Nafris (ein sprachwissenschaftliches Grünen-Seminar für Rainer Wendt)

Von Anatol Stefanowitsch

Das Wort Nafri sorgt für heftige Debat­ten, seit die Köl­ner Polizei in der Sil­vester­nacht 2016 über den Kurz­nachrich­t­en­di­enst Twit­ter fol­gende Beschrei­bung ihres Vorge­hens absetzte:

Die Diskus­sion wird, wie es in Deutsch­land lei­der üblich ist, wenn es um poten­ziell prob­lema­tis­che Sprache geht, sehr hitzig, fak­te­n­arm und wenig pro­duk­tiv geführt. Sie wird außer­dem ver­mis­cht mit der wichtigeren Diskus­sion um Racial Pro­fil­ing und öffentliche Sicher­heit, die mit dem Wort Nafri eher am Rande zu tun hat.

Eigentlich wollte ich mich deshalb aus der Diskus­sion her­aushal­ten, aber dann las ich fol­gende Aus­sage des Vor­sitzen­den der Deutschen Polizeigew­erkschaft, Rain­er Wendt:

Das ist eine Abkürzung, die wir im Ein­satz benutzen, beispiel­weise bei Funksprüchen oder wenn sich die Beamten etwas zurufen. Das braucht man nicht zu drama­tisieren. Das ist eben der Unter­schied zwis­chen einem sprach­wis­senschaftlichen Grü­nen-Sem­i­nar und einem Polizeiein­satz. (Rain­er Wendt in der Jun­gen Frei­heit, 2. Jan­u­ar 2017)

Ich bin zwar kein Grün­er, aber ein sprach­wis­senschaftlich­es Sem­i­nar kann ich liefern, und da die Kri­tik am Begriff „Nafri“ weit­ge­hend am eigentlichen Prob­lem vor­beige­ht, habe ich Wendts Her­aus­forderung dann doch angenommen.

Für die Kri­tik am Begriff lassen sich in der aktuellen Diskus­sion grob drei Begrün­dun­gen erkennen:
1. Der Begriff klinge abwertend/herabwürdigend.
2. Der Begriff sei „Sprachge­brauch der Rechten“
3. Der Begriff pauschal­isiere (sug­geriere also, dass alle Men­schen aus Nordafri­ka krim­inell seien).

Die erste Begrün­dung ist schw­er einzuord­nen, da es weit­ge­hend sub­jek­tiv ist, was abw­er­tend „klingt“ und ich keine genaueren Aus­führun­gen find­en kon­nte, worin dieser Klang liegen soll. Manche Kommentator/innen ziehen eine Par­al­lele zum Wort N*ger, möglicher­weise auf­grund des gemein­samen ersten Lautes/Buchstaben, aber ins­ge­samt beste­ht keine große laut­liche Nähe zwis­chen diesen Wörtern. Mir sind auch keine anderen abw­er­tenden Wörter bekan­nt, die eine beson­dere Ähn­lichkeit zu Nafri hät­ten – Wörter, die auf -i enden, etwa, kön­nen sowohl neg­a­tiv sein (Alki, Spasti, Assi, Tus­si, Knac­ki), als auch neu­tral (Azu­bi, Zivi, Schiri, Pro­mi) oder sog­ar pos­i­tiv (Profi, Spezi, Mami, Papi, siehe auch Kose­na­men wie Schu­mi). Ich würde deshalb ver­muten, dass die sub­jek­tive Empfind­ung eines „abw­er­tenden Klangs“ sich erst im Nach­hinein aus ein­er neg­a­tiv­en Bew­er­tung ergibt, die andere Ursachen hat.

