Schlagwort-Archive: Sprachkritik

Zum Feste nichts Neues

Von Anatol Stefanowitsch

Wertkon­ser­v­a­tive deutsche Feuil­leton­is­ten – also deutsche Feuil­leton­is­ten – haben es zunehmend schw­er, die imag­inäre Beschnei­dung ihrer Frei­heit­en zu bekämpfen: Man­gels ern­sthafter Bedro­hun­gen müssen sie sich inzwis­chen damit zufrieden geben, gegen die Ent­fer­nung ras­sis­tis­ch­er Verunglimp­fun­gen aus Kinder­büch­ern oder der Ent­fer­nung männlich­er Pronomen aus Uni­ver­sitätssatzun­gen zu Felde zu zetern. Ihre nor­damerikanis­chen Geis­tesgenossen tun das auch gerne und aus­giebig, aber zusät­zlich kön­nen sie sich ein­mal im Jahr Höherem zuwen­den und zum Kampf gegen die Ent­fer­nung des Chris­ten­tums aus dem Wei­h­nachts­fest blasen. Dabei ste­ht eine per­fide rhetorische Massen­ver­nich­tungswaffe im Zen­trum ihrer Aufmerk­samkeit: die Floskel Hap­py Hol­i­days (zu deutsch etwa: „Schöne Feiertage“), die gerne in Zusam­men­hän­gen ver­wen­det wird, in denen Mer­ry Christ­mas Men­schen auss­chließen würde, die keine Chris­ten sind. Weit­er­lesen

Sprachbrocken: Der Verein Deutsche Sprache gegen sich selbst

Von Anatol Stefanowitsch

Wenn es etwas gibt, das der Vere­in Deutsche Sprache noch mehr has­st als die (einge­bildete) Schwemme englis­ch­er Lehn­wörter im Deutschen, dann ist das der ver­meintliche Grund für diese Schwemme: die geopoli­tis­che Vorherrschaft der USA. Von ihrer Amerikafeindlichkeit getrieben haben die Sprach­nör­gler aus Dort­mund den Anti-US-Geheim­di­en­ste-Slo­gan „Yes, we scan“ zur Schlagzeile des Jahres gekürt, und von ihrem Wun­sch nach medi­aler Aufmerk­samkeit hin­geris­sen haben sie ihn der BILD zugeschrieben, die ihn am 10. Juni 2013 als Schlagzeile ver­wen­det hat­te. Weit­er­lesen

Zur Lage der deutschen Flexion, oder: Dativ, Genitiv, Tod?

Von Kristin Kopf

Ein Spoil­er vor­weg: Sie liegt gut, die deutsche Flex­ion. Wie jedes lebendi­ge Wesen bewegt sie sich natür­lich ein wenig in ihrem Bett, weshalb es zu gegen­wartssprach­lichen Vari­anten wie den fol­gen­den kommt:

am Rand des Son­nen­sys­temsam Rande des Sonnensystems

der Wasserüber­schuss des Tan­gani­kader Wasserüber­schuss des Tan­gani­kas

einen Bär fan­geneinen Bären fangen

der Entschluss des Autorsder Entschluss des Autoren

dank des Zauber­tranks dank dem Zaubertrank

mit langem weißem Haarmit langem weißen Haar

wenn sie dort stünde wenn sie dort stände

Ja, genau, mit »Flex­ion« ist die Markierung gram­ma­tis­ch­er Infor­ma­tio­nen an z.B. Sub­stan­tiv­en, Ver­ben und Adjek­tiv­en gemeint und wir befind­en uns hier in Teil 3 unser­er Artikelserie zum »Bericht zur Lage der deutschen Sprache« (zu Teil 1 und 2).

Das Kapi­tel zur Entwick­lung der Flex­ion im Deutschen von Lud­wig Eichinger ((Eichinger, Lud­wig M. (2013): Die Entwick­lung der Flex­ion: Gebrauchsver­schiebung, sys­tem­a­tis­ch­er Wan­del und Sta­bil­ität der Gram­matik. In: Deutsche Akademie für Sprache und Dich­tung und Union der deutschen Akademien der Wis­senschaften (Hg.): Reich­tum und Armut der deutschen Sprache. Erster Bericht zur Lage der deutschen Sprache. Berlin, 121–170.)) nimmt das Phänomen aus zwei ver­schiede­nen Per­spek­tiv­en unter die Lupe: Zum einen betra­chtet Eichinger einzelne Flex­ive (das sind die konkreten Endun­gen), zum anderen das dahin­ter­ste­hende System.

