Archiv für das Jahr: 2011

Etymologiequiz die Zweite

Von Kristin Kopf

Nach­dem das erste Ety­molo­giequiz ganz gut lief, kommt heute die zweite Ausgabe:

In diesem Wor­dle sind immer mehrere Wörter miteinan­der ver­wandt, das heißt sie gehen auf eine gemein­same Wurzel in ein­er früheren Sprach­stufe zurück, und, ich zitiere mich selbst

[d]ie Ver­wandtschaft kann ziem­lich weit zurück­ge­hen, weshalb der Bezug bei den wenig­sten offen­sichtlich ist. So wür­den, wären sie drin, Etat und Dis­tanz zusam­menge­hören, denn Etat kommt über frz. état aus lat. sta­tus ‘Zus­tand’, was zu stāre ‘ste­hen’ gebildet wurde und Dis­tanz kommt von lat. dis­tan­tia, ein­er Abstrak­t­bil­dung zu dis­tāre ‘voneinan­der weg­ste­hen’, das sich aus dis- und stāre ‘ste­hen’ zusam­menset­zt.

Im Gegen­satz zum let­zten Mal sind es dies­mal nicht immer Paare, es kön­nen auch drei Wörter zusam­menge­hören. (Ins­ge­samt gibt es 16 Grup­pen.) Lösungsvorschläge und wilde Speku­la­tio­nen kön­nen in die Kom­mentare gepostet wer­den und erscheinen dann alle auf ein­mal am näch­sten Mon­tag. Und wie let­ztes Mal will ich darauf hin­weisen, dass der Blick in ein ety­mol­o­gis­ches Wörter­buch die ganze Sache lang­weilig macht. Aber muss man selb­st wissen 😉

Viel Spaß!

Update (20.6.2011): So, jet­zt gibt’s auch die Lösung. David hat alles richtig, her­zlichen Glück­wun­sch! Und für die visuell Ver­an­lagteren nach dem Cut … Weit­er­lesen

Taboobrüche

Von Anatol Stefanowitsch

In seinem Blog „Deutsche Sprak schwere Sprak“ macht sich Lud­wig Tre­pl, der oft auch in den Kom­mentaren im Sprachlog hin­ter­sin­nige und manch­mal etwas ver­schlun­gene Sprach­nörgelei betreibt, Sor­gen um die deutsche Sprache.

Er befürchtet, dass das „let­zte Tabu“ fällt, weil er auf der deutschen Ver­sion der Web­seite eines spanis­chen Hotels die Schreib­weise Taboo gefun­den hat: Weit­er­lesen

Jetzt mal Buttercakes bei die Fische (I)

Von Susanne Flach

Zuerst die unfrei­willige Komik: “Anglizis­men gehen mir auf den Keks.”

Warum komisch? Weil Keks ein Anglizis­mus ist. Also nicht so offen­sichtlich vielle­icht. Vielmehr ist es ein ehe­ma­liger, mit­tler­weile so gut inte­gri­ert­er und so eingedeutschter Anglizis­mus, dass er gar nicht mehr als solch­er erkennbar ist und sel­tenst in Anglizis­men­fil­tern hän­gen bleibt (aller­höch­stens um zu beto­nen, dass wir nicht ja alles aus­bürg­ern müssen). Eigentlich wollte ich nur amüsiert einen Anglis­ten­witz zum Besten geben und es dabei belassen. Doch dann uferte eine kleine Recherche so unglaublich aus, dass sich jen­seits der beina­he all­bekan­nten Herkun­ft und Entwick­lung von cakes (engl.) > Cakes (dt. pl.) > Keks (pl. & sg.) > Keks (sg.)/Kekse (pl.) plöt­zlich ein fan­tastis­ches Anschau­ungs­beispiel für eine ganze Menge sprach­lich­er Prozesse auftat.

Wenn wir hier­mit also durch sind, haben wir Entlehnung, phonetis­che und orthographis­che Inte­gra­tion, Vari­a­tion, Reanalyse und Sprach­wan­del abge­hakt, Meth­o­d­en der his­torischen Sprach­wis­senschaft angeschnit­ten und neben­bei eine urbane Leg­ende entza­ubert. Nur die Redewen­dun­gen, die müssen draußen bleiben. Freuen Sie sich nen Keks!