Die zweite Begrün­dung lässt sich schnell als falsch einord­nen. Der Begriff stammt nicht aus dem Sprachge­brauch der Recht­en, son­dern tat­säch­lich aus dem Sprachge­brauch der Polizei selb­st. Er gelangte erst­mals Anfang des let­zten Jahres im Zusam­men­hang mit der sex­u­al­isierten Gewalt am Köl­ner Haupt­bahn­hof in die Öffentlichkeit. Die Bild zitierte damals aus einem inter­nen Bericht der Köl­ner Polizei mit dem Titel „Analy­se­pro­jekt Nordafrikanis­che Straftäter“. Dort wurde eine Kat­e­gorie von soge­nan­nten „Nafri-Delik­ten“ definiert, die fol­gende Eigen­schaften haben (ich komme auf diese Defn­i­ni­tion) später noch zurück:

  • Täter ist Ange­höriger eines „Nafri“-Staates (Ägypten, Alge­rien, Libanon, Libyen, Marokko, Syrien und Tunesien)
  • Täter ist meist zwis­chen 15 und 25 Jahre alt
  • Began­gen wer­den Raub‑, Körperverletzungs‑, BtM‑, und Taschendiebstähle
  • Tatorte liegen schw­er­punk­t­mäßig im Bere­ich der Köl­ner Alt­stadt, Mar­tinsvier­tel, Franken­werft, Weltjugendtagsweg
  • Tatzeit­en liegen schw­er­punk­t­mäßig an Woch­enen­den zur Nachtzeit
  • Der jugendliche Täter ist regelmäßig in ein­er Ein­rich­tung der Stadt Köln untergebracht.

Das Wort find­et sich seit­dem ab und zu auf ein­schlägi­gen Web­seit­en wie PI News, meis­tens in direk­tem Zusam­men­hang mit Diskus­sio­nen der Sil­vesternächte 2015 und 2016. Dass es in den all­ge­meinen recht­en Sprachge­brauch einge­gan­gen wäre, lässt sich zu diesem Zeit­punkt aber nicht behaupten.

Die dritte Begrün­dung kommt ein­er sprach­wis­senschaftlich fundierten Kri­tik an dem Wort Nafri am näch­sten, sehen wir sie uns also genauer an.

Die meis­ten Sub­stan­tive beze­ich­nen Kat­e­gorien von Din­gen. Das Wort Vogel, beispiel­sweise, beze­ich­net eine Kat­e­gorie von indi­vidu­ellen Organ­is­men, die ihrer­seits in Unterkat­e­gorien wie Spatzen, Wellen­sit­tiche, Enten und Pin­guine gehören. Das Wort Möbel beze­ich­net eine Kat­e­gorie von indi­vidu­ellen Gegen­stän­den, die eben­falls in Unterkat­e­gorien wie Schränke, Bet­ten, Stüh­le und Spül­maschi­nen fallen.

Die Gemein­samkeit zwis­chen bei­den Wörtern ist, dass sie unter­schiedliche Dinge sprach­lich als zusam­menge­hörig kennze­ich­nen. Der Unter­schied ist, dass Vögel tat­säch­lich eine natür­liche Kat­e­gorie bilden – sie haben eine gemein­same evo­lu­tionäre Geschichte und gemein­same Eigen­schaften (z.B. haben sie alle Schnä­bel und leg­en alle Eier). Möbel bilden dage­gen keine natür­liche Kat­e­gorie – sie wer­den erst durch die sprach­liche Beze­ich­nung zu ein­er Kat­e­gorie und sie haben auch keine gemein­samen Eigen­schaften, außer der etwas vagen Eigen­schaft „ste­hen typ­is­cher­weise in Woh­nun­gen“ (das ist auch der Grund, warum die Gren­zen solch­er Kat­e­gorien schw­er­er zu ziehen sind – wir wären uns vielle­icht uneins, ob Spül­maschi­nen tat­säch­lich Möbel sind, aber wir wären uns alle einig, dass Pin­guine zwar merk­würdi­ge, aber den­noch ein­deutige Vögel sind).

Sprach­lich behan­deln wir bei­de Kat­e­gorien gle­ich. Da es ein Wort für sie gibt, gehen wir davon aus, dass die in ihnen enthal­te­nen Indi­viduen zusam­menge­hören. Wir erwarten eine gewisse Homogen­ität der Eigen­schaften und des Ver­hal­tens oder Vorkom­mens in der Welt (z.B., dass wir in einem Möbel­haus sowohl Bet­ten als auch Schränke als auch Stüh­le vorfind­en wer­den, und zumin­d­est die großen Möbel­häuser bieten inzwis­chen auch Spül­maschi­nen an).