Aus dem Beitrag möchte ich heute nur einen Punkt her­aus­greifen: Das Ver­hält­nis von Gen­i­tiv und Dativ. Weit­er­lesen

Von der Struktur des Anglizismeninventars

Von Susanne Flach

Im zweit­en Teil unser­er The­men­woche zum „Bericht zur Lage der deutschen Sprache“ soll es mir heute um den Beitrag von Peter Eisen­berg um Anglizis­men gehen, ((Eisen­berg, Peter. 2013. Anglizis­men im Deutschen. In Deutsche Akademie für Sprache und Dich­tung und Union der deutschen Akademien der Wis­senschaften (Hg.), Reich­tum und Armut der deutschen Sprache. Erster Bericht zur Lage der deutschen Sprache, 57–119. Berlin: De Gruyter.)) nach­dem Ana­tol gestern mit all­ge­meinen Ein­schätzun­gen zur Entwick­lung des deutschen Wortschatzes begonnen hat.

Eisen­berg begin­nt seine Diskus­sion mit der Abar­beitung an zwei notwendi­gen, aber notorisch schwieri­gen Punk­ten. Der erste liegt darin, dass es alles andere als triv­ial ist, eine aus Laien­sicht schein­bar klare Def­i­n­i­tion eines „Anglizis­mus“ zu find­en und diese dann auf tat­säch­liche Beobach­tun­gen anzuwen­den: was zählt eigentlich als Anglizis­mus? Deshalb ist der Unter­suchungs­ge­gen­stand zweit­ens auch nahezu unmöglich zu quan­tifizieren: welchen Anteil haben Anglizis­men am deutschen Wortschatz denn nun tatsächlich?

Um keinen Anglizis­mus „zu ver­lieren“, wählt Eisen­berg in sein­er Analyse eine kon­ser­v­a­tive Betra­ch­tung: im Zweifel wer­den Wörter, die entwed­er nur in Teilen aus Lehngut zusam­menge­set­zt sind oder bere­its so weit inte­gri­ert sind, dass sie nicht mehr als Lehn­wörter wahrgenom­men wer­den, zu den Anglizis­men hinzugezählt. Wenn also selb­st part­ner­schaftlich, touris­tisch oder Park dort auf­tauchen, kann man abschätzen, dass das Pro­jekt sich nicht dem Vor­wurf seit­ens der Sprachkri­tik aus­set­zen müsste, die Bedeu­tung und den Ein­fluss von Anglizis­men herunterzuspielen.

Zen­trales Ergeb­nis ist, dass sich die Anzahl der Anglizis­men in der deutschen Stan­dard­sprache zwis­chen den bei­den unter­sucht­en Peri­o­den 1905–1914 und 1995–2004 sowohl auf der Ebene der Wörter, als auch auf der Ebene der Ver­wen­dungs­fre­quenz erhöht hat. Das sollte nie­man­den über­raschen, selb­st dann nicht, wenn man sich verge­gen­wär­tigt, dass sich in den 90 Jahren unsere Leben­sre­al­itäten mar­gin­al ver­schoben haben. Die Zahlen aus Eisen­bergs Unter­suchung und Stu­di­en ander­er Wissenschaftler/innen, die in den let­zten Jahren dazu unter­nom­men wur­den, sind method­isch nicht ver­gle­ich­bar (obgle­ich sie sich prozen­tu­al in einem ähn­lichen niedri­gen Bere­ich um etwa 3–6% der Lexikonein­träge bewe­gen) — aber es spricht nichts dafür, dass die Pegel der Anglizis­mus­flut bedrohliche(re) Aus­maße angenom­men hätten.