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Die Wörtergate-Affäre

Von Anatol Stefanowitsch

Ver­brechen aus Lei­den­schaft geschehen jeden Tag, über Ver­brechen aus Sprach­wis­senschaft liest man dage­gen eher sel­ten. Aber wie das Ham­burg­er Abend­blatt am Don­ner­stag berichtete (lei­der hin­ter ein­er Bezahlwand), hat das Amts­gericht St. Georg in Ham­burg zwei Lehrer für ein solch­es Ver­brechen verurteilt: Die bei­den hat­ten auf ein­er Fort­bil­dungsver­anstal­tung über ein ver­steck­tes Mikro­fon heim­lich die Gespräche ihrer Kolleg/innen aufgenom­men. Ans­tifter war der Sohn eines der Verurteilten:

Für eine Mas­ter­ar­beit in Lin­guis­tik hat­te er seinen Vater gebeten, an einem der vier Sem­i­nartage die Gespräche der Lehrgang­steil­nehmer aufze­ich­nen zu dür­fen. Heim­lich, denn unter Beobach­tung wären die Beobachteten wom­öglich irri­tiert, die Ergeb­nisse der stu­den­tis­chen Feld­forschung verz­er­rt. Die unfrei­willi­gen Proban­den soll­ten den kleinen Lauschangriff deshalb nachträglich genehmi­gen. [Ham­burg­er Abend­blatt, 9. Juni 2011]

Der Vater hat­te wohl zunächst Bedenken, sein Sohn aber habe behauptet, es han­dle sich dabei um „gängige[] Meth­o­d­en in der wis­senschaftlichen Forschung“, sodass er am Ende dann doch ein­willigte. Die Kolleg/innen hat­ten offen­bar wenig Ver­ständ­nis für dieses Vorge­hen und so lan­dete der Fall vor Gericht. 

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Grundlose Sorgen

Von Anatol Stefanowitsch

Ein kurzes Post­skrip­tum zum ersten Teil mein­er Serie über die Sprachtipps von BILD.de und Andreas Busch. Let­zter­er hat­te unter anderem für Ver­wirrung über eine ange­blich falsche Ver­wen­dung des Wortes sor­gen gesorgt, indem er behauptet hat­te, dass man dieses nur in Sätzen wie Die Mut­ter sorgt für ihre Kinder, nicht aber in Sätzen wie Blitzeis sorgt für Verkehrschaos ver­wen­den dürfe. Nun stellt sich her­aus, dass just dieses Verb dem Chefredak­teur der Bild, Kai Diek­mann vor eini­gen Jahren Sor­gen bere­it­et hat.

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Von EHEC zu Ehec

Von Kristin Kopf

Mir ist heute aufge­fall­en, dass sich <EHEC> in <Ehec> ver­wan­delt hat – und zwar enorm schnell. Man ken­nt das ja von anderen Akro­ny­men wie <AIDS>/<Aids> oder aktueller <SARS>/<Sars>, aber da hat es, bilde ich mir ein, doch ein Stückchen länger gedauert und bei­de Schreib­weisen sind üblich (bei AIDS) oder gar duden­sank­tion­iert (bei SARS).

Bei der Suche nach Ehec im faz.net-Archiv zeigt sich, dass es mit der Anpas­sung sog­ar noch schneller ging, als ich dachte:

Absolute Zahlen <EHEC> vs. <Ehec> bei faz.net.

Schon am vierten Tag der Berichter­stat­tung dominierte <Ehec>. Eine kluge Wahl, wis­sen damit dann doch auch die Fernsehlosen, dass man das Ding nicht E‑ha-e-ze ausspricht. (Nein, ich war nicht die einzige in meinem Umfeld!) Andere Medi­en hal­ten an EHEC fest, so z.B. die ARD mit der Tagess­chau.

SARS hinge­gen Weit­er­lesen

Der wundersame und geheimnisvolle Fall des Sprachpanschers Nikolaus S.

Von Anatol Stefanowitsch

Vor ein paar Tagen habe ich über die Nominierun­gen für den „Sprach­pan­sch­er des Jahres“ gesprochen, einen Neg­a­tivpreis mit dem der Vere­in der Drö­gen Sprach­mythen (VDS) alljährlich Promi­nente ausze­ich­net, um so auch mal wieder ins Gespräch zu kommen.

Bericht­enswert war dabei nicht die Nominierung selb­st (die angesichts der son­st meis­tens gut funk­tion­ieren­den Pressear­beit des VDS in den Medi­en erstaunlich dürftig aufgenom­men wurde, aber dazu später mehr), son­dern die Tat­sache, dass eine der Nominierten, die Bun­de­sagen­tur für Arbeit, den Vere­in wegen sein­er schlampi­gen und fak­tisch falschen Nominierungs­be­grün­dun­gen öffentlich vorführte.

Ein weit­er­er Nominiert­er schweigt dage­gen behar­rlich, obwohl er noch deut­lich­er wider­sprechen kön­nte: Niko­laus Schnei­der, Vor­sitzen­der des Rates der evan­ge­lis­chen Kirche Deutsch­lands, der laut Pressemel­dung des VDS

… seine Gläu­bi­gen mit „Luther­Ac­tiv­i­ties“ wie „Well­ness für die Män­nerseele“, „mar­riage weeks“ oder „wor­ship sum­mer­par­tys“ bei der Stange hal­ten will. [Pressemel­dung des VDS]

Will er das wirk­lich? Nun traue ich dem Rat der EKD jede Nar­retei und jedes Fehlver­hal­ten der Welt zu (und man gibt sich ja auch immer wieder kräftig Mühe, mein Ver­trauen nicht zu ent­täuschen), aber trotz­dem hat­te ich beim Lesen der Pressemel­dung das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt.