Die Köl­ner Polizei hat mit dem Begriff Nafri nun nicht nur ein Wort geschaf­fen, son­dern auch die damit beze­ich­nete Kat­e­gorie: Sie fasst Men­schen aus sieben sehr unter­schiedlichen Län­dern (von denen zwei, der Libanon und Syrien, tat­säch­lich gar nicht in Nordafri­ka liegen), zu ein­er Gruppe zusam­men. Schon hier liegt das erste Prob­lem dieses Begriffs: Sobald er sich etabliert hat, führt er dazu, dass wir (bzw. die, die ihn ver­wen­den) davon aus­ge­hen, dass die Indi­viduen in der damit beze­ich­neten Kat­e­gorie eine gewisse Homogen­ität aufweisen. Das ist bei dem Begriff Nafri offenkundig der Fall – genau auf dieser erwarteten Homogen­ität im Ver­hal­ten beruhen ja die geson­derten Per­so­n­enkon­trollen, die die Polizei bei Men­schen am Köl­ner Haupt­bahn­hof, die wie „Nafris“ ausse­hen, durchge­führt hat.

Der Begriff ist nicht deshalb prob­lema­tisch, weil die Köl­ner Polizei (ver­mut­lich kor­rekt) erkan­nt hat, dass bes­timmte Grup­pen von Men­schen aus bes­timmten Län­dern ihnen beson­ders oft Prob­leme bere­it­en, son­dern, weil die sehr bre­ite Kat­e­gorie Nafri dazu führt, dass nicht nur etwa alle Tune­si­er unter einen Gen­er­alver­dacht für die Tat­en ein­er bes­timmten Gruppe von Tune­siern gestellt wer­den, son­dern sog­ar etwa alle Syr­er unter einen Gen­er­alver­dacht für die Tat­en ein­er bes­timmten Gruppe von Tune­siern gestellt wer­den (und umgekehrt).

Das zweite all­ge­meine Prob­lem an Kat­e­gorien­beze­ich­nun­gen – vor allem solchen für Men­schen – ist, dass sie sich leicht mit zusät­zlichen Bedeu­tungskom­po­nen­ten aufladen, die eigentlich kein Teil der Def­i­n­i­tion sind. Nehmen wir das Wort Blon­dine — es bedeutet eigentlich nur „Frau mit hellen Haaren“, aber anders als die beschreibende Phrase Frau mit hellen Haaren ist das Wort Blon­dine mit zusät­zlichen Bedeu­tun­gen wie „dumm“, „attrak­tiv“, „gut im Bett“ usw. Und diese Bedeu­tun­gen sind, wie dieses Beispiel zeigt, häu­fig stereo­typ­isierende und abw­er­tende Zuschreibungen.

Kat­e­gorien­beze­ich­nun­gen chang­ieren damit ständig zwis­chen der Kernbe­deu­tung und der durch zusät­zliche Bedeu­tun­gen erweit­erten Bedeu­tung. Bei der Beze­ich­nung Nafri war das in der Sil­vester­nacht augen­fäl­lig. Obwohl der Begriff von der Polizei selb­st geschaf­fen wurde und neben der Herkun­ft eine ganze Rei­he weit­er­er Bedeu­tungskom­po­nen­ten umfasst – etwa, dass es sich eben um Straftäter han­deln muss – wird es von der Polizei ganz ein­deutig auch als all­ge­meine Beze­ich­nung für Men­schen aus den genan­nten Län­dern (oder auch solche, die nur so ausse­hen, wie Men­schen aus den genan­nten Län­dern) verwendet.

In dem oben zitierten Tweet kann sich das Wort unmöglich auf „Straftäter aus Ägypten, Alge­rien, Libanon, Libyen, Marokko, Syrien und Tune­sien“ beziehen, da die Polizei ja vor der Über­prü­fung nicht wis­sen kon­nte, ob es sich um Straftäter han­delt, und auch nicht davon aus­ge­gan­gen ist, dass es sich bei allen um Straftäter han­delt. Stattdessen lässt sich das Wort Nafri in diesem Tweet nur mit „Men­schen aus Ägypten, Alge­rien, Libanon, Libyen, Marokko, Syrien und Tune­sien“ übersetzen.