Das zen­trale qual­i­ta­tive Ergeb­nis der Studie ist deshalb weitaus inter­es­san­ter. Denn, so Eisen­berg, bildete die Gruppe der englis­chen Lehn­wörter früher „so etwas wie einen Worthaufen mit wenig Struk­tur“ (Eisen­berg 2013: 114), lassen sich heute Muster im Anglizis­menin­ven­tar erken­nen, die deut­lich darauf hin­deuten, dass Entlehnun­gen den Struk­turen und Reg­u­lar­itäten des Deutschen unter­wor­fen sind bzw. wer­den. Ein Beispiel: das Deriva­tion­ssuf­fix -ing hat nicht etwa das deutsche -ung ver­drängt, son­dern ste­ht nur für Bil­dun­gen mit frem­den Basen zur Ver­fü­gung, native -ung-Nom­i­na bleiben davon unberührt. Wir haben Styling, aber nicht *Störing statt Störung.

Weit­ge­hend ana­log zur Vari­a­tion das Lesen/die Lesung ist das Muster das Stylen/das Styling für unter­schiedliche Per­spek­tiv­en auf den Vor­gang und Resul­tat bzw. das Event in Gänze. Ergo: englis­ches Mate­r­i­al zer­stört nicht die Kern­gram­matik des Deutschen, son­dern hat es um das eine oder andere klar abgrenzbare, aber gut inte­gri­erte Par­a­dig­ma ergänzt. Diag­nose: das Deutsche ist gesund und es bedeutet eben genau nicht, dass wahl­los alles entlehnt wer­den kann (oder wird). Was den Reg­u­lar­itäten des Deutschen unter pho­nol­o­gis­chen, mor­phol­o­gis­chen und syn­tak­tis­chen Mustern nicht entspricht, wird diesen entwed­er angepasst — oder wird eben deut­lich sel­tener entlehnt. Natür­lich ist das ein bedeu­ten­der Ein­fluss des Englis­chen (der ja offen­bar Resul­tat der erhöht­en Entlehnungsak­tiv­ität ist), aber eben kein­er, der nach­haltig die Inte­gra­tionskraft des Deutschen stört.

Damit geht ein­her, dass die Anglizis­men im heuti­gen Deutsch sel­tener „reine Anglizis­men“ sind, son­dern ver­mehrt Hybrid­bil­dun­gen (Par­tyschreck, handyfrei), sie set­zen sich also aus entlehn­tem und nativem Mate­r­i­al zusam­men. Das führt uns wieder zurück zur Schwierigkeit, was zu Anglizis­men gezählt wer­den kann — und wie man diese quan­ti­ta­tiv erfasst. Aber am wenig­sten spricht es dafür, dass Entlehnung eine Gefahr für das Inven­tar unser­er Sprache darstellt.

Ich finde ja Eisen­bergs Liste der jew­eils 20 häu­fig­sten Sub­stan­tiv­en, Ver­ben und Adjek­tiv­en aus dem Englis­chen inter­es­sant, die im Kor­pus des Pro­jek­ts gezählt wur­den: sie enthält nahezu aus­nahm­s­los Begriffe, die im Fieberther­mome­ter der Sprach­nör­glei, dem Anglizis­men-Index des Vere­in Deutsche Sprache (VDS), entwed­er über­haupt nicht auf­tauchen oder als unprob­lema­tisch klas­si­fiziert sind: 26 von 60 (43%) tauchen im Index nicht auf, 16 (27%) sind nach VDS-Klas­si­fika­tion „ergänzend“ (=kein Fieber), acht (13%) „dif­feren­zierend“ (=mit­tleres Fieber) und eben­falls nur acht (13%) entsprechen der Kat­e­gorie „ver­drän­gend“ (=hohes Fieber). Das lässt darauf schließen, dass die Forscher/innengruppe Anglizis­men in der Tat sehr inklu­siv definiert und analysiert hat.

Diese Erken­nt­nis ist aber umgekehrt bemerkenswert, weil der VDS mit ein­er „Sta­tis­tik“ zu seinem Index sug­geriert, dass Deutsch völ­lig hil­f­los gegen die Fluten kämpft: immer­hin macht die Klasse der höchst fieber­aus­lösenden Wörter im Index 80%, die der gesund­heitlich unbe­den­klichen aber nur 3% aus. Aber weil man mit Sta­tis­tik ganz gut lügen kann, kommt hier eine Erk­lärung: im Anglizis­menin­dex sind in erdrück­ender Mehrheit Ein­träge verze­ich­net, die so sel­ten (und: so absurd) sind, dass man bei gesun­dem Men­schen­ver­stand nur als Gele­gen­heits­bil­dung anse­hen kann.

