war sein­erzeit aber zu dünn, um dieses anson­sten sehr inter­es­sante Wort in die engere Wahl zu ziehen (mein dama­liger Beitrag, aus dem ich im Fol­gen­den einzelne Pas­sagen übernehme, find­et sich hier [Hin­weis: dieser und andere hier ver­link­te Texte enthal­ten z.T. ras­sis­tis­che Sprache und/oder Abbil­dun­gen]). Heute werde ich unter­suchen, ob sich an der Häu­figkeit und vor allem Bre­ite der Ver­wen­dun­gen in der Zwis­chen­zeit geän­dert hat.

Zunächst zur all­ge­meinen Ori­en­tierung: Das Wort black­face (engl. black “schwarz” und face “Gesicht”) beze­ich­net ursprünglich eine im 19. und frühen 20. Jahrhun­dert in den USA prak­tizierte The­ater– und Vari­eté-Tra­di­tion, bei der weiße Schauspieler/innen oder Sänger/innen auf über­trieben stereo­typ­isierte Weise als Schwarze geschminkt auf­trat­en (einen Überblick bietet die englis­chsprachige Wikipedia). Die Bedeu­tung des Wortes hat sich über die Jahre aus­geweit­et und beze­ich­net inzwis­chen all­ge­mein Sit­u­a­tio­nen, in denen sich weiße Men­schen schminken, um schwarze Men­schen darzustellen. Das black­face ist in dop­pel­ter Weise ras­sis­tisch belegt: Erstens, weil die Tra­di­tion aus einem zutief­st ras­sis­tis­chen geschichtlichen Zusam­men­hang stammt, in dem ein Auftreten schwarz­er Schauspieler/innen als inakzept­abel galt, und zweit­ens, weil beim Black­face nicht nur das Make-Up selb­st und die dazuge­hörige Mimik über­trieben stereo­typ­isiert ist (dicke rote Lip­pen, strup­pige Haare, weit aufgeris­sene Augen), son­dern auch die Zusam­men­hänge, in denen es ver­wen­det wurde (Schwarze als naive, fröh­liche Unter­hal­ter). Weit­er­lesen

Meine Suppe ess’ ich nicht unter anderem Namen!

Von Anatol Stefanowitsch

Ein kurz­er Nach­trag zur Sache mit dem Zige­uner­schnitzel: Wie der Tagesspiegel berichtet, fol­gen Teile der Han­nover­an­er Gas­tronomie dem Beispiel der Stadt, und stre­ichen dieses und ähn­liche Wörter (z.B. Zige­uner­sauce und -gulasch) von der Speisekarte. Die Gerichte nen­nen sie stattdessen Puzs­ta-Schnitzel oder Schnitzel Ungarisch­er Art, Pikante Sauce oder Papri­ka-Sauce und Paprik­ag­u­lasch. Weit­er­lesen

Die Kunst der Nichtschuldigung

Von Anatol Stefanowitsch

Im Englis­chen gibt es das Wort „Not­pol­o­gy“ für die Äußerun­gen von Politiker/innen, Unternehmen und anderen Organ­i­sa­tio­nen, die sich für etwas entschuldigen müssen, das aber nicht ein­se­hen. Sie täti­gen deshalb entschuldigungsähn­liche Äußerun­gen, die aber tat­säch­lich kein­er­lei Entschuldigung enthal­ten, son­dern die Schuld auf diejeni­gen ver­lagern, bei denen sie sich eigentlich entschuldigen sollen.

Ein lehrbuchar­tiges Beispiel bietet ger­ade die Fir­ma Fer­rero, die einen Werbespot für Pra­li­nen aus weißer Schoko­lade geschal­tet hat; in diesem Werbespot wird eine Wahlver­anstal­tung gezeigt, auf der Wahlplakate „Deutsch­land wählt Weiß!“ verkün­den und die für diesen (gedanken­losen oder geziel­ten) Ras­sis­mus berechtigter­weise mas­siv kri­tisiert wer­den (siehe z.B. hier, hier oder hier). Weit­er­lesen

Lustig ist das Rassistenleben, faria, faria, ho

Von Anatol Stefanowitsch

Wenn man sich die fast wöchentlich hochkochen­den Diskus­sio­nen um poli­tisch kor­rek­te Sprache betra­chtet, bekommt man schnell das Gefühl, der Deutschen heilig­ste Kul­turgüter seien Schnitzel mit Papri­ka-Zwiebel-Soße, aufgeschäumter Zuck­er mit Schoko­ladenüberzug und schwedis­che Kinder­büch­er aus den vierziger Jahren in ihrer deutschen Über­set­zung aus den fün­fziger Jahren. Die ersten zwei dieser Dinge dür­fen keines­falls ihre „altherge­bracht­en“ Namen ändern, das dritte darf keines­falls sprach­lich über­ar­beit­et wer­den, denn das würde ja den Orig­inal­text… äh, die Orig­i­nalüber­set­zung… ach, egal, wir haben über Pip­pi Langstrumpf im Sprachlog so ziem­lich alles gesagt, was zu sagen ist. Heute soll es um das Schnitzel gehen.

[Hin­weis: Der fol­gende Text enthält Beispiele ras­sis­tis­ch­er Sprache.] Weit­er­lesen

Sprachbrocken 12/2013

Von Anatol Stefanowitsch

Von ein­er Zeitschrift, die nach einem mächti­gen weißen Mann benan­nt ist, erwarten wir, dass sie die Befind­lichkeit­en mächtiger weißer Män­ner ver­tritt, und der CICERO erfüllt diese Erwartun­gen immer wieder in vor­bildlich­ster Weise. Im April hat man(n) sog­ar das Titelthe­ma ganz der Unter­drück­ung mächtiger weißer Män­ner gewid­met. Und der grausamen Mech­a­nis­men, mit­tels der­er sie unter­drückt wer­den – dem „Veg­gie Day“, zum Beispiel, der den Fleis­chess­er im Manne unter­drückt, in dem ihm vorgeschla­gen wird, an einem Tag in der Woche auf Fleisch zu verzicht­en. Oder Uni­sex-Toi­let­ten, die den het­ero­sex­uellen, cis-gegen­derten Mann im Manne unter­drück­en, indem sie ein­fach nur da sind. Aber das grausam­ste Unter­drück­ungswerkzeug von allen ist natür­lich die Sprache, die den Ver­bal­lib­ertären im Manne zu „schrill­sten PC-Blüten“ – wo habe ich nur kür­zlich schon ein­mal das Wort „schrill“ gele­sen? – zwingt. Bei den Bele­gen für diese schrillen PC-Blüten ver­mis­cht man(n) munter wün­schenswerte, aber nicht-exis­tente Beispiele gerechter Sprache wie Bürg­er­meis­terIn­nenkan­di­datIn (350 Google-Tre­f­fer, alle­samt auf Seit­en, die sich über „Polit­i­cal Cor­rect­ness“ beöm­meln) mit mächtigeweißemän­ner­hu­mori­gen Pseudobeispie­len gerechter Sprache wie Max­i­malpig­men­tierte. Außer­dem wird viel gejam­mert. Weit­er­lesen