Die Polizei ver­wen­det also ein und das­selbe Wort für Men­schen aus bes­timmten Län­dern (bzw. solche, die ihrer Mei­n­ung nach so ausse­hen), und für Straftäter aus diesen Län­dern. Diese Dop­peldeutigkeit bestäti­gen auch Aus­sagen der Polizei selb­st. Während ein Sprech­er der Polizei vom Spiegel mit der Aus­sage zitiert wird, das Wort Nafri beze­ichne „generell Per­so­n­en, die dem nordafrikanis­chen Spek­trum zuge­ord­net wer­den“ und es sei „frei jed­er Wer­tung“, ist es laut dem Vor­sitzen­den der DPolG Bun­de­spolizeigew­erkschaft, Ernst Wal­ter, „eine Abkürzung für nordafrikanis­che Intensivtäter“.

Bei der Debat­te um das Wort Nafri sollte es nicht darum gehen, ob die Polizei das Wort in ras­sis­tis­ch­er Absicht geprägt hat, son­dern darum, dass diese Art von Kat­e­goriebeze­ich­nun­gen grund­sät­zlich gefährlich sind. Die Pauschal­isierung und die begrif­fliche Unschärfe, die in solchen Beze­ich­nun­gen steckt, muss nicht unbe­d­ingt zum Prob­lem wer­den – bei Möbel­stück­en etwa wird sie kaum jeman­dem schaden. Aber wenn es um Men­schen geht, ist eine beson­dere Vor­sicht geboten, damit Kat­e­gorien­beze­ich­nun­gen nicht zu einem Teufel­skreis von neg­a­tiv­en Zuschrei­bun­gen beitragen.

Die Köl­ner Polizei hat den Begriff zunächst geschaf­fen, weil sie eine Beze­ich­nung für eine bes­timmte Gruppe wieder­holt straf­fäl­liger Men­schen brauchte. Die Absicht dahin­ter ist nicht zu verurteilen. Sobald die Beze­ich­nung da ist, nimmt ihre Bedeu­tungsen­twick­lung aber ein Eigen­leben an – in diesem Fall hat sich schnell eine Dop­peldeutigkeit zwis­chen Men­schen und Straftätern aus ein­er bes­timmten geo­graphis­chen Region her­aus­ge­bildet, die poten­ziell ras­sist­siche Denk- und Hand­lungsweisen aus­lösen bzw. ver­stärken kann. Zu dieser Dop­peldeutigkeit hat sich­er beige­tra­gen, dass die Polizei mit Men­schen grund­sät­zlich genau dann zu tun bekommt, wenn diese straf­fäl­lig wer­den. Im Falle des Wortes Nafri kommt hinzu, dass ein sehr bre­it­er und het­ero­gen­er Per­so­n­enkreis zusam­menge­fasst wird, der sich vor­rangig dadurch ausze­ich­net, nicht weiß zu sein. Auch das war ver­mut­lich ursprünglich nicht beab­sichtigt, aber auch das hat schnell ein Eigen­leben angenom­men, wie die zumin­d­est etwas unre­flek­tierten Per­so­n­enkon­trollen auf der Grund­lage visueller eth­nis­ch­er Merk­male in der Sil­vester­nacht 2016 zeigen.

Natür­lich gibt es einen Unter­schied zwis­chen Polizeiar­beit und sprach­wis­senschaftlichen Sem­i­naren aller Far­ben, aber dort, wo Polizeiar­beit sich auf sprach­liche Kat­e­gorien bezieht, kann sprach­wis­senschaftliche Sen­si­bil­ität sich­er nicht schaden.

39 Gedanken zu „Nafris (ein sprachwissenschaftliches Grünen-Seminar für Rainer Wendt)

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  2. JP Teitinger

    Sehr schön auseinan­dergenom­men, dankeschön!