Der Umkehrschluss klingt deshalb beina­he triv­ial: je fre­quenter ein Anglizis­mus ist, desto wahrschein­lich­er ist er stärk­er im Deutschen inte­gri­ert — und desto wahrschein­lich­er wird er nie auf dem Index lan­den. Ergo: erneut ein Indiz dafür, dass die Vorge­hensweise der Studie sog­ar sehr wohlwol­lend und sen­si­bel mit den Befürch­tun­gen der Anglizis­menkri­tik­ern umge­ht. Denn würde man die fre­quenten und gut inte­gri­erten Begriffe raus­nehmen, die in die 3–6%-Rechnung der Stu­di­en ein­fließen, würde die Quelle der Panikmache deut­lich schneller ver­siegen, als manchem lieb sein dürfte. Ich werde darauf noch mal zurückkommen.

The­o­retisch ist noch her­vorzuheben, dass Eisen­berg den Begriff des „Pseudoan­glizis­mus“ expliz­it anspricht — und aus guten Grün­den ablehnt. Und das begrün­det er so: die Tat­sache, dass wir keinen Anglizis­mus for­mal und seman­tisch so ver­wen­den, wie Sprecher/innen der Geber­sprache, macht die Klas­si­fizierung von Begrif­f­en als „Pseudoan­glizis­mus“ entwed­er über­flüs­sig — oder aber man müsste aus diesen Grün­den alle Anglizis­men als „Pseudoan­glizis­men“ beze­ich­nen (denn, so Eisen­berg, wir sprechen ja auch nicht von „Pseu­do­fremd­wörtern“). Diese Beobach­tung entspricht auch ziem­lich gut unser­er Moti­va­tion, in näch­ster Zeit aus­gewählte „Pseudoan­glizis­men“ etwas genauer unter die Lupe zu nehmen (was derzeit aus den vie­len aktuellen Anlässen etwas unter­brochen wer­den muss). Für den Moment bietet Eisen­bergs Studie dur­chaus ein paar span­nende Gedanken für Anglizis­mus­be­tra­ch­tung und eine öffentliche Auseinandersetzung.

Statt PS: Das Presse­barom­e­ter zum Lage­bericht (eher unveränderlich).

Gedeih und Verderb des deutschen Wortschatzes

Von Anatol Stefanowitsch

In der öffentlichen Diskus­sion um den Zus­tand der deutschen Sprache lag die Hoheit lange Zeit völ­lig unange­focht­en bei den Sprach­nör­glern. Wohl wagte sich ab und zu eine ein­same Stimme aus der Sprach­wis­senschaft ins Feuil­leton, um an der einen oder anderen Stelle etwas Real­ität in die Debat­te zu brin­gen, aber ins­ge­samt schien es intellek­tuell wenig befriedi­gend, sich in die unweiger­lich kla­maukhafte Auseinan­der­set­zung mit Anglizis­men­jägern und Sprachver­ar­mungs-apoka­lyp­tik­ern zu begeben – und vielle­icht war man sich auch ein­fach etwas zu schade dafür.

Das hat sich in den let­zten Jahren geän­dert. Büch­er wie das unglück­lich betitelte aber inhaltlich ordentlich gemachte Sick of Sick? Ein Streifzug durch die Sprache als Antwort auf den »Zwiebelfisch« von André Mei­n­unger, Du Jane, ich Goethe von Guy Deutsch­er oder Kiezdeutsch: Ein neuer Dialekt entste­ht von Heike Wiese nah­men zu The­men wie dem Ver­fall von Gram­matik, der Entste­hung von Sprache(n) u.a. Stel­lung, und seit 2007 bloggen Kristin (damals noch im Sch­plock) und ich (damals noch im Bre­mer Sprachlog) regelmäßig über Sprach­wan­del, Lehn­wörter, Jugend­sprache, Sprach­poli­tik und vieles mehr (später kamen andere junge Sprach­blog­gerin­nen dazu – z.B. unsere Sprachlogkol­le­gin Susanne, Michael Mann vom lexiko­grafieblog).

Über die Jahre ist es uns, denke ich, gelun­gen, die öffentliche Diskus­sion zu bee­in­flussen – zwar haben die Sprach­nör­gler immer noch die Ober­hand, aber vie­len inter­essierten Men­schen ist inzwis­chen klar, dass Sprach­nörgelei nicht die einzige Sichtweise auf Sprache ist (und auch nicht die richtige).