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Die unverbesserliche Seichtigkeit der Sprachnörgler (Teil 3)

Von Anatol Stefanowitsch

Kom­men wir heute zur drit­ten und let­zten Folge unser­er kleine Rei­he zu den „10 am häu­fig­sten falsch ver­wen­de­ten Wörtern“ von Andreas Busch und BILD.de. Uns fehlen in der Diskus­sion noch drei Wörter, wollte, ver­stor­ben und Reifen­wech­sel, und fehlt noch die Ermah­nung, Berufs­beze­ich­nun­gen wie Arzt für Män­ner zu reservieren und für Frauen immer die weib­liche Form Ärztin zu nehmen. Heute beschränke ich mich auf die drei Wörter, die Frage nach den Berufs­beze­ich­nun­gen ist zu kom­plex um sie im Busch’schen Par­a­dig­ma von „richtig“ und „falsch“ auch nur anzureißen. Ich komme aber in näch­ster Zeit umfassender darauf zurück.

In der ersten Folge ging es ja darum, dass Sprach­nör­gler wie Busch nicht in der Lage sind, Sprach­wan­del zu ver­ste­hen und zu akzep­tieren, in der zweit­en Folge ging es daneben auch noch um ihre Schwierigkeit­en mit der Erken­nt­nis, dass Wörter nor­maler­weise mehr als eine Bedeu­tung haben, von der keine die „richtige“ ist. Die heute disku­tierten Fälle zeigen ein drittes Prob­lem: Die sprach­liche Intel­li­genz der Sprachge­mein­schaft wird sys­tem­a­tisch unterschätzt.

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Die unverbesserliche Seichtigkeit der Sprachnörgler (Teil 2)

Von Anatol Stefanowitsch

Nach­dem ich mich im ersten Teil unser­er kleinen Serie über Andreas Buschs Liste der „10 am häu­fig­sten falsch ver­wen­de­ten Wörter“ mit sor­gen, Kult und Busen beschäftigt habe, komme ich im zweit­en Teil zu irri­tiert und Sym­pa­thie. BILD.de hat die Liste ja unter der Über­schrift „Mit Fremd­wörtern kön­nen Sie mir nicht impräg­nieren!“ veröf­fentlicht und so unter­stellt, dass es vor­rangig um Ver­wech­slun­gen eben dieser gin­ge, aber tat­säch­lich sind nur vier der zehn Wörter über­haupt Fremd­wörter — Pub­lic View­ing (das ich in dieser Serie nicht behan­dle, siehe aber hier und hier), Kult (das ich am Mon­tag bere­its behan­delt habe), und eben irri­tieren und Sym­pa­thie.

Der Grund, warum ich die bei­den Wörter heute gemein­sam bespreche, liegt aber nicht in ihrer lateinis­chen bzw. griechis­chen Herkun­ft, son­dern daran, dass sie das zweite der drei Grund­prob­leme des Sprach­nörgelns demon­stri­eren: Die Vorstel­lung, dass Wörter nur eine Bedeu­tung haben (dür­fen).

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Now sitting in one boat are we?

Von Susanne Flach

Zu den häu­fig­sten Such­be­grif­f­en in mein­er Blogsta­tis­tik gehört “sit­ting in one/the same boat”. In meinem Beitrag zu Oet­tingers Englisch schrieb ich, die englis­che Redewen­dung zu “in einem Boot sitzen” ist “to be in the same boat”. Das ist richtig, die Argu­men­ta­tion war aber nicht kom­plett: Mut­ter­sprach­ler haben mir bere­its damals gesagt, dass ihnen “We’re sit­ting in one boat” gar nicht auf­fall­en würde.

Warum auch? Der Satz ist syn­tak­tisch in Ord­nung, die Meta­pher bleibt. Ganz ähn­lich sehen das auch die Mut­ter­sprach­ler in ein­er Diskus­sion zur Oettinger’schen Rede im LEO.org-Forum: ungewöhn­lich ja, falsch nein (und erst recht nicht schlimm oder gar peinlich).

Das wollte ich jet­zt genauer wis­sen: Nutzen Mut­ter­sprach­ler des Englis­chen die Redewen­dung so, wie Oet­tinger es tat? Die Antwort vor­weg: Nein, tun sie (fast) nicht. Aber Oet­tinger war auch nicht der erste Deutsche, der sie benutzte.

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