    Zwei kleine Anmerkungen:

    1. “Nafri” entstammt in der Tat dem Polizei-Sprachge­brauch und nicht dem Sprachge­brauch der Recht­en. Der Begriff ist aber (a) dort rasend schnell pop­ulär gewor­den, was ein wichtiges Indiz für seine inhaltliche Prob­lematik ist und (b) stellt ger­ade Rain­er Wendt eine bre­ite Brücke zwis­chen Polizei und rechtem Milieu her bzw. bietet dem recht­en Milieu den Begriff ger­adezu freimütig an — siehe den Aus­druck vom “Grü­nen-Sem­i­nar” als typ­is­ches Feind­bild und vor allem den Publikationsort.

    2. Die Ähn­lichkeit zwis­chen “Nafri” und dem anderen N‑Wort dürfte vielle­icht doch etwas größer sein als angenom­men, aus zwei Gründen:
    Erstens weil die Kom­bi­na­tion N + Afri(ka) als Per­so­n­en­beze­ich­nung natür­lich sofort Assozi­a­tio­nen aus­löst, die genau an Men­schen mit dun­kler Haut­farbe denken lässt, fast wie ein Kof­fer­wort aus “N*ger” und “Afrikan­er”.
    Und zweit­ens, weil “Nafri” stark zumin­d­est an engl. “Negro” erin­nert, das sil­ben­struk­turell und im Beto­nungsmuster sehr viel ähn­lich­er ist als das deutsche Pendant.

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  3. Kalle

    Und zweit­ens, weil “Nafri” stark zumin­d­est an engl. “Negro” erinnert”.
    mich erin­nert das in abso­lut gar kein­er weise an “negro”. null.

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  4. Charlotte Meyesch

    also Entschuldigung, JP Teitinger, zu 1. keine Kri­tik, aber bei 2. geht es mir zu weit. Wenn man bei Mama vier Buch­staben ändert wird daraus Bier. Nafri und Neger? Let­ztere sind schon irgend­wie schwarz und mir ist es noch nicht untergekom­men, dass man mit “Neger” einen Araber könnte.

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  5. JP Teitinger

    Bei mir war das die allererste Assozi­a­tion, die mir in den Sinn kam.
    Die übere­in­stim­mende Sil­ben­struk­tur ’nVC.rV mit gle­ich­er Beto­nung erscheint mir jeden­falls dur­chaus auffällig.

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  6. Rick

    Das Prob­lem ist weniger die Polizei, die entwed­er in ein Fet­tnäpfchen getreten ist oder sich wirlich ras­sis­tisch geäußert hat.

    Das Prob­lem ist, dass sie einen knack­i­gen Begriff geliefert hat, der schon mas­siv von Rechts aufge­grif­f­en wird. Das ist im Moment anscheinend DAS Schimpf­wort für Asy­lanten und so gewor­den. Es ist knack­ig, klingt irgend­wie gut und ergibt einen pri­ma Hash­tag. Das i wurde schon zu Inten­sivtäter umgedeutet und jet­zt kann die AfD und ähn­lich­es Pub­likum sich damit pri­ma abfäl­lig äußern. Dazu kapern sie einen schein­bar neu­tralen Begriff mal wieder, aber im Gegen­satz zu “Fachkräfte” muss man nicht Ironie ver­ste­hen und sich auf deren iro­nis­chen Ansatz ein­lassen, son­dern das Wort an sich wird wenn es in einem Text mehrfach entsprechend ver­wen­det wurde direkt neg­a­tiv konnotiert.
    Ich würde darauf wet­ten, dass das uns in der recht­en Szene noch das ganze Jahr ver­fol­gen wird.

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  7. Moritz

    Ich ver­ste­he nicht, warum sich alle über die Abkürzung “Nafri” aufre­gen. Wäre es bess­er, wenn die Polizei das aus­for­muliert hätte?

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  8. Bärchen

    Also ich finde ja schon, daß der Begriff eine sprach­liche Nähe zu einem anderen Begriff aus dem recht­en Sprachraum hat. “Nafri” unter­schei­det sich eigentlich nur durch die Kon­so­nan­ten in der Mitte vom Begriff “Nazi”

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  9. Syllabus

    @JP Teitinger: Ich glaube tat­säch­lich nicht, dass ein englis­ches Wort die erste Assozi­a­tion bei deutschen Polizis­ten ist. (Aber vielle­icht habe ich da Sprachkom­pe­tenz-Vorurteile.) Zudem habe ich Zweifel an der Sil­ben-Struk­tur-Ähn­lichkeit: Ist das nicht bei /ni:.gr@U/ CV.CCV und bei /Na(:)f.ri(:)/ /CVC.CV/ (let­zteres legt jeden­falls auch die – natür­lich fehlbare – Duden-Sil­ben­tren­nung nahe: http://www.duden.de/rechtschreibung/Afrika)?