Es freut uns, dass nun mit etwas Ver­spä­tung (oder, sagen wir, mit ruhiger Würde) auch die insti­tu­tion­al­isierte Sprach­wis­senschaft die öffentliche Diskus­sion um Sprache sucht. Gestern Abend stell­ten die Deutsche Akademie für Sprache und Dich­tung und die Union der deutschen Akademien der Wis­senschaften unter dem Titel „Reich­tum und Armut der deutschen Sprache“ ihren „ersten Bericht zur Lage der deutschen Sprache“ vor. Die Presse berichtet bish­er eher zöger­lich, aber das kommt hof­fentlich noch [→Google News].
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Und wir so juchu!

Von Susanne Flach

In der WELT hat sich let­zte Woche Jörn Lauter­bach Gedanken zum Gesprächsver­hal­ten von Mittdreißigerin­nen in Ham­burg­er Yup­pievierteln gemacht. Was an sein­er Glosse bemerkenswert ist: Lauter­bach ist ein wirk­lich inter­es­santes sprach­lich­es Phänomen aufge­fall­en. Lei­der zieht er in der Folge nur stereo­typ­is­che Schlüsse und ver­packt diese eben wieder in unmo­tivierte Sprachquen­gelei. Stel­lvertre­tend dafür seine Unterüber­schrift: „Wie die arme deutsche Sprache im Schein der Bistro­kerze weit­er verküm­mert“. Weit­er­lesen

Krautspeak Day

Von Anatol Stefanowitsch

To most Ger­mans, today is just an ordi­nary Sam­stag (or Sonnabend, depend­ing on where they live). But to Ger­man lan­guage pre­scrip­tivists, it is a qua­si-nation­al hol­i­day, a lin­guis­tic Fourth of July and Fifth of Novem­ber rolled into one: the Tag der Deutschen Sprache (“Day of the Ger­man Lan­guage”), a sort of pre­scient com­mem­o­ra­tion day for the Ger­man lan­guage as it will have been when it no longer is.

In the Eng­lish-speak­ing world, pre­scrip­tivists are con­cerned main­ly with a small set of words and gram­mat­i­cal struc­tures that they call “bad gram­mar” – phe­nom­e­na like the “split” infini­tive or the pas­sive (struc­tures which they would like to remove from the lan­guage com­plete­ly), the rel­a­tive mark­ers that and which (which they would like to see used for restric­tive and non-restric­tive rel­a­tive claus­es respec­tive­ly), and cer­tain sen­ten­tial adverbs like hope­ful­ly (which they seem to think should nev­er be used to express the speaker’s atti­tude towards the con­tents of a sen­tence). They typ­i­cal­ly jus­ti­fy their pro­scrip­tions and pre­scrip­tions by appeals to log­ic (although they nev­er spell out what that log­ic actu­al­ly is). Weit­er­lesen

Sprachpanscher und Sprachpinscher

Von Anatol Stefanowitsch

Warum Men­schen, die keine Ahnung von Sprache haben, sich aus­gerech­net zu einem Vere­in zusam­men­schließen, dem es um Sprache gehen soll, werde ich wohl nie ver­ste­hen. Aber wenn ich so einen Vere­in hätte, würde ich es genau wie der Vere­in Deutsche Sprache machen, und mich darauf beschränken, ander­er Leute Sprachge­brauch zu kri­tisieren. Denn die sind dann vielle­icht so beschäftigt damit, sich gegen die Kri­tik zu ver­wahren, dass sie gar nicht nach­fra­gen, worauf diese sich eigentlich gründet.

Ob das bei der DUDEN-Redak­tion funk­tion­iert, die vom VDS ger­ade zum Sprach­pan­sch­er des Jahres ernan­nt wurde, bleibt abzuwarten – die Redak­tion des Wörter­buchs ist nicht ger­ade für eine sehr aktive Öffentlichkeit­sar­beit bekan­nt (der let­zte Tweet der Press­es­telle stammt vom 4. April 2013, die let­zte Pressemel­dung von Anfang Juli). Aber wenn sie sich äußert, dann hat der VDS ihr mit der Begrün­dung zur Sprach­pan­sch­er-Wahl eine Steil­vor­lage geliefert, anhand der­er sie die Funk­tion­sweise eines mod­er­nen Wörter­buchs erk­lären kön­nte: Weit­er­lesen

