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Ich bin ein Sprachmythos

Von Anatol Stefanowitsch

Es wäre ja zu schön, wenn John F. Kennedy sich in sein­er viel zitierten und in der Wahrnehmung (west-)deutscher Medi­en his­torisch befremdlich über­höht­en „Ich-bin-ein-Berliner“-Rede tat­säch­lich als mit Marme­lade gefülltes Back­w­erk beze­ich­net hätte. Aber obwohl sich entsprechende Gerüchte vor allem in der englis­chsprachi­gen Welt hart­näck­ig hal­ten, hat er das nicht. Das durfte ich anlässlich des 50. Jahrestages sein­er Rede nicht nur der AFP erk­lären, son­dern das habe ich schon vor genau fünf Jahren – damals noch im Bre­mer Sprach­blog – aus­führlich disku­tiert. Und Susanne hat vor zweiein­halb Jahren beschrieben, wie und wo dieser Mythos ent­standen ist.

Für diejeni­gen, die sich nicht durch diese empfehlenswerten, aber alten, Blog­beiträge wühlen wollen: Der Mythos geht unge­fähr so. Kennedy hätte eigentlich sagen müssen Ich bin Berlin­er, da das soge­nan­nte Prädikat­snomen, also das Sub­stan­tiv, das dem Verb sein fol­gt, in dieser Art von Herkun­ft­szuschrei­bung keinen Artikel haben dürfe. Deshalb sei Kennedys Ich bin ein Berlin­er nicht als Herkun­ft­szuschrei­bung zu inter­pretieren, und Berlin­er könne sich hier nicht auf „Einwohner/in der Stadt Berlin“ beziehen. Die einzige Alter­na­tiv­in­ter­pre­ta­tion für Berlin­er sei „mit Marme­lade gefülltes rundlich-plattge­drück­tes Back­w­erk“. Weit­er­lesen