    Natür­lich ist freies Assozi­ieren erlaubt, aber hier überzeugt es mich nicht so.

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  10. Dirk Jäckel

    Also Herr Teitinger,
    habe ich das jet­zt richtig verstanden:
    Die Polizei hat in der Twit­ter­hek­tik keine entsprechung für Neger (nVCVr) gefun­den, daraufhin wurde wis­senschaftlich analysiert das man ja negro (nVCrV) zu nafri ändern könne? Bes­timmt hat man dazu gle­ich ein paar Spach­wis­senschaftler herbeigezogen.
    Sie haben recht, dur­chaus auffällig 😉

    Mit fre­undlichen Grüßen
    Dirk Jäckel

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  11. Afro Afri Nafri

    Das Wort erin­nert an Afro und das erin­nert an Schwarze, es erin­nert auch an Afri­ka und das i klingt wie eine Verniedlichung, etwas das klein ist, schwach ist, nicht der Rede wert ist.

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  12. KWiNK

    Oh, schön. Du hast das The­ma also doch aufgegriffen. 🙂

    Eine Nach­frage zum The­ma “Wörter die auf i enden”:
    Ist es nicht so, dass diese Wörter dur­chaus einen abw­er­tenden Charak­ter haben, wenn sie etwas grundle­gend Neg­a­tives beschreiben, wie im Ursinn des Wortes Nafri die Straftäter aus den “gefühlt nordafrikanis­chen” (kein Zitat, Ironie) Raum?

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  13. mauerunkraut

    Die Diskus­sion um diesen Begriff, erin­nerte mich an einen anderen branchen­in­ter­nen (Kranken­haus) Begriff: Mor­bus Mediterraneus.
    Ursprünglich han­delte es sich um eine scherzhafte Beze­ich­nung für südländis­che Patien­ten, mit einem (unter­stell­ten) über­trieben hohen Schmerzge­baren, bis hin zur Wein­er­lichkeit (früher galt das mal haupt­säch­lich für Ital­iener, mit­tler­weile sind damit vor allem türkische Män­ner beze­ich­net). Ich behaupte unter­stellt, weil mir in fast zehn Beruf­s­jahren noch nie wirk­lich aufge­fall­en wäre, dass sich sowas auf die eth­nis­che Herkun­ft zurück­führen ließe, zumal ich diese Info erst während mein­er Aus­bil­dung “gel­ernt” habe.
    Nun ja, ich stelle fest, dass dieser M. Mediter­ra­neus mit­tler­weile oft zu ein­er Chiffre für den stören­den (türkischen) Patien­ten gewor­den ist, dessen geäußerte Schmerzen dann aber auch nicht unbe­d­ingt immer ernst genom­men wer­den. Aber lei­der wer­den im Gesund­heitswe­sen solche Mech­a­nis­men nicht reflektiert :-/

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  14. Christoph Päper

    @Bärchen hat recht: es wirkt laut­lich wie eine (seman­tisch bizarre) Mis­chung aus Nazi und Afri­ka und ich war ver­wun­dert, dass ersteres im Artikel­text nicht vorkommt.