Auf Kriegsfuß: Die Zeit und die Linguistik

Von Kristin Kopf

Es ist eigentlich müßig, sich über die »Studi­um Generale«-Rätselreihe der ZEIT aufzure­gen, aber ich kann nicht anders. Diese Woche: »Ein­führung in die Sprach­wis­senschaften«. ((Das Fach selb­st heißt an den meis­ten Unis Sprach­wis­senschaft, oder auch Lin­guis­tik, manch­mal noch mit mod­i­fizieren­den Adjek­tiv­en wie all­ge­meine, the­o­retis­che, kog­ni­tive etc. Der Inhalt des Tests deckt aber primär Einzel­philolo­gien (beson­ders die let­ztes Mal ja zu kurz gekommene Ger­man­is­tik) ab, von daher passt der Plur­al vielle­icht wieder.))

Die ZEITlichen Vorstel­lun­gen davon, was man so an sprach­wis­senschaftlichem Grundw­erkzeug braucht, sind äußerst simpel:

  1. Nor­mgemäße deutsche Rechtschrei­bung (Groß- und Klein­schrei­bung, Fremdwortschreibung)
  2. Nor­mgemäße deutsche Gram­matik (Gen­i­tiv­bil­dung)
  3. Wis­sen über Sprach­fam­i­lien und Amtssprachen (natür­lich nur europäische)
  4. Lateinken­nt­nisse (oh my!)

Hinzu kommt das Auflösen ein­er Chat-Abkürzung (waru­u­u­um?) und, bess­er passend, ter­mi­nol­o­gis­ches Wis­sen (Welthil­f­ssprache, Deter­mi­na­tivkom­posi­tum).

Aus 1., 2. und 4. trieft die Ahnungslosigkeit nur so her­aus. Natür­lich muss man, wenn man studiert, Rechtschreib- und Gram­mati­knor­men der Unterrichtssprache(n) beherrschen. Das lernt man aber nicht in ein­er sprach­wis­senschaftlichen Ein­führung, das lernt man in der Schule, und was dann noch nicht sitzt, kann man ler­nen, wenn man in seine kor­rigierten Hausar­beit­en reinschaut.

Den Unter­schied zwis­chen dem, was die ZEIT denkt, und dem, was im Studi­um wirk­lich vorkommt, will ich an Frage 9 etwas verdeut­lichen. Hier wird in typ­is­ch­er Sick­manier gefragt:

The Quest – Der Fluch des Judaskelch” heißt ein US-amerikanis­ch­er Spielfilm. Wie hätte er kor­rek­ter­weise heißen müssen?

Ooooh! Es fehlt ein -s! Oder ein -es? Zu Hülf! Unter­gang des Abend­land ((es))! Nun lernt man in ein­er Ein­führungsvor­lesung in die ger­man­is­tis­che Lin­guis­tik aber nicht, wie man die Gen­i­tiven­dung mit Rot­s­tift dazuschreibt oder geifer­nde, intel­li­gen­z­ab­sprechende Kom­mentare in Inter­net­foren verfasst.

Was man vielle­icht, vielle­icht ler­nen kön­nte, meist in einem höheren Semes­ter, ist, dass der Filmti­tel ein aktuelles Sprach­wan­delphänomen illus­tri­ert, an dem auch die ZEIT selb­st fleißig mitwirkt.
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Motivierte Präpositionen

Von Susanne Flach

Auch die taz hat so eine Art Sprach­glosse, auch wenn sie nicht so heißt und irgend­wie auch etwas ver­steckt daher kommt. Aber Peter Köh­ler schreibt in DIE WAHRHEIT ab und zu über Sprach­lich­es. Let­zte Woche nahm er sich die Prä­po­si­tio­nen vor und deren sich „bre­it machende“ falsche Ver­wen­dung. Aus meinen Abozeit­en der taz-Print­aus­gabe meine ich mich zu erin­nern, dass DIE WAHRHEIT in Wahrheit so eine Satire- und Kom­men­tar­seite ist, aber das ist lange her. Satire dür­fen wir in diesem Fall ver­mut­lich auss­chließen, nehmen wir die Sache also erst­mal ernst.

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