    Ich hoffe, dass Prof. Ste­fanow­itsch in seinen Vor­lesun­gen und Sem­i­naren die fol­gende Aus­sage nicht täti­gen würde, son­dern fürs Blog etwas „vere­in­facht“ hat:

    [Blon­dine] bedeutet eigentlich nur „Frau mit hellen Haaren“

    Wörter haben nie eine „eigentliche“ Bedeu­tung! → „ety­mo­log­i­cal fallacy“

    Antworten
  15. J. Nämlich

    Wenn die Polizeiein­sat­zleitung hier einen Twit­terkom­mis­sar einge­set­zt hätte, der etwas weniger schnauzbär­tig-vier­schrötig, dafür aber etwas intel­li­gen­ter gewe­sen wäre, hätte der vielle­icht fol­gen­des gemacht:

    Er hätte diese Wortk­lippe umschifft und statt dessen schlicht von “Per­so­n­en” gesprochen. So wie der Pressekodex es für den Umgang mit “Tätern” und “Verdächti­gen” fordert, hätte die Berichter­stat­tung es hier auf die angewen­det, die Ziel der polizeilichen Maß­nah­men waren: eth­nis­che bzw. phäno­typ­is­che Merk­male wür­den aus­ge­blendet. Mit dieser Strate­gie kön­nte man dann reale, durch das Han­deln der Polizei bewirk­te Diskri­m­inierun­gen unsicht­bar machen, da es auf ein­mal nur noch “Per­so­n­en” gibt — und auf kri­tis­che Nach­fra­gen kön­nten die Twit­ter­beamten, Ein­sat­zleit­er und Innen­min­is­ter ganz bequem mit dem Ver­weis auf egal­itären und poli­tisch kor­rek­ten Sprachge­brauch kontern.

    Aber für dieses Newspeak-Poten­tial, das poli­tisch kor­rek­tes Sprechen durch die Ent-Nen­nung von Oth­er­ing-Kat­e­gorien eben auch hat, hat man in Polizeikreisen vielle­icht (noch?) kein recht­es Gespür entwickelt.

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  16. struppi

    .., wie die zumin­d­est etwas unre­flek­tierten Per­so­n­enkon­trollen auf der Grund­lage visueller eth­nis­ch­er Merk­male in der Sil­vester­nacht 2016 zeigen.”

    Ist das so gewe­sen? Ich kenne keine Details, aber soweit ich das ver­fol­gt habr, war die Gruppe “aggres­siv” und ich ent­nehme dem das aus der Gruppe her­aus Straftat­en begag­n­gen wur­den oder zumin­d­est befürchtet wur­den. Wenn es so war — evtl. ken­nt der Autor andere Hin­ter­gründe — dann war die Kon­trolle alles andere als unreflektiert. 

    Im geg­n­teil, es wurde diese Gruppe mit voller “Reflek­tion” kon­trol­liert, weil sie eben Ärg­er gemacht haben. Aber wie gesagt, ich weiß es nicht und ver­mute nur.

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  20. theo

    Nafri” ist in den Jahren 2015/2016 x‑fach von allen möglichen Zeitun­gen ver­wen­det wor­den. Boule­vard, Region­alzeitun­gen, sog­ar die “Zeit”. Mit und ohne Anführungszeichen.

    Jet­zt empört man sich über das Wort. Vorher war wohl keine Zeit dafür. 😉

    Antworten
  21. Gernot Back

    Statt mit dem Begriff “Nafri” sollte man sich lieber erst ein­mal mit dem viel älteren, tat­säch­lich abw­er­tend gemein­ten Koran-Begriff “Kuf­fār”
    https://de.wikipedia.org/wiki/K%C4%81fir
    beschäfti­gen, der über­haupt erst die in ihren Augen legit­imierende Grund­lage für über­grif­figes Ver­hal­ten mus­lim­is­ch­er männlich­er Jugendlich­er gegenüber nicht-mus­lim­is­chen Men­schen und hier ins­beson­dere nicht-mus­lim­is­chen Frauen bildet. 

    Insofern halte ich den Begriff “Nafri” für unglück­lich, denn diese Über­grif­figkeit gegenüber “Ungläu­bi­gen” hängt ja viel mehr mit dem Islam als mit irgen­dein­er (ver­meintlichen) geografis­chen Herkun­ft zusam­men! Das sollte in einem Begriff für diese Inten­sivtäter auch zum Aus­druck kom­men! Dass dies nicht der Fall ist, hat mit politisch-“korrekt”-verzerrter Kopf-in-den-Sand-/Vernebelungs-Sprache zu tun. 

    Wenn wir in Deutsch­land derzeit ein Prob­lem haben, dann nicht mit Ras­sis­mus, son­derm mit religiösem (haupt­säch­lich mus­lim­is­chem!) Chau­vin­is­mus und damit, diesen auch als solchen wahrnehmen zu wollen.

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  22. txxx666

    Danke für die schöne Analyse!
    Ich per­sön­lich finde es ja (neben der anscheinend polizeilich­er­seits für notwendig erachteten geo­graphisch-ras­sis­tis­chen bzw- kul­tur­al­is­tis­chen Kat­e­goriebil­dung über­haupt) beson­ders trau­rig, dass das LKA offen­bar glaubt, der Libanon und Syrien lägen in (Nord-)Afrika…
    https://misanthrope.blogger.de/stories/2623286/

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  24. gnaddrig

    @ Moritz: Klar, “Junge Män­ner, die so ausse­hen, als kämen sie aus Nahost/Nordafrika” hätte pri­ma in einen Tweet gepasst und wäre ganz bes­timmt weniger pauschal­isierend und damit weniger prob­lema­tisch als “Nafri” gewesen. 

    @ Christoph Päper: Vielle­icht haben Wörter wirk­lich nie eine eigentliche Bedeu­tung, aber Blon­dine dürfte zur Beze­ich­nung blonder Frauen geschaf­fen wor­den sein. “Blonde Frau” ist damit die ursprünglich oder, wenn man so will, die eigentliche Bedeutung.

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  30. Quinn C

    […] weil die sehr bre­ite Kat­e­gorie Nafri dazu führt, dass nicht nur etwa alle Tune­si­er unter einen Gen­er­alver­dacht für die Tat­en ein­er bes­timmten Gruppe von Tune­siern gestellt wer­den, son­dern sog­ar etwa alle Syr­er unter einen Gen­er­alver­dacht für die Tat­en ein­er bes­timmten Gruppe von Tune­siern gestellt wer­den (und umgekehrt).“

    Das mußte ich zweimal lesen, denn ich sehe da keinen wesentlichen Unter­schied. Diese Pauschalierung zurück­zuweisen mit dem Hin­weis, man sei schließlich Syr­er und kein Tune­si­er, wäre sel­ber wieder pauschale eth­nis­che Diskriminierung.

    Antworten
  31. Quinn C

    @JP Teitinger: Egal, wie ähn­lich die Wörter nun genau sind, mein (schwarz­er) Kol­lege hat es inhaltlich auf den Punkt gebracht — „Nafri“ ist das N‑Wort für Araber.

    Daß Irak­er nicht in der Def­i­n­i­tion vorkom­men, ist inter­es­sant, aber ich glaube nicht, daß sie das tat­säch­lich davor schützt, kon­trol­liert zu wer­den. Ver­mut­lich nicht mal Pers­er und Afghanen.

    Antworten
  32. Jörg

    Dass “Nafri” so neg­a­tiv kon­notiert wird, ver­danken wir wohl weniger der Polizei, als den sozialen Medi­en, der Presse und den Rechten.
    Lei­der zeigt das Beispiel auch, dass der Polizei immer noch in bre­it­er Front eine rechte Ori­en­tierung unter­stellt wird.
    Inter­es­sant wäre jet­zt zu wis­sen, welche Abkrürzung die Polizei jet­zt wählt. By the way, die Polizei liebt Abkürzungen…
    Grund­sät­zlich ist die Sen­si­bil­isierung durch solche Beiträge wie dieser sehr zu begrüßen. Eben­so wie die aufmerk­sam bleibende Kon­trolle, der Ver­hält­nis­mäßigkeit und Recht­mäßigkeit der Arbeit der Polizei.

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  33. Pingback: Zuckersüß 231 | Zuckerbäckerei

  34. G. H.

    Wie sieht’s eigentlich damit aus, dass für lange und zusam­menge­set­zte Wörter oft Abkürzun­gen einge­führt wer­den, die der milieube­d­ingten Sprachan­wen­dung bzw fach­spez­i­fis­chen Erfordernissen, wie beispiel­sweise ein­fache Iden­ti­fika­tion im Rah­men ver­lus­tre­ich­er Funküber­tra­gung genü­gen? Ist das nicht der viel wahrschein­lich­er Grund?

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